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ADB:Schuller, Johann Karl

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Artikel „Schuller, Johann Karl“ von Georg Daniel Teutsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 682–686, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schuller,_Johann_Karl&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 18:28 Uhr UTC)
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Schuller: Johann Karl S., Schulmann, Germanist, Geschichtsschreiber, Publicist, ist geboren in Hermannstadt am 16. März 1794, † daselbst am 10. Mai 1865. Sein Vater Johann Georg S. war Conrector am evangelischen (sächsischen) Gymnasium, ein wissenschaftlich hochgebildeter Mann, der 1797 zum Pfarrer von Heltau, einer blühenden Gemeinde in der Nähe von Hermannstadt, gewählt wurde. Auf dem Pfarrhof dort, in der reinen Luft des Landlebens, in paradiesisch schöner Gegend, an die eine Fülle alter Sagen und großer geschichtlicher Erinnerungen sich knüpft, wuchs der Knabe heran, dem von 1805 bis 1812 das Hermannstädter Gymnasium eine tüchtige Vorbildung gab, mit welcher ausgerüstet Karl S. im Mai 1812 die Universität Leipzig bezog, um sich für das Lehramt in Kirche und Schule vorzubereiten. Hier fand er im Haus des Bürgerschuldirectors Gedicke liebreiche Aufnahme, in den Professoren Beck, Krug, Tzschirner seine Entwicklung fördernde Lehrer und in dem späteren Rector des Frankfurter (an der Oder) Gymnasiums Poppo einen Freund, von dem ihn in der Folge weder Raum noch Zeit trennen konnte. In Leipzig sah der junge deutsche Student aus Siebenbürgen die Anfänge des Gottesgerichts, das der Napoleonischen Knechtung Deutschlands endlich ein Ziel setzte; das Elend der aus Rußland zurückkehrenden französischen Heerhaufen, die Schrecken der Schlacht bei Großgörschen haben sich damals unauslöschlich in seine Seele gegraben. Seine Universitätsstudien beendigte S. im September 1814 in Wien und wurde bereits im November desselben Jahres als Lehrer am Hermannstädter Gymnasium angestellt. Hier 1821 Conrector, 1831 Rector und, nachdem er wegen Kränklichkeit 1836 dieses Amt niedergelegt, mit einer außerordentlichen Dotation aus dem sächsischen Nationalvermögen stabiler Professor, hat er als Lehrer der classischen Sprachen und der Geschichte in den oberen Classen eine nachhaltige Wirksamkeit entfaltet, bis er, der im Umsturzjahr 1848 treu zu seinem Volk und seinem Kaiser gehalten und auch an den litterarischen Kämpfen, die jenem vorhergingen, hervorragend Theil genommen, nach dem Fall von Hermannstadt (11. März 1849) sich in die Walachei rettete. Von hier berief ihn im Mai 1849 Graf Leo Thun nach Wien, wo er mit seiner genauen Kenntniß des öffentlichen Schulwesens in Siebenbürgen an den Berathungen über die Neueinrichtung der österreichischen Unterrichtsanstalten Theil nahm. Im April 1850 kehrte S. nach Hermannstadt zurück und wurde vom Gouvernement als Referent in Schulangelegenheiten des Landes verwendet, als solcher im Mai 1854 bei Errichtung der k. Statthalterei Secretär dieser Landesstelle, durch k. Entschließung vom 26. November 1855 k. k. Schulrath für die Schulen der evangelischen Kirche A. C. in Siebenbürgen, bis er auf sein eigenes Ansuchen am 21. October 1859 mit dem Titel und Rang eines Statthaltereirathes in den bleibenden Ruhestand versetzt wurde. Schon am 5. August 1852 hatte der Kaiser ihm „als Lohn für seine Treue“ das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens verliehen.

Auf diesen Bahnen seines äußeren Lebens hat S. eine ungewöhnlich reiche Wirksamkeit im Dienst der deutschen Wissenschaft in Siebenbürgen entwickelt. Er war ein, für diese begeisternder Lehrer; auch sein Lehrbuch der allgemeinen Geschichte für Gymnasien (Hermannstadt 1837) zeugt davon. Auf dem, letzthin fast ein Menschenalter lang nur dürftig gepflegten Felde der siebenbürgischen und sächsischen Geschichte wurde er geradezu ein Bahnbrecher, ebenbürtig an die Seite J. K. Eder’s (A. D. B. V, 642) tretend. Schon seine erste Arbeit auf diesem Gebiete, die „Kritische Geschichte der Reformation des Hermannstädter Capitels“ (lateinisch, Cibinii 1819) wurde grundlegend; sie ist, anschließend an Joh. Seivert’s werthvolle Veröffentlichungen (1787) durch ihre Rückkehr zu den sicheren Quellen ein Ausgangspunkt für jede spätere diesbezügliche Forschung geworden. Als am Anfang des vierten Jahrzehntes, mit im Kampf um bedrohte große politische [683] und nationale Güter im Siebenbürger Sachsenlande neues wissenschaftliches Leben erwachte und insbesondere neue liebevolle Pflege sich der Geschichte zuwandte, stand S. schon in der ersten Reihe der hier führenden Männer. Da die zu jenem Zweck entstandene Zeitschrift „Transsilvania“ (1833–1838), in welcher sein biographischer Umriß: „Georg Soterius (geb. um 1673, † 1728) ein liebliches siebenbürgisch-deutsches Gelehrten- und Pfarrer-Stillleben schildert, mit dem ersten Heft des dritten Bandes aufhörte, setzte er das „Archiv für die Kenntniß von Siebenbürgens Vorzeit und Gegenwart“ (1841) an deren Stelle, in dem seine geschichtlichen Abhandlungen „Die Mongolen in Siebenbürgen“ und „Die deutschen Ritter im Burzenlande“ durch Tiefe der Forschung, zutreffende Benützung der urkundlichen Quellen und edle Darstellung vom neuen Geist der deutschen Historiographie im Lande ein überraschendes Zeugniß ablegen. An die Stelle seines Archivs trat 1843 das seither in ununterbrochener Folge erschienene Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde, des Vereins, dessen Mitbegründer (1840) in erster Reihe S. war und dessen thätiges und führendes Ausschußmitglied er bis zu seinem Tode blieb. In diese Zeit fällt eine der bedeutendsten geschichtlichen Arbeiten Schuller’s: „Umrisse und kritische Studien zur Geschichte von Siebenbürgen mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte der deutschen Colonisten im Lande“. Fortbauend auf dem Grunde, den Schlözer und Eder gelegt, will das Werk mit den Hauptmomenten der Geschichte Siebenbürgens und da namentlich auch mit der allseitigen Entwicklung der sächsischen Nation in gedrängter Darstellung bekannt machen, die Wege zu weiterer Forschung durch Quellenangabe nachweisen, schwierige Gegenstände nach Möglichkeit erörtern, Irrthümer berichtigen und ganz dunkele Momente für künftige Arbeit bezeichnen. Das erste Heft erschien (Hermannstadt, Hochmeister’sche Buchhandlung) 1840, das zweite 1851, das dritte erst nach der Verfassers Tod, vom Verein für siebenbürgische Landeskunde herausgegeben 1872. Das Werkchen, leider nur bis 1224 gehend, ist eine der schönsten Zierden der deutschen Geschichtslitteratur Siebenbürgens. In edler Form, die würdig an die Kunstform ähnlicher deutscher Arbeiten erinnert, steht die Forschung, wenn sie gegenwärtig auch in manchem überholt ist, überall auf der Höhe der Zeit, besonders werthvoll unter anderem auch durch das Heranziehen analoger deutscher Rechtszustände zur Vergleichung mit den sächsischen und durch eingehende Benützung der diesbezüglichen deutschen Quellenforschung von Jakob Grimm, Lacomblet, Gaupp, Waitz u. s. w. Die Erläuterung des Andreanischen Freibriefs von 1224 namentlich ist ein wahres Cabinetsstück ernster besonnener historischer Kritik.

Während seines Aufenthaltes in Wien (1849, 1850) erhielt S. Zutritt zum k. k. geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Mit freudigem Staunen that er Einblick in den unerschöpflichen Reichthum seiner Schätze, aus welchen er eine Fülle bis dahin völlig unbekannten Materials für die große Zeit des Kampfes zwischen Ferdinand von Oesterreich gegen den Türkenschützling Joh. Zapolya und dessen Tochter Isabella (1526–1556) sammelte. Durch die Veröffentlichung und Verarbeitung dieser Quellen brachte S. neues Licht über jenen so bedeutungsvollen Theil der siebenbürgischen Geschichte. Die bedeutendsten dieser Arbeiten sind: „Das k. k. geheime Haus-, Hof- und Staatsarchiv als Quelle siebenbürgischer Fürstengeschichte“ (Hermannstadt 1850), „Das Bündniß Johann Zapolya’s mit König Franz I. von Frankreich“ (Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde, neue Folge, Bd. 2), „Georg Reicherstorfer und seine Zeit“ (Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen, Bd. 20), „Diplomatische Beiträge zur Geschichte Siebenbürgens nach der Mohatscher Schlacht“ (Vereinsarchiv n. F. II), „Ludwig Gritti’s Ende“ (Vereinsarchiv, n. F. II), „Die Verhandlungen von Mühlbach im Jahr 1551 und Martinuzzi’s Ende“ (Hermannstadt [684] 1862), „Zur Geschichte der Ringmauern von Hermannstadt (Hermannstadt 1854) – überall auf dem Boden umsichtiger Forschung in würdiger Darstellung eine Fülle neuer Aufschlüsse über Begebenheiten und leitende Männer jener Zeit, darunter über den Sachsengrafen Marcus Pemfflinger und über die namenlosen Leiden, die Hermannstadt für die deutsche Treue trafen, welche es dem rechtmäßigen König Ferdinand in schwerster Zeit bewies.

Bereits am Anfang der vierziger Jahre nahm die deutsche Wissenschaft Kunde von den neuen wissenschaftlichen Regungen in Siebenbürgen; Schmidt’s Zeitschrift für Geschichtswissenschaft würdigte sie 1844 einer eingehenden Besprechung. Es ist Schuller’s Verdienst, seine Persönlichkeit und seine Leistungen trugen gleichmäßig dazu bei, daß nun auch die k. Akademie der Wissenschaften in Wien ihre Blicke auf diese Thätigkeit lenkte. Seinen Berichten über die Ziele und Arbeiten des Vereins für siebenbürgische Landeskunde (Sitzungsberichte der k. Akademie 1849, 1850, 1852) ist es wesentlich zu verdanken, daß sie in den österreichischen Geschichtsquellen das von ihr auch sonst geförderte Urkundenbuch zur Geschichte Siebenbürgens (bis 1301) – Wien 1857 – und die siebenbürgische Chronik des Schäßburger Stadtschreibers Georg Kraus (1608–1665), zwei Theile (Wien 1862 u. 1864) veröffentlichte.

Hand in Hand mit den geschichtlichen Arbeiten Schuller’s, von welchen eine große Anzahl, wiewohl alle höchst anziehend und belehrend sind, hier nicht näher besprochen werden kann, gingen von Anfang her germanistische Studien, die er in erster Reihe in Siebenbürgen begründet hat. „Die Richtung auf das innere Leben des eigenen Volkes“, bekennt er freudig, „welche die neuere deutsche Wissenschaft mit Vorliebe verfolgt, hat mich nicht unberührt gelassen. In der Beschäftigung mit Sitte und Sage der Sachsen in Siebenbürgen habe ich geistige Auffrischung gesucht und gefunden; in den Tiefen des Volksthums quillt ein reicher Born geistiger Verjüngung“. Schon im 18. Jahrhundert hatten treffliche Männer seines Volkes dies gefühlt. Felmers’s große „Abhandlung von dem Ursprung der sächsischen Nation in Siebenbürgen“ (1764), Seivert’s „Von der siebenbürgisch-sächsischen Sprache“ (1781), Binder’s „Ueber die Sprache der Sachsen in Siebenbürgen“ (1795) legen davon Zeugniß ab. Nach fast halbhundertjährigem Stillstand setzte S. ihre Arbeit fort. Bewandert auf dem Gebiete deutscher Dialectforschung veröffentlichte er im Dienst eines wohlthätigen Zweckes 1840 „Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer Mundart“ mit lehrreichen sprachlichen und sachlichen Erläuterungen, ein Büchlein, das Vielen nicht nur unter seinen Volksgenossen reiche Freude bereitet hat und mit Quelle für die siebenbürgisch-sächsischen Mundarten in Firmenich’s „Germaniens Völkerstimmen“ geworden ist. Schon im folgenden Jahr (1841 im Archiv für die Kenntniß Siebenbürgens) trat S. mit einer wissenschaftlich namhaften dialectologischen Leistung hervor: „Ueber die Eigenheiten der siebenbürgisch-sächsischen Mundart und ihr Verhältniß zur hochdeutschen Sprache“, eine Arbeit, die zwar noch auf dem Standpunkt der ersten Ausgabe der Grimm’schen Grammatik stand, die vorzüglichsten Eigenthümlichkeiten der Mundart aber, die er besser als irgend einer seiner Zeitgenossen kannte, scharf und fein charakterisirte und in ein klares System brachte. Damit trat unsere Dialectforschung in die deutsche Wissenschaft ein. „Die Beiträge zu einem Wörterbuch der siebenbürgisch–sächsischen Mundart“ (Prag 1865), „Zur Kunde siebenbürgisch-sächsischer Spottnamen und Schelten“ (Hermannstadt 1862), „Sächsische Namen von Land und Wasser“ (Bielz, Transsilvania 1861) lassen doch lebhaft bedauern, daß es S. nicht vergönnt gewesen, das Idiotikon der Mundart seines Volkes, das dieses Jahre lang von ihm erhoffte, und wozu schon sein Vater reiche Sammlungen angelegt, mit Muße zu bearbeiten und herauszugeben.

[685] Auch für Sitte und Sage seines Volkes hatte S. ein überaus tiefes und feines Verständniß. Er hat hier zuerst, den Wegen seiner deutschen Wissenschaft folgend, zu freudiger Ueberraschung seiner Volksgenossen darauf hingewiesen, wie die Erinnerungen an das altgermanische Heidenthum unverstanden in Stadt und Land fortleben und in Volksbrauch und Volksaberglauben, in Redeweise und Wörtern der sächsischen Mundart, in Volkssang und Volkssage und Volksmärchen dem Kundigen auf Schritt und Tritt begegnen. Der Vortrag „Zur siebenbürgisch-sächsischen Mythologie“, den er 1851 auf der Generalversammlung des Vereins für siebenbürgische Landeskunde hielt (Blätter für Geist, Gemüth und Vaterlandskunde Nr. 6, 1851) hat den ersten Grundstein zu der, später so erfreulichen Pflege dieser Wissenschaft hier gelegt, seine Vorlesungen über „Volksglauben, Volkssitten und Volkssprache der Siebenbürger Sachsen“ (Transsilvania 1851, 1852), „Herodes, ein deutsches Weihnachtsspiel aus Siebenbürgen“ (Hermannstadt 1854), „Das Hahnenschlagen am Osterfest“ (1855, Vereinsarchiv, neue Folge, Band 1), „Das Todaustragen und der Muorlef, ein Beitrag zur Kunde sächsischer Sitte und Sage“ (Hermannstadt 1861) und eine Anzahl kleinerer zerstreuter Mittheilungen wiesen weiter, immer spannend und anziehend, auf diese „Bausteine“ des alten „zertrümmerten Tempels“ hin. Aus denselben „Tiefen des sächsischen Volkslebens“ hob die schöne Abhandlung „Zur Frage über die Herkunft der Sachsen in Siebenbürgen“ (Hermannstadt 1856; 2. Auflage Prag 1866), „ungekannte und ungeahnte Schätze“.

Philologische und historische Studien führten S. gleichmäßig zu Untersuchungen über Herkunft und Sprache der Walachen. Das Ergebniß ist niedergelegt in den Abhandlungen: „Argumentorum pro latinitate linguae Valachicae seu Rumunae epicrisis“ (Cibinii 1831), dann „Entwicklung der wichtigsten Grundsätze für die Erforschung der rumunischen oder walachischen Sprache“ (Vereinsarchiv, alte Folge, Heft 1, Hermannstadt 1843); beide Arbeiten beleuchten die unsinnige Behauptung der Verfasser des Ofner Wörterbuchs (Lexicon Valachico-Latino-Hungarico-Germanicum. Budae 1825), welche nachweisen wollte, das Walachische sei geradezu die Sprache, die einst vor und unter dem König Latinus vom Volk am Tiberis gesprochen worden sei, ein „Wahnglaube“, der „Ideen von alleiniger Legitimität rumunischer Herrschaft und rumunischen Besitzes in Siebenbürgen zu nähren scheint, welche mit dem historischen Recht und mit der Eintracht von Daciens Bewohnern gleich unvereinbar sind“. Noch 1855 kehrte S. zum Gegenstand zurück; seine, wie Alles, was er schrieb, gründliche und geistvolle Sylvestergabe: „Zur Frage über den Ursprung der Romänen und ihrer Sprache“, enthält eine lehrreiche Zusammenstellung der Wege, auf welchen bisher die Lösung dieses „interessanten Problems“ versucht worden. Wie feinsinnig S. für diese Lösung romänische Sitte, Sage und Poesie herbeizuziehen wußte und welch ein tiefes Verständniß dieser er hierbei bekundete, zeigen seine schönen Veröffentlichungen: „Aus der Walachei. Romänische Gedichte und Sprichwörter“ (Hermannstadt 1851), „Ueber einige merkwürdige Volkssagen der Romänen“ (Hermannstadt 1857), „Kloster Argisch, eine romänische Volkssage“ (Hermannstadt 1858), „Romänische Volkslieder, metrisch übersetzt und erläutert“ (Hermannstadt 1859), „Kolinda, eine Studie über romänische Weihnachtslieder“ (Hermannstadt 1860).

Schuller’s Mannesjahre fielen in die schwere Zeit des beginnenden Sprach- und Nationalitätenkampfes in Siebenbürgen (A. D. B. XXIX, 343). Wiewohl ein Mann des Friedens im eminentesten Sinn konnte er davon nicht unberührt bleiben. So wurde der stille Gelehrte zum heldenmüthigen Publicisten für das gute Recht seines deutschen Volkes. Als die „Klagschrift der beiden walachischen Bischöfe Johann Lemeny und Basil Moga gegen die sächsische Nation“ vor dem [686] Landtag von 1841–43 diese in gehässigster Weise des Rechtsraubes, begangen an den im Sachsenland wohnenden Walachen, beschuldigte, stellte S. in der ernsten „Beleuchtung der Klagschrift“ (Hermannstadt 1844) an der Hand der Geschichte, des siebenbürgischen Staatsrechts und der wirklichen Zustände das, die ganze Landesverfassung mit Umsturz bedrohende Libell ruhig und würdig ins rechte Licht, wie er wenig später in den apologetischen Bemerkungen: „Der Freiherr Nicolaus Wesselényi, A. de Gerando und die Sachsen in Siebenbürgen“ (Hermannstadt 1846) die Angriffe und Ausfälle dieser, weil die Vertreter der sächsischen Nation auf demselben Landtag gegen den Gesetzentwurf über die beabsichtigte Einführung der ungarischen Sprache in die Gesetzgebung und Landesverwaltung, selbst in das Commando der in Siebenbürgen liegenden kaiserlichen Heerestheile Sondermeinung eingelegt hatten, ebenso maßvoll als entschieden zurückwies. Beide Schriften haben heute noch actuelle Bedeutung. Auch an der, damals in so hoffnungsfreudigem Aufschwung begriffenen deutschen Tagespresse hat S. lebhaften Antheil genommen; in den schweren Fragen der Zeit, die die Gemüther so leidenschaftlich bewegten, fehlte sein mildes Wort nicht; wichtige Erscheinungen der Litteratur besprach er gerne, und unter unscheinbaren Ueberschriften, in Reiseblättern u. s. w. verstand er dem Leser ernsteste Ergebnisse seiner Studien, Bilder aus alter und neuer Zeit immer in reizender Darstellung lebendig vor die Seele zu führen. Es war stets eine Freude, wenn der große Meister des nicht zu verkennenden Stiles in den Blättern für Geist, Gemüth und Vaterlandskunde oder in der Transsilvania seinen Rundgang begann. Auch die Gabe des Liedes war ihm in nicht gewöhnlichem Maße verliehen; eine der köstlichsten Blüthen hat sie getrieben im „Lied vom (sächsischen) Pfarrer“ – einer Parodie auf das Lied von der Glocke – das voll edelsten Humors ein wahres sächsisches Culturbild aus schon jetzt immer mehr versinkenden Tagen ist. Es erschien in Hermannstadt 1831, eine zweite Auflage dort 1841. Seines Verfassers Wirken auf mehr als einem Felde deutscher Culturarbeit in Siebenbürgen wird hier unvergessen bleiben.

J. K. Schuller, Aus meinem Leben, Sächsischer Hausfreund, Kronstadt 1860. – J. Rannicher, Johann Karl Schuller. Ein Nekrolog. Hermannstadt 1865. – G. D. Teutsch, Johann Karl Schuller. Ein Beitrag zur Geschichte seines Lebens und Wirkens, Archiv des Vereins für siebenbürg. Landeskunde, Bd. IX, 1870. – Josef Trausch, Schriftstellerlexikon der Siebenbürger Deutschen, Bd. III, Kronstadt 1870. – Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. XXXII, Wien 1876. – Bei Rannicher, Trausch und Wurzbach findet sich auch die vollständige Angabe der zahlreichen Werke Schuller’s.