ADB:Sandfurt, Wilhelm

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Artikel „Sandfurt, Wilhelm“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 353–354, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sandfurt,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 12:09 Uhr UTC)
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Sandfurt: Wilhelm S. (Sandvort, Sandphurt, Santphurd), einer der wandernden Theologen der Reformationszeit, ist in die Geschichte der Kirchenänderung von Osnabrück, Stade und Lüneburg verflochten, † in letzterer Stadt als Pastor zu St. Johannis am 15. März 1564 im 63. Lebensjahre. Er war also 1501 oder 1502 geboren zu Brogel (Brôckel?) bei Antwerpen, nicht zu Borcken bei Münster, wie Bertram im Jöcher IV, 123 angibt. Zu Münster soll er unter Johann Murmellius (s. A. D. B. XXIII, 65 f.) gebildet sein, was kaum anzunehmen, da Murmellius schon 1513 Rector der Schule zu Alkmar wurde. Auch Timann wird als sein Lehrer angegeben. Sein weiterer Lebensgang ist aus einem Epitaph des Lucas Lossius (s. A. D. B. XIX, 220) zu berechnen, nachdem er 22 Jahre in Osnabrück gewirkt hat. Da er von dort 1548 vertrieben wurde, muß er um 1526 dahin, und zwar als Rector einer Kirchspielsschule, gekommen sein; seit 1532 ist er Diakonus an der Katharinenkirche, verlor das Amt aber 1533, wie es scheint bei wiedertäuferähnlichen Unruhen gegen die katholische Geistlichkeit. Er hielt darauf eine Privatschule in Osnabrück bis 1543 hin. Da Hermann Hamelmann (s. A. D. B. X, 474 f.), der schon 1538 das Gymnasium zu Münster besuchte, sich selbst des Sandfurt Schüler nennt, so muß er in dieser Privatschule unterrichtet sein. 1542 begann [354] der eben erst mit den Weihen versehene Bischof von Osnabrück, Münster und Minden, Franz v. Waldeck (s. A. D. B. VII, 290 f.), sich der Reformation zuzuwenden, ließ den Hermann Bonnus aus Lübeck berufen, durch diesen die Stadt Osnabrück reformiren und trat dem Schmalkaldischen Bunde bei. Der Stadt überließ er zwei Klöster, und diese richtete in dem der Barfüßer 1543 eine Schule ein, deren Rectorat S. übernahm. Aber schon 1544 bestellte ihn Franz (anscheinend neben jener Stelle) zu seinem Hofprediger, dann wurde er Pastor der Marienkirche. Als aber nach dem schmalkaldischen Kriege Christoph von Wrisberg zur Execution heranzog, dann auch die Weigerung, das Interim einzuführen, die Domcapitel in Harnisch brachte, und das Osnabrücker schon seine Absetzung betrieb, schlug der Bischof 1548 plötzlich um, forderte die Klöster von der Stadt zurück und verjagte alle Prediger, die sich dem Interim nicht fügen wollten. Die Gegenreformation war vollständig. S. hatte gegen Interim und Papstthum eine Schrift in der damals üblichen satirischen Gedichtform, anscheinend „Axiomata“ betitelt, dazu eine „Farrago biblica carmine heroico scripta“ herausgegeben, welche das Domcapitel besonders erbitterten. Auf dessen Klagen hatte Franz Sandfurt’s Vertreibung sofort vom Rathe verlangt und durchgesetzt. S. wandte sich nach dem Bremischen, welches seit der 1547 abgeschlagenen Belagerung der Stadt Bremen durch die Kaiserlichen und der letzteren gründlichen Niederlage bei Drakenborch trotz des eifrig katholischen Erzbischofs Christoph (s. A. D. B. IV, 235) für den Hort des Protestantismus im Nordwesten Deutschlands galt. Hier fand er in Stade die Reformation infolge des Bremer Sieges gerade endgültig durchgedrungen und erhielt die Predigerstelle der kleinen Burggemeinde in der Pancratiuskirche, aus welcher der letzte katholische Priester der Stadt, Dionysius, eben vertrieben war. Er blieb bis 1551, wo er als Pastor an die St. Johanniskirche zu Lüneburg berufen wurde; hier hat er in Ruhe sein Leben beschlossen und forderte, daß ihm die Grabschrift gesetzt werde: „Ego, Guilielmus Santphurdius, credo remissionem peccatorum, expecto carnis resurrectionem et vitam venturi saeculi. Amen.“ – Fast alle Nachrichten über ihn stammen aus Hamelmann’s Historia ecclesiastica renati Evangelii per inferiorem Saxoniam et Westphaliam und aus dem von Lucas Lossius verfaßten „Epitaphium“. Das Letztere ist aus den „Epitaphia“ nachher in die „Lunaeburga Saxoniae“ (Frankfurt, Egenolf, 1566) hinübergenommen. Hier ist der Grund seiner Vertreibung aus Osnabrück in V. 7 angegeben, wo zu lesen ist:

Praesulis hinc cessit gladios minitantis ab aula,
Ne probet Interimi (
st. interitus) dogmata tetra libri.

Nachher hat Strodtmann in den „Hannov. Anzeigen“ von 1753 und 1754 die einzelnen Data zusammengelesen. Nach Bertram verfaßte S. noch eine „Concio de angelis“ und „Series temporum de perpetua conservatione ecclesiae in mundo“.

Vgl. Schlichthorst, Beyträge zur Erl. der ältern und neueren Geschichte der Herzogth. Bremen und Verden II, 212 ff. (nicht durchweg correct) und E. W. G. Schlüter, Kirchenordnung für … die Stadt Stade (S. 82), wo die reiche, nicht immer sicher citirte, meist nur wiederholende Litt.