ADB:Spalding, Johann Joachim

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Artikel „Spalding, Johann Joachim“ von Hermann Petrich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 30–31, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Spalding,_Johann_Joachim&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 01:28 Uhr UTC)
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Spalding: Johann Joachim S., protestantischer Theologe und Moralphilosoph, geboren am 1. November 1714 zu Tribsees in Schwedisch-Pommern, † zu Berlin am 22. Mai 1804. Die Vorfahren waren aus Schottland nach Mecklenburg, der Vater von Mecklenburg nach Pommern eingewandert. Letzterer war zur Zeit der Geburt des Sohnes Rector, später Pastor in Tribsees. Im Elternhause, auf dem Gymnasium zu Stralsund und der Universität zu Rostock wurde Spalding im Geiste der alternden Orthodoxie unterwiesen, ohne Befriedigung darin zu finden. Von 1733–1749 hielt er sich theils zu Hause, theils in verschiedenen Hauslehrerstellen seiner Heimath, einmal auch einige Monate als Secretär des schwedischen Gesandten v. Rudenskjöld in Berlin auf. Fleißige Lectüre und der Greifswalder Mag. Peter Ahlwardt machten ihn mit der Wolfschen Philosophie bekannt, mehr noch entzückte ihn das Studium Shaftesbury’s, den er im Anfang der vierziger Jahre zu übersetzen begann. Gleichzeitig schrieb er aus diesen Anregungen heraus seine „Bestimmung des Menschen“, die 1748 gedruckt und später noch oftmals aufgelegt wurde. Sein Berliner Aufenthalt machte ihn mit Sack, Chr. E. v. Kleist und Gleim bekannt, mit letzterem stand er bis 1763 in lebhaftem Briefwechsel. 1747–1757 verlebte er als Pastor in Lassan, wo er sich auch mit Wilhelmine Gebhardi aus Stralsund vermählte, besonders glückliche Jahre. 1757–1764 war er als Pastor und Präpositus in Barth. Hier gab er 1761 seine „Gedanken über den Werth der Gefühle im Christenthum“, gegen die namentlich im benachbarten Mecklenburg sich geltend machenden pietistischen Einflüsse gerichtet, heraus. 1762 starb seine Frau, die Mutter Karl August Wilhelm’s, des Juristen, und Georg Ludwig’s, des Philologen, [31] (s. o.). 1763–1764 hielten sich Lavater, Heinrich Füßli und Felix Heß aus Zürich bei ihm als Gäste auf. 1764 erfolgte, nachdem er mit Maria Dorothea v. Sodenstern seine zweite Ehe geschlossen hatte, seine Versetzung nach Berlin als Propst an St. Nikolai und Oberconsistorialrath. Hier erschien 1772 seine Schrift „Ueber die Nutzbarkeit des Predigtamts und deren Beförderung,“ die Herder’s Provinzialblätter als Gegenschrift hervorriefen, und 1784 seine „Vertrauten Briefe, die Religion betreffend“, gegen den wachsenden Materialismus und Atheismus gerichtet. 1774 ward auch seine zweite Ehe durch den Tod getrennt und er schloß 1775 die dritte mit Maria Charlotte Lieberkühn. Das Wöllnersche Religionsedict veranlaßte ihn schon 1788 seine Propststelle niederzulegen. Erst nach 16jährigem Ruhestand ist er verstorben. Spalding’s Theologie ist ein milder, vor allen Extremen, aber auch vor jeder Tiefe zurückschreckender Rationalismus mit vorwiegend moralischer Richtung. Religion haben heißt ihm „in dem geglaubten Weltbeherrscher die höchste Tugend verehren, ihr nachstreben und sich zuversichtlich ihres Urbildes freuen“. Sein bestes Buch, das vom Werth der Gefühle, vertritt das Recht der Aufklärung gegenüber der Einseitigkeit des Pietismus, sein bedenklichstes, das von der Nutzbarkeit des Predigtamts, die Einseitigkeit der Aufklärung gegenüber dem biblischen Christenthum. Wegen des weitreichenden Einflusses seiner Predigten wurde er „der Erbauer seiner Zeitgenossen“ genannt.

J. J. Spalding’s Lebensbeschreibung von ihm selbst aufgesetzt und herausgegeben mit einem Zusatz von dessen Sohn G. L. S., Halle 1804. – Briefe von Herrn Spalding an Herrn Gleim, Frankfurt u. Leipzig 1771. – Petrich, Pommersche Lebens- und Landesbilder I, 237–270. – Lavater’s Aufenthalt bei S., ebenda, S. 324–334.