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ADB:Raue, Christian

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Artikel „Raue, Christian“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 396–397, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Raue,_Christian&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:07 Uhr UTC)
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Raue: Christian R., auch Ravius, Theologe und Orientalist des 17. Jahrhunderts. Er wurde am 25. Januar 1613 in Berlin als der Sohn des Diakonus an St. Nicolai, Johannes Raue geboren, erhielt seine Schulbildung auf dem Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster, an welchem sein Vater früher Lehrer gewesen war, und begab sich 1630 nach Wittenberg, wo er Theologie studirte, vornehmlich aber mit den orientalischen Sprachen sich beschäftigte. Vorübergehend scheint er auch in den nächsten Jahren in Königsberg, Leipzig und Rostock, wo sein Bruder Johannes Professor der Philosophie war, sich aufgehalten zu haben. Nachdem er 1636 in Wittenberg Magister geworden war, ging er, von dem kurfürstlich-sächsischen Hofmarschall Loeser durch ein Stipendium von jährlich 100 Gulden unterstützt, nach Hamburg, und von da mit trefflichen Empfehlungen nach Upsala. Eine ihm hier angebotene Predigerstelle schlug er aus, um nicht von seinen orientalischen Studien abgezogen zu werden, wandte sich nach Kopenhagen und übernahm darauf auf kurze Zeit eine Stelle als Hofmeister bei dem Baron v. Güldenstern in Soroe, scheint auch an der dortigen Akademie Geographie vorgetragen zu haben. Aber schon 1637 finden wir ihn wieder unterwegs; er besuchte Belgien und Holland, namentlich Leyden und Amsterdam, knüpfte hier vielfache Beziehungen an und entschloß sich endlich, in den Dienst der Generalstaaten als Legationssecretär bei der niederländischen Gesandtschaft am türkischen Hofe einzutreten. Ehe er dieses Amt aber antrat, ging er noch Mitte 1638 nach England und reiste von dort aus 1639 in Gesellschaft eines englischen Kaufmanns zunächst nach Smyrna. In unglaublich kurzer Zeit eignete er sich hier die Kenntniß der türkischen und persischen, sowie der italienischen, der spanischen und der griechischen Vulgärsprache an. Von England aus mit Geld und Empfehlungen gut versehen, kam er dann nach Constantinopel und fand hier, da er die Wohnung bei seinem Vorgesetzten, dem niederländischen Gesandten ablehnte, überaus freundliche und ehrenvolle Unterkunft im Hause des englischen Gesandten. Mit großem Eifer sammelte er in Constantinopel und in den nahe gelegenen kleinasiatischen Städten, die er vielfach besuchte, orientalische Handschriften von mehr als 300 Schriftstellern. Nach dreijährigem Aufenthalte im Orient kehrte er 1642 über England nach den Niederlanden zurück und wurde zunächst 1643 Professor der orientalischen Sprachen in Utrecht, dann 1645 in Amsterdam. Auf Einladung des Bischofs von London ging er 1647 wieder nach England, hielt in London selbst Vorlesungen für Geistliche und wurde dann 1648 zum Professor und Bibliothekar am Magdalenencollegium in Oxford ernannt. Aber ruhelos, wie er war, blieb [397] er auch hier nicht lange. Als die Königin Christina von Schweden ihm 1650 eine Professur in Upsala anbot, folgte er diesem Rufe, siedelte aber von Upsala aus bald nach Stockholm über, um daselbst am Hofe Karl Gustav’s als königlicher Bibliothekar und namentlich als Dolmetscher für die Verhandlungen mit asiatischen und afrikanischen Gesandtschaften zu dienen. Später wieder nach Upsala zurückgekehrt, verfaßte er hier auf des Königs Anregung die „Chronologia Biblica, unica, vera, infallibilis“, welche aber erst 1670 in Kiel erschien. Theologische Streitigkeiten, in welche er verwickelt wurde, veranlaßten ihn 1669, das Amt in Upsala aufzugeben; er ließ sich in Kiel nieder und hielt hier Vorlesungen über orientalische Sprachen, wirkte auch für den Zweck der Verbreitung des Christenthums unter Juden und Mohammedanern. Endlich bot ihm eine Berufung des Großen Kurfürsten 1672 die Möglichkeit der Rückkehr in die Heimath; er wurde Professor an der Universität in Frankfurt a. d. Oder und starb daselbst nach fünfjähriger Wirksamkeit am 21. Juni 1677. – In seinem Epitaphium in der Oberkirche in Frankfurt wird er als „Chronologus et Philosophus … peregrinat. per Europam, Asiam, Africam Orbi notus …, XIV linguarum notitia inclytus …, scriptis et fama immortalis“ gefeiert. – Von seinen überaus zahlreichen Schriften ist ein Theil dazu bestimmt, die Verbreitung der orientalischen Sprachen in Europa zu fördern, wie die beiden „Panegyricae orationes linguis orientalibus dictae“, 1644, ein anderer Theil beschäftigt sich mit der alttestamentlichen Zeitrechnung, wie außer der Chronologia Biblica der „Orbis Hieraticus ephemeriarum Leviticarum“, 1670, andere sind theologischen Inhalts, wie die „Discordia concors sive … de concilianda Lutherana et reformata religione“, 1663. Gegenwärtig sind noch von Werth vornehmlich zwei Bücher: das „Spolium Orientis, Christiano orbi dicatum“, 1669, ein Verzeichniß der von ihm in Constantinopel und anderen Städten des Orients gesammelten Handschriften, und namentlich „Apollonii Pergaei Conicarum Sectionum libri V, VI, VII in Graecia deperditi, iam vero ex Arabico Msto opera subitanea latinitati donati“, 1669. Die große Zahl druckfertiger Manuscripte, welche er hinterließ, ist nicht herausgegeben worden.

Moller, Cimbria litt. II, S. 680–688, wo auch der handschriftliche Nachlaß Raue’s im Einzelnen aufgeführt ist. – Jöcher III, 1925 ff., nicht ohne Fehler. – Rotermund VI, S. 1421–1424, wo ein, jedoch nicht vollständiges, Verzeichniß der gedruckten Schriften Raue’s sich findet. – Schefferi Suecia litter. S. 301.– Semler’s Lebensbeschreib. aus der Britannischen Biograph. VII, S. 574. – Burmanni Trajectum eruditum, S. 285–288.