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ADB:Georg von Podïebrad

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Artikel „Georg von Kunstatt auf Podiebrad“ von Adolf Bachmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 602–611, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Georg_von_Pod%C3%AFebrad&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:42 Uhr UTC)
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Georg von Kunstatt auf Podiebrad, gew. G. von Podiebrad genannt, Sohn Victorins von Kunstatt und Anna’s, Tochter Johann’s von Wartenberg, wurde am 23. April 1420 zu Podiebrad in Böhmen geboren. Sein Geschlecht, obwol in Mähren und Böhmen ansässig, war weder eines der ältesten, noch sehr begütert; doch war G. mit den ersten Adelsfamilien Böhmens, den Rosenbergen und Sternbergen nahe verwandt und verschwägert. Die Kunstatt waren Hussiten, so lange es solche gab; Georgs Vater war mit Žižka befreundet; eine Ueberlieferung macht diesen zu Georgs Taufpathen. Aus Georgs Jugend dringt durch das Getümmel der Hussitenkämpfe keine Kunde zu uns. Doch riefen sie ihn in zarter Jugend zur ersten Waffenthat auf das Feld bei Lipan (1434), wo mit den beiden Prokopen 13000 Krieger niedergemacht, die hussitische Demokratie für immer gebrochen wurde. Auf hussitisch-nationaler Seite erscheint er dann ebenso in König Albrecht II. Kämpfen vor Tabor (Aug. 1439). Nach Albrecht II. Tode begann für Böhmen die „königlose“ Zeit, ein wirres, wüstes Parteigetriebe. Katholische Barone, die unter Ulrichs von Rosenberg Führung religös und politisch zu den Verhältnissen vor der großen Bewegung zurückzukommen strebten, Utraquisten unter Meinhard von Neuhaus, die aus dem Kelche tranken, sonst mit jenen eins waren, die große utraquistische Partei, die unter Ptáček von Pirkstein und Rokyzana Compactaten und errungene politische Freiheiten zu behaupten trachtete, endlich die Reste der radikal-demokratischen Taboriten rangen durcheinander. Bei alldem stehen baroniale Zwecke hier wie dort im Vordergrunde, hört jede einheitliche Verwaltung auf, verschwinden Gericht und Abgaben, stocken Handel und Wandel. Der jugendliche Podiebrad, zu Ptaček stehend, tritt zwar noch vor diesem geachteten Führer zurück, aber seine Wahl zum Hauptmanne des Bunzlauer Kreises (1440) und noch mehr seine Erhebung zum gemeinsamen Parteihaupte (stárí) zu Kuttenberg (1444) nach Ptaček’s Tode bezeugen, wie sehr er durch Begabung hervorragt, im Benehmen sich Geltung zu verschaffen weiß. Alsbald wird G. der Führer aller, die unter billigen Bedingungen nach Friede und Ordnung verlangen, das Haupt einer stets wachsenden Partei. So wie die Taboriten aus religiösen Gründen sich ihm unterordnen, so nöthigt er durch energisches Streben nach festen Zielen die „Neuhauser“ Partei [603] zum Anschluß an die „Rosenberger“. Podiebrad’s Zwecke sind einmal religiös-nationale: die Compactaten, K. Sigmund’s Versprechungen, den „Sühnbrief“ von 1440 aufrecht zu erhalten, dann politisch-baronial: mit Wahrung der freien Königswahl Albrecht II. Sohn Ladislaw ins Land zu bekommen, damit der Vorherrschaft der Gegner, die im Besitze der ersten Landesämter sind, ein Ende gemacht werde. Schon hat auch Rokyzana erreicht, daß durch Beschluß des Prager Dreikönigslandtages der rechtliche Bestand der Taboritensecte vernichtet ist; aus Georgs engem Bunde mit ihm erwächst die weitere Aufgabe, Rokyzana’s Bestätigung als Erzbischof zu erreichen.

Mit List und Gewalt ringt Podiebrad mit seinen Gegnern, denen er an Klugheit und Vorsicht, Geduld, Arbeitskraft und Thätigkeit, Zähigkeit und Energie überlegen, an Rücksichtslosigkeit und Ehrgeiz gleich ist.

Statt nach Prag zum Gallilandtage 1444 zu kommen, tagt Podiebrad mit den Seinen zu Nimburg, bringt dann durch rückhaltlose Sprache die Gegner auf dem nachfolgenden gemeinsamen Landtage (1. Nov. 1444) zu Zugeständnissen in allem bis auf die Königsfrage. Ladislaw soll als Herr und König „angenommen“ und gekrönt werden; könne er nicht bis zu bestimmter Zeit ins Land kommen, so solle „sich dies selbst versorgen“. Podiebrad und der von Hasenburg sollen trachten, daß Rokyzana geweiht werde. Aber keine der Parteien hält ihre Zusagen. Katholische Herren, unter ihnen Hasenburg selbst, sprechen bei Eugen IV. gegen Rokyzana’s Bestätigung und erwirken einen ausweichenden Bescheid. Anderseits betonen G. und die Seinen nach wie vor die Wahl des Königs und die Nothwendigkeit, ihn rasch nach Böhmen zu bringen. Gegenseitige Vorwürfe, fruchtlose Erklärungen und Verhandlungen waren die Folge. Seit G. mit Rokyzana die Utraquisten nach festen Zielen leitet, ist es möglich seine Sache zu der des ganzen Volkes zu machen. Schon geräth es nach und nach in Erregung. Die allgemeine Erbitterung gegen den Bischof von Meißen, der die böhmischen Magister und Studenten, weil sie aus dem Kelche trinken, ungeweiht entlassen, gibt dem klugen Parteihaupte erst recht die Möglichkeit, sich zum religiösen Vorkämpfer zu machen. Dadurch gewinnt er eine so drohende Stellung, daß die inzwischen in Wien verhandelnden Gegner in einen eiligen Landtag zu Pilgram (Juni 1446) willigen, dessen Beschlüsse ihre Sorge vor Podiebrad deutlich verrathen. Die Einführung Ladislaws bis Ende 1447, widrigenfalls man zu nichts weiter verpflichtet sein wolle, die Wahl eines Landesverwesers wird neben den Vereinbarungen von 1444 beschlossen. Aber ersterer widerstrebt Friedrich III., Ladislaw’s Vormund, letztere[WS 1] scheitert auf dem Prager Martinilandtage der ganzen Krone 1446 an dem Widerspruche der Städte, welche Rosenberg, Podiebrad’s Wahl besorgend, im Geheimen aufstachelt. Aus Rücksicht auf den Kaiser und die eigene Machtstellung im Lande arbeitet Rosenberg der Einführung des Königs, als Katholik der Bestätigung Rokyzana’s, entgegen. Da beruft G. auf den 11. November 1447 seine Freunde zu sich nach Kuttenberg: die schleunige Aufstellung eines Heeres wird beschlossen. Die fast unaufhörlichen Grenzfehden mit Kursachsen, das 64 böhmische Städte und Schlösser noch aus dem großen Kriege her besitzt und eben jetzt wieder den im Reiche kämpfenden böhmischen Söldnern schweren Abbruch gethan hat, bilden den Vorwand. In unbegreiflicher Verblendung läßt sich Rosenberg durch Podiebrad’s Vermittlung in seinem Streite mit den Taboriten durch neue Botschaften und Verhandlung enttäuschen. Selbst die Warnung Friedrich III. (December 1447) bleibt erfolglos. Dagegen erklären die Böhmen am 3. März 1448, sie wollten und könnten nicht länger ohne Herrn sein, scheitert Cardinal Carvajal’s Mission, statt Rokyzana zu bestätigen die Böhmen in den Schooß der Kirche zurückzuführen, in Prag völlig. Zwar treten die „Neuhauser“ nun förmlich zur alten Kirche über, dafür schließen sich [604] mit dem größten Theile der Ritterschaft die Prager dem Podiebrad-Bunde an, dem bereits auch die katholischen Sternberge mit ihren Freunden angehören. Am 11. Juni 1448 wird durch feierlichen Beschluß der Bürgerschaft aus Prag verwiesen, was nicht sub utraque communicirt. Da faßt Podiebrad am 24. Juni zu Kuttenberg den Beschluß loszuschlagen, rückt unter dem Vorwande eines Zuges gegen Sachsen vor Prag und nimmt es durch einen Handstreich (Nacht vom 2. auf den 3. September).

Mit einem Schlage ändert sich die Stellung der Parteien. Die obersten Landesämter kommen in utraquistische Hände, M. v. Neuhaus wandert als Gefangener auf das Schloß zu Podiebrad. Das Domkapitel entweicht nach Pilsen, während Rokyzana zurückkehrt; die deutschen Magister und Studenten verlassen zum zweiten Male die Stadt mit allen, die nicht den Kelch wollen; Prag ist wieder Hauptsitz des Hussitenthums, jetzt zugleich der Macht und des Ansehens Podiebrad’s. Nun gilt es den entscheidenden Kampf um die Vormacht im Lande. Erst treibt das Schicksal des Vaters Ulrich von Neuhaus in die Waffen; aus dieser Fehde erwächst der Kampf des Strakonitzer Bundes (gest. am 6. Febr. 1449) gegen Podiebrad. In der Erkenntniß, daß diesen persönliche und politische, nicht religiöse Motive leiten, treten die Taboriten von ihm zurück; doch steht nur ein Theil der Ihren zu den Strakonitzern. Podiebrad behauptet sich in seiner übermächtigen Stellung im Kampfe, den ein Waffenstillstand bis zum 23. April 1450 endet. Nun verdecken Verhandlungen bei beiden Parteien geheime Rüstungen und Hülfewerbung auch im Auslande. Die Spaltung der deutschen Fürstenhäuser durch den großen sächsisch-brandenburgischen Krieg 1449 bis 1450 erleichtert diese Bestrebungen. Der Kaiser und (am 13. April 1450 zu Kaaden) Kurfürst Friedrich von Sachsen sagen den Strakonitzern Hülfe zu; die Podiebrad’sche Partei findet (27. März 1450 zu Wunsiedel) engen Anschluß an Herzog Wilhelm von Sachsen und die Brandenburger. Aber nach Erneuerung des Kampfes von ihren Bündnern im Stiche gelassen, erkennen die Herren schließlich (Wilsteiner Vertr. v. 11. Juni) Podiebrad’s Uebergewicht an, worauf dieser nach rascher Bestrafung des sächsischen Kurfürsten und der Einnahme Gera’s auf dem großen Friedenslandtage zu Prag (25. Nov. 1450 bis 6. Jan. 1451) die Zustimmung der Barone zu seinem Programm erreicht und sich mit seinen Gegnern auch persönlich aussöhnt; Ulrich von Rosenberg war bereits von allen öffentlichen Geschäften zurückgetreten. Trotzdem ließ Podiebrad, die Eifersucht der Barone auch der eigenen Partei scheuend, die Verweserfrage noch ungelöst. Auch in der Königsfrage tritt ein Umschwung ein. Nun sind es die katholischen Barone und Gegner Podiebrad’s, die den König im Lande zu haben wünschen, um durch ihn gegen jenen wieder zu Geltung zu kommen; andererseits neigt sich Podiebrad, nun selbst im Besitze der Macht, dem mit der Auslieferung zögernden Kaiser zu. Thatsächlich wird sein starkes und doch mildes Walten für das zerrüttete Land in den nachfolgenden Jahren zur unermeßlichen Wohlthat. Schon vordem hatte er den Fehden nach Kräften gesteuert; jetzt, nachdem er sich auch mit den Schlesiern (21. August 1450 zu Königingrätz) zur Erhaltung des Friedens geeinigt, hören Faustrecht und Grenzkriege völlig auf, verschwinden die Räuberbanden, ziehen die Söldner, zu Hause ohne Beschäftigung, außer Landes. Daß die Wege frei werden, Recht und Gericht durch die Wiederherstellung der „Kreisrechtspflege“ zurückkehren, läßt Handel und Handwerk erblühen, den materiellen Wohlstand allmählich sich heben. Es waren Georg’s schönste Jahre, Jahre der Fürsorge für sein Heimathland, während noch höhere Ziele dem Strebenden vorschweben. Nach Außen beschäftigen neben der sächsischen Fehde G. die kirchliche und die Königsfrage. Die Kurie, seit 1448 gekräftigt und voll Siegeshoffnung, setzt ihre Unionsbemühungen fort, während die Utraquisten [605] schwache Versuche machen durch den Anschluß an die Griechen aus ihrer Isolirung herauszukommen. Neben Nicol. v. Cues, Joh. Kapistran bemüht sich Enea Silvio, zugleich als kaiserlicher Gesandte wegen K. Ladislaw unterhandelnd, für Rom (Juli 1451 zu Beneschau). In verhängnißvoller Zweideutigkeit läßt Podiebrad hoffen, ihn selbst zu gewinnen und erklärt sich bereit Rokyzana aufzugeben. Schon verständigt sich Kaiser Friedrich III., wie zuvor mit J. Hunyadi, so mit Podiebrad über Ladislaw’s Auslieferung; er überträgt ihm beim Antritte seines Römerzuges vorläufig die Landesverwesung (October 1451). Am 27. April 1452 von den Ständen seiner Partei zum Gubernator gewählt, zwingt er unter kluger Benutzung der Verhältnisse die Taboriten und katholischen Barone (September 1452, während die Hauptmacht der Rosenberge gegen den Kaiser kämpft), ihn anzuerkennen. Nun thatsächlich Herrscher Böhmens erreicht er durch seine Festigkeit von dem jetzt von Ulrich v. Cilly geleiteten Ladislaw die Bewilligung aller seiner Forderungen (Znaim, April-Mai 1453), weiß aber dann durch gefälliges Betragen die Neigung des jungen Königs zu gewinnen. Seitdem zieht G. Ungarn und die österreichischen Herzogthümer in die Kreise seiner Politik.

Im Einverständnisse mit den autonomen Parteien unter Hunyadi und Eizinger ist er dem Sturze Ulr. v. Cilly, des Hauptes der Hofpartei, nicht fern und schließt mit jenen am Tage vor Ladislaw’s Krönung in Prag (28. October 1453) einen festen Bund. Der König bestätigt Podiebrad auf 6 Jahre in seiner Gubernatorwürde und genehmigt seine bedeutenden Gütererwerbungen: das Fürstenthum Münsterberg, die Grafschaft Glatz, die Burgen Albrechtic und Pottenstein und wahrscheinlich auch Kolin. Daß Podiebrad für alles sorgt – auch das große Landrecht wird am 13. März 1454 erneuert –, nur nicht den utraquistischen Erwartungen entspricht, erregt bereits Bedenken und öffentlichen Tadel, den er nur mit Mühe unterdrückt. Podiebrad zeigt sich nun bemüht die Nebenlande wieder fester an die Krone zu knüpfen. Dies gelingt mit den Mährern, obwol es, weil sie den König bedingungslos aufgenommen, zum Streite kommt, mit Schlesien, wo Ladislaw in Breslau selbst die Huldigung empfängt, während Podiebrad sich die Bürgerschaft für immer entfremdet, nicht aber mit der Niederlausitz, Luxemburg, den in sächsischen Händen befindlichen Lehen, derentwegen die Fehden fortdauern. Podiebrad sieht sich durch die Ereignisse im Ordenslande und den projectirten Türkenfeldzug immer wieder gehemmt, erntet aber selbst für seine Erbietungen zu Wiener-Neustadt (März 1455) reichen Beifall. Die Rückberufung Cilly’s bezeichnet das Uebergewicht der Hofpartei, mit der sich Podiebrad (April 1455) klug verbindet. Sie versucht nach J. Hunyadi’s Tode in Ungarn zur Herrschaft zu kommen und wirft nach Cilly’s Tode dort nochmals die nationale Partei nieder, worüber es zum Aufstande kommt. Ein Gleiches in Oesterreich und Böhmen, wo Podiebrad wegen Ungehorsams in der sächsischen Grenzfehde und dem Streite König Ladislaw’s mit dem Kaiser über die Cilly’sche Erbschaft mit Ladislaw in Spannung gerathen war, zu versuchen, verhindert Podiebrad’s Klugheit, der statt in das dem Könige ergebene Wien zu kommen, diesen zwingt sich nach Prag und damit unter seine Leitung zu begeben, wo der König am 23. November 1457 plötzlich stirbt. Alsbald bereitet Podiebrad mit außerordentlicher Klugheit und Umsicht seine eigene Erhebung vor.

Die Ritterschaft und seine alten Freunde aus dem Herrenstande, Rokyzana und große Verdienste um das Land sind seine Stützen. Stets bemüht gute Beziehungen zu Rom zu erhalten, begegnet er nun vereint mit Rokyzana jedem Widerstande von dorther durch Erregung gesteigerter Unionshoffnung, hilft in Ungarn dem mit seiner Tochter verlobten Math. Hunyadi zum Throne, bewirkt durch Versprechungen und Geld, Drohung und Ueberraschung die Zustimmung auch der katholischen Barone zu seiner Wahl am 2. März 1458. Die Habsburger, [606] Herzog Wilhelm von Sachsen, die Könige von Polen und Frankreich sind vor ihm erlegen. Bis zu seiner Krönung gewinnt G. noch den größten Theil Mährens für seine Anerkennung, erlangt aber die Krone (6. Mai) aus der Hand zweier ungarischer Bischöfe nur unter den von Cardinal Carvajal vorgeschriebenen Bedingungen seines eigenen sofortigen Uebertrittes zur alten Kirche, dann der eidlichen Zusage der Union, wofür ihm jedoch Frist gewährt wird. Der neue König ist bemüht, in der Weise der Vorfahren zu herrschen, in die Fürstenhierarchie seiner Zeit einzutreten. Ein rascher Feldzug (Juni) unterwirft den Rest Mährens außer Iglau; die unmittelbar anschließende Fehde gegen Erzherzog Albrecht und den Kaiser führt den siegreichen König bis an die Donau und verschafft ihm deren Anerkennung. Schlesien aber – die Breslauer voran – und die Sechsstädte verweigern die Huldigung, während Kursachsen mit seinen Bundesgenossen den offenen Krieg androht. Diesen verhindert die große Parteiung der Wittelsbacher und Hohenzollern im Reiche, die sich zwar einen Augenblick (October-December) nähern und Böhmen mit gemeinsamem Angriffe bedrohen, dann aber nach neuem Zwiste (Beginn 1459) genöthigt sind, beide den Anschluß an den Böhmenkönig zu suchen. Der Egerer Tag (April-Mai 1459) bringt von Seite Sachsens Verzicht auf die Erbansprüche, Herausgabe der diesseits des Erzgebirges gelegenen böhmischen Lehen, Verlobung der königlichen und herzoglichen Kinder und Einung beider Häuser. Ebenso verbündet sich G. mit Brandenburg und Friedrich von der Pfalz, weist aber die Einung mit Herzog Ludwig von Baiern-Landshut und den Vorschlag Martin Mair’s, sich zum römischen Könige wählen zu lassen, zurück. Die freundlichen Beziehungen mit den Kurfürsten des Reiches, der theilweise Anschluß der Schlesier und der Lausitzer bringen indeß den König auf diesen Plan zurück. Der König verpflichtet sich, um den Kaiser zu gewinnen (Brünn Juli–August 1459), ihm das Königreich Ungarn im Frieden oder durch Gewalt einzubringen, sucht nun auch mit Herzog Ludwig Ausgleichung der Streitigkeiten und Bündniß (September und October 1459 zu Taus und Pilsen) und geht dann vereint mit Martin Mair auf dem zweiten Egerer Tage (November 1459) unmittelbar an die Durchführung des Projectes. Er selbst theilt sich Markgraf Albrecht von Brandenburg mit, der seine Unterstützung an die Billigung des Kaisers knüpft. Martin Mair geht (Beginn Januar 1460) nach Mailand, dort Geld für den Plan aufzutreiben, indem er dem Herzoge Sforza die Investitur durch G. verheißt, Pius II., der auf dem Mantuaner Congresse und durch allseitige Friedensstiftung einen Türkenzug ermöglichen will, bringt auch die Breslauer zum Gehorsam und zu dem Versprechen, G. nach drei Jahren zu huldigen. Der Streit des Kaisers mit den österreichischen Ständen bietet G. Gelegenheit, seine Vermittlung anzubieten und um die Zustimmung zu seiner Wahl zu bitten (März 1460). Abgewiesen sucht er diese vergebens dem auch über die Nichterfüllung der Brünner Verträge erzürnten Kaiser abzudringen. Die auf den Nürnberger und Wiener Reichstag (berufen auf den 3. und 28. März) gesetzten Hoffnungen vereitelt der zwischen beiden Fürstengruppen ausbrechende Krieg. Während dessen verbindet sich König G. enger mit Herzog Ludwig (8. Mai) zu Vermittlung und Waffenhülfe; dies beschleunigt die „Rother“-Richtung, die ihm die Entscheidung über die noch schwebenden Streitpunkte überweist. Dadurch und durch die in Anregung gebrachte Auslösung der Niederlausitz hofft G. die Brandenburger gefügig zu machen. Als der Septemberreichstag zu Wien die Opposition gegen den Papst und Friedrich III. wieder in Fluß bringt, rechnet der König auf diese, vereinigt sich zu Prag mit Herzog Ludwig (8. October) zu seiner, wenn nöthig gewaltsamen Erhebung auf den deutschen Thron und sendet Martin Mair zu Unterhandlungen mit den Kurfürsten ins Reich, während er Mathias von Ungarn zu versöhnen [607] und sich zu verbünden weiß (25. Novbr.) und sich auch mit Polen (28. Novbr.) ausgleicht. Schon zuvor hat G. auch von Albrecht von Brandenburg allgemein die Zusage seiner Unterstützung bei Sachsen und Brandenburg erlangt, zu gleicher Zeit sucht Herzog Ludwig durch einen engen Bund mit den Fürsten seiner Partei zu Nürnberg (11. November) den König zu fördern, dann gewinnt M. Mair bedingungsweise Mainz und Pfalz. Aber des Königs Haltung Rom gegenüber auf dem Bamberger Tage (13. December) macht seine Bündner schwankend, auf der Egerer Fürstenversammlung (2. Februar 1461) hindern die Brandenburger die beabsichtigte Wahl, die von den Kurfürsten zu Nürnberg (Ende Februar) abgelehnt wird. Seit 1460 mahnt die Kurie immer dringender die Union endlich in Angriff zu nehmen. Jetzt (März, April 1461) versucht der König dieselbe wirklich, um die Zustimmung des Papstes zu seinem in momentaner Erregtheit gefaßten Plane, sich durch eine Bulle einfach zum römischen Könige ernennen zu lassen, zu gewinnen. Die ungeheure Aufregung des von Rokyzana nun gegen G. geleiteten utraquistischen Volkes zeigt aber, daß die Union jetzt und nie möglich sei und zwingt G. am 15. Mai zu öffentlicher feierlicher Erklärung für die Compactaten. Es ist der Wendepunkt in Georgs Leben und Königthum.

Gegen Rom und sein Volk in unvereinbarer Weise verpflichtet, hat er selbst das Ungemach seiner späteren Regierung mitverschuldet; nur die Friedensbedürftigkeit der Kurie, des Königs klug berechnende Politik vermag das Verhängniß hinauszuschieben. Es gilt vorerst die üblen Folgen der mißlungenen Königsprojekte zu tragen. Während ihn die Bündner drängen, gegen den Kaiser vorzugehen, muß er ihn als künftigen Fürsprecher in Rom schonen und verhindert doch nicht, daß man ihn als Mittelpunkt der Gegnerschaft gegen Papst und Kaiser bezeichnet (Sommer 1461); am 25. Juli wird auch gegen G., als Helfer Herzog Ludwigs, der Reichskrieg erklärt. Für den Kampf gegen das hingehaltene Rom sucht G. einen moralischen Halt in neuen Projecten und geräth in die Hände diplomatischer Abenteurer, jetzt des Franzosen Anton Marini. Obwol G. für Friedrich III. auf dessen Bitte am 6. September einen Waffenstillstand mit allen seinen Gegnern vermittelt, vermag er doch der Rache an den Brandenburgern nicht zu entsagen und sagt am 1. September Markgraf Albrecht, am 14. October Kurfürst Friedrich ab. Von Rom bedrängt stellt er aber bald seinen Streit mit Albrecht auf den abmahnenden Kaiser, zieht seine Truppen aus dem Reiche, vermittelt auf dem Prager Friedenscongresse (5. November–7. Dezember) einen allgemeinen Waffenstillstand, zeigt sich auch betreffs der Niederlausitz einem Ausgleiche geneigt und zudem geschäftig den Krieg zwischen Polen und Preußen zu vermitteln. Als der Friedensstifter in Europa, wie er sich in Rom darstellt, und durch das Anerbieten eines Türkenfeldzuges sucht er Pius II. günstig zu stimmen und seiner endlich abgefertigten Gesandtschaft den Boden vorzubereiten. Er ist sanguinisch genug, das Beste zu hoffen, sogar die Erlangung der byzantinischen Kaiserkrone schwebt seinem Ehrgeize vor. Aber der Krieg dauert in Preußen fort und beginnt in der Lausitz und im Reiche aufs Neue, die Kurie steht unverrückt auf den Zusagen von 1458. Trotzdem die Gesandtschaft den Gehorsam im Namen des ganzen Königreiches geleistet, antwortet Pius II. auf die Bitte um die Bestätigung der Compactaten mit deren feierlicher Aufhebung (31. März 1462). Sofort ändert der König seine Politik, sie stützend auf die Befriedung mit den Nachbarn (6. Juni Friede mit Brandenburg gegen Rückgabe der Niederlausitzer Pfandschaft) und Marini’s Projekt eines europäischen Fürstenbundes, der losgelöst von der Vormundschaft des Papstthums unter Herstellung internationalen Rechtes und Gerichtes G. einen festen Rückhalt bieten, dessen Bildung durch den vorgestellten Zweck eines Türkenzuges erreicht werden soll. Der erste halbgelungene Schritt ist der Abschluß eines Defensivbundes gegen die Türken auf der Zusammenkunft [608] Georgs mit Casimir von Polen zu Großglogau (18. Mai 1462). Des Königs unkluge Heftigkeit gegen den mit der Gesandtschaft nach Prag gekommenen Legaten Fantinus de Valle, der gefangen gesetzt wird, macht den Bruch mit Rom noch greller (Hoftag vom 17. August 1462); seine Bemühungen zu der eigenen und der utraquistischen Stände-Erklärung für die Compactaten auch die der katholischen Barone und (am 18. Sept.) der katholischen Geistlichkeit zu erlangen sind eitel. Dies ist auch später der Fall (Tag von Brünn Juli 1463); doch bleiben sie noch treu und suchen zu vermitteln, während der bedrängte Kaiser die auch sonst vom Könige gereizte Kurie zum Zuwarten nöthigt. Die Rettung des in seiner Burg zu Wien belagerten Kaisers bringt G. hochwichtigen Gewinn: Mehrung der böhmischen Landesprivilegien, Rückgabe der habsburgisch-luxemburgischen Erbverträge, Erhebung seiner beiden jüngeren Söhne in den Reichsfürstenstand etc., besonders das Versprechen nachdrücklichster Verwendung in Rom. Inzwischen wird der Fürstenbund, von Venedig und Frankreich gebilligt, an Mathias von Ungarn zur Unzeit und ungeschickt gebracht, von Burgund, wie es scheint, in Rom verrathen; er wird durch geschickte Aktion des Papstes, der sich mit Venedig und Ungarn zu einem Sonderbunde vereinigt (October 1463), vereitelt; der angestrebte engere Bund Georgs mit Frankreich führt nur zu einer bedeutungslosen Einung. Im Gefühle der nahenden Gefahr mehrt der König diese durch seine Maßregeln gegen sie. Er versieht die Burgen in Böhmen mit Kriegsvorräthen und Getreuen, macht seinen Sohn Victorin zum Landeshauptmann in Mähren, sucht sich die Lausitzen und Schlesien zu sichern und mehrt dadurch die Abneigung[WS 2] der ohnehin über sein persönliches Regiment mißmuthigen Barone. Schon läßt sich die Kurie auch von Kaiser Friedrich nicht länger hinhalten und ist (15. Juni 1464) die Citationsbulle gegen G. ausgefertigt, als Pius II. stirbt und sein Nachfolger Paul II. nochmals Aufschub und die Sendung eines Legaten bewilligt. Da aber G. dessen unbilliges Verlangen, von der Belagerung Zornsteins, das dem meuterischen aber vom Papste in Schutz genommenen Hynek v. Vöttau gehört, abzustehen, abweist, erfolgt am 28. Juni 1465 die Citation Georgs binnen 180 Tagen und der Auftrag an den Legaten, gegen Georgs Helfer mit Censuren voranzugehen. Nun nimmt Paul II. die Breslauer in seine Obhut, kündigt den Katholiken Böhmens Georgs bevorstehende Absetzung an und mahnt die Fürsten vom Verkehre mit diesem ab. Die böhmischen Barone, auch in religiösem durch das Religionsgespräch auf dem Februarlandtage 1465 geschärften Gegensatze zu G., berathen sich (Sommer 1465) zu Grünberg, Strakonitz und Krumau, um vom Könige die Abhülfe zahlreicher, wirklicher und vermeinter, Verletzungen ihrer Rechte und der Landesfreiheiten zu verlangen, werden aber von G. unter dem Beifalle der Ritter und Städte (Herbstlandtag, 23. September 1465) widerlegt und abgewiesen und treten darum zu Grünberg (28. Nov. 1465) zum „Herrenbunde“ zusammen. G., willens seinem Sohne Victorin die Nachfolge zu sichern, übergibt seinen Besitz den beiden jüngeren Söhnen, appellirt gegen die Citation am 21. October und wendet sich an alle Fürsten um Vermittlung, während er in Rom durch Ludwig von Baiern und Ungarn auf die Herstellung der Dinge vor 1462 lautende Anträge und Versprechungen bezüglich eines Kreuzzuges thun läßt. Schon hat sich Mathias von Ungarn (2. Oct. 1465) Rom gegen G. erboten; dessen Anträge werden abgewiesen, schon am 8. December 1465 – noch vor Ablauf der Frist – Georgs Unterthanen vom Treueide entbunden. Nun steht Pilsen auf, sieht sich G. genöthigt mit den Herren nach Unterhandlungen in Budweis und Raudnitz einen förmlichen Waffenstillstand zu schließen (bis Galli 1466). Das Zögern der Kurie gibt dem Könige Zeit. Während die sächsischen Herzöge mit den Legaten in Breslau verhandeln, versucht der König mit Unterstützung Gregor Heimburg’s nochmals seine Sache zu [609] einer allgemeinen Angelegenheit der weltlichen Mächte zu machen. Aber weniger durch Heimburg’s Schreiben nach Ungarn und Formulare für die Fürstenvermittlung, als durch die Verwendung Markgraf Albrechts und das Erbieten einer großen Heeresrüstung gegen die Türken kommt es auf dem Nürnberger Reichstage 1466 zu dem Beschlusse, von Paul II. einen Tag für die gemeinsame Ausgleichung der böhmischen Frage zu verlangen. Dagegen wählt der Herrenbund in Zittau (12.–18. Sept.) Zdenèk v. Sternberg zum Hauptmann und beschließt durch die Hereinziehung aller Katholiken der Krone seine Umwandlung in eine katholische Liga, willigt aber dann in Verlängerung der Waffenruhe bis 23. April 1467 und neue Verhandlungen in Neuhaus. Während der König durch unkluge Heftigkeit gegen den Kaiser, die unzeitige Belagerung von Namslau und seine Verbindung mit den „Brüdern“ seine Lage verschlimmert, belegt Paul II. am 23. December 1466 ihn und seine Familie mit dem Bann, spricht ihm den Thron, seinen Söhnen die Nachfolge ab. Die Sprüche zu vollstrecken rechnet die Kurie auf die Liga, deren fast schon gelungene Verhandlungen zu Neuhaus nun erfolglos bleiben und die sich willig erbietet, und auf Polen. Auf dem Februarlandtage (24.–27. Februar 1467) ist G. zu spät gegen die Herren nachgiebig und wird nochmals auf die Compactaten verpflichtet. Die Versuche, in Rom neue Verhandlungen anzuknüpfen, einzelne der Herren zu gewinnen, scheitern. Nach Sternberg’s Bestätigung durch Paul II. am 20. März einen sich die Ligisten fester zu Grünberg (14. April), am selben Tage appellirt der König auch gegen die Bannbulle und der Krieg beginnt, in zahllosen Einzelgefechten und Burgenbelagerungen bestehend. Zugleich streitet man mit der Feder. Nachdem der Nürnberger Reichstag (Juli–August 1467) umsonst die Vermittlung versucht hat, wobei die weitere Entfremdung des Kaisers und auch Herzog Ludwigs von G. hervortritt, vermittelt Kasimir von Polen, an den sich beide Parteien mit dem Anerbieten der böhmischen Krone und der Nachfolge gewendet, einen Waffenstillstand vom 30. November bis 25. Januar 1468 zum Zwecke eines Friedenstages in Brieg. Er bringt, da der Legat auf Georgs Vernichtung besteht, nur die Kräftigung der Gegner, die während des durch die Polen bis zum 26. März verlängerten Waffenstillstandes sich an Mathias von Ungarn wenden. Da zugleich auch die päpstlichen Boten sich von Polen nach Ungarn begeben, der Kaiser, dem Prinz Victorin am 29. December abgesagt hat und ins Land gebrochen ist, um Hülfe ruft, erklärt Mathias am 31. März 1468 den Krieg, den er nach rascher umsichtiger Rüstung am 12. April aufnimmt. Paul II. unterstützt ihn mit neuen Censuren (20. April) und der Sendung eines zweiten Legaten, Rovarella’s, mit größeren Vollmachten. König Mathias nöthigt Victorin, dem G. zu Hülfe eilt, zur Räumung Oesterreichs, steht beiden unterhandelnd bei Laa gegenüber, erobert nach Georgs Abzug den größeren Theil Mährens. Unausgesetzte Kämpfe, fruchtlose Vermittlungsversuche erfüllen das J. 1468; die „acht Unglückswochen“ (Mitte August bis Mitte October) bringen G. schwere Verluste, doch wendet sich das Waffenglück und schlägt auch die Volksstimmung im Reiche zu seinen Gunsten um. Aber schon sind selbst Sachsen und Brandenburg willens, im äußersten Falle zu Papst und Kaiser zu stehen und wird in Regensburg (Februar, März 1469) über den Reichskrieg gegen Böhmen verhandelt. Da die Nachricht, daß Friede sei. – König Mathias hat, beim Einbruche in Böhmen von G. bei Wilemow (25./26. Februar) eingeschlossen, einen Waffenstillstand bis zum 3. April 1469 abgeschlossen und versprochen, G. auf Grundlage der Compactaten mit Rom auszusöhnen, wogegen ihn dieser entläßt und Unterstützung bei Erlangung der deutschen Krone zusagt. Aber auf dem Olmützer Friedenstage (7. April bis 1. Mai) verhindert Rovarella alles; während bereits [610] Mathias ’Wahl zum König von Böhmen geplant wird, erreicht G. bei mancherlei persönlicher Demüthigung durch polnische Vermittlung blos die Verlängerung der Waffenruhe bis 1. Januar 1470 und die Zusage, Mathias werde in seiner Sache nach Rom schicken. Durch Mathias’ Königswahl und die nachfolgende Huldigung in Olmütz und Breslau über seine Täuschung belehrt, bricht G. sofort mit verzweifelter Energie los. Während der Kaiser, über Mathias’ ungestümes Streben erschreckt, von diesem zurückweicht, ebenso Brandenburg und Polen, sucht G. durch Sachsen Versöhnung mit Friedrich III., läßt, an Polen sichern Rückhalt zu finden, auf dem Prager Junilandtage die Nachfolge des Prinzen Wladislaw beschließen, arbeitet im Reiche wie an den Höfen von Burgund und Frankreich Mathias’ deutschen Königsplänen entgegen, tritt endlich in Verbindung mit den unzufriedenen ungarischen Großen und führt den Krieg trotz Victorin’s Gefangennahme (27. Juli 1469) so glücklich, daß ein Theil der Ligisten nur durch Erklärung ihrer Neutralität sich vor gänzlichem Ruine zu schützen vermag. Versagt auch König Kasimir trotz Georgs Bemühungen, und sein drohendes Manifest an das Reich vom 1. Januar 1470 Waffenhülfe, ja selbst eine definitive Erklärung, so gestaltet sich Georgs Lage doch immer günstiger. Die Villacher Fürstenversammlung (19. Juli bis 1. August 1470) bei dem Kaiser erklärt sich dafür, G. auf dem Throne zu erhalten, während Mathias’ rascher Einfall in Böhmen (August 1470) mißlingt. Da sich in Böhmen wie im Reiche die Stimmen für G. mehren, in Ungarn über den schweren langdauernden Krieg sich steigendes Mißvergnügen kundgibt, bietet Mathias durch Sternberg in Polna den Frieden unter Bedingungen an, die G. den Thron, ihm die Nachfolge sichern. Nur die Rücksicht auf Polen, das dadurch zu rascher Erklärung gedrängt wird, hindert G. anzunehmen. Trotz Kirchenbann und Ketzerglauben erfolgt (Fasching 1471) die Vermählung von Georgs jüngstem Sohne Hynek mit Katharina von Sachsen. Die sächsischen Herzoge, vom Kaiser unterstützt, stimmen endlich auch die Kurie milder und schon hat Cardinal Franz von Siena, der die Sache der Kirche auf dem Regensburger Reichstage führen soll, Befehl erhalten, auch die böhmische Streitfrage in Unterhandlung zu nehmen, als Georges Tod gemeldet wird.

Die Wassersucht, die seinen in den letzten Jahren sehr starken Körper bis zur Unkenntlichkcit entstellte, hatte am 22. März 1471 des Königs Leben ein Ende gemacht.

Kein Podiebrad nahestehender Zeitgenosse hat uns seine Persönlichkeit, sein Sinnen und Empfinden menschlich näher gebracht. Als einen Mann von kurzem gedrungenen Körper, weißer Hautfarbe, blitzenden Augen und geselligen Manieren, „angesteckt zwar vom Hussitismus, sonst aber rechtschaffen und edel“, schildert ihn zur Zeit seiner Verweserschaft Enea Silvio. Außerdem lassen sich warme Liebe zu den Seinen und zu seinem Lande, Sparsamkeit, die später fast in Geiz, reges Streben, das zu verderblicher Ehrsucht ausartet, Lebhaftigkeit, die leicht zu ungerechter Heftigkeit wird, nicht verkennen. Georgs Auftreten in der Geschichte ist je nach dem Parteistandpunkte verschieden beurtheilt worden. Sicher ist: der Märtyrer der freiheitlichen Ideen, der überzeugungsvolle Utraquist ist der König nie gewesen. Aber er gehört zu den gebietenden Geistern, die selbst ohne besondere persönliche Bildung – der König sprach wenig deutsch, nur böhmisch – Zeit und Gelegenheit mit klarem Blicke zu erfassen, mit siegreicher Energie zu benützen verstehen. So sorgt G. erst väterlich für sein Land und leitet mit überlegener Klugheit dessen Politik. Aber die kleinliche Zeit, in die er gleich Markgraf Albrecht gestellt, gestattet nicht, daß sich die treffliche Naturanlage zum Hohen und Edlen entfaltet. Georgs diplomatische Künste vermögen nicht ihm wahre Freunde zu verschaffen; von Ehrgeiz und Glück verblendet geht er [611] in gutem Glauben, aber allzu kühnem Vertrauen Verpflichtungen ein, deren Unerfüllbarkeit den Abend seines Lebens in Nacht und Trauer hüllt.

F. Palacky, Gesch. Böhm. IV, 1. u. 2. Abthl. H. Markgraf’s sechs Abhandlungen über K. G. und seine Zeit. G. Voigt, Georg von Böhmen der Hussitenkönig, Hist. Ztschr. 1861. G. Voigt, Enea Silvio de’ Piccolomini, 3 Bde., Berlin 1856–63. J. G. Droysen, Geschichte der preuß. Politik II, 1. Abthl. M. Jordan, Das Königthum G. von Podiebrad, Leipzig 1861. A. Bachmann, Ein Jahr böhmischer Geschichte, Arch. f. österr. Geschichte, LIV. Bd., Wien 1876. A. Bachmann, Böhmen und seine Nachbarländer unter G. von Podiebrad 1458–61, Prag 1878 u. a. W.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: letzere
  2. Vorlage: Abneignung