Zum Inhalt springen

ADB:Rohrbach, Paul

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rohrbach, Paul“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 62–64, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rohrbach,_Paul&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 19:06 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Rohrer, Joseph
Band 29 (1889), S. 62–64 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand August 2013, suchen)
Paul Rohrbach in Wikidata
GND-Nummer 123878594
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|62|64|Rohrbach, Paul|Ernst Wunschmann|ADB:Rohrbach, Paul}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=123878594}}    

Rohrbach: Paul R., Botaniker, geboren zu Berlin am 9. Juni 1846, † ebendaselbst am 6. Juni 1871, erhielt seine Vorbildung auf dem Friedrichs-Gymnasium seiner Vaterstadt, das er Michaelis 1864 mit dem Zeugniß der Reife verließ, um zunächst in Göttingen Naturwissenschaften zu studiren. Hier zogen ihn besonders die botanischen Vorlesungen Grisebach’s an, der ihm ein wohlwollender Gönner und Rathgeber wurde. Nach 2 Jahren kehrte er nach Berlin zurück, um hier seine botanischen Studien unter der Leitung Alexander Braun’s fortzusetzen. Der Einfluß des letzteren war maßgebend für die Richtung der wissenschaftlichen Arbeiten Rohrbach’s, die sich sämmtlich auf dem Felde der vergleichenden Morphologie und Systematik bewegen. Leider waren der Thätigkeit dieses fleißigen und begabten Forschers sehr enge Grenzen gezogen, da ihm [63] bereits 5 Jahre nach seiner ersten Publication, drei Tage vor seinem vollendeten 25. Lebensjahre, ein schweres Lungenleiden einen frühzeitigen Tod bereitete.

Trotz dieser kurzen Lebenszeit hat R. der botanischen Wissenschaft mehrere treffliche Arbeiten geliefert. Schon als Student trat er 1866 als botanischer Schriftsteller auf mit der von der Göttinger philosophischen Facultät gekrönten Preisschrift: „Ueber den Blüthenbau und die Befruchtung von Epipogium Gmelini“. Die schöne Familie der Orchideen ist vor R. schon von mehreren und hervorragenden Autoren behandelt worden, so von Th. Irmisch in dessen Beiträgen zur Biologie und Morphologie der Orchideen 1853 (vgl. A. D. B. XIV, 585) und von Ch. Darwin, Ueber die Einrichtungen zur Befruchtung britischer und ausländischer Orchideen, 1862. Aber gerade die Gattung Epipogium war von letzterem nicht untersucht worden. Rohrbach’s Arbeit hat die Lücke in vorzüglicher Weise ausgefüllt. In dem ersten Capitel derselben behandelt der Verfasser, nach einer kurzen litterarhistorischen Einleitung, den Blüthenbau von Epipogium in ausführlicher Weise, wobei er rücksichtlich der Deutung der einzelnen Theile und überhaupt in der Auffassung der Blüthenmorphologie, sich streng der Ansicht Rob. Browns anschließt, während er bei der Darstellung der Gefäßbündelvertheilung Darwin folgt. Die beiden der Abhandlung beigegebenen Tafeln geben die nöthige Erläuterung zu diesem Capitel. Der zweite Abschnitt handelt von der Bestäubung und kommt zu dem Resultate, daß auch bei der behandelten Gattung Insectenbestäubung die Regel ist, wenn auch die Pflanze durch Knospung aus dem unterirdischen Rhizom ein bequemes Mittel für die vegetative Fortpflanzung besitzt. Im dritten Theil der Arbeit gibt R. seine Ansicht über die systematische Stellung der Gattung, welche er zu der Unterabtheilung der Epipactideae, als nächste Verwandte des genus Epipactis gestellt wissen will. Bereits diese Erstlingsarbeit, deren Stil auch rühmend anzuerkennen ist, offenbart den umsichtigen und klar denkenden Forscher. In noch höherem Maße treten diese Eigenschaften hervor in Rohrbach’s monographischer Bearbeitung der Familie der Caryophyllaceae. Von diesen Pflanzen handelt auch seine 1868 in Berlin vertheidigte Inauguraldissertation: „Morphologie der Gattung Silene“, welche indessen nur den größeren Abschnitt des allgemeinen Theils seiner in demselben Jahre publicirten größeren Abhandlung: „Monographie der Gattung Silene“ darstellt. Hierin unternahm es R., das umfangreiche Material, das sich aus 288 zweifellos guten Arten zusammensetzt, einer gründlichen kritischen Bearbeitung zu unterwerfen und so zum ersten Male eine klare Uebersicht dieser formenreichen Pflanzengruppe zu geben. In der Einleitung legt der Verfasser die Resultate seiner Studien über den Bau und die Entwickelungsgeschichte der behandelten Gewächse dar, sie durch Holzschnitte erläuternd, und schließt daran die allgemeinen Principien der Classification der Sileneae, anknüpfend an die darüber existirenden Arbeiten A. Braun’s. Der zweite Abschnitt bringt eine Uebersicht der Arten, ihre Beschreibungen im Einzelnen und zum Schluß ein Verzeichniß der auszuschließenden Species, sowie Zusätze und Register. Die beiden beigegebenen Tafeln stellen Form und Bau des Samens dar. Den Anforderungen einer wirklich wissenschaftlichen Systematik entspricht dies Buch in vollem Maße und ist jedem Arbeiter auf dem entsprechenden Gebiete ein unentbehrliches Hülfsmittel geworden. Außer dieser größeren Arbeit behandeln dieselbe Pflanzenfamilie noch folgende in Fachjournalen in rascher Folge erschienene kleinere Publicationen: „Conspectus systematicus specierum generis Silenes“ (Ann. sc. nat. VIII, 1867); „Beitrag zur Kenntniß der Gattung Silene“ (Bot. Ztg. XXV. 1867); „Ueber Pycnophyllum Remy, nebst Bemerkungen über die Blattstellung der Caryophylleen“ (ibid.); „Ueber Silene Cserei Bmg.“ (Oesterr. bot. Zeitschrift XIX, 1869); „Eine verkannte Silene Siebenbürgens (ibid.); „Synopsis der Lychnideen“ [64] Linnaea XXXVI, 1869/70); „Beiträge zur Systematik der Caryophyllineae“ (ibid.). In den letzten Lebensjahren beschäftigten R. morphologische Studien über die Typhaceae und Hydrocharitaceae. Ueber die erstere Familie erschien 1869 eine Notiz: „Ueber die Blüthenentwicklung von Typha (Abhandl. der Gesellsch. naturf. Freunde in Berlin) und eine systematische Uebersicht: „Ueber die europäischen Arten der Gattung Typha“ (Verhandl. des Bot. Vereins der Prov. Brandenburg, 11. Jahrg.), worin neben einer ausführlichen Beschreibung der 7 europäischen Arten, auch Bemerkungen über die außerhalb Europa’s vorkommenden sich finden unter Beigabe einer Tafel mit den Formenquerschnitten mehrerer Arten. 1870 folgte dann eine Abhandlung: „Die Samenknospe der Typhaceen“ (Bot. Ztg. XXVIII); auch übernahm R. die Bearbeitung der Caryophyllaceae für die Flora brasiliensis. Eine größere Abhandlung: „Beiträge zur Kenntniß einiger Hydrocharideen, nebst Bemerkungen über die Bildung phanerogamer Knospen durch Theilung des Vegetationskegels“, kam im Todesjahre des Verfassers 1871 in Druck, eine musterhafte Arbeit, der 3 vorzüglich lithographirte Tafeln beigegeben sind. Endlich schrieb R. noch: „Ueber den Blüthenbau von Tropaeolum“ (Bot. Ztg. XXVII, 1869) und „Beiträge zur Morphologie der Leguminosen“ (ibid. 1870).

Botanische Zeitung, 1871. – Pritzel, Thes. lit. bot.