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ADB:Roedenbeck, Karl

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Artikel „Roedenbeck, Karl“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 11–13, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Roedenbeck,_Karl&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 03:12 Uhr UTC)
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Roedenbeck: Karl Heinrich Siegfried R., geboren zu Dobrilugk in der Niederlausitz am 22. November 1774, † zu Berlin am 26. December 1860, Sohn des Amtsactuars R., eines sächsischen richterlichen Beamten. Seine Mutter war eine geb. v. Lunitz. Der Vater starb schon im J. 1782; die beschränkten Vermögensumstände der Familie erlaubten es nicht, die Sehnsucht des Knaben nach wissenschaftlicher Laufbahn zu befriedigen. Nach sehr ungenügendem Unterrichte auf der heimischen Schule ward er im J. 1789 nach Berlin als Lehrling in ein Materialwaarengeschäft geschickt. Mit eisernem Fleiß und wider den Willen seines Brotherrn benutzte er die wenigen Sonntagsstunden, um seinen Drang nach sprachlicher und geschichtlicher Ausbildung zu befriedigen. Auf seinen Botengängen durch die Stadt memorirte er die französischen Vocabeln, die er sich Sonntags aufgeschrieben hatte. Für ein silbernes Besteck, mit dem sein Vater stets gegessen hatte und welches ihm die Mutter zu diesem Zweck sandte, kaufte er sich „Berghaus’ selbstlernenden Buchhalter“, um sich in seinem Fach zu belehren; so verstrichen, wie er selbst in Aufzeichnungen über diese Jahre schreibt, die schweren Lehrjahre unter vielen Beschwerden, Leiden und Thränen. [12] Sie hatten ihm den äußersten Fleiß und die äußerste Sparsamkeit und Ordnung zur Gewohnheit gemacht. 1794 kam er als „Kaufmannsdiener“ in eine andere Materialwaarenhandlung; von seinem kleinen Lohn unterstützte er nicht nur die Mutter, sondern begann auch schon eine ausgedehntere Anschaffung von Büchern, wobei er die Leidenschaft und das Geschick entwickelte, die ihn einst zum Besitzer einer berühmten Bibliothek machen sollten; daneben konnte er jetzt mit mehr Muße und besseren Mitteln an seiner geistigen Fortbildung fortarbeiten. 1798 trat er als Buchhalter in eine Tabaksfabrik in Potsdam, fand von dort aus auch Gelegenheit, sich auf Geschäftsreisen, die er nach damaliger Sitte zu Pferde machte, in weiteren Kreisen umzusehen und zu belehren. Seine ausgezeichnete Geschäftsbegabung gewann ihm das Vertrauen und die häusliche Freundschaft seines Fabrikherrn. Schon 1801, nachdem er kurz zuvor geheirathet hatte, sah er sich in der Lage, in Berlin ein eigenes kleines Tabaksgeschäft zu eröffnen, im J. 1805 eine größere Tabaksfabrik zu erwerben, ja sich bereits im J. 1817 mit dem erworbenen Verdienst theilweise und seit 1824 gänzlich als wohlhabender Mann vom Geschäft zurückzuziehen, um sich fortan völlig seinen wissenschaftlichen Arbeiten zu widmen. Nachdem seine erste Frau schon 1813 gestorben war, verheirathete er sich 1819 zum zweiten Mal. Als Familienhaupt und Vater von 9 Kindern war er musterhaft in seiner stark ausgeprägten Gewissenhaftigkeit und seiner Strenge gegen sich selbst. Schon seit 1798 war er im Preußischen Volksfreund mit verschiedenen Beiträgen mercantilischen, naturhistorischen und anderen Inhalts als Schriftsteller aufgetreten, auch in späteren Jahren lieferte er zahlreiche, jetzt überwiegend geschichtliche Aufsätze in den allgemeinen Anzeiger der Deutschen, Dorow’s Denkmäler alter Sprache und Kunst, das neue Lausitzische Magazin, Ledebur’s allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staats u. s. w. Seit 1817 wandte sich aber sein Sammeln und Forschen hauptsächlich der Geschichte Friedrich’s des Großen zu. Er folgte damit der ältesten Begeisterung seines Lebens, denn eines der ersten Bücher, welches er sich als Knabe zu verschaffen wußte, war ein Theil der Helden-, Staats- und Lebensgeschichte Friedrich’s des Großen. Seitdem verfolgte er unablässig alles, was sich auf den großen König bezog, so daß auch seine Bibliothek später eine staunenswerthe Vollständigkeit auf diesem Gebiete erreichte. Mit Preuß, dem Historiographen des großen Königs, stand er in vieljähriger naher Verbindung und Freundschaft. Am 50. Jahrestage des Todes Friedrich’s des Großen begann R. die Herausgabe seiner fünf Bände „Beiträge zur Bereicherung und Erläuterung der Lebensgeschichte Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs des Großen, Könige von Preußen; nebst einem Anhang, enthaltend ein Tagebuch aus Friedrichs des Großen Regentenleben 1740–1786, mit historischen, charakteristischen u. s. w. Notizen, Berichtigungen u. s. w.“ (1836–1842), die Hauptfrucht seiner Studien auf diesem Gebiete, eine äußerst fleißige Arbeit, durch welche er auch Preuß vorarbeitend gute Dienste geleistet hat. Besonders wichtig war für jene Zeit der 2. Band des Werkes, welcher „das Finanzsystem Friedrich’s des Großen inbezug auf Fabrikwesen, Handel und Landwirthschaft“ enthält. – An seine frühere kaufmännische Beschäftigung knüpft sich auch noch die 1839 im Centralblatt für Gewerbe veröffentlichte „Geschichte des Preuß. Seehandels und des K. Seehandlungsinstituts“. Seine bis auf 15 000 Bände angewachsene Bibliothek, welche außer den schon genannten Schätzen für die Geschichte Friedrich’s des Großen auch in den Fächern der deutschen, speciell der sächsischen und preußischen Geschichte, sowie für die Epoche der Reformation sehr reiche Materialien enthält, überließ er 1852 dem Könige Friedrich Wilhelm IV. zu Kauf, welcher sie im königl. Schloß im Hausarchiv aufstellen ließ und die Bestimmung traf, daß sie dauernd den Namen Roedenbeck’s führen sollte.

[13] Nach Roedenbeck’s Tode ist noch eine nicht ganz unerhebliche Sammlung von Büchern und Manuscripten seitens der Erben durch Vermittlung des Geh. Archivraths Märker an das königl. Hausarchiv überlassen worden, welches die Drucke und Handschriften geordnet und verzeichnet und zum bei weitem größten Theil der Bibliothek und der Manuscriptensammlung des Hausarchivs als „eine sehr schätzenswerthe Bereicherung“ einverleibt hat, während die übrigen Stücke zur Abgabe an das Geheime Staatsarchiv bez. die große königl. Bibliothek und die Berliner Universitätsbibliothek bestimmt wurden. Das Directorium des Hausarchivs hat durch den Geh. Rath v. Obstfelder den Erben im „Allerhöchsten Auftrage“ am 9. Juni 1873 den Dank des Königs ausgesprochen. Schon 1842 hatte der König nach Empfang des 2. und 3. Bandes des Tagebuchs R. die goldene Huldigungsmedaille und 1853 den rothen Adlerorden ertheilt. In den Kreisen der Berliner Gelehrtenwelt längst bekannt und geschätzt, ward er von einer Reihe historisch-wissenschaftlicher Gesellschaften durch die Ernennung zum Mitglied geehrt. – Wittwer seit dem Jahre 1850, ward er in den letzten zehn Jahren seines Lebens durch zunehmende Schwerhörigkeit von dem Verkehr mit Fremden entfernt, durch Kränklichkeit bald ganz an das Haus gefesselt, bis zum letzten Athemzuge jedoch unermüdlich arbeitend und thätig. Ein Schlaganfall, der den 86jährigen Mann an seinem Schreibtische traf, machte zwei Tage darauf seinem Leben ein Ende. Acht Kinder, fünf Söhne und drei Töchter, überlebten ihn.

E. Graf Lippe im Wochenblatt der Johanniter-Ordens Balley Brandenburg. Jahrg. 22 (1881), Nr. 8–10, meist auf eigenen Aufzeichnungen Roedenbeck’s beruhend. – Ein vollständiges Verzeichniß seiner Schriften im „Gelehrten Berlin im Jahre 1845“ S. 295 ff., zu dem Graf Lippe Zusätze gibt. Vgl. Spener’sche Zeitung 1861, Nr. 302, Beilage (von Geh. Archivrath Märker). – „Roedenbeck und Preuß, mitgetheilt von Ernst Graf zur Lippe-Weißenfeld“ (Märkische Forschungen. Bd. XX, Berlin 1887, S. 32).