ADB:Senn, Johann
Franz Schubert zu seinen Freunden zählte. Infolge der Theilnahme an einer litterarischen Tischgesellschaft, welche durchaus nur zu heimlichen geselligen Zwecken zusammenkam, wurde S. der Polizei verdächtig, verhaftet, eine Zeit lang sogar gefangen gehalten und zuletzt in seine Heimath nach Tirol befördert, wo er kein anderes Auskunftsmittel wußte, um sein Leben zu fristen, als dasjenige, Soldat zu werden. Er blieb, es war dies zu Ende der Zwanziger und zu Anfang der Dreißiger Jahre, nicht lange beim Militär, hatte aber während jener Zeit allerdings Gelegenheit bei dem österreichischen Zuge nach Neapel, Italien kennen zu lernen und erlangte sogar eine Officiersstelle: Trotzdem trat er im J. 1832 aus dem Militärstande, arbeitete zunächst in einer Advocaturkanzlei und wurde später Tagesschriftsteller, sich zugleich eingehend mit gelehrten, insbesondere philosophischen Studien beschäftigend. Ein verkommener, mit sich und der Welt zerfallener Mann starb S. im Militärspitale zu Innsbruck – nach der Angabe auf seinem Grabstein – am 30. Septbr. 1857.
Senn: Johann S., deutsch-österreichischer Dichter, geb. am 1. April 1792 zu Pfunds in Tirol, erhielt zu Hause seine erste Ausbildung und studirte sodann in Wien, wo auch sein Vater starb, die Rechtswissenschaft. S. mußte sich nun kümmerlich fortbringen, verkehrte jedoch mit Poeten und Tondichtern, von welch’ letzteren er insbesondereVon S. erschien im J. 1838 eine Sammlung „Gedichte“, welche in ihm einen hochbegabten, patriotisch begeisterten, formgewandten Poeten erkennen lassen. [34] Manche scharfe Satire tritt in den Epigrammen jener Sammlung, eine innige Liebe zu seinem Vaterlande in vielen der übrigen Gedichte hervor, von denen insbesondere der Cyclus der „Adlerlieder“ hier genannt sei. Das bekannteste dieser Lieder, welches in Tirol gewissermaßen zum Volksliede geworden und welches des Dichters Verehrung seines engeren Heimathlandes besonders hervortreten läßt, ist das weithin verbreitete: „Adler, Tiroler Adler! Warum bist Du so roth!“ Sowohl dieses Lied als auch mehrere andre Poesien Senn’s wurden in Musik gesetzt, das „Schwanenlied“ und mehrere andre von Senn’s Freunde Franz Schubert. Es ist zu beklagen, daß keine weitere spätere Auflage der Gedichte Senn’s erschien, da die erste Originalausgabe vielfach durch die Einwirkung der Censur geschmälert und bedeutender Stücke beraubt ist. Erwähnenswerth ist auch die kleine Schrift Senn’s: „Glossen zu Goethe’s Faust“, welche aus dem Nachlasse des Dichters 1862 Adolf Pichler herausgegeben hat. Der Herausgeber bemerkt über dieses, allerdings in seinem Urtheile scharfe Schriftchen: „Tritt hier die negative Seite in den Vordergrund, so geschieht es deswegen, weil S. wußte, daß die positive bisher von den Deutschen mit Begeisterung behandelt wurde und daher eine Ergänzung derselben, deren Einwürfe an und für sich der Größe jener erhabenen Dichtung keinen Abbruch thun, nicht überflüssig war.“ Jedenfalls zählt S. zu einem der genialsten unter den Dichtern Tirols.