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ADB:Rabstein, Johann von

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Artikel „Rabenstein, Johannes von“ von Adolf Bachmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 93–94, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rabstein,_Johann_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 11:37 Uhr UTC)
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Band 27 (1888), S. 93–94 (Quelle).
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Rabenstein: Johannes v. R., zum Unterschiede von seinem gleichnamigen älteren Bruder „der Jüngere“ genannt, geboren um 1425 aus altem aber wenig begütertem Rittergeschlecht Böhmens. Sowie sein nächst älterer Bruder Procop dem diplomatischen, wandte sich Johannes d. J. deshalb und nach seiner Neigung dem kirchlichen Dienste zu. Von Procop, der in der Kanzlei Kaiser Friedrich’s und später König Ladislaw’s von Böhmen und Ungarn sich bald eines bedeutenden Einflusses erfreute, bei jeder Gelegenheit kräftig gefördert, war J. bereits 1454 Canonicus des Collegialcapitels auf dem Wyschehrad bei Prag. Denn nur so vermag man es wol zu erklären, wenn er 1454 als Burggraf vom Wyschehrad erscheint, da eine Verwechslung mit seinem älteren weltlichen Bruder auszuschließen ist. Und eben wieder Procop war es, der J., als er etwa 1455 behufs weiterer Studien nach Italien zog, dem Cardinal Piccolomini (Enea Silvio), dem Procop von den Tagen gemeinsamer Thätigkeit in der kaiserlichen Kanzlei her warm befreundet war, empfahl und ihm so für jetzt und die Zukunft dessen mächtige Förderung sicherte. Denn aufs Beste nahm sich der Cardinal des jungen Böhmen an; zeitlebens blieb er J. gewogen. 1457 als Doctor und Jünger humanistischer Weisheit und Schulung heimgekehrt, erlangte R. von König Ladislaw die Propstei am Wyschehrad, womit die Prälatur und das (Titular-)Oberstkanzleramt von Böhmen verbunden war. Der Cardinal Piccolomini ernannte ihn nach seiner Erhebung auf den Stuhl Petri (als Pius II.) Aug. 1458 zum päpstlichen Protonotarius. Wol war am 23. Nov. 1457 Johannes’ Gönner, König Ladislaw, zu früh gestorben. Aber als nun der Utraquist Georg von Kunstatt und Podiebrad unter schweren Verpflichtungen gegen seine katholischen Stände Böhmens und die Kirche König geworden war und die Anerkennung Roms gefunden hatte, wer war für so manche heikle Sendung nach Rom, ja für den gesammten diplomatischen Verkehr des Königs mit der Curie geeigneter als die Brüder Rabenstein, und besonders Johannes, der Liebling des Papstes, mit dem reinen patriotischen Sinn, der ihn zeitlebens auszeichnete? Er hat denn auch am 9. März 1459 in Siena im Namen seines Königs dem Papste die Obedienz geleistet, – persönlich mit Gunstbezeugungen in alter Weise geehrt, mußte er den Gehorsam im Geheimen leisten, damit des Königs Verhältniß zur Curie nicht vorzeitig offenbar werde, – er steht mit Bischof Jost von Breslau treu an der Seite des Königs, so lange sich dieser von aufrichtigem Willen erfüllt zeigt, seine Rom gegebene Zusage zu erfüllen (1458 bis 1462), er ist es, der, als jene Zusagen nicht gehalten werden und der Sturm loszubrechen droht, zu Beginn 1463 selbst nach Rom eilt, um dem hl. Vater, dem Gönner und Freunde, Bericht zu erstatten und seinem Heimathlande den Frieden zu erhalten. Leider vergeblich! Hierhin geleitet durch die Liebe zum Vaterlande, dorthin durch die Mahnung des Gewissens und geistlichen Gehorsams zieht sich R. von den öffentlichen Dingen nach 1463 gänzlich zurück; ja er begibt sich zum zweitenmale nach Italien und Rom, wo er längere Zeit, jedenfalls noch bis in den Pontificat Paul II. hinein gelebt hat. Er kehrte erst heim, als der Kampf zwischen König Georg und den von der Kirche dirigirten Vollstreckern der päpstlichen Censuren den Höhepunkt erreicht hatte, – nicht in Prag, sondern in dem ferngelegenen Prachatitz im Böhmerwalde, das zu den Besitzungen des Wyschehrader Capitels zählte, nahm er seinen Wohnsitz (nachweisbar ist er erst am 5. Juni 1469 da). Hier gedachte er bessere Zeiten zu erwarten, als die päpstlichen Befehle nach dem Grundsatze „Wer nicht mit mir ist, ist wider mich“, jeden mit Bann und Inderdict bedrohten, der sich nicht mit dem Ungarkönige und dem katholischen Herrenbunde zur Bekämpfung „des wiedereingefallenen Ketzers“ verbinde. Umsonst erhob dagegen R. (wie der Secretär Jobst v. Einsiedel, die Schlicke, die v. Eger u. A.) seine Stimme, umsonst suchte er in seinem [94] „Dialogus“, einer fingirten Unterredung von Männern der verschiedenen katholischen Richtungen im Lande, darzuthun, daß sich der Ketzerkrieg nicht „befehlen“ lasse, daß seine Neutralität gerechtfertigt sei: schon im Jahre 1469 finden wir R. thatsächlich an der Seite des Ungarkönigs, und zu dessen Anhängern und Förderern hat er auch bis an das Ende seiner Tage gezählt. Auf einer Reise aus Schlesien, wo er im Auftrage des Königs Mathias umsonst versucht hatte, eine größere Energie und Einmüthigkeit in der Bekämpfung der hussitischen Streifschaaren herbeizuführen, nach Ungarn im Sommer 1473 wurde R. in Mähren gefangen und in harte Haft gebracht. Seine Befreiung, die erst nach Monaten erfolgte, hat er nur kurze Zeit überlebt. Am 18. November 1473 wurde er in Ofen bestattet. Rabenstein’s „Dialogus“, vor Bohuslaus Lobkowitz’s Thätigkeit das wichtigste Zeugniß humanistischer Bildung aus Böhmen, ist auch sonst interessant genug. Auch in ihm, gleichwie in seiner politischen Thätigkeit, erscheint R. als ein ehrenwerther wahrheitsliebender Mann, dem der Humanismus nicht bloß zu Zierde gereichte, sondern zum Ausdrucke wahren eigenen Edelsinnes seine Gaben lieh.

Palacky, Geschichte von Böhmen IV, 1. u. 2. Abth. – H. Markgraf, König Georg von Böhmen und Papst Pius II. 1458–1462 (Prog. d. Friedrichsgymnasiums in Breslau 1867) u. 1462–1464 (Forschungen z. d. Geschichte IX). – Bachmann, Johannis Rabensteinensis dialogus, Arch. f. österr. Gesch. LIV. Band 1876. – Bachmann, Bemerkungen zu „Joh. Rabensteinensis dialogus“. (Prog. des Prag-Altstädter deutschen Obergymnasiums 1877.)