ADB:Röder, Johann Paul

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Artikel „Röder, Johann Paul“ von Ernst Mummenhoff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 18–20, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%B6der,_Johann_Paul&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 04:30 Uhr UTC)
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Röder: Johann Paul R., ein gelehrter Geistlicher, geboren in Nürnberg am 15. November 1704, † daselbst im Februar 1766, besuchte das Gymnasium zu St. Aegydien und seit 1721 das öffentliche Auditorium zu Nürnberg, bezog 1723 die Universität Altdorf, wo er sich philosophischen, philologischen, mathematischen und theologischen Studien widmete. Nachdem er 1730 eine Hofmeisterstelle beim Herrn v. Taubenheim in Weißenfels übernommen und [19] Reisen durch Sachsen und Thüringen gemacht, wurde er 1732 als Stellvertreter des Rectors Geiger an der Schule von St. Sebald in Nürnberg angestellt und im folgenden Jahre zum Conrector und 1738 zum Rector am Gymnasium zu St. Aegydien ernannt; 1743 bekam er einen Ruf als Diakonus zu Lauf bei Nürnberg und kam 1748 als Pfarrer nach St. Leonhard, einem Vorort seiner Vaterstadt.

Röder’s litterarische Wirksamkeit war eine höchst ausgedehnte, ob sie aber eine im gleichen Maße durchdringende und nachhaltige gewesen, darf billig in Zweifel gezogen werden. Er war thätig auf dem Gebiete der Philosophie und Mathematik, versuchte sich auch als Uebersetzer der Oden des Horaz und als selbständiger Dichter. Diese seine Wirksamkeit kann mit Stillschweigen übergangen werden, da ihr eine irgendwie bemerkenswerthe Bedeutung nicht beigelegt werden kann. Näher einzugehen ist dagegen auf seine Thätigkeit als Nürnberger Localhistoriker. Man hat ihn als hervorragenden Kenner und Bearbeiter der Nürnbergischen Geschichte gerühmt. Will hält große Stücke auf ihn und zählt ihn zu Jenen, „die in besagter Geschichte am meisten geschrieben haben“. Daß er viel geschrieben, läßt sich freilich nicht in Abrede stellen, andererseits muß aber auch betont werden, daß er des unterscheidenden kritischen Sinnes und Blickes durchaus ermangelt, und, was noch schlimmer ist, da, wo Thatsachen fehlen, überläßt er der Hypothese, oder besser gesagt, der Phantasie das Feld und stellt so eine Geschichte her, die man kaum anders als eine Fälschung bezeichnen kann.

Nicht ohne Werth sind seine Arbeiten über die Reichskleinodien, sein Katalog der im 15. Jahrhundert zu Nürnberg erschienenen Druckwerke, die Schrift: „De colloquio Wormatiensi a. o. r. 1540 inter protestantium et pontificiorum theologos coepto quidem sed non consummato …“, welch’ letztere mit reichem Material versehene Arbeit er allerdings nur nach dem Manuscript des gelehrten Hieronymus Wilhelm von Ebner herausgab. Wo er sich auf dem Gebiet der Nürnberger Geschichte hervorwagt, erscheint er von all’ den Vorurtheilen und Voreingenommenheiten befangen, die den meisten Historikern jener Zeit ankleben, ja er marschirt an der Spitze derer, die, den Blick von hergebrachten Auffassungen und Meinungen getrübt, das Unmögliche zu beweisen sich unterfangen. Den besten Beweis dafür gibt seine „Commentatio de ortu et progressu civitatis Norimbergensis liberae semper nec unquam municipalis“, in deren Titel sich schon die Tendenz ausdrückt. Wir wollen in dieser Frage nicht weiter mit ihm rechten. Was er aber außerdem noch in dieser Schrift an Behauptungen aufführt, wofür sich auch nicht eine Spur von Wahrscheinlichkeit, geschweige denn eines Beweises vorbringen läßt, ist kaum zu sagen. Nürnberg ist nach ihm das Bergium des Ptolemäus, unter den Römerzügen zu Zeiten der Kaiser Trajan, Hadrian, Sept. Severus etc. hat es zu leiden, zu Attila’s Zeit vergrößert es sich durch Zuzug von Flüchtlingen, dann errichtet Bonifacius um 600 (!) die St. Peterscapelle bei Nürnberg, schon 100 Jahre später verbreitet sich der Ruhm des h. Sebald, weiter errichtet Karl der Große ein Lager bei Nürnberg, erbaut daselbst die St. Martinscapelle und jene zu Altenfurt, Papst Leo III. nimmt seinen Weg über Nürnberg zu dem in Paderborn weilenden Kaiser. 912 erbaut König Konrad ein neues Castell, legt Landedle hinein und unterstellt ihnen die Rathswälder. Bereits unter König Heinrich I. beginnt die Blüthe des Patriciats. Otto I. weilt, nach R., zweimal in Nürnberg und feiert Weihnachten in der St. Peterskirche. Unter Heinrich II. kommen viele Edle, insbesondere die Grafen von Nassau nach Nürnberg, siedeln sich jenseits der Pegnitz an und gründen die Capelle zum h. Grab. Kaiser Heinrich III. verspricht 1050 Bischof Herbort von Eichstädt die Abtei St. Aegydien u. s. f. Wenn man bedenkt, daß erst mit dem letztgenannten Jahre sich der historische Boden in Nürnberg abzuheben beginnt, so [20] muß man allerdings höchlich erstaunen über die außerordentliche Leichtigkeit, mit der R. die vorgeschichtliche Zeit mit fabulösen Ereignissen auszustatten weiß. Darauf einmal hinzuweisen schien nothwendig, schon aus dem Grunde, um ihm den unverdienten Nimbus zu nehmen, in dem er bei der älteren historischen Schule Nürnbergs gestanden und ihm die Stellung als Historiker zuzutheilen, die er verdient.

Will, Nürnbergisches Gelehrtenlexikon III, 371 ff.; Nopitsch, Fortsetzung desselben III, 296 ff.