ADB:Schmidt, Heinrich (Schauspieler)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schmidt, Heinrich“ von Paul Schlenther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 732–733, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmidt,_Heinrich_(Schauspieler)&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 09:40 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Schmidt, Hermann
Band 31 (1890), S. 732–733 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Schmidt (Schauspieler, 1779) in der Wikipedia
Heinrich Schmidt in Wikidata
GND-Nummer 117506575
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|732|733|Schmidt, Heinrich|Paul Schlenther|ADB:Schmidt, Heinrich (Schauspieler)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117506575}}    

Schmidt: Heinrich S., Schauspieler, geboren am 27. September 1779 in Weimar, wo er in Jugendfreundschaft mit den Kindern Herder’s und Wieland’s das Gymnasium besuchte, das er, ein Lieblingsschüler Böttiger’s, 1796 mit einer im Klopstock’schen Odenstil gehaltenen Rede verließ. Während seiner Schulzeit wurde er für Kinderrollen auf das Liebhabertheater der Herzogin Anna Amalie gezogen, und seine Theatereindrücke reichen zurück bis zu Christiane Neumann. 1797–1800 studirte er in Jena die Rechte. Sein Entschluß, Schauspieler zu werden, unterlag der Beurtheilung Schiller’s und Goethe’s, welche ihn nur zögernd unterstützten. Er kam in das Haus Schiller’s, als dieser zum ersten Male die „Jungfrau von Orleans“ vorlas, und er genoß den dramatischen Unterricht Goethe’s. Im Goethe’schen Sinne verstand er die Schauspielkunst, deren Ziel war, ein gutes Bild vorzurücken. Es kam nicht sowohl auf Nachahmung der Natur als auf ideale Schönheit der Form an. Beispielsweise will S. von Goethe gelernt haben, daß es gegen alle Regeln der Schönheit sei, auf der Bühne die Faust zu ballen; ebenso mußte es vermieden werden, dem Publicum beim Spielen das Profil zuzukehren. Mit Empfehlungen Goethe’s kam S. 1801 an’s Wiener Burgtheater, ohne dort sein Glück zu machen. Mehr Begabung als zum Schauspieler fand man in ihm zum Regisseur und Director. Der kunstfreundliche Fürst Esterhazy übertrug ihm die Leitung seines Theaters, welches während der Jagdzeit zu Eisenstadt in Ungarn Vorstellungen gab; es wurde hier jedoch die Oper dem recitirenden Drama vorgezogen. Hier wirkte damals auch Josef Haydn und auf Schmidt’s Veranlassung gastirten hier gelegentlich Künstler wie Iffland, dessen Bekanntschaft mit Haydn ebenfalls durch S. vermittelt wurde. Mit einer Schülerin Haydn’s, der ersten Sängerin der Esterhazybühne, Therese Dollinger, der Tochter eines Postverwalters, vermählte sich S.; sie starb jedoch schon im Juni 1806 im ersten Wochenbett. Der Einfluß des Fürsten verschaffte S. auch eine gewisse Position im Theaterleben der Kaiserstadt. Nebenbei unternahm er Reisen nach Weimar und Berlin, um erste Darstellungskräfte für Wien zu gewinnen. Sein Hauptaugenmerk war auch hier immer auf Iffland gerichtet, der freilich nur zu Gastspielen abkam. S. hat später verrathen, daß sein alter Lehrer Böttiger mit seinen Beurtheilungen des Iffland’schen Spiels keineswegs den Beifall des Meisters erzielte. Dieser fühlte sich vielmehr durch die genaue Beschreibung seiner einzelnen Bewegungen und Gebärden peinlich berührt, weil er in ihnen nur zufällige Aeußerlichkeiten, nicht das Wesen seiner Kunst erblickte. Von 1815–25, dann von 1831–37 [733] leitete S. mit gutem Erfolg, obgleich nicht immer im Einvernehmen mit der Behörde, das Stadttheater zu Brünn (vgl. Rille, Brünner Stadttheater 1885). Dann zog er sich nach Wien zurück und überlieferte dem Nachwuchs seine oft recht kleinen Erinnerungen an eine große Zeit. Viele gewichtige Persönlichkeiten sind über seinen Weg gegangen; dadurch, nicht durch sein eigenes beschränktes Ich bedeuten er und seine Denkwürdigkeiten etwas, die er 1856 bei Brockhaus in Leipzig unter dem Titel „Erinnerungen eines Weimarischen Veteranen aus dem geselligen, litterarischen und Theaterleben“ herausgab. Bald nach Erscheinen des Büchleins ist der redselige, dem Klatsch durchaus nicht abgeneigte alte Herr am 14. April 1857 gestorben. Seine zweite Frau war ihm 1850 vorangegangen. Seine Schwester war mit Gottfried Herder, dem Sohne des Dichters, verheirathet.