Zum Inhalt springen

ADB:Prittwitz-Gaffron, Karl von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Prittwitz, Karl von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 606–608, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Prittwitz-Gaffron,_Karl_von&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 20:21 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 26 (1888), S. 606–608 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl von Prittwitz in der Wikipedia
Karl von Prittwitz in Wikidata
GND-Nummer 104110538
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|26|606|608|Prittwitz, Karl von|Bernhard von Poten|ADB:Prittwitz-Gaffron, Karl von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104110538}}    

Prittwitz: Karl Ludwig Wilhelm Ernst v. P., preußischer General der Infanterie, am 16. October 1790 auf dem väterlichen Gute Karisch im Kreise Strehlen geboren, trat am 5. Mai 1803 bei dem in Königsberg i. Pr. garnisonirenden Infanterie-Regiment v. Zenge in den Dienst, ward am 31. December [607] 1804 zum Fähnrich ernannt und machte den Krieg von 1806 mit, blieb dann aber mehrere Jahre lang außer Verwendung, wahrscheinlich weil er zu denjenigen Officieren gehörte, welche, bei Auerstädt am 14. October 1806 gefangen genommen, ihr Ehrenwort gegeben hatten, während des Krieges nicht gegen Frankreich zu dienen und nach demselben nicht gleich sämmtlich wieder angestellt werden konnten. Er benutzte diese Zeit, um sich im elterlichen Hause militarisch fortzubilden. Am 21. Februar 1810 durfte er als Secondlieutenant beim 1. Ostpreußischen Infanterie-Regiment wieder in den Dienst treten; bald darauf wurde er zum Besuch der Kriegsschule in Berlin zugelassen. Hier zeichnete er sich so aus, daß er am 26. Februar 1812 in den Generalstab versetzt wurde. Als Generalstabsofficier hat er dann an dem russischen Feldzuge und an den Befreiungskriegen Theil genommen, an jenem beim York’schen Corps, an diesem zuerst unter dem General von Bülow, seit dem Waffenstillstande im Sommer 1813 aber bei der Reserve-Cavallerie des Bülow’schen Corps unter General v. Oppen. Eckau am 19. Juli, Messoten und Ruhenthal am 29, Kiopen am 30. September, Garossinkrug am 1. October 1812; Möckern am 5. April, Halle am 2. Mai, Luckau am 4. Juni, Wittstock am 22., Großbeeren am 23. August, Zahna am 5., Dennewitz am 6. September, Wartenburg am 3., Leipzig am 18. October, Arnheim am 26. November 1813; Hoogstraaten am 11., Lier am 31. Januar, Soissons am 2., Laon am 9. März, Compiegne am 1. April 1814 sind die Kampfestage, deren Namen ein dem General v. P. zur Feier seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums von den Officieren des Garde-Corps verehrter silberner Schild aufweist. Nach Beendigung des Feldzuges von 1815, während welches er nicht in das Feuer gekommen war, blieb P., nunmehr zum Major aufgestiegen zunächst bei der Besatzungsarmee in Frankreich, kam 1817 zum Generalstabe des Garde-Corps in Berlin, war von 1818 bis 1821 Adjutant des damaligen Prinz Wilhelm, später Kaiser Wilhelm I., und 1822 bis 1828 Flügeladjutant König Friedrich Wilhelm III., dann wurde er Commandeur des Ersten Garde-Regiments zu Fuß und ist von diesem Zeitpunkte an bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienste im Garde-Corps verblieben; am 1. März 1843 wurde er zum Commandeur der gesammten Garde-Infanterie ernannt. Sein dienstlicher Aufenthaltsort war jetzt Berlin. Da kamen die Märztage des Jahres 1848. Der Prinz von Preußen, später Kaiser Wilhelm I., war commandirender General des Garde-Corps. Als derselbe am 9. jenes Monats zum Generalgouverneur von Rheinland und Westfalen ernannt wurde, übernahm P. dessen Geschäfte an der Spitze des Garde-Corps. In der Stadt ward es immer unruhiger; die Sachlage gestaltete sich andauernd bedrohlicher, am Mittage des 18. ward P. der Oberbefehl über sämmtliche in und um Berlin versammelte Truppen übertragen, und es ward ihm der Auftrag ertheilt, den ausgebrochenen Unruhen mit der Gewalt der Waffen entgegen zu treten. Der Kampf begann. Am Abend waren die Truppen Meister der Stadt: in der Nacht erklärte P., daß er im Stande sei, seine Erwerbungen zu behaupten, nicht aber weitere Fortschritte zu machen; er hielt es für das Beste, die Stadt einzuschließen und sie so zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Er erhielt hierauf keinen Bescheid; am Mittag des 19. aber ward ihm der Befehl, die Stadt den Aufständischen zu überlassen. Mit schwerem Herzen gehorchte er. Die siegreichen Truppen räumten Berlin. Zwei Monate nach jenen Märztagen wurde er mit Wahrnehmung der Geschäfte des Generalcommandos des Garde-Corps, welche er bis dahin nur als ältester Officier geführt hatte, beauftragt, und am 1. März 1849 erhielt er die Ernennung zum Oberbefehlshaber der sämmtlichen zum Reichskriege gegen Dänemark aufgebotenen deutschen Truppen. Wie die Politik ihm in Berlin die Früchte seiner soldatischen Erfolge vorenthalten hatte, so hinderte sie ihn hier [608] lediglich militärische Rücksichten seinen Maßregeln als Richtschnur dienen zu lassen und hemmte ihn auf Schritt und Tritt. Er eroberte freilich in einem zweimonatlichen Feldzuge Schleswig und den größten Theil von Jütland, führte aber keinen entscheidenden Schlag gegen die feindliche Macht. Nachdem er am 24. März sein Commando angetreten hatte, wurden unter seiner persönlichen Leitung am 13. April durch Baiern, Sachsen und Kurhessen die Düppeler Höhen erstürmt; als er dann ermächtigt war in Jütland einzurücken, warf er am 7. und 8.Mai in einem Zusammentreffen bei Alminde-Viuf-Veile, in welchem Preußen, Baiern und Kurhessen fochten, die Dänen nach Friedericia und nach Norden zurück: darauf beschränkt sich Prittwitz’s persönliche Theilnahme an den Kämpfen. Seine Doppelstellung als Reichsgeneral, als welcher er in Eid und Pflicht genommen war, und als preußischer Officier, und die Einwirkung der Politik auf die Kriegsführung machten sein Commando zu einem äußerst schwierigen; seine Haltung und seine Maßnahmen haben ihm vielfache Anfeindung und Vorwürfe zugezogen, die großentheils der Begründung entbehren. Einer seiner Kritiker, der schleswig-holsteinische Oberauditeur Lüders meint in seiner absprechenden Weise: P. habe den Krieg bis dahin nur in der Hasenhaide kennen gelernt (!) (Denkwürdigkeiten zur neuesten schleswig-holsteinischen Geschichte, 3. Buch, Stuttgart 1851). Am November 1849 vorläufig, am 3. März 1852 endgültig zum commandirenden General des Garde-Corps ernannt, schied er wenige Tage, nachdem er am 5. März 1853 ganz in der Stille die Feier seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums begangen hatte, aus dem Dienst, zog sich nach Görlitz zurück und starb dort am 9. Juni 1871. Als Schriftsteller ist P., ohne seinen Namen zu nennen, mit einem Werke an die Oeffentlichkeit getreten, welches den Titel „Beiträge zur Geschichte des Jahres 1813 von einem höheren Officier der preußischen Armee“ führt (Potsdam 1843, 2 Bände). Dasselbe behandelt vorzugsweise die Verhältnisse und Ereignisse bei den Truppen, welche vom December 1812 bis zum August 1813 unter den Befehlen des General v. Bülow standen. P. war eine ernste, zurückhaltende und abgeschlossene Persönlichkeit, aber von Soldaten und Officieren geschätzt und geachtet.

R. von Prittwitz, Das v. Prittwitz’sche Adelsgeschlecht, Breslau 1870. – Die Berliner Märztage vom militärischen Standpuncte geschildert, Berlin 1850, und die Bemerkungen des Grafen Arnim-Boytzenburg zu dieser Schrift, Berlin, October 1850.