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ADB:Sigmund (Herzog von Bayern-München)

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Artikel „Sigmund, Herzog von Baiern-München“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 282–284, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sigmund_(Herzog_von_Bayern-M%C3%BCnchen)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 12:37 Uhr UTC)
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Sigmund, Herzog von Baiern-München, geboren als zweiter Sohn Herzog Albrecht’s III. am 26. Juli 1439, † im Jagdschlosse Blutenburg (Obermenzing) bei München am 1. Februar 1501. Nach dem Tode des Vaters (29. Februar 1460) übernahmen, wie dessen letzter Wille angeordnet, die zwei ältesten Söhne Johann und Sigmund gemeinsam die Regierung; nachdem aber Johann früh (18. November [283] 1463) die Pest dahingerafft hatte, waltete S. kurze Zeit als Alleinregent. Der Fürsorge des Vaters, der in Prag Sinn für ideale Bestrebungen eingesogen hatte, dankte er, daß die an Fürstenhöfen damals noch nicht ganz verschwundene Einseitigkeit einer rein ritterlichen Erziehung ihm erspart blieb. Noch sind Auszüge aus dem Buche des Aegidius von Rom de regimine principum erhalten, die der als Erzieher der älteren Prinzen bestellte Magister Ulrich Greimolt von Weilheim im Dienste seines Berufes abfaßte oder abfassen ließ. Als Kämmerer im Hofdienst der Kaiserin Eleonore lernte S., ein schöner Jüngling mit krausem Haar, ein Stück Welt kennen. Worauf die Eigenthümlichkeit gründete, daß er sich sein Leben lang in die Farben schwarz, roth, weiß kleidete, ist nicht überliefert. Ein 1456 verabredetes Ehebündniß mit Margarete, Tochter des Kurfürsten Friedrich II. von Brandenburg, kam nicht zu Stande, da des früh verschuldeten Sigmund’s Ansprüche auf Mitgift am brandenburgischen Hofe zu hoch befunden wurden. S. blieb dann unvermählt, erzeugte aber mit Margarete Pfättendorferin, die (später?) als Ehefrau des Lienhart Hartwein bezeichnet wird, zwei Söhne und eine Tochter.

Was uns von Sigmund’s Wesen erzählt wird, läßt Anlagen erkennen, wie sie im wittelsbachischen Hause und im ganzen bairischen Stamme nicht selten sind: eine milde, freigebige, empfängliche, aber auch sinnliche, leichtfertige und bequeme Natur, mehr für heiteren Lebensgenuß als für die ernsten Angelegenheiten des Staates geschaffen. Selbstverständlich war bei einem Fürsten dieser Zeit die Liebe zur Jagd; seltener schon die Freude an der Musik, die S. wie seinen Vater Albrecht bis ins Alter begleitete; gute Sänger mußten stets in seiner Umgebung weilen. „Ihm war wohl mit schönen Frauen“, sagt ein zeitgenössischer Chronist, „mit weißen Tauben, Pfauen, Meerschweinchen, Vögeln und allerlei seltsamen Thierlein, auch mit Saitenspiel.“ Was die bildenden Künste betrifft, so eröffnet S. die lange Reihe wittelsbachischer Fürsten, die durch deren Pflege zugleich eigene Befriedigung fanden und dem Gemeinwohl dienten.

Nach Johann’s Tode erhob der dritte Bruder Albrecht (IV.), der bisher in Italien studirt hatte und dem geistlichen Stande bestimmt war, Anspruch auf Mitregierung. Zu seinen Gunsten sprach nicht nur die väterliche Bestimmung über die Erbfolge, sondern auch die Art, wie S. das Regiment führte. Schon hatte sein unverhältnißmäßiger Aufwand und der große Einfluß, der zwei mächtigen Günstlingen, im Niederlande dem Erbhofmeister Hans v. Degenberg, im Oberlande Hans dem Frauenberger zum Haag, eingeräumt und von diesen willkürlich ausgebeutet ward, die Mehrheit der Landschaft gegen S. eingenommen. Nach längerem Sträuben gegen Albrecht’s Forderung bequemte sich S. endlich doch zur Einberufung der Stände nach München und auf deren Rath, wie es scheint, willigte er dann in des Bruders Begehren. Entweder der fürstliche Rath oder der Landschaftsausschuß empfahl damals den Brüdern eine neue Ordnung des Hofhaltes und andere Maßregeln der Sparsamkeit. S. aber wirthschaftete fort wie vordem, glaubte auch als älterer Bruder ein gewisses Vorrecht auf die Einkünfte geltend machen zu dürfen. Ein eigenthümliches Mittelding zwischen getheilter und gemeinsamer Regierung, wonach die Finanzen der beiden Fürsten geschieden, ihr Regiment im übrigen gemeinsam blieb, vermochte die Lage nicht dauernd zu verbessern. Da trat S. (3. September 1467) in rühmlicher Selbsterkenntniß, aber auch unter Einwirkung früh erschütterter Gesundheit von der Regierung zurück. Infolge der Blödigkeit seines Leibes – so lautet seine eigene Motivirung – nicht gern Mühe und Arbeit tragend und mehr geneigt, sich ein geruhiges Wesen ohne alle Bekümmerniß zu machen, stelle er das Regiment in eine Hand, unter der für Land und Leute besser gesorgt würde. Ein Zug, der dieses Selbstporträt vervollständigt, ist, daß er kurz darauf einen Gefangenen des Münchener [284] Stadtrathes gewaltsam aus der Schergenstube befreite. Bei seiner Entsagung behielt sich der Fürst nur ein jährliches Einkommen von baaren 4000 fl. vor, ferner die Vergebung der geistlichen Lehen und die Nutznießung mehrerer zum Teil von ihm selbst gebauten oder verschönerten Schlösser in der Umgebung Münchens: Dachau, Nanhofen, Blutenburg (Obermenzing), Starnberg, Grünwald, die Jagd l. d. Isar und im Grünwalder Forst. Später (1485) vertauschte er Starnberg und Grünwald mit der Schwaige Laufzorn gegen Baierbrunn, einige Höfe und die Jagd im jetzigen Englischen Garten und der Hirschau. Eifrige Kunstpflege nach der Thronentsagung sichert S. eine historische Bedeutung, die man ihm auf Grund seiner Regierung nicht einräumen kann. Einen großen Theil seines Einkommens widmete er fortan kirchlichen Bauten und deren Ausschmückung. Eine Reihe von kleineren, aber hübschen gothischen Kirchen in der Umgebung Münchens, von deren reichem plastischen und malerischen Schmucke noch manches bewahrt ist, dankt ihm ihre Gründung, so Pipping (1478), Blutenburg (um 1490), Untermenzing (1492), Aufkirchen (1499). In München selbst gab er, wie man nach der Inschrift am Südostportal der Kirche (vgl. die Reproduction mit dem Bildniß des knieenden Herzogs in den „Alterthümern und Kunstdenkmalen des bairischen Herrscherhauses“) annehmen muß, die Anregung (construi cernit) zu dem Bau der neuen Pfarr-, jetzt Domkirche Unserer Lieben Frau, zu dessen Kosten er wohl auch reichlich beisteuerte. 1468 hat er dazu den Grundstein gelegt. Von Malern beschäftigte er besonders den geschickten Hans Olmdorfer, von dessen Werken in Schleißheim und Blutenburg Proben erhalten sind.

Häutle, Genealogie des Hauses Wittelsbach, S. 34. – Riezler, Gesch. Baierns III.