Zum Inhalt springen

ADB:Eitzing, Ulrich Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Eitzing, Ulrich von“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 778–781, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eitzing,_Ulrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 14:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Ekbert von Andechs
Band 5 (1877), S. 778–781 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ulrich von Eyczing in der Wikipedia
Ulrich von Eyczing in Wikidata
GND-Nummer 129166553
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|5|778|781|Eitzing, Ulrich von|Franz von Krones|ADB:Eitzing, Ulrich Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=129166553}}    

Eitzing: Ulrich v. E. (Eiczing, U. Eiczinger), bairischer Herkunft, Mitglied und Führer der österreichischen Ständeschaft († um 1461). Sein Vater hieß Georg; als Brüder erscheinen Oswald und Stephan. Ulrich ist der Begründer der Gütermacht und des Ansehens seiner in Oesterreich eingebürgerten Familie. Aus einer zeitgenössischen Anklageschrift erfahren wir Einiges über das Vorleben dieses begabten Emporkömmlings. Er wäre als Knappe zu dem Habsburger Herzog Ernst dem Eisernen († 1424) gekommen und habe an dem Walsee, offenbar dem mächtigen Reinprecht, einen Dienstherrn und Gönner gefunden. Dieser habe ihn auf sein Ansuchen an den Hof Herzog Albrechts V. von Oesterreich gebracht, dessen Gunst er ungemein auszubeuten verstand. Herrschaft an Herrschaft brachte er mit rücksichtslosem Eigennutz an sich und wurde überdies der Hubmeister seines fürstlichen Gebieters. Gegen die hochadelichen Herren habe er allerhand Ränke gesponnen, um sich des ausschließlichen Vertrauens Albrechts V. zu bemächtigen und ihm immerdar in den Ohren gelegen, er möge gegen sie den gestrengen, unerbittlichen Herrn spielen. – 1439, den 22. Febr., erhob Kaiser Albrecht II. Ulrich und dessen beide Brüder, Oswald und Stephan, in den Freiherrnstand. Eitzing’s Zeitgenosse, Enea Silvio Piccolomini, charakterisirt den talentvollen Glücksmenschen in nachstehender Weise … „Unter den rohen und trägen Edeln des Landes wuchs sein Ansehen leicht und bald wurde es so bedeutend, daß er der alleinige Einnehmer und Vertheiler der herzoglichen Kammereinkünfte wurde; in Oesterreich nannte man dies Amt das eines Hubmeisters. Dadurch bereichert, häufte er ungeheure Schätze. Stattliche Häuser, Aecker, Dörfer, Schlösser, kaufte er zusammen; zahllose Pfandschaften [779] übernahm er; auch den Titel eines Freiherrn verschaffte er sich. Seine Worte waren bei Herzog Albrecht Orakelsprüche.“ – „Man sagt, dieser Mann, ohne Glauben an ein anderes Leben, gehe weder zur Beichte noch zur Communion, verachte alles Religiöse, obgleich er aus Furcht vor dem Volke die Kirche besuche. Hingegen folge er einer Hexe, die ihm die Zukunft verkündige. Er liebe die Lüfte des Lebens und seine Meinung wäre, daß der Mensch nach dem Tode nichts weiter besäße, als den Nachruf.“ Ob nun jene Anklageschrift die Wahrheit bietet, wenn sie erzählt, Albrecht II. (V.) habe schließlich selbst die unredliche Gewinnsucht seines Günstlings durchschaut und „auf seinem Todtenbette geschworen“, er wolle den E. und dessen Geschlecht vertreiben; wie er ihn einst zu einem „Herrn“ machte, so wolle er ihn hinwieder zu einem „Buben“ machen, – läßt sich schwerlich erweisen. Anderseits wurden Gerüchte laut, E. habe an Albrechts Testamente eine Fälschung mit Hülfe des Kanzlers Kaspar Schlick veranlaßt, um das Heft der vormundschaftlichen Regentengewalt in den Tagen der Unmündigkeit Ladislaus’ des Nachgebornen zu gewinnen. Er habe ferner mit Herzog Friedrich V. (Kaiser Friedrich III.) heimliche Abmachungen getroffen, um dann gleich wieder, als ihm die Wendung der Dinge nicht behagte, Willkür und Feindseligkeiten zu üben. – Wegen einer für Kaiser Albrecht II. geleisteten Geldbürgschaft im Betrage von 20000 Goldgulden überwarf er sich thatsächlich mit K. Friedrich, Ladislaus’ Vormunde. Noch andere Händel mehrten die Entzweiung und so kam es 1441, 12. Mai, zur offenen Fehde mit dem Habsburger. Kaiser Friedrich versprach in der Taidung vom 7. Juli, die Forderungen Eitzing’s zu begleichen, und die Abmachungen im October d. J. lassen erkennen, wie sehr es dabei auf den Geldpunkt ankam und wie die landesfürstliche Geldnoth die Rechnungslegung Eitzing’s als Hubmeisters wesentlich erleichterte. – Er war eben ein reicher mächtiger Herr geworden, der das Krumme gerade zu biegen in der Lage war. – 1446 erscheint er unter den Sendboten Friedrichs an die Ungarn.

Seine Lebenshöhe begrenzen jedoch eigentlich die J. 1450–55, in welcher Zeit er die Hauptrolle in der Ständeschaft Oesterreichs spielt. Anlaß dazu bot die wachsende Unzufriedenheit der Oesterreicher mit K. Friedrichs vormundschaftlicher Regierung und diese Stimmung begegnete dem persönlichen Zerwürfnisse Eitzing’s mit dem genannten Habsburger. Herr Ulrich kreuzte aus Eigennutz das Kaufgeschäft des Königs mit dessen Bruder Herzog Albrecht VI., die Burgherrschaft Forchtenstein betreffend. Anderseits fand er sich beleidigt, indem er bei der Bestallung der Landesverweser Oesterreichs übergangen wurde. – So bereitete er denn in der Martperger (Mailberger) Zusammenkunft ein bewaffnetes Bündniß wider Friedrich vor (1451, 14. Oct.), dem an 300 Adeliche beitraten und in welches er, außer den mächtigen Cilliern, böhmische, ungarische Ständeherren und den Wittelsbacher Ludwig zu ziehen bemüht war. Der Wulderstorfer Parteitag (31. Oct.), gleichfalls sein Werk, sollte die Action in Fluß bringen. Wien wurde für den 12. Dec. als Sammelplatz der Stände ausersehen und obschon der Magistrat der Landeshauptstadt sich anfänglich weigerte, der antikaiserlichen Actionspartei die Thore zu öffnen, wurde E. doch bald Meister der Stadt, mit Hülfe der Gemeine, des großen Haufens, dessen Gunst er in berechnendster Weise zu gewinnen verstand. Seinem prunkvollen Einzuge folgten Feste und Schmäuse, das beste Lockmittel für die genußsüchtigen Wiener. Von der Feldkanzel der Carmeliterkirche, woselbst vor Kurzem Johann v. Capistrano seine Bußpredigten gehalten, donnerte der gewandte Sprecher gegen Friedrichs willkürliche Gerhabschaft und verabsäumte überhaupt nichts, um die Volksstimmung gegen den „Steiermärker“ zu erbittern. Die Oberösterreicher wurden von der niederösterreichischen Aufstandspartei zu der Welser Versammlung [780] vom 9. Januar 1452 eingeladen, inzwischen auch die herzogliche Burg in Wien besetzt. Der Tag in Wels kam auch zu Stande und Eitzing’s drohender Brief bestimmte den oberösterreichischen Landeshauptmann, dem Könige den Dienst zu kündigen. Den 5. März 1452 traten die Cillier dem österreichischen Ständebündnisse bei, ungarische Abgeordnete und die Böhmenpartei der Rosenberger wurden Genossen des Bundes und E. konnte mit Fug und Recht als Herr der Sachlage betrachtet werden. Es wurde ihm auch Titel und Würde eines obersten Hauptmannes zuerkannt. Der Versuch, König Friedrichs Mündel, Ladislaus P., entführen zu lassen, die Gesandtschaft an den Papst, mit der Bestimmung, den Habsburger bei dem römischen Stuhle als Tyrannen zu verklagen, dies und die zwischenläufigen Rüstungen zur Bekriegung des aus Italien heimeilenden Kaisers, waren Eitzing’s Werk, doch trat hierbei immer mehr der Einfluß des Grafen Ulrich II. von Cilli an den Tag. Er und der E. verbanden sich, um sicher ans gemeinsame Ziel zu gelangen. Bald jedoch sollte E. die unangenehme Erfahrung machen, daß ihn der Cillier weitaus überflügelte und bei Seite schob. Wie sehr die Persönlichkeit des Cilliers allüberall in den Vordergrund tritt, beweist die Januar-Unterhandlung (1452) zu Preßburg mit den Ungarn und Hunyadi, welcher der österreichischen Action abgeneigt war. Dabei hatten sich der Cillier und E. eingefunden. Das eigentliche Bündniß mit den Ungarn (25. März 1452) schloß jedoch Graf Ulrich ab. Auch in dem luxemburgischen Handel mit dem Burgunderherzoge (1. Juli 1452) erscheint neben E. der Cillier tonangebend. – Als die Verbündeten den Kaiser in der Wiener-Neustadt belagerten (August 1452), trat die entscheidende Wendung zu Gunsten des Grafen von Cilli ein; er übernahm den jungen Ladislaus aus Friedrichs Händen, er führte ihn nach Wien, er wurde der eigentliche Gewalthaber und brachte mit reichlichen Zinsen all das Geld herein, daß er der Eitzing’schen Partei zur Führung des Krieges vorgestreckt hatte. – Allerdings fehlte es nicht an Belohnungen Eitzing’s, seiner Brüder und des Vetters Sigmund, aber der Löwenantheil fiel dem Grafen zu.

Mit tiefem Grolle sah E. diese Wendung der Dinge. Der hohe Adel Oesterreichs hielt es mit dem Cillier, der die Landesämter mit seinen Anhängern besetzte, und war im Herzen dem Eiczinger als Emporkömmlinge abgeneigt, als dessen Partei hinwieder der niedere Adel, das Bürgerthum und der Clerus auftritt. E. lauerte deshalb auf eine Gelegenheit, den verhaßten Nebenbuhler zu stürzen und die Vorbereitung hierzu bot der Korneuburger Septemberlandtag (1453), auf welchem E. gegen den Grafen als Landesverderber eine schneidige Anklage erhob. Die Katastrophe vom 28. Septbr. zu Wien, welche mit dem Sturze und der Vertreibung des Grafen schloß, war Eitzing’s wohlgeplantes Werk. Fortan lag die Führung der österreichischen Angelegenheiten in seiner Hand. Aber der hohe Adel blieb ihm abgeneigt und ward es noch mebr, als er sah, wie anmaßend E. auftrat, wie er seine Partei ans Ruder brachte und die wichtigsten Aemter seinen Günstlingen und „Knechten“ zuwandte. Ladislaus fand in dem Emporkömmlinge einen unbequemen, machtbewußten Beaufsichtiger, der nichts von den bestechenden Eigenschaften des Cilliers besaß. E. bot allerdings jedes Mittel auf, um sich im Sattel zu halten; auch die Bündnisse mit dem Gubernator Böhmens, Georg Podiebrad, mit Johann Hunyadi, mit dem Sternberger u. A. (z. B. 1453, 27. Oct.) waren hierfür berechnet gewesen. Nichtsdestoweniger stand sein Sturz nahe bevor. – Ende Februar 1455 kam es zur neuen Wendung der Dinge. Bald hielt der Cillier seinen glänzenden Einzug in Wien und E. räumte ihm das Feld, gute Miene zum bösen Spiele machend.

Anfang des J. 1456 findet sich die Andeutung, die beiden Gegner hätten sich verglichen. Wol war dies nur eine Scheinversöhnung und gewiß vernahm [781] E. mit Befriedigung das blutige Ende seines einstigen Nebenbuhlers, den Tod des Cilliers zu Belgrad (November 1456). Er selbst tritt noch in den Händeln auf, die nach dem Tode Ladislaus’ P. (November 1457) Oesterreich bewegten, ohne jedoch eine große Rolle zu spielen. Er hatte sich in seiner politischen Bedeutung überlebt und muß 1461–62 gestorben sein, da er als Todter 1463 erwähnt wird. Jedenfalls gehört der Mann mit seinen vielseitigen Talenten zum Politiker, Finanzmann, Redner und Agitator, der kluge, energische Emporkömmling, der seinem Geschlechte zur Geltung im Kreise des österreichischen Adels verhalf, unter die bedeutendsten Männer der Geschichte Oesterreichs im letzten Jahrhundert des Mittelalters.

Aeneas Silvius, Hist. Frid. imperatoris; Hist. Bohemiae. – Th. Ebendorfer v. Haselbach, Chron. Austriae. – Lanckmann von Valckenstein bei Pez, Scrr. rer. austr. II. Beschuldigungen eines Ungenannten gegen H. Ulrich v. Eiczing c. 1457 (Vermerkt das herkomen und handlung H. Ulreichs) im Notizbl. z. Arch. f. K. ö. G. 1857. S. 231–234. – Chmel, Mater. z. österr. Gesch. I. II. – Regesten z. Gesch. K. Friedrichs IV. – Geschichte K. Friedrichs IV. 2 Bde. – Briefe und Actenst. z. Gesch. der ständ. Verh. etc. 1441–42. – Sitzgsb. d. Akad. d. Wiss. Wien, II. 378–406. – Birk’s Urkk. Ausz. Arch. f. K. ö. G. X. Bd. – Palacky, Urkundensammlung im XX. Bde. der II. A. der Fontes rer. austr.Hormayr’s Plutarch V. Bd.