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ADB:Rekared I.

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Artikel „Rekared I., König der Westgothen“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 180–185, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rekared_I.&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:11 Uhr UTC)
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Rekared I., König der Westgothen, 586–(Mai) 601, Sohn des Königs Leovigild (s. A. D. B. XVIII, 406) und der Theodosia, Tochter eines vornehmen Byzantiners Severianus aus Karthagena, angeblich Schwester des Bischofs Leander von Sevilla, (eine neuerdings übrigens aus nicht ganz verwerflichen Gründen angezweifelte Ueberlieferung). Bei der Empörung seines älteren Bruders Hermenigild (s. A. D. B. XXIII, 411[WS 1]) gegen Leovigild im Jahre 580 wirkte R. für den König und Vater; als der Empörer in seiner letzten Zufluchtsstätte, der festen Burg Osser, bezwungen, die Zuflucht einer Kirche gesucht hatte, entfernte ihn R. aus derselben durch eidliche Zusicherungen im Namen des Königs. Hermenigild ward das Leben geschenkt, der Anspruch auf die Thronfolge – sofern in diesem Wahlreich überhaupt von solchem Sprache sein konnte – auf R. übertragen (584); im folgenden Jahre (585) ließ der König Hermenigild gleichwol hinrichten, wol mehr aus Sorge für die Zukunft, denn aus Rache wegen der Vergangenheit oder weil sich der Gefangene weigerte, vom katholischen zum arianischen Bekenntniß zurückzutreten. Leovigild hatte R. mit Chilperich’s und Fredigundens Tochter Rigundis verlobt, durch solche Verbindung die Hülfe jenes merovingischen Theilkönigs zu gewinnen, falls, wie zu besorgen stand, Brunichildis, die Wittwe Sigibert’s I., Hermenigild zu unterstützen trachtete, welcher mit ihrer Tochter Ingundis vermählt worden war (580). Allein nach Chilperich’s Ermordung (584) legte Leovigild keinen Werth mehr auf jene Verbindung; die Braut, welche schon auf der Reise nach Spanien begriffen gewesen, kehrte um. Nun machte Chilperich’s Bruder, König Guntchramn von Orleans, dessen Theilreich mit den gothischen Besitzungen in Südgallien grenzte, wiederholte Versuche diese zu erobern und so die „natürliche Grenze“ der Pyrenäen zu gewinnen; aber während Leovigild die burgundische Flotte bei einem Landungsversuch fast bis zur Vernichtung schlug, trat R. zwei Heeren Guntchramn’s, welche auf verschiedenen Straßen gegen Carcassonne und Nîmes vorrückten, entgegen. Von Nîmes mußten sie weichen, Carcassonne, das ihnen die Thore geöffnet, ward ihnen wieder entrissen, ihr Feldherr, Graf Terentiolus v. Limoges, fiel, und unter großen Verlusten durch Hunger, Seuchen und Schwert flohen sie, ihre Beute im Stiche lassend, vor R., der ihnen noch drei Grenzburgen an dem Rhone abnahm. Als Leovigild (15. April oder 21. Mai 586) starb, ward R. zum König gekoren. Während der Vater den Gothenstaat in der hergebrachten Weise hatte erhalten wollen, und die meisten Thaten seiner thatenreichen Herrschaft mit äußerster Kraft das arianische Bekenntniß in diesem Gothenstaat zwar nicht als Zwangsglauben, [181] aben doch als Merkmal des Gothenthums aufrecht zu halten bezweckt hatten, war der erste Schritt seines Sohnes und Nachfolgers der Uebertritt zum Katholicismus und das Bestreben, seine Stammesgenossen soviel er irgend konnte, zu diesem Bekenntniß als gothischer Staats- und Zwangsreligion hinüber zu drängen. Mag es hierbei an innerer Ueberzeugung nicht gefehlt haben, – als Prinz hatte R. die katholikenfeindliche Richtung des Vaters auf das eifrigste unterstützt – jedesfalles wirkten hier Gründe der Staatskunst auf das mächtigste mit. Allmählich mochte R. die unzweifelhaft geistige Ueberlegenheit der katholischen Lehre erkannt oder doch empfunden haben. Dies Bekenntniß war der folgerichtigste Ausdruck der christlichen Vorstellungen: daß die Gothen dieselben weiland, im IV. Jahrhundert, in der arianischen Gestaltung aufgenommen hatten, war durchaus nicht, wie man behauptet hat, innerlich in einer näheren Verwandtschaft dieser Lehre mit der heidnischen Vielgötterei, vielmehr lediglich äußerlich in dem Zufall begründet gewesen, daß zu der Zeit, da die Gothen das Christenthum annahmen, weil es die Staatsreligion des Römerreiches war, der Arianismus in jenen Landschaften überwog und Kaiser Valens, der ihnen die Aufnahme in das Reich – die einzige Rettung vor den Hunnen – verstatten oder verwehren mochte, eifrigster Arianer war und die Annahme seines Bekenntnisses zur Bedingung gemacht hatte. Wäre damals der Isis- oder der Mithrasdienst Staatsreligion gewesen, – die Gothen, vor die Wahl gestellt zwischen den Hunnen und dieser Religion, hätten die letztere ebenfalls angenommen. Sie glaubten, heißt es, den Priestern, welche Imperator Valens sandte; hätte Imperator Valens katholische Priester gesandt, so wären sie katholisch geworden. Es hatte ja auch in den vorhergehenden Jahrzehnten das rechtgläubige Bekenntniß ebenfalls Eingang gefunden in gothischen Gauen. Erst später ward der Arianismus mit einer gewissen Leidenschaft in engsten Zusammenhang mit dem Gothenthum gebracht, nachdem in den Reichen von Toulouse und Toledo der Katholicismus als Bekenntniß aller inneren und äußeren Feinde des Gothenreiches bedrohlich auftrat; in den katholischen Unterthanen, zumal den Bischöfen, dieses Staates selbst, dann der Weströmer 476, der Franken, der Sueben, der Byzantiner. In der unablässigen Ueberwachung und Bekämpfung all dieser inneren und äußeren Feinde hatte sich bis dahin die Kraft der tüchtigsten Gothenkönige – sogar eines Eurich und Leovigild – verzehrt, ohne doch dem Katholicismus Boden abzugewinnen, ohne den Arianismus kräftigen zu können. In Italien war der arianische Ostgothenstaat untergegangen, der Arianismus der Langobarden fing gerade damals an langsam dem Katholicismus zu weichen, wie auch die überwiegend arianischen Burgunden in Gallien katholisch geworden waren. Die gewaltigen Vortheile, welche den Merovingen die Annahme des katholischen Bekenntnisses seit fast einem Jahrhundert eingetragen, waren unmißkennbar. Dazu kam, daß im Gothenreich selbst der verfolgte Glaube Fortschritte machte, während dessen Bekenner unerschütterlich treu blieben und lieber die Heimath als den Glauben verließen. In den katholischen Erhebungen gegen die Krone nimmt die Zahl von (katholischen) Gothen stets zu; ja schon vor Rekared’s Schritt finden wir mehrfach Gothen aus den edelsten Geschlechtern sogar in katholischen Bischofsstühlen; so Bertchramn von Cadix, Mausona von Merida, Bado von Illiberi (später Granada), eine noch nicht beachtete, aber höchst beachtenswerthe Erscheinung. Wenn man übrigens die geistige Ueberlegenheit des Katholicismus, welche aus andern Gründen hinreichend fest steht, auch damit hat beweisen wollen, daß die arianische Geistlichkeit keine theologische Litteratur geschaffen habe, welche mit der katholischen verglichen werden konnte, so fordert die Billigkeit, zu erinnern, daß die Bücher der Arianer nach dem Siege des Katholicismus nach Staatsgesetz und Kirchengebot ausgeliefert und vernichtet [182] werden mußten. Der Sieg des Katholicismus ward aber auch dadurch gefördert, daß die arianischen Könige die Kirche ohne jede Folgestrenge bald bedrückt, bald geschont, bald zu gewinnen getrachtet hatten, daß die arianischen Priester gar oft dem katholischen Bekenntniß gegenüber Zugeständnisse machten, welche die Festigkeit der Ueberzeugung untergraben mußten, während die großartige Unbeugsamkeit des Katholicismus unter allen Bestürmungen auch nicht ein äußerstes Vorwerk des genialen Festungsbaues seiner Lehren preisgab, ohne doch den Ketzern den Uebertritt, z. B. durch das Erforderniß nochmaliger Taufe, zu erschweren. Durch Einverleibung des Reiches der katholischen Sueben durch Leovigild war die Zahl der Katholiken im Staat erheblich verstärkt worden; sollte die Verschiedenheit des Bekenntnisses die Ehegemeinschaft unter den beiden Germanenstämmen ebenso wie der Gothen mit den arianischen Spaniern ausschließen? (Uebrigens ward merkwürdigerweise auch durch Annahme des Katholicismus die Ehegemeinschaft zwischen diesen beiden nicht, sondern erst 60 Jahre später hergestellt.) Ein weiterer Grund für den König lag offenbar darin, gegenüber dem weltlichen Adel, welcher in diesem Staat längst über die Krone hinausgewachsen war, einen mächtigen Verbündeten zu finden in dem geistlichen Adel der katholischen Bischöfe und Aebte; diese Hoffnung schlug nicht fehl; von dem Glaubenswechsel ab hat der katholische Episkopat – mit kurzen Unterbrechungen – die Krone von der Ueberherrschung durch den Adel befreit: – aber freilich nur um den Preis vollständiger Unterwerfung des Königthums durch den Krummstab selbst. Wie weit Umwandlung der religiösen Ueberzeugung mit im Spiel war, entzieht sich unsrer Kenntniß. Jedesfalles aber bekundet es gesunde staatsmännische Einsicht, die gewaltigen Vortheile der Annahme des Katholicismus zu erkennen, und ein nicht geringes Maß an Muth, das für ersprießlich Erachtete sofort, mit schroffer Verleugnung der eignen Vergangenheit, ins Werk zu setzen. Da jedoch das Geplante mit allen Ueberlieferungen der Krone, zumal aber mit der Staatsleitung des soeben verstorbenen gewaltigen Herrschers Leovigild in Widerspruch stand, auch Widerstand der eifrigen Arianer, zumeist ihrer Priesterschaft zu erwarten war, auch etwa die Gothen, nachdem nun einmal der Arianismus mit deren Volksthum verwachsen war, in dem Plan eine Antastung desselben zu Gunsten des Römerthums erblicken mochten, so ging man – offenbar unter Leitung des geistig sehr bedeutenden Leander von Sevilla – mit einer aufhorchenden, vortastenden Klugheit der Seelenbearbeitung zu Werke, in deren vorsichtig gewählten Schritten für ein geübtes Ohr der altüberlieferte Leisegang der Priesterschaft nicht zu verkennen ist. Vor allem mußte man versuchen, das Aergerniß abzuschwächen, welches treue Gothen der alten Art an dem Abfall des Sohnes von den Grundsätzen des großen Vaters – und den bisher eigenen! – nehmen mußten. Denn es blieb doch ein starkes Stück, daß R. nun zu dem Bekenntniß übertrat, um deßwillen mit – wenn auch nicht allein – sein älterer Bruder, der Thronerbe sozusagen, unter eifriger Mitwirkung Rekared’s war von der Thronfolge ausgeschlossen und schließlich hingerichtet worden. Anknüpfend an die glaubhafte Thatsache, der Greis habe auf dem Sterbebette die Verurtheilung seines Erstgeborenen bereut, verbreitete man das hieran sich sehr natürlich reihende Gerücht, es habe die gesammte Staatskunst, welche in jener blutigen Strafthat gipfelte, die grundsätzliche Niederhaltung der katholischen Bischöfe bereut. Von da war nur noch ein kurzer Schritt zu der Erfindung, er habe sich zuletzt dem verfolgten Bekenntniß selbst heimlich zugewendet – dies nur aus Furcht vor seinem Volke zu zeigen nicht gewagt, Leovigild freilich höchst unähnlich – ja er habe befohlen, seinen nunmehrigen Erben in den katholischen Lehren zu unterweisen und zwar habe er zu diesem Auftrag ausersehen denselben Bischof Leander von Sevilla, welcher die schürende Kraft der [183] Empörung Hermenigild’s und der bösartigste Feind des alten Heldenkönigs wie des bisherigen Gothenstaates gewesen war. Daß all diese Gerüchte und offenbaren Erfindungen zuerst bei Gregor dem Großen auftauchen, ist erst recht bedenklich; denn der Papst stand in vertrautestem Verkehr eben mit Leander, auf welchen so alle Spuren zurückführen. Dieser geistvolle Mann ist der früheste in der Reihe von spanischen Kirchenfürsten, die von da ab so oft an des Königs Statt die Geschicke der pyrenäischen Halbinsel geleitet und beherrscht haben. Auf die Verbreitung jener Gerüchte folgte eine ebenfalls meisterlich ausgesonnene That: R. ließ einen gewissen (Grafen?) Sisbert, welcher die Hinrichtung Hermenigild’s (geleitet) vollstreckt hatte, in beschimpfenden Formen nun selbst hinrichten; dadurch ward die Verantwortung gewissermaßen von dem königlichen „mißleiteten“ Vater auf das (doch gewiß ganz willenlose) Werkzeug abgewälzt. R. erschien als Rächer des Bruders, bethätigte seine brüderliche Liebe – allerdings etwas spät! – sühnte seine Mitwirkung an des katholischen „Martyrs“ Verderben – heilig gesprochen ward Hermenigild allerdings erst auf Bitten König Philipp II., der ebenfalls einen Sohn hinrichten ließ – des Vaters Reue und Uebertritt zu dem katholischen Glauben ward dadurch sehr wahrscheinlich gemacht. Zugleich zeigte der König Arianern und Katholiken einschüchternd und ermuthigend den Umschlag in seiner eigenen Gesinnung. Aber man ging weiter. Allerlei Landplagen und Naturereignisse, welche nach Hermenigild’s Untergang eingetreten waren, – ein gewaltig Erdbeben, welches die Felsen der Pyrenäen durchschütterte, verderbliche Heuschreckenschwärme, welche die Saaten um die Königsstadt Toledo zerstörten, – wurden als Strafgerichte Gottes für die Verfolgung der Bischöfe für das Blut des Bekenners gedeutet; freilich hausten die Heuschrecken noch schlimmer in dem eifrig katholischen Gallien, freilich ist es sehr zweifelhaft, ob Hermenigild um seiner Bekenntnißtreue willen war hingerichtet worden. Und um gegen etwaige arianische Empörungen auch fremde Hülfe katholischer Waffen zu gewinnen, näherte sich R. nun, in völligem Umschwung auch der bisherigen auswärtigen Staatskunst, den katholischen Frankenkönigen der anderen Gruppe; hatte Leovigild ihn mit Chilperich’s Tochter vermählen wollen, so verband er sich nun mit Childibert II. – Guntchramn von Burgund war freilich noch nicht zu gewinnen, er hatte weder seine empfindlichen Schläge noch die Heißgier nach dem schönen Septimanien vergessen, es kam wieder zu Gefechten, in welchen die Gothen siegten, bis zum 10. Meilenstein vor Arles verfolgten sie. Aber mit Childibert kam jetzt schon ein Bündniß zu Stande, wahrscheinlich unter geheimer Ankündung des bevorstehenden Glaubenswechsels. Denn nun gingen R. und Leander an das Werk. Noch im December 586 oder Januar 587 berief der König die katholischen und die arianischen Bischöfe zu einem Religionsgespräche nach Toledo, in welchem sie beide ihre Lehrsätze vortragen, begründen, die Gegner überzeugen sollten. An wirkliche Ueberzeugung dachte dabei wol Niemand, der Ausgang des Religionsgesprächs war im voraus festgestellt, der König erklärte sich bei dessen Schluß aus himmlischen und – fügt er, aufrichtig genug, hinzu – aus irdischen Gründen bewogen, für die katholische Lehre. Viele vornehme Gothen traten jetzt schon mit dem König über, langsam folgte allmählich die Menge des Volkes. Die katholische Kirche erleichterte mit großer Klugheit den Schritt, indem sie, von einer zweiten Taufe, an welcher Viele würden Anstoß genommen haben, absehend, sich mit Handauflegung eines rechtgläubigen Priesters begnügte; auch der König ließ sich bekreuzen und salben. Daß aber auch die Mehrzahl der bei dem Religionsgespräch erschienenen arianischen Bischöfe damals gleich übertrat, erklärt sich wohl nur daraus, daß die Ueberzeugungsfestesten nicht erschienen waren. Nun kam sogar ein Verlöbniß Rekared’s mit Childibert’s Schwester Chlodosvintha zu Stande. Der Bräutigam zahlte einen Mautschatz (? oder schickte [184] nur ein Geschenk) von 10000 Solidi = 120000 Mark: so mächtig wirkte damals der Gegensatz der Bekenntnisse, daß Childibert nun sein Königswort brach, mit welchem er die Schwester vorher dem arianischen Langobardenkönig Authari verlobt hatte, um sie dem katholisch gewordenen Gothen zu geben, vorbehaltlich der Zustimmung Guntchramn’s von Burgund, der aber zunächst noch unversöhnbar blieb und einen neuen Angriff auf Septimanien rüstete. Da der Katholicismus, sobald er nicht mehr verfolgt ward, selbst verfolgte, so die Arianer von allen Aemtern im Heer- und im Friedensdienst ausschloß, alle arianischen Bücher verbrannte, loderten rasch nach einander drei arianische Erhebungen auf, eine in Septimanien unter dem scharfsinnigen und charakterfesten Bischof Athalokus (Athalaiks) und zwei Grafen Granista und Wildigern; obwol von Burgund aus unterstützt, ward die Erhebung rasch unterdrückt. Ebenso eine Verschwörung der Arianer in dem neu einverleibten Suebenreich, der katholische Bischof Mausona entdeckte sie, ein Mirakel lähmte den Schwertarm des Grafen, der diesen hatte ermorden wollen; wie Athalokus weigerte auch hier der arianische Bischof Sunna nach der Ueberwältigung den Uebertritt. Endlich verband sich Rekared’s Stiefmutter, Godisvintha, die Wittwe Athanagild’s, eine leidenschaftliche Arianerin, welche bereits an Hermenigild’s und Ingundens Untergang eifrig mitgearbeitet hatte, mit arianischen Bischöfen gegen R. und der so eifrig katholische Guntchramn besann sich doch nicht, mit diesen Ketzern sich einzulassen: er schickte abermals ein gewaltig Heer in das gothische Septimanien. Allein die Verschwörung ward entdeckt – die Greisin Godisvintha endete, wie es scheint, durch Selbstmord und das Heer Guntchramn’s ward bei Carcassonne so großartig geschlagen, daß man darin die besondere Belohnung des Himmels für Rekared’s Uebertritt erblickte. Jetzt gab Guntchramn, endlich mürbe geworden, seinen Traum von der „Pyrenäengrenze“ auf; er willigte nun auch in die Verlobung Chlodosvintha’s mit R., welche aber wahrscheinlich nie zum Vollzuge kam. Seitdem hatte R. nur noch selten das Schwert zu ziehen: die Empörung eines gothischen Dux Argimund – ob sie wegen der Unterdrückung des Arianismus erfolgte, wird nicht gesagt – ward blutig niedergeschlagen und der Versuch katholischer Basken, welche, vor Leovigild’s Strenge ausgewandert, nun gegen Rekared’s Willen in die verlassenen Sitze zurückkehren wollten, mit den Waffen abgewehrt. Im J. 589 tagte das große Bekehrungsconcil (das III.) in Toledo unter der Leitung Leander’s von Sevilla und Mausona’s von Merida: hier legten nun König, Königin und Laienadel das katholische Bekenntniß ab, der Arianismus ward verflucht. Aber sofort ward das Concil auch zum Reichstag, indem von demselben auch nur weltliche Beschlüsse gefaßt und vom König in sein Gesetzbuch aufgenommen wurden. Da nun aber auf diesen Versammlungen das für die Laien günstigste Stimmverhältniß gegenüber den Geistlichen etwa 20:80 betrug, so war die völlige Unterjochung des Staates durch die Kirche damit festgestellt: der Schild der Bischöfe wieder den weltlichen Adel ward zum Tarpejaschild, der das Königthum erdrückte. Die Freude in Rom über das auf der pyrenäischen Halbinsel Erreichte war mit Grund eine große: nun erhielt sich der Arianismus, der einst Burgund, Südgallien, Spanien, Italien beherrscht hatte, nur noch bei den Langobarden und schon war Gregor an erfolgreichster Arbeit, ihn auch hier zu entwurzeln. R. und der Papst tauschten Geschenke, Leander erhielt das wohlverdiente Pallium, aber auch den Auftrag, den König, „den gemeinschaftlichen Sohn“, welchem der Papst vor Allem „Demuth“ empfiehlt, streng zu überwachen. R., jedesfalls eine hervorragende Persönlichkeit, hat, auch abgesehen von dem Glaubenswechsel, sehr vielfach in die neuere Entwicklung des Reiches eingegriffen: sehr starke Gründe sprechen dafür, daß auf ihn jene Fassung des Westgothenrechts zurückzuführen ist, welche unter dem Namen Antiqua (sc. Lex), Antiqua noviter [185] emendata in den späteren Umgestaltungen so häufig erwähnt wird und von der Bruchstücke (in Paris) gefunden worden sind.

Quellen und Litteratur: s. die ausführlichen Angaben in Dahn, Könige der Germanen V, 1870, S. 168 f.; VI, 2, 1885, p. IX. S. 421 f. – Westgothische Studien 1874, S. 7 f. – In neuester Zeit hat Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I, 1887, S. 321 Zweifel gegen die Urheberschaft Rekared’s an der Antiqua erhoben.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Gemeint ist: XVIII, 411