ADB:Ruprecht (Pfalzgraf von Pfalz-Veldenz-Lauterecken)

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Artikel „Ruprecht, Pfalzgraf“ von Theodor Julius Ney in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 740–743, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ruprecht_(Pfalzgraf_von_Pfalz-Veldenz-Lauterecken)&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 09:49 Uhr UTC)
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Ruprecht, Pfalzgraf, Stifter der Veldenzer Linie des pfälzischen Hauses, geboren um 1504, † am 27. Juli 1544. Ruprecht’s Vater, Herzog Alexander von Pfalz-Zweibrücken († 1514), führte in seinem Testamente das Erstgeburtsrecht in seinem Hause ein und bestimmte ihn als nachgeborenen Sohn für den geistlichen Stand. Sein akademisches Biennium absolvirte R. in Trier und wurde frühe Domherr zu Mainz und Straßburg. Seit 1524 hatte er seinen Wohnsitz meist auf der von ihm erworbenen Michaelisburg nahe dem Sanct Remigiuskloster bei Kusel, dessen Güter schon bald darauf in Ruprecht’s Namen verwaltet wurden. Gleich seinem älteren Bruder, dem regierenden Herzoge Ludwig, neigte sich R. frühe der Reformation zu, behielt jedoch seine geistlichen Pfründen noch längere Zeit bei, ohne sich durch sie abhalten zu lassen, im Solde des Königs Ferdinand 1527 und, wie es scheint, auch später wieder in Ungarn [741] Kriegsdienste zu thun. Schon zu Lebzeiten Ludwig’s mehrfach an den Regierungsgeschäften betheiligt, führte R., als dieser am 3. December 1532 starb, im Namen seines erst sechsjährigen Neffen Wolfgang zuerst in Gemeinschaft mit Ludwig’s Wittwe Herzogin Elisabeth und seit 1540, als diese sich wieder vermählte, allein die vormundschaftliche Regierung über das Herzogthum Zweibrücken, bis Wolfgang 1543 die Herrschaft selbständig übernahm. Nach Antritt der Verwaltung richtete R. sein nächstes Augenmerk auf die grundsätzliche Durchführung der schon unter Pfalzgraf Ludwig in dem Herzogthume begonnenen Kirchenverbesserung. Johannes Schwebel, welcher bereits Ludwig’s Rathgeber gewesen war, genoß auch Ruprecht’s volles Vertrauen und rechtfertigte dasselbe durch seine besonnenen und einsichtsvollen Rathschläge. Schon 1530 hatte er im Auftrage Ruprecht’s ein Gutachten über die rechte evangelische Beichte und das heilige Abendmahl abgegeben. Jetzt ließ R. von Schwebel eine förmliche Kirchenordnung ausarbeiten, nach welcher es die Prediger im Fürstenthume Zweibrücken bis zum Zusammentreten des im Nürnberger Religionsfrieden wieder verheißenen Conciles halten sollten, damit nicht die Christen „der Lehre und Trost göttlichen Wortes und der h. Sacramente durch Hinlässigkeit der Pfarrer beraubt würden“. Diese in Schwebel’s teutschen Schriften (II, 236 ff.) abgedruckte Ordnung gibt in zwölf Artikeln Anweisungen für die Lehre und die Amtsführung der Geistlichen, die Feier der Sonn- und Festtage, Wochenpredigten, Taufe und Abendmahl, Trauung und Beerdigung, sowie über die christliche Unterweisung der Jugend. Nachdem diese Ordnung die Billigung Ruprecht’s erhalten hatte, wurde sie von Schwebel im Januar 1533 an Butzer nach Straßburg gesandt, um dort, aber ohne Beisetzung des Namens des Pfalzgrafen, gedruckt zu werden, und gelangte zur Einführung im Herzogthume, in welchem nunmehr Schwebel die Leitung des gesammten Kirchenwesens förmlich übertragen wurde. Um dieselbe Zeit – Juni 1533 – legte R. die Erziehung des jungen Pfalzgrafen Wolfgang in die Hände des mit Schwebel nahe befreundeten, durch Gelehrsamkeit und Wandel gleich ausgezeichneten Kaspar Glaser aus Pforzheim, welcher nach Schwebel’s Tode 1540 dessen Nachfolger im Amte ward.

Das Vorgehen Ruprecht’s blieb nicht ohne Widerspruch seitens des Erzbischofs von Mainz, sowie der Bischöfe von Metz und Speier, welche 1534 die Abschaffung der neuen Kirchenordnung begehrten. Als auch der evanglisch gesinnte frühere Kanzler Schorr in einem Gutachten zur Vorsicht rieth und sich namentlich dagegen aussprach, daß man die Messe und den Concubinat der Priester zwangsweise abstellte, scheint R. selbst bedenklich geworden zu sein. Dem gegenüber wies Schwebel darauf hin, daß ein Verbot der Messe und Gebot der Ehe der Geistlichen allerdings unzulässig und wider Gott sei, daß es sich aber hier gar nicht um ein solches Gebot und Verbot, sondern darum handle, dem Worte Gottes freien Lauf zu lassen und gegen offenbare Sünden, wie das ärgerliche Leben der Priester, einzuschreiten, daß aber ein solches Einschreiten die Pflicht einer christlichen Obrigkeit sei. Und es gelang Schwebel, welcher früher schon die Bitte an R. gestellt hatte, nicht auf beiden Seiten zu hinken, sondern sich ohne Menschenfurcht ganz zu Gott dem Herrn zu bekennen, in der That, Ruprecht’s Bedenken zu beseitigen. Er erließ den Befehl, daß alle im Concubinate lebenden Priester und Mönche sich bis spätestens Ostern 1535 verehelichen sollten, widrigenfalls sie ihre Ausweisung aus dem Herzogthume zu gewärtigen hätten. Infolge dessen trat eine Reihe von Pfarrern nunmehr in die Ehe. Auch Johann von Kindhausen, der Abt des Klosters Hornbach, heirathete seine seit mehr als zwanzig Jahren mit ihm lebende Zuhälterin, nachdem er, dem schon 1531 und 1532 gegebenen Beispiele des Comthurs und der Conventualen des Johanniterhauses zu Meisenheim folgend, das Ordenskleid abgelegt hatte, und übertrug [742] die bisher von dem Kloster geübte Gerichtsbarkeit dem Herzoge. Vergeblich beschwerte sich der Generalvicar des Bischofs von Metz durch eine Zuschrift vom 9. April 1535 dagegen und forderte den Herzog auf, entweder selbst gegen die verheiratheten Priester einzuschreiten oder doch die Bestrafung derselben durch den Bischof zuzulassen. R. bestand fest auf seinen Maßregeln und blieb bis zu seinem Tode ein entschiedener Anhänger der protestantischen Sache, wenn er es auch zu der Ende 1535 von ihm nachgesuchten Aufnahme in den schmalkaldischen Bund schließlich nicht kommen ließ. In bezug auf die Lehre neigte R., wie es scheint, für seine Person der lutherischen Auffassung zu, blieb aber, wie Schwebel, stets in Fühlung mit den vermittelnden Straßburger Theologen und ließ, wie die Acten einer 1538 von ihm veranlaßten Kirchenvisitation im Amte Lichtenberg beweisen, den Pfarrern in Predigt und Ritus verhältnißmäßige Freiheit. Nur darauf bestand er strenge, daß dieselben in ihrer Amtsführung und in der religiösen Unterweisung der Jugend ihre Pflicht erfüllten und ein unanstößiges Leben führten. Eine im Mai 1539 mit seiner Genehmigung zusammengetretene Conferenz der hervorragendsten Geistlichen des Herzogthums erstrebte eine größere Einheit, wobei die Augsburger Konfession und Apologie als Norm dienen sollten. Im J. 1540 konnte auch unter dem Eindrucke der damals im Herzogthume wüthenden Pest zunächst in Zweibrücken selbst und dann im Veldenz’schen eine „Kirchendisciplin“ eingeführt werden, durch welche in den Gemeinden eine bessere Zucht hergestellt werden sollte. Von den Bürgern selbst gewählte Censoren hatten die Aufgabe, diese Disciplin zu handhaben. Auch dem Schulwesen wendete R. seine Aufmerksamkeit zu und bemühte sich, an die im Herzogthume bestehenden Schulen tüchtige Lehrer zu bringen. So wurde Ende 1532 der treffliche Michael Hilspach, genannt Zimmermann, an die Schule in Zweibrücken und 1533 der bekannte Botaniker Hieronymus Bock (Tragus), vorher Rector in Zweibrücken, an die Klosterschule in Hornbach berufen. Auch der vorher sehr mangelhaft versehenen Schule zu Bergzabern gelang es 1543 in der Person des aus England vertriebenen gelehrten späteren Bischofs von Exeter Myles Coverdale einen vorzüglichen Lehrer vorzusetzen. Um die Verbesserung der ziemlich im Argen liegenden Rechtspflege erwarb sich R. ebenfalls Verdienste. Die am 1. Januar 1536 durch die vormundschaftliche Regierung in Kraft gesetzte neue Gerichtsordnung bewährte sich als praktisch und zweckmäßig. Appellationen waren an das von R. eingesetzte Hofgericht in Zweibrücken zu richten. Wenn das Fürstenthum durch ein kaiserliches Privilegium vom 2. Juli 1541 von der Competenz aller fremden Gerichte befreit wurde, so lag darin zugleich eine indirecte Anerkennung der dort neu getroffenen Ordnung. Auch im übrigen bewies sich R. als tüchtigen, sparsamen und wohlwollenden Regenten. Die Finanzen hielt er in guter Ordnung und hinterließ bei Abgabe der Regierung wohlgefüllte Kassen. Den Städten Zweibrücken und Kusel gab er neue Stadtordnungen und war bemüht, die mit benachbarten Herrschaften bestehenden Irrungen durch friedliche Verträge beizulegen. Nur mit den Grafen von Nassau-Saarbrücken dauerte die alte Spannung fort und steigerte sich zu einem offenen, an die Zeiten des Faustrechts erinnernden und das Einschreiten des Kaisers hervorrufenden Conflicte, als um Fastnacht 1540 der Zweibrücker Rath Siegfried von Oberkirch sich beigehen ließ, dem Grafen Johannes von Nassau-Saarbrücken aufzulauern und ihn gefangen zu nehmen. Vielleicht mit Rücksicht darauf, daß er seit dem Tode seines Bruders Georg († vor 1537) außer dem jungen Pfalzgrafen Wolfgang das einzige männliche Glied des Zweibrücker Hauses und deshalb dessen Aussterben zu befürchten war, entschloß sich Pfalzgraf R., welcher inzwischen seine geistlichen Pfründen niedergelegt hatte, im Alter von 33 Jahren zur Ehe und vermählte sich am 23. Juni 1537 mit der Rheingräfin Ursula von Kyrburg, [743] nachdem er seinen schon 1520 ausgestellten Verzicht auf die Erbfolge im Herzogthume erneuert hatte. Um für seine Nachkommen trotzdem eine eigene, wenn auch kleine, Herrschaft zu besitzen, erwarb R. am 12. Januar 1540 von dem Herzoge Johann von Simmern die Herrschaft Grevenstein bei Pirmasens. Der Verwaltung dieses seither höchst vernachlässigten Gebietes nahm sich R. besonders kräftig an, führte auch hier die Reformation ein und nahm nun häufig seinen Wohnsitz in dem dazu gehörigen Schlosse, welches, im Bauernkriege zerstört, durch ihn wiederhergestellt worden war.

Als Pfalzgraf Wolfgang, im September 1543 volljährig geworden, die Regierung seines Landes selbst antrat, wünschte R., welchem seine Gemahlin inzwischen außer einer 1540 geborenen Tochter Anna am 11. April 1543 auch einen Sohn Georg Hans geschenkt hatte, trotz seines doppelten Verzichtes dringend einen Theil des väterlichen Erbes für sich und seine Nachkommen. In der That verstand sich Wolfgang „zum Danke für die treulich geführte Vormundschaft“ dazu, in einem unter Vermittelung des Landgrafen Philipp von Hessen am 3. October 1543 zu Marburg abgeschlossenen Vertrage einen nicht unbedeutenden Theil des Herzogthums, namentlich Schloß und Flecken Lauterecken und die Burg Veldenz mit den dazu gehörigen Gebieten an R. und seine männlichen Nachkommen als erbliches Besitzthum abzutreten. Hierdurch wurde R. Stifter der 1694 ausgestorbenen Pfalz-Veldenzer, wegen der später dazu erworbenen Grafschaft Lützelstein im Elsaß auch Lützelsteiner genannten Seitenlinie des Hauses Wittelsbach. Es war jedoch dem Pfalzgrafen nicht lange vergönnt, sich seiner neuen Stellung zu erfreuen. Bereits am 27. Juli 1544 starb R. unvermuthet an einer schmerzlichen Krankheit auf dem Schlosse Grevenstrin mit Hinterlassung zweier Töchter und des genannten Söhnleins, für welchen nun Pfalzgraf Wolfgang die vormundschaftliche Regierung von Veldenz übernahm. In der Fürstengruft der Alexanderskirche zu Zweibrücken wurde sein Leichnam beigesetzt.

Lehmann, Geschichte des Herzogthums Zweibrücken. – Molitor, Geschichte einer deutschen Fürstenstadt (Zweibrücken). – Heintz, Entwurf einer Geschichte der Rheinlande von Straßburg bis Mainz, mit besonderer Berücksichtigung der bayerischen Pfalz, Band IV, B. Manuscript im Besitze des historischen Vereins der Pfalz). – Vgl. noch meinen Artikel über J. Schwebel in der Realencyklopädie für protestantische Theologie, 2. Auflage, Band 13, S. 736 ff., wo die weiteren Quellen angegeben sind.