ADB:Seidensticker, August
Bartling), Mineralogie und Bodenkunde (bei Hausmann) und Entomologie (bei Meyer). Nach Absolvirung seiner Studien (1840) scheint er sich zunächst mit Wald- und Eisenbahnvermessungen beschäftigt zu haben. Seine erste Anstellung erfolgte am 1. Januar 1841 im hannoverschen Feldjägercorps als Feldjäger bei dem Forstrath Kunze, später bei dem Forstmeister von der Decken in Aerzen (bei Hameln). Hierauf [307] erfolgte seine Beförderung zum Forstauditor unter dem Forstmeister v. Allershausen mit dem Wohnsitz in Marienau (bei Coppenbrügge). 1857 rückte er zum kgl. Förster zu Nienover (bei Uslar) und 1860 zum Revierförster in Schoningen auf. In dieser Stellung hatte er die Oberförsterei, in der die Wiege des v. Seebach’schen Buchenhochwaldbetriebes stand, zu verwalten, was ihn mit Stolz und besonderer Freude erfüllte. Im September 1866 wurde er in den preußischen Forstdienst übernommen und nach dem Bestehen einer praktischen Prüfung als Forstmeister in Hannover unter dem Forstdirector Burckhardt angestellt. Im October 1867 erfolgte seine Versetzung in gleicher Eigenschaft nach Lüneburg und am 1. Juni 1869 nach Frankfurt a. O., wo er die damalige Forstinspection Frankfurt-Guben zu verwalten hatte. Wegen Abnahme seiner Körperkräfte suchte er 1886 um seine Pensionierung nach, welche ihm vom 1. April ab gewährt wurde. 1889 zog er nach seinem früheren Studienorte Göttingen, wo er den Rest seiner Tage verlebte.
Seidensticker: August S., Forstmann; geboren am 7. März 1820 im Marktflecken Coppenbrügge (Fürstenthum Calenberg), † am 14. October 1899 in Göttingen. Er empfing den ersten Unterricht im Elternhause durch Hauslehrer und besuchte dann vom 12. Lebensjahre ab das Gymnasium Andreanum in Hildesheim bis zur Obersecunda. Hierauf bestand er zunächst eine zweijährige forstliche Lehrzeit bei dem damaligen Reitenden Förster Tilemann (später hannoverscher Forstmeister und königlich preußischer Oberforstmeister in Eschede) und studirte dann zwei Jahre auf der Universität Göttingen. Hier hörte er u. a. Botanik (beiS. war ein überaus fleißiger Schriftsteller, dessen Thätigkeit sich auf fast alle Zweige der Forstwissenschaft erstreckte. Mit Vorliebe und entschiedenem Erfolge bearbeitete er namentlich das Gebiet der Forstgeschichte, und zwar nicht nur in selbständigen Werken, sondern auch in zahlreichen Abhandlungen in der forstlichen Zeitschriften-Litteratur.
Seine Werke sind in chronologischer Reihenfolge: „Ueber den geschichtlichen Ursprung und die rechtliche Natur der Hannoverischen Interessentenforsten vorzüglich im Fürstenthum Calenberg“ (1853); „Ueber die genossenschaftlichen Holzungsrechte und Holzgerichte im alten Amte Medingen, Fürstenthum Lüneburg, wie in den vormals hannoverschen Erblanden überhaupt. Eine historische Betrachtung“ (1872); „Waldgeschichte des Alterthums. Ein Handbuch für akademische Vorlesungen.“ In zwei Bänden. I. Band: Vor Cäsar. II. Band: Nach Cäsar (1886); „Rechts- und Wirthschaftsgeschichte norddeutscher Forsten besonderes im Lande Hannover, actenmäßig dargestellt. 2 Bände. I. Band: Bausteine. II. Band: Geschichte der Forsten (1896).
Die hervorragendste Leistung ist entschieden die „Waldgeschichte des Alterthums“. Der I. Band (403 Seiten) behandelt die älteste Zeit bis zur römischen Kaiserzeit. Der II. Band (460 Seiten) bespricht die Zeit vom Jahre 58 vor Christus bis zum Jahre 375 nach Christus. Jeder Band zerfällt in zwei Capitel, von denen das erste der Baumgeschichte, das zweite der Waldgeschichte gewidmet ist. Dieses außerordentlich gründliche Werk, welches langjährige, mühsame und fleißige Studien der alten griechischen und römischen Schriftsteller und große Sprachkenntnisse voraussetzt, ist seitens der Kritik mit vollem Recht als einzig in seiner Art bezeichnet worden. Es ist als echtes Quellenwerk für den akademischen Lehrer und Forscher von hohem Werth. Als eine „gedrängte Uebersicht“ (wie der Verfasser sagt) kann aber das Buch nicht bezeichnet werden. Es ist vielmehr als Lehrbuch viel zu umfangreich. Viele Mittheilungen, Bemerkungen und Erklärungen, die es enthält, sind für den Studierenden werthlos. Man ersieht aber aus dieser außerordentlich fleißigen Arbeit, daß bereits ein ansehnlicher Theil der äußeren Technik der Forstwirthschaft schon im Alterthum bekannt war und gehandhabt wurde. Eine Fortsetzung des Werkes über die Zeitabschnitte von 375 bis 843, von da ab bis zur Reformation und zuletzt bis zum Freiheitskampf 1848 wird in Aussicht gestellt.
Die Aufzählung der von ihm in die forstlichen Zeitschriften gelieferten Aufsätze, litterarischen Berichte und sonstigen Mittheilungen würde zu weit führen und bei dem gewaltigen Aufschwung, den die Forstwissenschaft in der [308] neuesten Zeit genommen hat, jetzt zum großen Theil von zu geringem Interesse sein. Er war etwa 20 Jahre lang Mitarbeiter an der „Allgemeinen Forst- und Jagd-Zeitung“ und schrieb ferner für die G. von Wedekind’schen „Jahrbücher der Forstkunde“, für das von Schultz’sche „Taschenbuch“ das „Hannöver’sche Magazin“, sowie für andere forstliche und nichtforstliche Zeitschriften. Jedoch sollen wenigstens einige Abhandlungen angeführt werden, so z. B.: „Wie verhalten sich Licht und Schatten in unseren Waldungen?“ (Allg. F. u. J. 1849, S. 90); „Holzungen und Holzungsrechte des adeligen Lehengutes Voldaysen im Königreich Hannover“ (v. Wedekind, N. J. 1854, IV. Bd., 4. Heft, S. 379); „Wald-Metamorphosen und historische Betrachtungen über die Vertauschung der Buche mit der Fichte im hannöverschen Fürstenthum Calenberg“ (Supplemente zur Allg. F. u. J., Erster Band, 1858, S. 1–34); „Preßler’s Cubirungsverfahren“ (Allg. F. u. J. 1860, S. 106); „Ueber Bodenbearbeitung und künstliche Besamung in den Buchen-Verjüngungsschlägen, namentlich über Streifen, Plätze und Löcher“ (Allg. F. u. J. 1863, S. 247). – Schon aus dieser kurzen Aufzählung ist ersichtlich, welch’ vielseitige schriftstellerische Thätigkeit S. entwickelt hat.
S. hatte in jungen Jahren mit Sorgen aller Art zu kämpfen; er wurde aber später durch seine Erfolge auf fachlichem Gebiete, insbesondere als Schriftsteller, entschädigt. Er war etwas zu Melancholie geneigt, wenngleich ihm der Humor durchaus nicht fehlte. Sein Wahlspruch war: „Kein Mensch muß müssen!“ Im Alter pflegte er oft zu sagen: „Auf der Wahlstatt meines Lebens habe ich wenig Siege erfochten, aber manche Niederlage erlitten.“ Der Jagd war er – im Gegensatze zu seinem Vater, der ein großer Nimrod war – abgeneigt. „Man gebe ihm [äußerte einmal der Altmeister Burckhardt] eine alte Urkunde in die Hand und schicke ihn in einen tiefen Wald – dann sieht man ihn nie wieder.“
- Friedrich von Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, I, 1866, S. 81, Nr. 174; S. 83, Nr. 178; II, 1867, S. 214, 451b; IV, 1868, S. 49 etc. – Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftsteller-Lexikon, 1874, S. 469 (Autobiographie). – Amtliche und private Mittheilungen.