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ADB:Sachs von Harteneck, Johann

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Artikel „Sachs von Harteneck“ von Ferdinand Zieglauer von Blumenthal in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 134–142, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sachs_von_Harteneck,_Johann&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 22:33 Uhr UTC)
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Band 30 (1890), S. 134–142 (Quelle).
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Sachs von Harteneck, Graf der sächsischen Nation in Siebenbürgen, war ein Staatsmann von eminent politischer Bedeutung auf dem Boden seiner deutschen Heimath und ein ebenso geistvoller als rastlos thätiger und entschlossener Führer des deutschen Volkes in Siebenbürgen. Seine Thätigkeit fällt in eine reichbewegte und kampferfüllte Zeit. Von Neuhäusel bis nach Belgrad war nach einer Reihe glänzender Kriegsthaten die Herrschaft der Osmanen unter den Hieben der österreichischen und deutschen Schwerter ohnmächtig zusammengebrochen. Von zweifacher Art ist die Rückwirkung dieser gewaltigen Ereignisse auf die Gestaltung der Dinge in Ungarn und Siebenbürgen gewesen. Die festere Begründung der Herrschaft des Hauses Habsburg in Ungarn war die nächste Folge. Auf dem Landtage von 1687 hoben die ungarischen Stände unter dem Eindrucke der glänzenden Kriegsthaten der kaiserlichen Heere das Wahlrecht auf und sprachen dem Hause Habsburg das an die Erstgeburtsfolge geknüpfte Erbrecht auf den ungarischen Thron zu; zugleich fiel der 31. Artikel der goldenen Bulle, in dem ein revolutionär-destructives Princip seinen Ausdruck gefunden hatte. Von gleich hoher Bedeutung und gleicher Nachhaltigkeit war die Rückwirkung der glänzenden Kriegsthaten auf die Stellung des von eigenen Fürsten regierten und unter türkischer Schutzhoheit stehenden siebenbürgischen Fürstenthums. Seit der Regierung Ferdinand’s I. stand die Erwerbung Siebenbürgens auf dem habsburgischen Programm. Nach dem Zusammenbruche der osmanischen Herrschaft in Ungarn mußte dem habsburgischen Hause die günstigste Stunde gekommen scheinen, der türkischen Schutzhoheit über Siebenbürgen ein Ende zu machen und mit erneuerter Siegeszuversicht dahin zu streben, diesen Theil des habsburgischen Programms zur Wahrheit zu machen. Jetzt konnte man mit aller Energie daran gehen, die autonome Stellung des von Apafi I. regierten Fürstenthums wieder in eine provinziale umzuwandeln. Dieser Tendenz der österreichischen Regierung kamen alle Parteien des Landes selbst auf das eifrigste entgegen. Alles sehnte sich nach einer Wandlung der Dinge, die unerträglich geworden waren. Auch darin kamen alle Parteien, so verschieden auch sonst ihre Standpunkte und Ziele waren, überein, daß die Wandlung nur durch Vermittlung des habsburgischen Herrscherhauses vollzogen werden könne. Für diese Stimmungen legt die Staatsschrift beredtes Zeugniß ab, welche der siebenbürgische Kanzler, Nikolaus Bethlen, im J. 1688 dem Kaiser Leopold unter dem Titel: „Das sterbende Siebenbürgen“ unterbreitet hat. In einschneidenden Zügen entwirft er da ein düsteres Bild von dem traurigen Zustande des Landes, von den Gefahren desselben, von der Anarchie der politischen, von der Zerrüttung der ökonomischen Verhältnisse. Aus dem Zusammenwirken dreier Thatsachen, einmal der Ueberzeugung der siebenbürgischen Stände von der Nothwendigkeit einer Wandlung der unhaltbaren Staatszustände, dann zweitens der traditionellen Tendenzen der Politik des Wiener Hofes und endlich des siegreichen Waffenganges der kaiserlichen Truppen erwuchsen jene drei berühmten Verträge (28. Juni 1686; 27. October 1687; 9. Mai 1688), durch welche die Schutzhoheit Oesterreichs in Siebenbürgen fest und fester begründet wurde, und in welchen die Vorläufer des Leopoldinischen Diploms erblickt werden müssen. Das Princip der militärischen Besetzung gelangte bei jedem neuen Vertrage zu einem neuen Siege. [135] Nach dem Tode des alten Apafi I. (15. April 1690) führte die Logik der Thatsachen zum Abschlusse eines neuen Vertrages. Am 4. December 1691 ist jener berühmte Grundvertrag, der unter dem Namen des Leopoldinischen Diploms bekannt ist, geschlossen worden; er bildete die neue Magna Charta für Siebenbürgen. –

Mit dem Anfange der neuen dynastischen Periode beginnt die politische Laufbahn des Staatsmannes, dessen Thätigkeit hier geschildert werden soll.

Johann Zabanius, dies ist des Sachs von Harteneck ursprünglicher Name, ward im J. 1664 zu Eperies in Ungarn geboren, wo sein Vater, Isak Zabanius, Conrector am Gymnasium war. Im zarten Knabenalter von sechs Jahren wurde er seiner Heimath entrissen, als sein Vater durch die Protestantenverfolgung im J. 1670 Lehrkanzel und Vaterland zu verlassen gezwungen wurde, theilte die wechselvollen Schicksale der Verbannung des Vaters und stand im 12. Lebensjahre, als der letztere den Ruf erhielt, den Lehrstuhl der Theologie und Weltweisheit am evangelischen Gymnasium in Hermannstadt einzunehmen. Nachdem der junge Johann eine Reihe von Jahren an den Schulen in Hermannstadt und Weißenburg (jetzt Karlsburg) zugebracht, bezog er, entschlossen, sich dem Berufe seines Vaters zu widmen, die Universität zu Tübingen, wo er im J. 1688 nach vertheidigter Streitschrift „De ideis“ die Würde eines Magisters der Weltweisheit erwarb und einige Zeit öffentliche Vorlesungen an der Hochschule hielt. Im J. 1689 kehrte er nach Hermannstadt zurück, gab den Gedanken, sich dem geistlichen Stande zu widmen, auf und betrat die politische Laufbahn. Am 1. August 1690 erhielt er die wichtige und ansehnliche Stelle eines Provinzialnotarius und that hiermit seinen ersten Schritt auf dem Pfade zum nationalen Ruhme, zur Macht und Popularität. Sogleich nahm er hervorragenden Antheil an den confessionellen und politischen Kämpfen des Landes. Die Luft in dem großen Berglande war gewitterschwül; die Parteien waren voll Haß und Zwiespalt. Das Diplom hatte viele Fragen ungelöst gelassen; ein Ausgleich der Forderungen und Bestrebungen sollte auf dem Landtage gefunden werden, der auf den 15. März 1692 nach Hermannstadt berufen wurde. Da lenkte der junge Provinzialnotarius durch hervorragende Thätigkeit die Aufmerksamkeit der parlamentarischen Kreise und des Landes zuerst auf sich. Vorzüglich war es der Religionsstreit, der auf diesem Landtage die Gemüther der Parteien bewegte. Mit aller Wärme trat Z. für die Rechte seines Volkes und für die protestantischen Interessen ein. Mit steigender Erbitterung ist der Kampf der Katholiken und Protestanten geführt worden. Doch die confessionelle Frage war es nicht allein, welche die Parteien in immer neue Kämpfe hineinriß, mit gleicher Bitterkeit wurde über die finanzielle, mit gleichem Eifer und Nachdruck über die staatsrechtliche und jurisdictionelle Frage verhandelt. Da sich die Parteien nicht zu einigen vermochten, beschloß man, eine Deputation an das kaiserliche Hoflager zu entsenden. Zum Führer der Deputation wählten die Stände den Protonotär Peter Alvinczi. Die sächsische Nationalversammlung wählte einhellig den Provinzialnotarius Johann Z. zum Mitgliede der Deputation in Religionsangelegenheiten und zugleich kraft umfassender Vollmacht und Instruction zu ihrem eigenen Abgeordneten und zum Vertreter aller Interessen, welche das Innerleben der Nation berührten. Diese Wahl bildete für den erst 28jährigen Mann ein Zeichen hohen Vertrauens und der Anerkennung überlegener Geistesstärke. Er hat sich auch in jeder Weise dieses Vertrauens würdig gezeigt.

Am 25. August 1692 langte Z. in Wien an und begann ungesäumt seine Thätigkeit. Das an Mittheilungen so reiche Tagebuch, welches Z. während seiner zehnmonatlichen Thätigkeit in Wien geführt hat, zeigt uns hell und klar wie in einem treuen Spiegel das ganze Walten des nach Wien entsendeten [136] sächsischen Deputirten, die Gedanken, von denen er ausging, die Ziele, die er anstrebte. In allem wünschenswerthen Detail bringt das Tagebuch vor allem die Conferenzen der Deputirten mit den leitenden Staatsmännern, die Berathungen und Verhandlungen über die politischen und ökonomischen Verhältnisse des Landes, die charakteristischen Ansichten und Aeußerungen der Wiener Regierungsmänner über Personen und Zustände Siebenbürgens zur Darstellung. Z. war da unermüdlich in der Abfassung von Erklärungen und Denkschriften. Unter den letzteren ragt diejenige besonders hervor, welche er am 15. März 1693 dem Kaiser unterbreitet hat, in der, wie in keiner anderen, alle Wünsche, Klagen und Beschwerden der sächsischen Nation in meisterhafter Weise zusammengefaßt sind und der ganze Jammer der Zeit und die Hoffnungen auf eine bessere Zukunft Ausdruck finden. Sein warmer Eifer hat aber fast nur tröstende Worte als Linderungsmittel der Schmerzen und Klagen des Landes davongetragen. Die Entscheidung in den Hauptfragen verschob die Wiener Regierung, um sich durch Berichte des Guberniums noch genauer zu informiren. Bei der Abschiedsaudienz sprach Kaiser Leopold zu Z.: „Gleichwie ich das ganze Land Siebenbürgen von Herzen liebe und zu erhalten verlange, also können Sie Ihren Principalen versichern, daß Ich auf Ihre Nation immer ein besonderes Absehen haben und nicht gestatten werde, daß sie unterdrückt werden und fallen möge.“ – Am 20. Juni ließ Kardinal Kollonitsch den Z. zu sich rufen und überreichte ihm eine kaiserliche „Gnadenkette“ mit den Worten: „Mein lieber Herr Abgesandter, Ihre Majestät hat mir befohlen, auch dem Herrn dieses Denkmal Seiner kaiserlichen Gnade anzuhängen, daß die Nation sehen möge, daß sie auch considerirt und geliebt werde. Ihr lieben Leute, weil ihr Deutsche seid, so zeigt auch, daß ihr deutsche Redlichkeit und Standhaftigkeit liebet, und bleibt auch ferner Eurem Kaiser und König treu.“ –

Nur einem geringen Theile der Bitten der sächsischen Nation wurde Gewährung zu theil. Nicht also darin, sondern in der Abwehr gar mancher, der sächsischen Nation verderblichen Bestrebung der Gegenpartei ist der Erfolg der Thätigkeit des Z. in Wien zu suchen.

Am 29. Juli 1693 langte Z., von Wien zurückkehrend, in Hermannstadt an und fand in reichem Maße den Dank, auf den treue Pflichterfüllung zu zählen berechtigt ist. Man darf sagen, Z. gehörte von da an zu den einflußreichsten und angesehensten Persönlichkeiten im Kreise der sächsischen Nation. Das Vertrauen derselben äußerte sich nun zunächst in dem raschen Aufsteigen des Mannes im öffentlichen Dienste. Am 23. Februar 1695 wurde ihm das Stuhlrichteramt anvertraut, und schon wenige Wochen später (Frühling 1695) wurde ihm die damals so einflußreiche Würde eines Provinzialbürgermeisters übertragen. In diesen Jahren seiner Amtsthätigkeit ist ihm ein hervorragender Antheil bei einer Reihe von Reformen zuzuschreiben, die das Innerleben der sächsischen Nation betrafen. Sein Genius hat da den bestimmenden Einfluß auf die Entstehung jener zahlreichen Statute und Constitutionen ausgeübt, welche den städtischen Verfassungen und Kreiseinrichtungen frische Gestaltung, dem municipalen Leben feste Normen zu geben bestimmt waren. Das wachsende Vertrauen der Nation wirkte so mächtig, daß ihm bald die schönste Auszeichnung, die im Mittel der sächsischen Nation gewährt werden konnte, zu theil wurde. Am 12. October 1697 wurde der kaum 34jährige Z. zum Grafen der sächsischen Nation und Königsrichter von Hermannstadt erwählt.

Mit dem Vertrauen des Volkes ging die Gunst des Fürsten Hand in Hand. Noch ehe die landesfürstliche Bestätigung des neuen Comes vollzogen wurde, erhob Kaiser Leopold mit Entschließung vom 1. März 1698 den Johann Z. und dessen Familienmitglieder in den Ritterstand des heiligen römischen Reiches. [137] Das über diese Standeserhöhung ausgestellte kaiserliche Diplom (1. März 1698) zuerkannte dem Johann Z., seiner Ehefrau Elisabeth, seinen Descendenten und seinen zwei Brüdern das „Prädicat“ und den „Ehrentitel“: „Sachse Edle von Harteneck“.

Die Bestätigung des Comes verzögerte sich nahezu zwei Jahre, weil ein Theil des magyarischen Adels den lebhaftesten Widerspruch gegen die Wahl Harteneck’s erhoben hatte; erst am 5. September 1699 erfolgte diese Bestätigung, zwar in den ehrendsten Ausdrücken, aber – und dies wurde als Verkümmerung alten Rechtsbrauchs schmerzlich genug empfunden – vorläufig nur für den Zeitraum eines Jahres. Die Thätigkeit, welche S. von nun an auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens seines Volkes und der ganzen Heimath entfaltete, muß als eine überaus bedeutende bezeichnet werden. Nichts geschah ohne ihn, in allen Angelegenheiten seines Volkes wurde sein Rath eingeholt, eine Reihe wichtiger Gutachten floß aus seiner scharfen Feder. Auf allen Landtagen jener Zeit war er der berufene Führer seines Volkes und der meisterhafte Vertreter der Interessen desselben. Durch heftige Parteikämpfe ragen vorzüglich die Landtage der Jahre 1701 und 1702 hervor. Der ganze Kampf auf denselben erhält noch dadurch ein höheres Interesse, daß die zwei geistvollen Führer der nationalen Landtagsparteien, der Kanzler Nikolaus Bethlen (Haupt der Calviner) und der Sachsengraf H. fortwährend in persönlichen Gegensatz treten. Drei Dinge sind es, welche den Ständeversammlungen der Jahre 1701 und 1702 eine hervorstechende Bedeutung verleihen: die Heftigkeit parlamentarischer Irrungen, der Hader der vorwaltenden Persönlichkeiten und der Umstand, daß man das Rollen der Würfel hört, die über die Zukunft Harteneck’s die Mitentscheidung geben.

Die kaiserliche Regierung hatte den siebenbürgischen Landtag auf den 15. Jan. 1701 nach Weissenburg zu dem Zwecke berufen, um von den Ständen die Leistung einer außerordentlichen Steuer zu verlangen. An der Frage der spanischen Succession war ein gewaltiger Kampf entbrannt. Um die Mittel zu umfassenden Rüstungen zusammen zu bringen, war die Regierung gezwungen, auch die Geldforderungen in Siebenbürgen anzuspannen und eine ganz außerordentliche Beisteuer im Betrage von 800 000 Gulden zu verlangen. Es begann nun auf dem Landtage, wie gewöhnlich, ein Feilschen und Markten. Nach langen Unterhandlungtn, die das widrige Schauspiel nachlassender Forderung und steigenden Angebots zeigten, verharrten die Stände dabei, daß die Regierung ihre Forderung um 150 000 Gulden herabmindern solle. Der Landtag beschloß, durch eine eigene, an das kaiserliche Hoflager abzusendende Deputation diesen Nachlaß zu erbitten. Zugleich wurde der Beschluß gefaßt, dieser Deputation die Vollmacht zu geben, die „Gravamina“ des Landes vor den Thron zu bringen und die geeigneten Verhandlungen wegen Abhilfe der Beschwerden zu führen. Diesen Beschlüssen pflichteten auch die Sachsen bei. An den Vorgängen bei der Wahl der Deputirten und an der Frage der Formulirung der Gravamina entbrannte nun aber der heftigste und leidenschaftlichste Kampf, der alle Landtagssitzungen in der Zeit vom 8. Februar bis 9. März erfüllte. Der von dem Kanzler Nikolaus Bethlen ausgearbeitete Entwurf der politischen und Religionsbeschwerden stieß auf die gewaltigste Opposition der Sachsen. Entrüstet über den Inhalt der Entwürfe, gereizt durch den Versuch, ihnen das Recht der freien Wahl der Deputirten zu verkümmern, erklärten die Sachsen nach langen und aufreibenden Verhandlungen, sich an dieser, ihrem Wohl schnurstracks zuwiderlaufenden Gesandtschaft um so weniger zu betheiligen, als „der treffliche und höchst gütige Kaiser es verdiene, daß man ihn jetzt, wo er von so überaus schweren Regierungssorgen gedrückt werde, mit solchen Streitsachen verschone“. Die Erklärung der Sachsen: „Wir sind gesonnen, jetzt gar [138] keinen Deputirten an das Hoflager abzusenden“ rief einen Sturm der Entrüstung auf Seite der beiden ungarischen Stände hervor. Der flammende Zorn der Ungarn richtete sich vorzüglich gegen S.; er sei es, behaupteten sie, der die sächsischen Landtagsmitglieder zu diesen Beschlüssen verleitet habe. Damals soll Nikolaus Bethlen im Kreise seiner Genossen geäußert haben: „Den Sachs laßt uns verderben, sind wir über ihn Sieger geworden, so werden wir die Sachsen leicht besiegen.“ Es folgten kampferfüllte Landtagssitzungen. Man beschuldigte die Sachsen, Haß und Zwietracht unter den Ständen zu säen, man brachte die heftigsten Anklagen und die gröbsten Verdächtigungen gegen S. vor. Der Gouverneur verbot den Sachsen den ferneren Besuch des Sitzungssaales des Landtages und verhängte trotz der bestimmten Erklärung der Sachsen, die Beschlüsse seien einstimmig gefaßt worden und seien das Ergebniß reifer Erwägung unter sich, Hausarrest über den Nationsgrafen. Erst nach langen Verhandlungen ist der Streit mühsam geschlichtet und eine Waffenruhe erzielt worden. Trotz allen Machinationen der Gegner war es keinen Augenblick gelungen, den Nationsgrafen zu isoliren oder Spaltung in das sächsische Lager zu werfen. In einer Reihe von Erklärungen und Urkunden ergriff die sächsische Nationalversammlung das Wort zur Vertheidigung des gekränkten Nationsgrafen und trat mit aller Wärme für ihn ein, so in der an das Gubernium gerichteten Declaration, so in der Repräsentation, welche die im Landtage versammelten Sachsen an Kaiser Leopold richteten. Als bald nach der Vertagung des Landtages die legitime Vertretung des sächsischen Volkes, die Nationsuniversität, in Hermannstadt zusammentrat (6. April 1701), gehörte es zu ihren ersten parlamentarischen Schritten, in einer solennen Declaration für den beleidigten und angefeindeten Nationsgrafen einzutreten. Die Nation fühlte sich verpflichtet und im Innersten gedrängt, das Wort zu ergreifen zur Austilgung des höchst ungerechten Urtheils, durch das ihr nationales Haupt so schwer verletzt wurde. Mit den 27 Siegeln und Unterschriften der Mitglieder der Universität versehen, liegt diese merkwürdige Declaration vom 27. April 1701 im Nationalarchiv zu Hermannstadt aufbewahrt. Sie ist ein energischer Protest gegen die „ungegründete Verunglimpfung“ ihres nationalen Hauptes und gegen die „unverdiente Nachrede“, als suche derselbe „theils aus persönlichem Interesse, theils aus Ehrgeiz zum Schaden der eigenen Nation wie des ganzen siebenbürger Landes und zum Nachtheile Seiner k. und k. Majestät Dienste Unruhe zu stiften“. – Drei Tage später sprach die Nationsuniversität eine ähnliche Erklärung in dem an den Cardinal Kollonitsch gerichteten Schreiben (vom 30. April 1701) aus: „Eure Eminenz geruhe“ – sagte sie am Schlusse desselben – „uns Alle und insbesondere unseren Nationsgrafen, in dem die Nation mit sonderlicher List angefochten wird und der einzig und allein unserwegen mit Leiden heimgesucht wird, gnädigst und väterlich zu schützen. Wir hingegen versichern in aller Unterthänigkeit, daß wir bereit sind, unsere Subsistenz und unser Wohlsein in Gehorsam und aufrichtiger Treue unserm allergnädigsten Kaiser aufzuopfern, denn wir kennen ja nächst Gott auf der Welt keinen anderen Trost als denjenigen, welchen wir bei unserem, seit unzählbaren Jahren sehnlichst erwünschten deutschen Landesfürsten suchen und sicher zu finden hoffen.“ – Der Wiener Hof, der in diesem Falle wohlberathen war, ertheille zu Anfang des Jahres 1702 die verdiente Antwort auf die gegen S. und die sächsische Nation erhobenen Klagen. Am 13. Februar 1702 unterzeichnete Kaiser Leopold die Urkunde, welche in kurzen und bündigen Worten den Sachs von Harteneck, Grafen der sächsischen Nation und Königsrichter von Hermannstadt im Amte auf Lebenszeit bestätigte.

Der Landtag vom Jahre 1702, auf dem S. eine so hervorragende Rolle spielte, zeigte dieselbe Heftigkeit parlamentarischer Irrungen wie seine Vorgänger, [139] aber es waren andere Fragen, die da in Fluß kamen, und andere Interessen, die nach Geltung rangen. An der Frage der Steuerreform entzündete sich die tiefaufregendste Debatte. Nicht aus der Initiative des Landtages, sondern aus den königlichen Propositionen entsprang die Veranlassung, daß die einschneidende Frage über eine gerechtere Vertheilung der Steuern zur Berathung gebracht wurde. Die Stände wurden aufgefordert, ihre Gutachten über die Steuerreform schriftlich zu erstatten. Die sächsische Nation war die erste, die dem Rufe nachkam. Am 23. März 1702 überreichte sie dem Landtage ein umfassendes Operat, das aus der Feder Sachs’ stammte. Mit Erstaunen nehmen wir wahr, wie hier moderne Ideen zum Ausdrucke gelangen, Ideen, die erst zu Ende jenes Jahrhunderts siegreich zum Durchbruche gelangten und in den östlichen Ländern der habsburgischen Monarchie erst um die Mitte unseres Jahrhunderts die Herrschaft zu behaupten vermochten. Mit der Festigkeit des klaren Urtheils stellt S. die Grundsätze einer rationellen Steuerreform auf und verlangt, daß die Last fortan nicht mehr auf die Schultern der niederen Classen allein falle. Er stellt es als ein Gebot der Gerechtigkeit hin, daß das Einkommen der Staatsbürger, möge es aus Besitz oder Arbeit herrühren, den Besteuerungsmaßstab bilde und daß eine ebenmäßige und gerechte Auftheilung der Steuern zur Geltung gelange. Er fordert daher die Aufhebung der Steuerfreiheit des Adels und die gleichmäßige Betheiligung der Szekler an den öffentlichen Lasten. Er zählt dann die Operationen auf, durch welche eine Uebersicht über die Steuerfähigkeit der Bevölkerung gewonnen werden könne: Zählungen, Schätzungen, Deklarirungen, statistische Aufnahmen aller Art. Ueberall tritt aus dem Projecte der moderne Gedanke hervor, daß es eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht sei, zu den Lasten des gemeinen Wesens beizutragen, und daß die Steuerkraft der Einzelnen richtig bemessen werden müsse. – Es konnte nicht anders sein, als daß dies Project auf die heftigste Opposition der beiden ungarischen Stände stieß. Der Versuch, die Grundlagen der Verfassung empfindlich zu berühren, schreckte die ganze aristokratisch-ständische Gesellschaftsclasse auf. Gegen S. erreichte die längst vorhandene Erbitterung ihren Höhepunkt. Nicht mit Unrecht ist einmal behauptet worden, als S. sein Steuerproject dem Landtage vortrug, da las er sich sein eigenes Todesurtheil. Auch hat um diese Zeit der Gegensatz zu seinem heftigsten Gegner, dem Kanzler Bethlen, den Culminationspunkt erreicht. Nichts kann die tiefe Erbitterung der beiden Parteiführer greller beleuchten, als die mit einschneidender Schärfe und flammender Erregung gegen Bethlen gerichtete Kampfschrift, die S. zu Anfang des Jahres 1702 verfaßt hat und die durch die Heftigkeit der Sprache, die Energie des Hasses und die Gluth der Leidenschaft unsere Aufmerksamkeit fesselt. Am Schlusse derselben entwirft S. von dem Charakter Bethlen’s folgendes Bild: „Siebenbürgen ist zwar das Vaterland Bethlen’s, aber er hat von diesem Lande kaum etwas Anderes als die Abstammung; denn er ist an erkünstelter Grandezza ein Spanier, an Gewinnsucht ein Holländer, in der Wahl gewinnerzielender Mittel schmutzig wie ein Savoyarde, in seinen auf Täuschung berechneten Zusagen ein Franzose, an antimonarchischen Principien ein Engländer, im Verlangen nach Ungebundenheit ein Pole, an Eifersucht ein Italiener und verdient auf diese Weise kaum anders als ein seltsam gearteter Minotaurus genannt zu werden.“

Die Vorgänge auf den Landtagen der Jahre 1701 und 1702 hatten die Gegner Harteneck’s in Schrecken versetzt; insbesondere das denkwürdige Project der Besteuerungsreform hatte eine Fülle von Haß und Besorgnissen gezeitigt. Und diese Gegner kannten keine Scrupel. Die ergrimmten und gereizten Feinde, die ihm den Untergang geschworen hatten, schritten zum Werke der Verfolgung; sie strengten gegen ihn den Hochverrathsproceß an. An Vorwänden konnte es [140] nicht fehlen. Die nächste Veranlassung bot die Verurtheilung und Hinrichtung des Schäßburger Bürgermeisters Johann Schuller, der von seiner zuständigen Behörde, dem Rathe von Schäßburg, wegen schamloser Erpressungen, Unterschlagung öffentlicher Gelder und vielfachen Amtsmißbrauches zum Tode verurtheilt worden war. Am 28. September 1703 wurde das Todesurtheil an Schuller vollstreckt und dies Ereigniß gab die mittelbare Veranlassung, daß aus den Wetterwolken, die sich seit langer schwüler Zeit aufgethürmt hatten, der zuckende Blitz auf S. niederfuhr und das lange drohende Ungewitter sich entlud. Man vermaß sich zu behaupten, S. habe das Begnadigungsschreiben, welches der Kaiser dem Bürgermeister Johann Schuller ertheilt hatte, mit Füßen getreten. Am 14. October 1703 wurde S. in Hermannstadt verhaftet und noch in derselben Nacht nach dem Schlosse Fogarasch abgeführt. Die Botschaft, welche das Gubernium am 26. October 1703 an die sächsische Nation richtete, verkündete den Beschluß der Landesregierung, gegen S. die Anklage auf Hochverrath zu erheben und dieselbe durch den Director der königlichen Rechtssachen vor die Stände des Landes bringen zu lassen. Am 31. October begaben sich dann im Sinne der Normen des ungarischen Gerichtsverfahrens zwei Tabularkanzlisten nach Fogarasch, um dem eingekerkerten S. die Anklage mitzutheilen. Der Angeklagte schloß seine Antwort mit der Erklärung: „Gott und mein Gewissen sind Zeuge, daß in meinen Adern kein einziger Tropfen Blutes rollt, dem die Treue gegen meinen durchlauchtigsten Herrscher mangelt; ich werde mich allen Anordnungen des Commandirenden und des hohen königlichen Guberniums fügen und unaufhörlich bestrebt sein, meinen Eifer und meine Treue gegen meinen allergnädigsten König zu bezeugen.“ – Hier ist nicht der Raum, den Gang des Processes zu verfolgen und die Anklage, das Zeugenverhör und die Schlußverhandlung im Landtage nach den uns noch erhaltenen Acten des Hochverrathsprocesses zu schildern; nur die Bemerkung möge eine Stelle finden, daß die Anklage gegen S. in sechs Theile zerfiel. Man klagte ihn des Hochverrathes an: 1) weil er die „von der geheiligten Hand des Kaisers unterzeichnete Begnadigung Schuller’s“ mit Füßen getreten, die Hinrichtung desselben aus Haß und Rache anbefohlen habe; 2) weil er oftmals und an verschiedenen Orten, vorzüglich auf den siebenbürgischen Landtagen, Spaltung zwischen den Ständen und Nationen erzeugt; 3) weil er dem Könige verderbliche und auf die Untergrabung der Staatsverfassung abzielende Rathschläge ertheilt; 4) weil er die geheimen Beschlüsse des Guberniums verrathen; 5) weil er im Namen der sächsischen Nation, doch ohne Wissen und Zustimmung derselben gehandelt und das Wort geführt; und 6) endlich, weil er ganz schuldlose Leute verschiedener Verbrechen angeklagt, auch Mörder gedungen habe, um diese oder jene Persönlichkeit zu verfolgen. 67 Zeugen wurden in den ersten Novembertagen vorgerufen und vernommen. Das Gerede derselben ist zumeist unsäglich nichtig und werthlos. Wenn gegen S. die Anklage erhoben und zu begründen versucht wurde, daß er in der Person des Schäßburger Bürgermeisters das kaiserliche Begnadigungsschreiben mit Füßen getreten und sich dadurch des Verbrechens des Hochverrathes schuldig gemacht habe, so war diese Behauptung die frechste Lüge; denn daß hier die Lüge ihr finsteres Wesen trieb, darüber kann heute, wo uns der Wortlaut der Begnadigungsurkunde vorliegt, kein Zweifel mehr aufkommen. Schuller ist bekanntlich zum Tode verurtheilt worden, weil er sich schamlose Erpressungen, augenscheinlichen Betrug, Veruntreuung und Unterschleif öffentlicher Gelder zu Schulden kommen ließ, dieser Verbrechen überführt und geständig war. Die Gnade des Kaisers, die in der oft erwähnten Urkunde verkündet wurde, erstreckte sich aber nur auf die Theilnahme Schuller’s an dem Verbrechen [141] der Falschmünzerei, das einige Jahre früher in Schäßburg verübt woren war.

Am 26. November 1703 versammelte sich der nach Hermannstadt berufene Landtag als Staatsgerichtshof, um über die Hochverrathsanklage zu richten, welche der Director der königlichen Rechtssachen gegen S. erhoben hatte. Die Proceßverhandlung nahm zwei Sitzungen in Anspruch. Es wurde dem S. nicht vergönnt, selbst seine Vertheidigung zu führen, dieselbe war dem Anwalte Stephan Gidofalvi übertragen worden. – Am 3. December schritt der Landtag zur Urtheilsschöpfung. Der Angeklagte wurde des Verbrechens des Hochverrathes schuldig erkannt und zum Verluste des Lebens und seiner beweglichen und unbeweglichen Güter verurtheilt. Vergebens verlangte der Vertheidiger die Berufung an die Krone. Der Beschluß der Stände sprach die Unzulässigkeit der Appellation aus. Der ganze Proceß stellt eine Rechtsbrutalität dar. Wäre S. nur auf Grund dieses Urtheils hingerichtet worden, müßte man das Verfahren zweifellos einen Justizmord nennen. Aber S. ist zu gleicher Zeit auch von einem zweiten Gerichtshofe, nämlich dem des Hermannstädter Rathes, verurtheilt worden. Es ist ein düsteres Bild, das der zweite Proceß aufrollt, ein Bild, das die sittliche Fäulniß zeigt, welche zahlreiche Gesellschaftskreise jener Zeit ergriffen hatte und von der auch das unheimliche Haus Harteneck’s angefressen war. Selbst gewaltthätig, zuchtlos, der Frauenliebe allzusehr ergeben, hatte S. das Unglück, ein Weib als Gattin an der Seite zu haben, die in den Verfall der Zeit tiefer verstrickt war, als er selbst und die gleichmäßig in Haß und Liebe die Wege des Verbrechens wandelte. Einst hat der junge und einflußreiche Freiherr Karl Ludwig v. Acton, Adjutant des Commandirenden und Hauptmann im Rabutin’schen Regimente, die Zuneigung dieser heißblütigen Frau zu erregen verstanden und ist längere Zeit in den vertraulichsten Beziehungen zu ihr gestanden. Aus unbekannten Gründen schlug die heiße Liebe des pflichtvergessenen Weibes plötzlich in wilden Haß um. Wie ein Rachegeist verfolgt sie nun Acton und ist nur bemüht, ihm den Untergang zu bringen. Mit dämonischem Eifer forscht sie nach einer Mörderhand, unterhandelt bald mit diesem, bald mit jenem handfesten Kerl über die Ausführung des Attentates und empfängt bald diese, bald jene „Hexe“ und fordert dieselben im tiefsten Geheimniß zur Bereitung zauberischer Mittel auf. Als dann einer der zahlreichen Mordsendlinge, der Kammerdiener Acton’s, Hans Adam mit Namen, nach dem mißglückten Versuche, seinem Herrn Gift in den Trank zu mischen, sich hatte in das Haus der Familie Harteneck flüchten müssen, ist derselbe daselbst zuerst verborgen gehalten und fünf Wochen später, nachdem ein mehrmaliger Wechsel des Verstecks vorgenommen worden war, durch zwei Diener des Harteneck’schen Hauses meuchlings in einer abgelegenen Kammer des Hauses ermordet worden. Um diese That seiner Frau wußte Harteneck. In Bezug auf die Mitschuld Harteneck’s an dem in seinem Hause vollbrachten Morde hat erst jüngst ein sächsischer Geschichtsschreiber treffend bemerkt: es sei zweifellos, „daß Harteneck durch die Schlechtigkeit seines Weibes vor die furchtbare Alternative gestellt war, entweder seine Gattin dem rächenden Arm der Gerechtigkeit zu überantworten oder aber den Zeugen ihrer mörderischen Anschläge auf das Leben Acton’s aus dem Wege zu räumen. Dieser tragische Conflict läßt seinen Antheil an dem Morde in menschlich milderem Lichte erscheinen.“ An demselben Tage (3. December), an welchem der Landtag als Staatsgerichtshof den S. des Verbrechens des Hochverrathes schuldig erkannte, schritt auch der Gerichtshof des Hermannstädter Rathes zur Urtheilsschöpfung. S. wurde sowol der Theilnahme an den von seiner Gattin unternommenen Verfolgungen Acton’s als auch der Theilnahme am Morde Hans Adam’s schuldig befunden und demgemäß zum Tode durch das Schwert verurtheilt. Der [142] Vorgang gegen die Gattin Harteneck’s, die so tief in die Schuld ihres Hauses verstrickt war, zeigt, mit welch verschiedenem Maße gemessen wurde; gegen dieselbe, die doch die Urheberin der Verbrechen war, wurde die Untersuchung nicht weiter fortgesetzt, doch blieb der Proceß mehr als zwei Monate in der Schwebe. Erst am 20. Februar 1704 faßte der Gerichtshof einen förmlichen Ablassungsbeschluß.

Die Vollstreckung des über S. ausgesprochenen Todesurtheils fand am 5. December 1703 statt. Mit großer Ruhe, geistliche Lieder singend, ging er zum Tode. Der Pfarrer Michael Binder schrieb nach der Hinrichtung in sein Tagebuch: „Er hat wie ein Löwe gelebt und ist wie ein Lamm gestorben, unerschrocken und muthigen Geistes, mit wahrer – wenn auch später – Reue.“ Es war am 5. December gegen 3 Uhr Nachmittags, als das an Gedanken und Energie so reiche Haupt vom Rumpfe fiel. Wenn auch eine connivirende Theilnahme Harteneck’s an der Blutschuld seines Hauses nicht geleugnet werden kann, so darf dadurch das Urtheil der Geschichte über seine staatsmännische Wirksamkeit und seine eminente politische Bedeutung, die von seiner sittlichen Haltung nicht abhängig sind, keine Trübung erleiden. Was er seinem Volke war, das haben dessen Vertreter in der denkwürdigen Declaration vom 27. April 1701 ausgesprochen. Das habsburgische Haus hatte für die festere Begründung seiner Herrschaft in Siebenbürgen nur wenige Vorkämpfer, die an Feuereifer dem S. gleichkamen. Diese politische Tendenz wurzelte bei ihm tief auf dem Grunde einer gesunden Realpolitik. In der Begründung der österreichischen Herrschaft in Siebenbürgen, in dem Verbande desselben mit den Ländern, die unter dem Scepter des Hauses Habsburg stehen, erblickte er des Vaterlandes Wiedergeburt und eine der wesentlichsten Bürgschaften für die Erstarkung des deutschen Elementes. Mit diesem Glauben, der bei seiner Nation längst Wurzel geschlagen hatte, verstand er die Gemüther seiner Volksgenossen immer lebendiger zu durchdringen. In den furchtbaren Wirren, die bald nach seinem Tode über das Land hereinbrachen, ist der Verlust dieses Mannes – auch von seinen Gegnern – oft schmerzlich empfunden worden. Als die Wogen eines furchtbaren Bürgerkrieges über dem Lande zusammenschlugen, als Noth und Verwirrung sich steigerten, da hat der commandirende General von Siebenbürgen, Graf Rabutin, als er rathlos und verlassen dastand, einstens in seiner Hilflosigkeit den Rathsmitgliedern des Guberniums gegenüber ausgerufen: „Wo ist Sachs! Wo ist Sachs! er würde mir bald rathen. Wenn ich ein Wort redete, sagte er zehn, wenn ich aber jetzt zehn rede, antwortet Ihr kein einziges.“ –

Harteneck, Graf der sächsischen Nation, und die siebenbürgischen Parteikämpfe seiner Zeit, 1691–1703. Nach den Quellen des Archives der bestandenen siebenbürgischen Hofkanzlei und des sächsischen National-Archives in Hermannstadt, von Prof. Ferdinand v. Zieglauer. Hermannstadt 1869, 8°, 470 S., dazu das Ergänzungsheft, Hermannstadt 1872, 80 S. – Zur Geschichte der Familie Zabanius Sachs von Harteneck. Von Karl Schuller. Hermannstadt 1864. – Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen. Von Joseph Trausch, III, 513–532.