Zum Inhalt springen

ADB:Sporck, Johann Graf von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Sporck, Johann Graf von“ von Felix Stieve in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 264–267, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sporck,_Johann_Graf_von&oldid=- (Version vom 7. Dezember 2024, 06:36 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Spontini, Gasparo
Band 35 (1893), S. 264–267 (Quelle).
Johann von Sporck bei Wikisource
Johann von Sporck in der Wikipedia
Johann von Sporck in Wikidata
GND-Nummer 118752219
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|35|264|267|Sporck, Johann Graf von|Felix Stieve|ADB:Sporck, Johann Graf von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118752219}}    

Sporck: Johann, Graf v. S., wurde vermuthlich 1601 auf dem Sporckhofe, welchen sein Vater Franz († 1625) besaß, geboren. Der Hof gehörte zur Gemeinde Westerlohe im „Land Delbrück“, einem Theile des Fürstbisthums Paderborn, welcher manche Reste der alten Gauverfassung und einen wohlhabenden, selbstbewußten Bauernstand bewahrt hatte. Dessen Mitglieder schieden sich in Maier und Bauern. Von den „Stätten“ der letzteren kamen vier einem Maierhofe gleich. Auch der Sporckhof war eine Bauernstätte, und nichts berechtigt zu der Annahme, daß S. in besonders ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen sei. Wie alle Delbrücker [265] Bauern waren auch die Sporck Hörige der Bischöfe von Paderborn. Gleichwohl scheint die Familie seltsamerweise eine adelige gewesen zu sein. Es wird nämlich nicht nur Johann’s jüngerer Bruder Philipp, welcher auf dem Hofe blieb, in Urkunden aus den Jahren 1674 und 1685 „von Sporck“ genannt, sondern Johann selbst schrieb sich bereits 1640 so und heirathete schon 1639 ein Freifräulein aus altem Geschlechte, während es nicht wahrscheinlich ist, daß er vor oder bei Erlangung der Oberstenwürde, die er erst 1639 erhielt, oder etwa zum Zweck seiner Heirath geadelt worden sei. Vor allem aber ist es von Gewicht, daß das Patent, wodurch ihn Kaiser Ferdinand III. im J. 1647 zum Reichsfreiherrn erhob, eine vorausgegangene Adelung nicht erwähnt, dagegen ihm ein Herkommen aus vornehmem Stande zuschreibt und rühmt, daß er seine angeborene ritterliche Tapferkeit bewährt habe. Zu beachten ist endlich, daß auch seine beiden älteren Brüder Soldaten wurden und der eine von ihnen, als er 1620 in der Schlacht am Weißenberge fiel, bereits Rittmeister war, welche Stellung ein Nichtadeliger, dem die vorausgegangene Friedenszeit schwerlich viel Gelegenheit zu hervorragenden Thaten geboten hatte, gewiß nicht so rasch erlangt haben würde. Was über Johann’s Jugend berichtet wird, ist lediglich Sage. Seine Handschrift liegt bereits aus dem Jahre 1640 vor und deutet nicht auf Mangel an jedem Schulunterricht. Bezeugt ist, daß er lutherisch getauft wurde; vermuthlich zwang ihn jedoch die Gegenreformation des Bischofs Dietrich von Paderborn schon als Kind zum Katholicismus. Von den Anfängen seiner Soldatenlaufbahn gibt nur das oben erwähnte Patent zuverlässige Kunde. Danach begann er 1620 zu dienen, und zwar von der Muskete an, welcher Ausdruck allerdings nicht ausschließt, daß er sofort als Reiter eintrat, indeß in buchstäblicher Auffassung durch die wiederholte Angabe seines Waffengenossen Chavagnac, S. habe als Trommlerjunge begonnen, gestützt wird. Ob er von Anfang an und stetig im ligistischen Heere kämpfte, steht dahin. 1633 erscheint er als Rittmeister unter Johann v. Werth. Seit 1636 zeichnete er sich durch kühne Reiterthaten aus. 1639 wurde er, in Hessen stehend, zum Obersten ernannt und am 29. März 1640 dankte er dem Kurfürsten von Baiern, daß dieser ihm aufgetragen habe, zu seinen zwei Compagnien Arkebusiere noch fünf weitere zu werben, und ihm so ein Regiment verliehen habe. Die von Amberg in der Oberpfalz aus betriebenen Werbungen waren Ende Juli so weit gediehen, daß der Aufbruch zum Heere möglich erschien. Im October befand sich S. mit seinem Regiment bei jenem, und in der Folge that er sich häufig durch verwegene Streifzüge und Ueberfälle hervor, so insbesondere im November 1643 bei der Ueberrumpelung des französischen Heeres in und um Tuttlingen. Bei Jankau im März 1645 zeichnete er sich durch ungestüme Tapferkeit aus, wurde aber schwer verwundet und gerieth daher kurz nach der unglücklichen Schlacht zu Iglau in die Gefangenschaft der Schweden. Nach der Auslösung ernannte ihn der Kurfürst von Baiern zum Generalwachtmeister, und seit dem August 1646 war er wieder in alter Weise thätig. Nachdem aber Kurfürst Maximilian den Waffenstillstand von Ulm geschlossen hatte, betheiligte S. sich im Juli 1647 an dem Versuch Werth’s, das bairische Heer zum Kaiser überzuführen. Was ihn dazu bestimmte, ist bis jetzt ebensowenig aufgeklärt wie die Beweggründe Werth’s, und wir kennen seine kirchlichen und politischen Anschauungen zu wenig, um eine Vermuthung wagen zu dürfen, ob jene oder bloß der Haß gegen die alten Feinde und Thatendurst oder unedlere Gründe das Unternehmen veranlaßten, welches den Anschauungen von soldatischer Ehre und Treue so sehr widersprach, daß es völlig mißlang und die Anstifter sich dem Unwillen ihrer Officiere und Reiter nur mühsam durch eilige Flucht entziehen konnten, ja daß sogar im kaiserlichen Heere manche Bedenken zeigten, neben den „Verräthern“ zu dienen. Der Kurfürst ächtete S. [266] wie Werth und ließ seinen Besitz einziehen oder verwüsten. Kaiser Ferdinand III. dagegen zeichnete ihn wie jenen persönlich aus, ernannte ihn zum Feldmarschalllieutenant, schenkte ihm die Herrschaft Lissa und verlieh ihm unter dem 12. October 1647 die erbliche Würde eines Reichsfreiherrn. S. kämpfte darauf alsbald gegen die Schweden in Böhmen und 1648 gegen Schweden und Franzosen in Baiern. Die folgenden Friedensjahre widmete er der Bewirthschaftung und Vergrößerung seines Gutsbesitzes. 1657–1660 leistete er wieder im schwedisch-polnischen Kriege, meist als Führer der Vorhut, durch Schnelligkeit der Bewegungen und bald kühne, bald listige Angriffe treffliche Dienste bei den Unternehmungen in Polen, Preußen, Schleswig, Jütland und Pommern. 1661 nahm er an dem kläglichen Zuge gegen die Türken nach Siebenbürgen Theil, ohne Gelegenheit zu Thaten zu finden. Um so ausgiebiger konnte er sich 1663 gegenüber den in Ungarn eingedrungenen Türken als Meister im kleinen Kriege bewähren, und nach einer Reihe ähnlicher Leistungen führte er 1664 am 1. August in der Schlacht bei S. Gotthard jenen wuchtigen Reiterangriff aus, welcher den glänzenden Sieg des Christenheeres entschied und ihm selbst dauernden Ruhm sicherte. Kaiser Leopold I. belohnte ihn am 23. August 1664 durch das Generalat über die gesammte Reiterei und durch den erblichen Reichsgrafenstand. Nach sechs Jahren der Ruhe wurde er dann auch zum Feldmarschall ernannt und zum ersten Male an die Spitze eines Heeres gestellt, um einen von ungarischen Magnaten vorbereiteten Aufstand zu unterdrücken. Seinem raschen und entschiedenen Vorgehen gelang das ohne ernste Kämpfe. Als er dagegen 1672 aufs neue nach Ungarn gesandt wurde, um die Banden zu beseitigen, welche sich gegen die kirchliche und politische Gewaltherrschaft der kaiserlichen Regierung erhoben hatten, glückte es ihm trotz manchen Erfolgen und blutiger Strenge nicht, seine Aufgabe zu lösen, da immer neue Schaaren sich bildeten. Im Sommer 1673 wurde er zu dem Heere abberufen, welches Montecuccoli Ende August gegen Turenne führte, und er befehligte die Vorhut bei dem kühnen Zuge, wodurch jener diesen umging und sich den Weg zum Rhein bahnte. Die Schnelligkeit, womit S. vorwärts eilte, trug wesentlich zum Gelingen des Unternehmens bei. Während der Belagerung von Bonn wies er dann einen den Entsatz der Stadt bezweckenden Vorstoß der Franzosen zurück. Nach einem Winterlager in Westfalen, von wo aus er seine Heimath besuchte, nahm er an dem Feldzuge von 1674 in Belgien unter de Souches Theil, wurde jedoch durch dessen Verhalten an nennenswerthen Thaten gehindert. Nach der Entfernung desselben wurde er im October zum Oberbefehlshaber des geringen Restes der im Lüttich’schen stehenden Kaiserlichen ernannt und nahm nun noch Dinant, Chimay und Huy, ehe er die Winterquartiere bezog. Im April 1675 rückte er aus diesen an den Oberrhein und vereinigte sich mit dem Heere Montecuccoli’s. Nun aber trat ein solcher Verfall seiner Geisteskräfte ein, daß der Oberfeldherr ihn Anfang Juni bewegen mußte, das Heer zu verlassen. Im Februar 1676 erhielt er dann seinen Abschied. Rasch überwältigte ihn darauf das Alter in geistiger und körperlicher Hinsicht völlig, und am 6. August 1679 starb er auf seinem Schlosse Hermanmester in Böhmen. – Der schon erwähnte General Chavagnac, welcher unter und mit ihm diente, urtheilt über ihn: „Man darf ihn unbedenklich für den geschicktesten leichten Reiter Europa’s halten, aber er war ebenso unfähig, ein Fähnchen zu Fuß zu verwenden, wie er sich darauf verstand, 20 000 Pferde nach Laune zu führen.“ Seine Reiter hingen an ihm mit unbeschränktem Vertrauen und begeisterter Liebe. Ueberhaupt aber war er eine volksthümliche Persönlichkeit, wie die Menge von Geschichtchen, welche von ihm erzählt werden, beweisen. Diese dürften indeß wie insgesammt so namentlich da, wo sie plumpe Derbheiten berichten, mit großer Vorsicht aufzunehmen sein, denn seine Bildnisse [267] zeigen einen so feinen und geistvollen Kopf, daß ihm wohl nur jene mit Humor und Ironie gepaarte Derbheit eigen gewesen sein mag, welche der Ausfluß eines geraden und freien Sinnes ist oder zielbewußt angewandt wird, um Umschweife zu ersparen und Volksthümlichkeit zu erringen. Klug und berechnend zeigte sich S. auch, indem er durch Schenkungen des Kaisers, Kriegsbeute und gute Wirthschaft in Böhmen einen gewaltigen Grundbesitz und ein sehr großes Vermögen zusammenbrachte. Letzteres schätzte man bei seinem Tode auf 3 Millionen, das Einkommen aus ersterem auf 50 000 Thaler. – 1639 hatte er sich, wie erwähnt, mit dem Freifräulein Anna Margaretha v. Linsingen, welche ihm zwei Güter in Niederhessen zubrachte, vermählt. Dieselbe starb wie ihr einziges Kind, eine Tochter, 1657, und ihre Güter kamen aus Sporck’s Besitz. Drei Jahre später verheirathete er sich aufs neue mit dem mecklenburgischen Freifräulein Eleonore Marie Katharine v. Fineck, welches er im schwedischen Feldzuge kennen gelernt hatte. Mit dieser Frau erzeugte er zwei Söhne und zwei Töchter. Von den Söhnen machte sich der ältere, Franz Anton († 1738), als Herausgeber von Erbauungsschriften und als Kunstfreund, sowie durch milde Stiftungen einen Namen; der jüngere pflanzte die Familie fort. S. hatte auch die Söhne seines Bruders Philipp nach Oesterreich gezogen, sie mit Gütern ausgestattet und ihnen den Freiherrntitel verschafft; dieselben hinterließen nur Töchter.

G. J. Rosenkranz, Graf Johann v. Sporck, Paderborn 1854. – Mémoires de Gaspard comte de Chavagnac, Amsterdam 1700. – Mittheilungen des Herrn Grafen Eduard v. Sporck in Prag aus dem Familienarchive. – Acten des Reichsarchivs zu München. Minder wichtige Litteratur und ein Verzeichniß der Güter Sporcks s. b. Wurzbach, Lexikon XXXVI, 232 und 238.