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ADB:Seutter, Matthäus

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Artikel „Seutter, Matthäus“ von Christian Sandler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 70–72, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seutter,_Matth%C3%A4us&oldid=- (Version vom 30. November 2024, 20:52 Uhr UTC)
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Seutter: Matthäus S. (auch Seuter), Kupferstecher und Kartograph, wurde 1678 als Sohn des Goldarbeiters Matthias S. und der Bierbrauerstochter Helene Geiselmeir zu Augsburg geboren. Seine Eltern bestimmten ihn ursprünglich zum Bierbrauer, er setzte es aber durch, daß er bei J. B. Homann in Nürnberg das Landkartenstechen erlernen durfte. Bereits 1707, in welchem Jahre er sich zum ersten Male verheirathete (1708 und 1717 heirathete er zum zweiten und dritten Male), finden wir ihn als selbständigen Kupferstecher zu Augsburg ansässig. Binnen kurzer Zeit gelang es ihm, seine dortigen Vorgänger [71] und Concurrenten im Landkartenstich, Joh. Stridbeck und Jer. Wolf, besonders in Bezug auf Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit des kartographischen Verlags zu überholen und den Landkartenhandel, der durch die kriegerischen Zeiten begünstigt wurde, im Großen zu betreiben. Seinen kaufmännischen Erfolg bezeugt der 1723 abgeschlossene Kauf des Hauses D 261 (St. Annagasse), seinen wissenschaftlichen der Titel „kaiserlicher Geograph“, den ihm gegen 1730 der Kaiser für die Dedication seines „großen Atlas“ verlieh. Er starb 1757. – Aus seiner Officin sind bis zu diesem Jahr gegen 400 Blätter hervorgegangen, die zum großen Theil von ihm selbst, im übrigen von seinem Schwiegersohn (seit 1740) Tobias Konrad Lotter, dem Kupferstecher Andreas Silbereisen und seinem Sohn Albrecht Karl S. gestochen sind. Ungefähr 250 davon sind Landkarten, gegen 100 Pläne und Ansichten von Städten, der Rest chronologische Tafeln, Stammbäume, Tafeln zur Erklärung des See- und Kriegswesens, endlich Jak. Brucker’s „Geschichte der Philosophie“ in 6 Tabellen und verschiedene „Curiosa“. Sämmtliche Blätter des Verlags, so wie sie in den verschiedenen Jahren gerade vorhanden waren, bildeten unter gelegentlicher Zuhülfenahme von Homännischen und anderen Karten Seutter’s „großen Atlas“ (ohne Jahr), während die Hauptkarten zu kleineren Atlanten unter besonderen Titeln zusammengestellt wurden; bekannt sind: „Atlas geographicus“, 1725, mit 46 Karten; „Atlas compendiosus“, o. J., mit 20 Karten; „Atlas compendiosus scholasticus“, o. J., mit 26 Karten; „Atlas novus indicibus instructus“, Wien und Augsburg, um 1730 mit 25, um 1735 mit 50 in Buchstabenquadrate eingetheilten Landkarten und dazu gehörigen vom kaiserl. Hofkriegsagenten Matth. Roth angefertigten Ortsregistern; „Atlas minor“ (4°), o. J., mit 50 Karten. Jedem dieser Atlanten ist außer dem erwähnten (gedruckten) Titel noch ein „gemaltes“ Titelblatt mit der östlichen Erdhälfte und allegorischen Figuren vorgesetzt, welches ihn als „Atlas novus sive tabulae geographicae totius orbis faciem exhibentes …“, o. J., bezeichnet, und zumeist ist auch eine kurzgefaßte, mathematisch-physikalische „Einleitung zu dem so anmuthig- als nutzlichen Studio der Geographie“ (lat. oder deutsch) beigefügt. – Die große Mehrzahl der Blätter sind Copien oder unwesentliche Veränderungen holländischer und französischer, aber auch Homännischer Originale; nach Manier und Inhalt den Homännischen Karten auf das genaueste gleichend wurden sie, wie damals üblich, möglichst rasch nach dem Erscheinen der theuren, oft schwer zu verschaffenden Originale ohne Angabe von Autor und Publicationsjahr auf den Markt gebracht und dem großen Publicum um billigen Preis angeboten. S. hat außerdem noch das Verdienst, daß er dem geographisch ungeschulten, „zeitungslesenden“ Publicum durch Beigabe der Ortsregister eine leichte und schnelle Orientirung auf der Landkarte ermöglichte. Seine Originalkarten beschränken sich meist auf kleinere deutsche Gebiete; hervorzuheben sind Michal’s „Schwaben“ in 9 Bl. (um 1720) und „Rheinstrom“ in 3 Bl., Harenberg’s „Palästina“ (1738), Walser’s Karten mehrerer schweizer Cantone (nach 1740), Zürner’s „sächsische Specialkarten“ (nach 1750). Ständige wissenschaftliche Mitarbeiter hat sich S. nicht gehalten; Hasius und Tob. Mayer, welch letzterer 1741–46 bei Andreas Silbereisen wohnte, sind nur gelegentlich, der Geograph Rizzi-Zannoni aus Padua, der sich eine Zeit lang, wahrscheinlich Mitte der fünfziger Jahre, im Seutterischen Hause aufhielt, nur vorübergehend für ihn thätig gewesen. Kritische Selbständigkeit in der Kartographie, so wie sie die Homännischen Erben seit 1732 zu erreichen suchten, hat S. wohl überhaupt nicht angestrebt. – Sein Verlag wurde nach seinem Tode vertheilt und ging theils an seinen Sohn Albrecht Karl über, der aber bald starb, theils an Michael Probst, theils an Tob. Konr. Lotter (1717–77). Letzterer, dessen Stich sehr gelobt wurde, und noch mehr sein Sohn und Erbe Matthäus Albrecht [72] Lotter (geb. 1741), waren durch Benützung englischer Originalkarten und häufigere Ausgabe eigener Werke sichtlich bemüht, die Seutterische Officin wieder auf einen zeitgemäßen Standpunkt zu heben; aber auch sie haben besonders hervorragende Erfolge nicht zu verzeichnen.

Paul v. Stetten d. j., Kunst-, Gewerbe- und Handwerks-Geschichte der Reichsstadt Augsburg. Augsburg 1779, S. 54 ff. – Die übrigen biogr. Daten aus verschiedenen Acten und Protokollen des augsb. städt. Archivs. – E. D. Hauber, Historie der Landkarte von Schwaben, Ulm 1724, S. 33 ff. – Ein Verzeichniß der Landkarten u. s. w. von Matth. Seutter s. im Neuen Büchersaal der schönen Wissensch. VI. Bd. (1748), S. 559 ff.