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ADB:Hausmann, Friedrich

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Artikel „Hausmann, Joh. Friedr. Ludwig“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 94–97, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hausmann,_Friedrich&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 02:49 Uhr UTC)
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Hausmann, Ludwig
Band 11 (1880), S. 94–97 (Quelle).
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Hausmann: Joh. Friedr. Ludwig H., Dr., geh. Hofrath und Professor in Göttingen, berühmter Mineralog und Geologe, ist am 22. Februar 1782 zu Hannover geboren und starb am 26. December 1859 zu Göttingen. Nach dem Besuche der Schulen seiner Vaterstadt trat H. in das Carolinum in Braunschweig ein, wo in ihm durch den Umgang mit Knock und Hellwig zuerst ein Interesse für die Naturwissenschaft erweckt wurde. Obwol er dann auf der Universität Göttingen sich den Rechtswissenschaften widmete, betrieb er doch nebenbei das Studium der Mineralogie, Chemie und Technologie mit solchem Erfolge, daß ihn nach Vollendung seiner Studien der Berghauptmann Meding leicht bestimmen konnte, 1803 die Stelle eines Bergamts-Auditors in Clausthal anzunehmen, wo er neben rechtlichen Arbeiten auch in erwünschter Weise vielfach mit bergtechnischen Verhältnissen in Berührung kam. Schon nach zwei Jahren verschaffte ihm sein hervortretendes Talent die Berufung als Kammersecretär bei dem Berg- und Hüttendepartement in Braunschweig. Mit 1803 begann auch schon seine publicistische Thätigkeit mit der Herausgabe der krystallographischen Beiträge, in denen er zumeist die sphärische Trigonometrie für Krystallberechnungen in Anwendung zu bringen versuchte und die Idee entwickelte, daß zwischen dem monaxigen Krystallsystem und dem tesseralen, also z. B. zwischen Rhomboëder und Würfel ein näherer Zusammenhang bestehe. Rasch folgte bereits 1805: „Entwurf einer Einleitung in die Oryctognosie“. Dem Drange folgend, sich umsichtigere Kenntnisse zu verschaffen, unternahm dann H. eine mehrjährige Reise (1806–8) durch Scandinavien zum Theil gleichzeitig mit L. v. Buch. Die Resultate dieser Reise legte er in einem fünfbändigen Werke: „Reise durch Scandinavien“ (1811–18) nieder, in welchem der engere Zusammenhang des Granits mit dem Porphyr besonders hervorgehoben wird und die Ansicht ausgesprochen sich findet, daß die uranfängliche Bildung des Granits, wie sie damals allgemein angenommen werde, sehr in Frage zu stellen sei. Nach seiner Rückkehr aus der nordischen Halbinsel erhielt er das Secretariat der Berghauptmannschaft, kam aber bei den bald darauf einbrechenden Wirren der französischen Herrschaft außer Brod und Amt. Dies veranlaßte ihn zunächst, sich, wiewol vergeblich, um eine Professur der Bergwerkswissenschaft in Göttingen zu bewerben. Er war daher gezwungen, 1809 das Amt eines Generalsecretärs des k. westfälischen Finanzministeriums und eines Generalinspectors des Montanwesens bei der ihm verhaßten Fremdherrschaft annehmen, wußte jedoch diese Stellung dazu zu benutzen, damals die bis jetzt blühende Lehranstalt für das Bergwesen, die Bergschule zu Clausthal zu gründen und zu fördern, obwol er im steten Kampf mit den Uebergriffen der französischen Beamten lebte und mit Muth sich dagegen stemmte. Um so freudiger ergriff H. die Gelegenheit, die bisherige Stellung zu [95] verlassen und den durch den Tod Beckmann’s (1811) erledigten Lehrstuhl der Technologie und Bergwissenschaft an der Universität Göttingen zu übernehmen. Damit war H. seinem innersten Berufe entsprechend in eine neue Lebenssphäre eingetreten, in der er sich glücklich fühlte und nun die ganze Kraft, seine reich begabte Natur entfaltete. Wenn er auch seine publicistische Thätigkeit nicht unterbrochen hatte, wie die 1806 erschienenen „Beiträge zur Berg- und Hüttenkunde“ (mit weiteren Abtheilungen 1810 und 1822 fortgesetzt) und 1809 „Entwurf des Systems der anorganischen Naturkörper“ bezeugen, so begann doch mit der Uebernahme dieser Professur eine neue Periode sehr umfassender Publicationen. Außer dem schon erwähnten Reisewerke erschienen 1811 weiter: „Grundlinien der Forstwissenschaft“, „Grundlinien und Encyklopädie der Bergwerkswissenschaft“, „Primae lineae technologiae generalis“, 1812 „Grundlinien der Geognosie“, 1813 „Handbuch der Mineralogie“ in 3 Bden. (weitere Auflagen davon 1828 und 1847) und „De relatione inter corporum naturalium inorganicarum indoles chemicas atque externas“. Enthalten diese Schriften von mineralogisch-geognostischem Inhalte bei dem damals noch beschränkteren Standpunkte der Wissenschaft im Ganzen Weniges, was über die Lehre Werner’s hinausging, so legen sie doch Zeugniß ab von dem mächtigen Ringen Hausmann’s nach einem selbständigen Urtheil, von einer großen Klarheit der Gedanken und einer Fülle des Wissens, welche H. als einen der hervorragendsten Vertreter der Wissenschaft schon damals erscheinen ließen. Als Lehrer glänzte er durch die Kraft, Lebendigkeit und den reichen Inhalt der wohlberechneten Rede, wodurch er die Zuhörer zu fesseln wußte. Auch verstand er sehr wohl die Theorie in eine lebendige Verbindung mit der Praxis zu setzen und durch zahlreiche Excursionen seinen Schülern Anleitung zu geben, das Gelernte auch praktisch zu verwerthen. Dadurch gelang es ihm, zahlreiche Schüler aus allen Ländern heranzubilden, die dem geehrten Lehrer eine dankbare Erinnerung bewahrten. Nach einer kurzen Pause begann eine neue Reihe von Publicationen 1820 mit den Schriften: „Crystallographia metallurgica“ und 1821 „Untersuchungen über die Form der leblosen Natur“, worin H. den Gedanken ausführte, daß in der leblosen Natur nichts Zufälliges und Ueberflüssiges vorhanden sei, vielmehr alles durch ein inniges Band des Nothwendigen verknüpft sei. Zunächst versuchte er eine Morphologie des Leblosen zu entwerfen, um dann zu der inneren Natur, welche die äußere Form bedinge, vorzudringen; in diesem Sinne versuchte H. die einzelnen Mineralien zu größeren Gruppen zu verbinden und von ihnen zu der Betrachtung ihrer Zusammensetzung als Massen überzugehen. Diese Schrift gelangte jedoch nicht über den ersten vorbereitenden Theil hinaus. In diese Zeit fällt auch die Stiftung des Vereins bergmännischer Freunde in Göttingen durch H., deren vorherrschend auf das Praktisch-montanistische gerichtete Schriften er selbst redigirte. Ueber eine inzwischen nach Italien unternommene wissenschaftliche Reise berichtete H. in der Schrift: „De Apenninorum constitutione geognostica“. Wichtiger ist die Wiederauflage seines „Handbuchs der Mineralogie“, 1828, in welchem er nunmehr den chemischen, wie den physikalischen Eigenschaften der Mineralien für die Beurtheilung ihrer Verwandtschaftsverhältnisse gleichen Werth beilegte und als Mineralspecies das zusammenfaßte, was bei gleicher Krystallbildung gleiche chemische Zusammensetzung besitze. Auch ist bemerkenswerth, daß er die Mineralien nach den am meisten charakterisirenden Mischungsbestandtheilen in größeren Gruppen zu vereinigen suchte, wie z. B. die Schwefelmetalle als Sulfuride, die Aluminate, Silicate etc. Durch dieses vortreffliche Mineralsystem, welches der chemischen, wie der physikalischen Natur der Mineralien gebührend Rechnung trägt, stellte er sich in Uebereinstimmung mit Fuchs, welcher kurz vorher (1824) eine ganz ähnliche Anordnung in die Wissenschaft eingeführt hatte. Als 1847 eine neue [96] Auflage des II. Bandes erschien, erklärte v. Haidinger dasselbe als das beste deutsche mineralogische Handbuch. Großes Aufsehen erregte 1823 eine weitere Publication: „Versuch einer geologischen Begründung des Ackerbau- und Forstwesens“ wegen der großen volkswirthschaftlichen Gesichtspunkte, welche darin entwickelt sind. Diese Schrift wurde ins Englische übersetzt. Auf geognostischem Gebiete gewinnt eine weitere Schrift: „Uebersicht der jüngeren Flötzgebilde in dem Flußgebiet der Weser“, 1824, dadurch erhöhte Bedeutung, daß H. darin zuerst auf eine bis dahin verkannte Sandsteinbildung die Aufmerksamkeit lenkte, welcher er den jetzt noch theilweise gebräuchlichen Namen Quadersandstein (jüngerer Sandstein der cretacischen Formation) gab. Doch machte sich bei dieser Arbeit der Mangel an Profilen und Karten sehr fühlbar, wodurch auch manches Irrthümliche in Bezug auf die Altersbestimmung der verschiedenen Gesteinsschichten sich erklärt. Trotz wiederholter, schon 1803 begonnener und fast jahrjährlich fortgesetzter eifrigster Studien konnte H. über die, wie bekannt, höchst verwickelten geologischen Verhältnisse des Harzes zu keinem befriedigenden Ergebnisse gelangen. Wie früher in den Apennin, so unternahm später H. Reisen nach Frankreich und Spanien, um immer mehr Vergleichspunkte zu gewinnen und zu allgemeinen Ansichten vorzudringen. Die auf dieser Reise gesammelten zahlreichen und wichtigen Beobachtungen theilte er in den beiden Schriften: „Umrisse nach der Natur“, 1831, und „De Hispaniae constitutione geognostica“, 1832 mit. Unermüdlich war H. zugleich auch für die Förderung der Montanindustrie seines Landes thätig, wovon die in Begeisterung und warmer Vaterlandsliebe geschriebene Abhandlung: „Ueber den gegenwärtigen Zustand und die Wichtigkeit des h. Harzes“ (1832) Zeugniß ablegt. Seinem Bemühen ist es zu verdanken, daß der damals mit dem Auflassen bedrohte Bergbau am Harze nicht zum Erliegen kam und dadurch die Existenz zahlreicher Bewohner dieses Gebirges gesichert blieb. Nach Blumenbach’s Tode trat H. an dessen Stelle als Secretär der Göttinger Societät der Wissenschaften, deren Zwecke er bis zu seinem Tode mit unermüdlicher Pflichttreue und Eifer förderte. Im J. 1842 erschien sein hauptsächlichstes geognostisches Werk, die Frucht langjähriger mühevoller Untersuchungen im Harze: „Ueber die Bildung des Harzgebirgs“, in welchem sich eine merkwürdige Wandelung der Ansichten Hausmann’s zu erkennen gibt. Während er nämlich früher als Anhänger Werner’s die neptunistischen Ansichten eifrigst verfocht und die Ansicht der gleichzeitigen Entstehung der Erzgänge und ihres Nebengesteins vertheidigte, besaß H. Einsicht und Muth genug, den als irrig erkannten Weg zu verlassen und in Mitten der damals vielseitigen Conflikte sich der neueren Richtung anzuschließen. Demgemäß erklärt H. die krystallinischen, nicht stratificirten Gebirgsarten für Producte des Feuers und nimmt an, daß ihr Empordringen aus der Tiefe und die dabei sich entwickelnden Dämpfe großen verändernden Einfluß auf die Schichtgesteine ausgeübt haben. Weiter suchte er nachzuweisen, daß im Harze weder der Granit, noch der Porphyr dies bewirkt habe, sondern vielmehr die hier mächtig auftretenden Pyroxengesteine – der Gabbro und die von ihm als Diabas näher beschriebenen, früher als sogen. Grünstein bezeichneten Eruptivmassen. Durch diese sei das Schichtgestein zertrümmert, stückweise emporgehoben und in großartiger Weise umgeändert worden; selbst die Natur des Dachschiefers und Kieselschiefers verdanke dieser Einwirkung ihre Entstehung. Den Granit hält er für ein noch jüngeres Eruptivgebilde, durch dessen metamorphosirenden Einfluß der sogen. Hornfels entstanden sei. Auch den Erzgängen schreibt er eine eruptive Entstehung zu und betrachtet sie als Ausfüllungsmassen der Klüfte durch aus der Tiefe emporgestiegene Massen, wobei vielfach Sublimationen stattgefunden hätten. Bemerkenswerth ist, daß er die am Rande der älteren Gebirgsmasse des Harzes vielfach hervortretenden [97] großartigen Schichtenstörungen als Folgen des Aufsteigens von mächtigen Gypsmassen erklärt. Im übrigen schließt er sich in Bezug auf die Beurtheilung des Alters der Gebirgsschichten den damals neu aufgetauchten Ansichten von Murchison und Segdwick an. Auch die noch am Fuße des Harzgebirges bemerkbaren Erscheinungen der erratischen Blöcke waren seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen. Er schreibt dieselben großen, von Schweden her kommenden Fluthen zu, bei denen vielleicht Eisschollen eine Rolle gespielt hätten. Hierüber hat er sich in einer gekrönten Preisschrift der Haarlemer Societät (Verhandl. XIX. 1831) ausführlich ausgesprochen. In der Abhandlung: „De usu experimentiarum metallurgicarum“ (1838) und „Beiträge zur metallurgischen Krystallkunde“, II. Bd. 1850 und 51, lenkte H. die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung krystallisirter Hüttenproducte für die Erklärung gewisser geologischer Erscheinungen, namentlich der Bildung der sogen. vulcanischen Gesteine, wie er denn wol zuerst schon 1810 und später 1834 die Bildung von Orthoklaskrystallen in der Kupferschmelzschlacke von Sangerhausen beobachtet und die Wichtigkeit für die pyrogenetische Bildung des Feldspaths erkannt hatte. Eine Reise durch den Schwarzwald gab Veranlassung zur Mittheilung der bei dieser Gelegenheit gesammelten geognostischen Beobachtungen („Geologische Bemerkungen über die Gegend von Baden bei Rastadt“, 1844). Daran reiht sich die Nachricht über einen bei Bremervörde gefallenen Meteorstein 1856. Neben zahlreichen kleineren Abhandlungen, die er während einer 50jährigen schriftstellerischen Thätigkeit reichlich publicirte, verdienen noch diejenigen Arbeiten hervorgehoben zu werden, in welchen H. nach einsichtiger Prüfung der chemischen Constitution mit Berücksichtigung der äußeren Kennzeichen, zahlreiche neue Mineralspecies aufstellte oder schon bekannte näher beschrieb und in das System einreihte, wie z. B. Glaserit, Biotit, Botryolith, Styptisit, Krokydolith, Pharmokosiderit, Oxalit, Copalin etc. Auch widmete ihm v. Haidinger eine Mineralspecies, welche den Namen „Hausmannit“ (Schwarzmanganerz) erhielt. Mit einer sehr interessanten Schrift: „Ueber die durch Molekularbewegungen in starren leblosen Körpern bewirkten Formänderungen“, schloß H. die reiche Reihe seiner Publicationen ab. H. war Mitglied vieler gelehrter Gesellschaften und Akademieen, auch schmückten zahlreiche hohe Orden seine Brust. Nicht blos einseitiger Fachgelehrter, sondern auch von umfassender allgemeiner Bildung, die, wie er selbst sagte, unter dem Einflusse von Lessing und Herder, in ihm sich entwickelt hatte, stand H. mit dem ihm mütterlicherseits verwandten Fr. Heinr. Jacobi in lebhaftem Verkehr und Austausch der Ideen. Als Mensch hat er den unbestrittenen Ruf eines vortrefflichen und edlen Charakters sich erworben, als Gelehrter den Ruhm eines unermüdlichen gewissenhaften, der Wahrheit unter allen Bedingungen treuen, gründlichen Forschers. Er hatte in seinem hohen Alter das seltene Glück, zwei Jubelfeste zu feiern, nämlich das seiner 50jährigen Wirksamkeit im Staatsdienste (1855) und seiner Doctorwürde (1858), bei welchen Gelegenheiten ihm von allen Seiten die Beweise größter Hochachtung und Verehrung reichlich dargebracht wurden.

Littrow, Gesch. d. induct. Wiss. III. 252. Poggendorff, Biogr.-litt. Handw. II. v. Martius’ Denkreden. v. Kobell, Gesch. der Mineral. Fr. Hoffmann, Gesch. der Geognosie.