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ADB:Schmid von Haslbach, Kaspar Freiherr

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Artikel „Schmid, Kaspar Freiherr von“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 679–683, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmid_von_Haslbach,_Kaspar_Freiherr&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 11:05 Uhr UTC)
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Band 31 (1890), S. 679–683 (Quelle).
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Schmid: Kaspar Freiherr v. S., auf Haselbach und Pirnbach, baierischer Staatsmann, geboren 1622, ein Sohn des Martin Joseph v. S., † zu Schönbrunn am 3. Sept. 1693. Ueber die Jugendzeit Schmid’s, der einer stiftsmäßigen, mit den Mandl, Unertl u. A. versippten Familie entstammte, haben sich keine Nachrichten erhalten. 1650 erscheint er zum ersten Male als Doctor beider Rechte und Regimentsrath in Straubing, 1651 als Mitglied des bairischen Hofraths. 1658 verlieh ihm Kurfürst Ferdinand Maria in Ansehung der „einige Jahr her in vielen wichtigen Reichs- und andren Commissionibus und Missionibus, auch anderen seinen wolersprießlich und nützlichen Diensten in viel unterschiedliche weeg erzeigt“, einen Wappenbrief (rothe Schlinge auf weißem Schrägbalken in rothem Felde, beseitet von zwei Zweigen mit weißen Rosen; auf dem Helm weißroth gelenkte Mannesbüste, links einen Zweig mit rothen, rechts einen Zweig mit weißen Rosen haltend; Spruchband: „Omne generosum spinosum“). 1659 verehrte der Kurfürst dem „geheimen Rath“ S. eine goldene Kette mit seinem Bilde „wegen der während des Reichsvikariats geleisteten Dienste“. Als Oexle 1662 zum Kanzler ernannt wurde, erhielt S. den Posten eines Vicekanzlers des geheimen Raths; seit Oexle’s Resignation 1667 führte er die Geschäfte eines Kanzlers; 1668 wurde verfügt, daß er „seinen Vorgängern Johann Adlzreiter und Georg Oexl hinfüro mit der Bestallung gleichzuhalten und ihm zu solchem und zu jährlichem Sold 1200, dann Gnadengelt 400, Hauszins 75 und Lieferung auf 2 Pferdt 192, also in Allem 1867 Gulden“ zu reichen seien; den Titel eines Kanzlers führte er erst seit dem 1675 erfolgten Ableben Oexle’s. Der Kanzlerwechsel bedeutete für Baiern auch einen Wechsel des Systems. Während unter Kanzler Oexle die baierische Politik rückhaltlos dem kaiserlichen Interesse diente, wurde unter S. der französische Einfluß maßgebend; wie es kaum zu bezweifeln ist, daß Oexle keineswegs ohne eigennützige Absicht dem Kaiser ergeben war (s. A. D. B. XXV, 24), so steht leider auch fest, daß S. französische Gnadengelder bezog, in den Berichten der französischen Gesandten ist davon wiederholt offen die Rede. Dem Einfluß Schmid’s, der sogar, wie de la Haye nach Versailles berichtet, die Eifersucht der Kurfürstin Adelaide rege machte, ist wol in erster Reihe zuzuschreiben, daß Kurfürst Ferdinand Maria am 17. Februar 1670 mit Frankreich einen Allianzvertrag einging, der die unselige Politik inaugurirt, die ein volles Jahrhundert hindurch dem gefügigen Bundesgenossen Frankreichs so schmerzliche Blutopfer auferlegte. Dadurch ist allerdings nicht [680] ausgeschlossen, daß S. durch die Unterstützung der de la Haye, Vitry und Colbert wirklich die baierischen Interessen am besten zu fördern gedachte. Auch als Schweden 1673 unter Frankreichs Zustimmung die Initiative ergriff, um unter wittelsbachischem Banner eine „dritte Partei in Europa“ zu sammeln, war S. der entschiedenste Anhänger des schwedisch-französischen Bündnisses. In einem merkwürdigen Memorandum von 1675 legte er ausführlich die Absichten und Ziele seiner Politik dar. Baiern müsse, so verlangt er, gründlich mit der Anschauung brechen, daß nur derjenige reichstreu zu nennen sei, der durch Dick und Dünn dem kaiserlichen Hofe Gefolgschaft leiste. „Das, was Reich heißt, ist gegenwärtig anderes nichts, als der spanische ambassadeur in Wien und die kaiserliche Armee, so die daselbst geschmideten consilia und decreta exequiret.“ Da Kaiser Leopold noch keine männlichen Erben habe, müsse schon jetzt dafür Sorge getragen werden, daß für den Fall der Erledigung des Thrones nicht wieder ein Spanier das Erbe der deutschen Habsburger antrete; von allen deutschen Fürstenhäusern habe aber das baierische die beste Aussicht, die Mehrheit der Kurstimmen zu erlangen, zumal wenn es von so mächtigen Staaten, wie Frankreich und Schweden, unterstützt würde. Demgemäß beantragte er, schon jetzt mit offenem Visier zu fechten und die baierischen Truppen mit Condé’s Corps zu vereinigen. Allein der Kurfürst war, obwohl ihn im Sinn der Rathschläge des Kanzlers auch der Herzog von Vitry und der schwedische Gesandte Pufendorf unaufhörlich bestürmten, zu offenem Abfall vom Kaiser nicht zu bewegen. Nur seinen Einfluß wollte er bei den in Nymwegen eröffneten Friedensverhandlungen zu Gunsten der schwedisch-französischen Sache geltend machen und betraute damit seinen Kanzler. Daß Baiern in der That den genannten Kronen gute Dienste leistete, erkennt Pufendorf willig an, indem er erklärte, daß „eigentlich der teutsche Friede zu München wieder bestätigt worden“. Ferdinand Maria soll vorgehabt haben, bei der zu Ehren des Friedensschlusses angeordneten Stadtbeleuchtung vor dem Hause Schmid’s (seit 1662 gehörte diesem in München das ehemals Ligsalzische Haus am Rindermarkt zwischen St. Peter und dem Schrenckhause) eine Ehrensäule aufrichten zu lassen, allein das plötzliche Ableben des Kurfürsten (26. Mai 1679) verhinderte die Festlichkeit und damit auch die dem „besten aller Rathgeber“ zugedachte Auszeichnung. Schon 1677 war dem Kanzler „in Ansehung seiner zu Deroselben gnedigsten satisfaction gelaister langwürigen getreuen und ersprießlichen Diensten“ die Pflege Aibling verliehen worden, mit dem Beifügen, daß dieselbe nach Schmid’s Ableben einem seiner Söhne überlassen werden solle; die Pflege Aibling blieb auch bis zur Aufhebung im J. 1800 im Besitz der Familie S., die als amtirende Stellvertreter Pflegcommissäre aufstellte.

Schon zu Lebzeiten Ferdinand Maria’s war die Vermählung des Kurprinzen Max Emanuel mit der ältesten Nichte König Ludwig’s XIV., Mademoiselle de Valois, sowie des Dauphin mit der bairischen Prinzessin Maria Anna in’s Auge gefaßt und deshalb 1675 zwischen S. und dem französischen Gesandten in Basel, Abbé Gravel, verhandelt worden. 1679 wurde der Plan wieder aufgegriffen, und der französische Geschäftsträger Colbert berichtete, er habe an dem Kanzler S. einen ebenso anhänglichen, wie geschäftsgewandten Bundesgenossen gefunden. Die Heirath des Dauphin mit der baierischen Prinzessin kam auch zu stande, obwohl im Auftrage Kaiser Leopold’s zuerst Graf Johann Hartwig Nostitz, dann Graf Franz v. Lobkowitz sich alle Mühe gaben, die gefährliche Verschwägerung des baierischen Hofes mit dem französischen zu hintertreiben. Der Vormund des minderjährigen Kurfürsten und Vorsitzende des Regentschaftsrathes, Herzog Maximilian Philipp, war den Franzosen nichts weniger als freundlich gesinnt, der Beichtvater des Kurfürsten, P. Spinelli, die Geheimräthe Törring, Dellmuck und [681] viele andere hohe Beamte waren dem habsburgischen Hause ergeben, aber die Autorität des Kanzlers spottete aller ihm widerstrebenden Bemühungen. Es wird nicht bloß die Heirath zu stande kommen, schreibt Lobkowitz nach Wien, sondern auch das schon in der Luft schwebende baierisch-französische Bündniß wird perfect werden, wenn es nicht gelingt, den allmächtigen Kanzler Schmid für des Kaisers Sache zu gewinnen! Allein die Vorstellungen, wodurch Lobkowitz den Kanzler von seiner unpatriotischen Haltung zurückbringen wollte, blieben lange Zeit ebenso erfolglos, wie die Versuche, die Uebermacht Schmid’s zu brechen. Erst als der junge Kurfürst selbst, der schon im Mai 1680, wie Lobkowitz nach Wien berichtete, vor Zeugen sich verschwor, der Teufel möge ihn holen, wenn er je eine Französin heirathe, die Zügel der Regierung ergriff, bahnte sich allmählich ein Umschwung an. Im März 1681 traf Kaiser Leopold mit Max Emanuel in Altötting zusammen; der junge Kurfürst war über die Aufnahme, welche er beim Kaiser fand, hocherfreut und gelobte, den vom Kaiser geschenkten Degen „nur zu des Kaisers defension gebrauchen zu wollen“, – eine Erklärung, die besonders werthvoll war, da die zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich infolge der rechtswidrigen Reunionen Ludwig’s XIV. eingetretene Spannung jeden Tag zum Krieg führen konnte. Doch ist des Jesuiten Franz Wagner Mittheilung, daß zu Altötting auch die Verlobung des Kurfürsten mit Erzherzogin Marie Antonie und ein Particularbündniß zwischen Oesterreich und Baiern verabredet worden seien, völlig unrichtig. Der Kurfürst trug sich damals mit dem Gedanken, eine Tochter des Herzogs Hans Georg von Sachsen-Eisenach, also die Tochter eines protestantischen Hauses, heimzuführen, und der Kanzler S. und die französische Partei, auch die Jesuiten des Münchener Collegiums begünstigten dieses Project. Da sich aber die Eltern der Prinzessin weigerten, zum Uebertritt ihrer Tochter zum Katholicismus ihre Zustimmung zu geben, erhob Papst Innocenz XI. Protest gegen jede Fortsetzung der Verhandlungen; um zu verhüten, daß das baierische Kurhaus in Familienverbindung mit Lutheranern trete und dadurch die Glaubenseinheit Baierns gefährdet werde, suchte die Curie den Kurfürsten für eine Vermählung mit der Tochter Kaiser Leopold’s, die als rechtmäßige Erbin der spanischen Monarchie gelten könne, zu gewinnen. Da gegen den Willen und ohne die Erlaubniß des Papstes an die Ehe mit der sächsischen Prinzessin nicht zu denken war und das angeregte Project so glänzende Aussichten eröffnete, hielt es nicht schwer, den Kurfürsten damit zu befreunden. Dazu kam, daß die Wegnahme der Reichsstadt Straßburg vom Kurfürsten sehr mißfällig aufgenommen wurde, – ließ sich doch sogar Kanzler S. „äußerlich vermerken, daß er diese französische Procedur ganz nicht billigen könne“. Max Emanuel trat in geheime Unterhandlungen mit dem kaiserlichen Hofe wegen Beitritts zum Haager Bündniß ein, und am Umschwung der baierischen Politik war kaum noch zu zweifeln, als mit Umgehung des Franzosenfreundes S. der kaiserlich gesinnte Rath Leyden mit den geheimen Verhandlungen in Wien betraut wurde. Am 17. Februar 1682 wurden die Präliminarartikel eines Allianzvertrags vom Kurfürsten unterzeichnet, doch fuhr der österreichische Gesandte fort, zu versichern, das Abkommen entbehre der Festigkeit, solange der Kanzler S. im Amte bleibe. Erst ein volles Jahr später, am 23. Jänner 1683 gelangte die „Defensiv-Allianz sowohl gegen der Türcken, als andrer zustoßender gefahr“ zu glücklichem Abschluß, und nun glaubte Graf Kaunitz auch den letzten, entscheidenden Schritt wagen zu dürfen: er verlangte als höchsten Beweis der Reichstreue des Kurfürsten die Entfernung des Kanzlers. Max Emanuel willigte ein, und am 27. Februar 1683 erging an S. ein Decret, daß ihm „aus gewissen erheblichen Ursachen“ befahl, sich „dermahlen und bis auf weitere gnädigste resolution von [682] allen publicis und was davon dependiret, sowol im Rhat, als in der gehaimben Canzlei bey der Expedition völlig zu enteußern“. Darauf bat S. umgehend um seine Entlassung; da er einsehe, daß die „Schwätzerei“, der er zum Opfer gefallen sei, „gar zu fest radiciert“ sei, so bitte er, Kurfürstliche Gnaden möchten ihn „pro emerito erklären und als einem alten 34jährigen Karrengaul für die kurze Zeit seines Lebens dasienige noch gnedigist vergonnen, war er bishero zuer Besoldung und sonsten genossen hab“, dagegen wolle er denjenigen, die ihm „den heutigen Herzstoß procuriret“, von Herzen vergeben. Der Kurfürst entsprach dieser Bitte, ja, er fügte sogar hinzu, S. möge ihn auch mit seinem wohlbewährten Rath unterstützen. Ob sich die „Schwätzerei“ auf den angeblichen Verrath bezog, dessen sich S. „Gallico advocato similior quam Germanicae aulae ministro“, schuldig gemacht haben soll, indem er dem König von Frankreich den Rath gegeben habe, Truppen gegen Baiern zu senden, um den zu Oesterreich hinneigenden Fürsten durch Furcht zum Gehorsam zurückzubringen, ist nicht festzustellen; glaubwürdig ist Wagner’s Angabe schon deshalb nicht, weil in der Correspondenz der kaiserlichen Gesandten, die sich im übrigen so bitter über S. zu beklagen pflegen, von solchem Verrath keine Rede ist. Auch war die Ungnade des Kurfürsten nicht von langer Dauer. 1684 richtete S., der sich nach seinem Schlößchen Schönbrunn bei Dachau zurückgezogen hatte, „ex lecto“ an den Kurfürsten die Bitte, es möge erlaubt werden, daß sein Sohn Franz Kaspar, der schon vor vierthalb Jahren zum Hofrath ernannt worden sei, diese Stelle wieder antrete; es falle ihm schwer, das Gesuch zu stellen, „aus Ursach, wie der Herr David beklagt: quia praevalerunt adversus me inimici mei, et ut alibi dicitur: odio habuerunt me gratis“, trotzdem wage er die Bitte, da er vor seinem Tod den Trost haben möchte, wenigstens eines seiner Kinder versorgt zu sehen. Der Bitte wurde entsprochen, auch „in Ansehung der vom Vater geleisteten, langwierigen, treuen Dienste“ die Hofrathsbesoldung gewährt, ja, der Kurfürst wiederholte die Bitte, daß ihm sein bewährter Rathgeber auch ferner an die Hand gehen möge. „Ob ich zwar“ – erwiderte S. – „meines theils zimblich schwere Laibszueständt habe, so ist doch der Kopf noch allerdings guet und stehet dahero zur Eurer Churfürstlichen Durchlaucht gnedigsten disposition.“ Als sich die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Wien und München wieder gelockert hatten, war bei Hofe, wie Villars 1687 seinem König berichtet, die Ansicht verbreitet, der emeritirte Kanzler werde wieder an seinen Posten berufen werden. Es kam jedoch nicht dazu, angeblich – General Florimond erzählte dies später dem Hofbibliothekar v. Oefele – weil S. selbst es ablehnte und sein körperliches Leiden vorschützte. Nach Mittheilung Florimond’s, der den Kanzler noch persönlich kennen gelernt hatte, „il trouva un air bourgeois, des cheveux mal peignez, l’esprit fin et actif, le coeur tout français“. S. zählte auch zu den bedeutendsten Juristen seiner Zeit; in den „Commentarii ad jus municipale Bavaricum“ (1715)[WS 1] erscheint er als Vorläufer der Kreittmayer’schen Reformen. Die Familie S. auf Haselbach und Pürnbach erlosch zu Anfang unseres Jahrhunderts. –

Mundus christiano-Bavaropoliticus etc., von selbsten geschmidtet und beschriben durch einen churbayerischen Cavallier, seines Namens von der Ehehafft Baron de Roses et d’Epines (vermuthlich von Kaspar Schmid’s ältestem Sohne Franz Kaspar verfaßt). Handschriftlich auf der Münchener H.- u. St.- Bibl. (Cod. germ. 3009). – Beierlein, Regesten ungedruckter Urkunden zur baierischen Orts-, Familien- und Landesgeschichte, im Oberbair. Archiv XI, 279. – Buchinger, Geschichtliche Nachrichten über die ehemalige Grafschaft und das Landgericht Dachau, im Oberbair. Arch. XII, 101 ff. – [683] Heigel, Quellen u. Abhandlungen zur neueren Geschichte Baierns I, 25 ff., II, 51 ff. – Recueil des instructions données aux ambassadeurs et ministres de France, VII, Bavière, 46 ss.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 17l5