ADB:Rochow, Gustav Adolf von
Friedrich de la Motte Fouqué vermählt hatte. Seit Herbst 1806 besuchte er das Gymnasium zum grauen Kloster in Berlin und studirte seit Frühjahr 1810 die Rechte in Heidelberg und Göttingen. Während der Freiheitskriege war er mit dem brandenburgischen Kürassierregiment an vielen Kämpfen betheiligt, rückte mit nach Paris und in die Bretagne und kehrte mit dem eisernen Kreuz geschmückt 1816 heim. Mit der Verwaltung der väterlichen Güter nunmehr beschäftigt, wandte er sich den ständischen Angelegenheiten des Kreises Westhavelland und der Provinz Brandenburg zu. Als Kreisdeputirter zeichnete er sich bei Regelung der Kriegsschuldenfragen dermaßen aus, daß er 1822, als es sich um die Reorganisation der Verfassung der Provinzialstände handelte, vom König zum Deputirten der Neumark und zum Protocollführer bei allen anderen Provinzialständen berufen wurde, auch den rothen Adlerorden 3. Classe erhielt. Er hatte hier abermals so große Fähigkeiten gezeigt, daß ihn der Staat auch ferner in Anspruch nahm. 1823 ward er zum vierten Mitgliede der Hauptverwaltung der Staatsschulden ernannt und bald darauf trat er als vortragender Rath in das Ministerium des Innern, zunächst zur Bearbeitung der ständischen Angelegenheiten. Auch erhielt er die Protocollführung bei der vom Kronprinzen präsidirten ständischen Immediatcommission. 1826 ward er zum Geh. Oberregierungsrath und im Frühjahr 1831 zum Chefpräsidenten der Regierung in Merseburg ernannt. Auf Wunsch des Statthalters der Provinz Posen, des Fürsten Radziwill, wurde er sodann zum Oberpräsidenten dieser Provinz ausersehen, aber wegen des inzwischen ausgebrochenen Aufstandes kam es nicht dazu. 1834 erfolgte seine Ernennung zum Minister des Innern und der Polizei. In dieser Stellung entwickelte er einen großen Eifer für die Förderung der Staatsinteressen und eine ungewöhnliche Fähigkeit in der Entscheidung der verwickeltsten Angelegenheiten. Die Nothwendigkeit zeitgemäßen Fortschritts keineswegs verkennend, trat er in seiner als entschieden conservativ zu bezeichnenden Verwaltung mit Festigkeit allen Bestrebungen entgegen, in welchen er eine Untergrabung der bestehenden Zustände erblicken zu müssen glaubte. Daher wurde er von liberaler und von ultramontaner Seite stark angefeindet. Dahin gehört es auch, daß unverhältnißmäßig viel Aufhebens gemacht worden ist von seiner in einem Briefe an einen Kaufmann in Elbing gethanen Aeußerung vom beschränkten Unterthanenverstand gegenüber der obrigkeitlichen Autorität. In der A. Allg. Ztg. Nr. 267 von 1847 wurde bezeugt, daß diese Aeußerung auf einer durchaus wahrhaften und edlen Grundlage entstanden sei. Auch wird ihm dort nachgerühmt, er habe durch unablässige Bemühungen die gegen die Schriftsteller des sog. jungen Deutschland ergriffenen Ausnahmemaßregeln erst zu mildern, dann rückgängig zu machen gewußt. 1837 wurde das Ressort der gewerblichen Angelegenheiten mit seinem Ministerium vereinigt. Mit besonderem Eifer widmete er sich dem Gefangenen- und Zuchthauswesen. 1842 wurde er wegen Kränklichkeit von den Geschäften eines Ministers des Innern entbunden; sein Wunsch, sich gänzlich zurückzuziehen, wurde jedoch vom König wiederholt abgelehnt. Er blieb Mitglied des Staatsministeriums, jedoch ohne Portefeuille und Mitglied des Staatsraths, zu dessen zweitem Präsidenten er 1843 ernannt ward. Bald darauf erhielt er an Stelle [735] des erkrankten Generals v. Müffling die alleinige Leitung dieser Behörde. Er starb in Aachen am 11. September 1847. – A. v. Reumont bezeichnet ihn in seinem Werke „Aus König Friedrich Wilhelm’s IV. gesunden und kranken Tagen“ (Leipzig 1885, S. 163) als einen Mann, „dem man, seiner Schwächen ungeachtet, welche zum Theil die der Zeit waren, schweres Unrecht anthun würde, wenn man ihn nur nach einem so unglücklichen wie unvergeßlichen Worte, dem vom beschränkten Unterthanenverstande, beurtheilen wollte.“
Rochow: Gustav Adolf Rochus v. R., preußischer Staatsmann, wurde am 1. October 1792 in Neuhausen bei Rathenow geboren. Nach dem frühen Tode seines Vaters Friedrich Ehrenreich Ludwig v. R. wurde er bis zum 14. Jahre erzogen von seinem mütterlichen Großvater v. Briest, indem seine Mutter Karoline Philippine v. Briest sich in zweiter Ehe mit dem Baron- Vgl. N. Nekrolog d. D. 1847, Thl. 2, Nr. 199.