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ADB:Werth, Johann von

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Artikel „Werth, Johann Graf von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 103–111, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Werth,_Johann_von&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 02:45 Uhr UTC)
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Werth: Johann Graf v. W., kurfürstlich bairischer und k. k. österreichischer General der Cavallerie, wurde im letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts zu Büttgen im jetzigen Kreise Neuß des damaligen Herzogthums Jülich geboren. Seine Eltern waren einfache Landleute, wenn auch der Vater aus einem ostfriesischen Adelsgeschlechte hervorgegangen sein soll und die Mutter eine geborene v. Streithagen war. Der Sohn wuchs ohne Unterricht[WS 1] auf und soll sogar „der ersten Anfangsprima unkundig“ gewesen sein. Seine Heimath war einer der Schauplätze, auf denen die damaligen spanisch-niederländischen Kämpfe ausgefochten wurden und eine der Hauptwerbestellen für die mit dem Namen Wallonen bezeichnete spanische Reitertruppe. In diese trat „als ein richtiger Soldat von Fortun“, wie er mit Stolz später selbst sich nannte, Johann v. W., indem er als gemeiner Reiter unter Spinola Dienste nahm. Am 22. Januar 1622 ward er nach der Einnahme von Jülich zum Lieutenant befördert, bald nachher wurde er Rittmeister, doch wird sein Name in der Geschichte jenes Zeitabschnitts des dreißigjährigen Krieges nicht eher genannt als bis W. im J. 1630 in den Diensten des Kurfürsten von Baiern als Oberstwachtmeister im Regimente Eynatten erscheint. Siebenzehn Jahre lang hat er alsdann Maximilian I. und der katholischen Sache, der er, so wenig sie damals den wahren Gegenstand des Kampfes bildete, von ganzem Herzen ergeben war, treu gedient und sich den Ruf eines hervorragenden Reiterführers erworben. Daß seine Leistungen bald [104] Anerkennung fanden, beweist seine Ende 1632 geschehene Ernennung zum Titularobersten, welcher zu Anfang des nächsten Jahres die Bestallung als wirklicher Oberst zu Roß folgte. Schon bei Nürnberg war er hervorgetreten, dann hatte er eine Heeresabtheilung in der Oberpfalz befehligt, hatte eine schwedische Reiterabtheilung, welche von der Donau zu Horn an den Rhein zog, überfallen und derart zugerichtet, daß nur acht Mann entkommen sein sollen, hatte im December den Grafen Hohenlohe bei Herrieden geschlagen und darauf, am 17. d. M., zwischen Nürnberg und Ansbach drei feindliche Regimenter zur Uebergabe genöthigt, in den ersten Tagen des Januar 1633 zwischen Kalenberg und Rothenburg einen großen Wagenzug mit Lebensmitteln erbeutet und die Bedeckung gefangen genommen. – Gleich darauf wurde ihm ein größerer Wirkungskreis angewiesen. Am 31. Januar ward ihm das Münch’sche Kürassier-Regiment conferirt und er „in der oberen Pfalz vandt Stüfft Aichstett für einen Commandanten angestellet“. Gegen diese Landestheile war Bernhard von Weimar, um sich mit Horn zu vereinigen, im Anmarsche aus Franken nach der Donau begriffen, der Vorhut des ersteren brachte W. am 3. März bei Pretzfeld eine empfindliche Niederlage bei, welche ihren Führer Bulach, obgleich Werth’s Anschlag, diesen in Ebermannstadt zu überfallen, fehlgeschlagen war, veranlaßte in das Bambergische zurückzukehren. Im März rückte Herzog Bernhard selbst heran. In der Nacht zum 3. April erschien W. vor dessen Quartier zu Herrieden, erbeutete 500 Pferde, zog sich darauf vor dem überlegenen Feinde nach Ornbau zurück, hielt den Feind hier, nachdem er selbst in 48 Stunden 120 km zurückgelegt hatte, durch ein hartnäckiges Gefecht drei Stunden lang an der Altmühl fest und zog sich dann unverfolgt zurück. Die Vereinigung der gegnerischen Heerestheile hatte er nicht hindern können, sie vollzog sich bei Donauwörth. Werth’s nächste Aufgabe war nun München zu decken. Daneben aber benutzt er jede sich ihm bietende Gelegenheit den Schweden Abbruch zu thun. Wiederum in einer Nacht, dieses Mal in der zum 4. October, überfällt er ein Reitercorps unter dem Generalmajor Sperreuter in den Quartieren zu Mering, Kaufering und Friedeiching, schlägt am 11. die Reste desselben zwischen Gunzenhausen und Weißenburg aus dem Felde, hebt in der Nacht zum 21. den Oberst Taupadel, welcher Eichstädt vor dem auf dem Wege dahin begriffenen W. schützen wollte, mit seiner Mannschaft im Städtchen Spalt auf und nimmt am 26. Eichstädt durch Capitulation. Auch zur Einnahme von Neuburg durch Aldringen am 3. August hat er wacker mitgeholfen. Aber dem übermächtigen Feinde gegenüber konnte er den Fall von Regensburg am 5. November nicht abwenden und auch aus seinen Schanzen im Winkel zwischen Donau und Isar wurde er vertrieben, aber, sobald er einige Freiheit der Bewegung hatte, schlug er vier feindlichen Reiterregimentern in Amselfing, Geltolfing und Aiterhofen die Quartiere auf und selbst der früh eingetretene strenge Winter setzte seinen Unternehmungen kein Ziel. Freilich war er nicht immer glücklich und nur mit genauer Noth rettete er sich eines Tages, nachdem er sich vom Pferde geworfen, in die schneebedeckten Berge des Bairischen Waldes. Aber seiner Unternehmungslust thaten solche Widerwärtigkeiten keinen Abbruch. Während im folgenden Jahre 1634 bis zum Ende des Monats Juli das Hauptinteresse der Kriegführung sich um die Eroberung von Regensburg drehte, unternahm W. an der Spitze von bairischen und kaiserlichen Truppen zahlreiche Züge auf verschiedene Theile des Kriegsschauplatzes, die von der Wildheit und Zuchtlosigkeit seiner Truppen ein trauriges Zeugniß ablegen, sie spiegeln in einer erschreckenden Weise die ganze Rohheit der Zeit und die Vernachlässigung der Mannszucht durch die Führer wider. Dann gab der Tag von Nördlingen, der 6. Septbr., W. zum ersten Male Gelegenheit Befähigung als Reiterführer in der Schlacht zu bethätigen, seinen ungestümen Angriffen auf den feindlichen linken Flügel war [105] vornehmlich der Sieg zu danken. Sein Verdienst anerkennend, verlieh der Kaiser ihm den Reichsfreiherrnstand. Der Kurfürst ernannte ihn zum Feldmarschalllieutenant und gab ihm ein zweites Regiment, das erledigte Gamis’sche, welches W. mit dem seinigen zu einem Dragonerregimente verschmolz; er hatte eingesehen, daß die Cavallerie, um zu Unternehmungen, wie er sie ausführte, geschickt zu sein, eine Feuerwaffe haben müsse; indem er ihr diese in Gestalt einer Muskete gab, schuf er sich eine Truppe, welche in gleicher Weise für alle Art cavalleristischer Verwendung geeignet war, wie die Neuzeit es von der gesammten Reiterei verlangt. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß W. auf diesem Wege bahnbrechend vorgegangen sei, es hatte vielmehr die Schußwaffe bereits vielfach bei der Cavallerie Eingang gefunden. Zunächst aber war er in unablässiger Verfolgung hinter dem geschlagenen Feinde her. Unter einer Reihe von Kämpfen gelangte er an den Rhein, im Januar 1635 überschritt er diesen auf einer Eisdecke und besetzte Speier. Auf dem linken Ufer des Stromes stand er dort in diesem Jahre mit dem vertriebenen Herzoge Karl von Lothringen, der sein verlorenes Land zurückgewinnen wollte, den Franzosen gegenüber und weit in das feindliche Gebiet dehnte er, Schrecken verbreitend und reiche Beute, worunter Lebensmittel den wichtigsten Bestandtheil bildeten, zurückbringend, seine Streifzüge aus. Verpflegungsrücksichten nöthigten jedoch am Ende des Jahres das Heer zum Rückzuge, worauf W. im Elsaß Winterquartiere bezog. Aber nur für kurze Zeit. Dann zog er in das Luxemburgische, vereinigte sich mit Piccolomini und versuchte mit diesem vergeblich sich der Stadt Lüttich zu bemächtigen, Ende Juni 1636 mußten sie abziehen.

Inzwischen war ein Plan gereift, dessen Ausführung den hellsten Glanz auf seine Erscheinung geworfen und das Andenken an Werth’s Namen bis auf den heutigen Tag in Frankreich bekannt gemacht hat. Im Volksliede spielt noch gegenwärtig Jean de Wert eine Rolle „qui fit pleurer le Roy de France“ und „a fait trembler le cardinal“ (Richelieu); das Lied beginnt mit den Worten „Petits enfants, qui pleurera?“ und dient dazu unartige Kinder zur Ruhe zu bringen. Der Plan zielte darauf hin, den Schauplatz des Krieges in das Herz von Frankreich zu verlegen, den König in seiner Hauptstadt heimzusuchen. Ohne Zuthun des Kurfürsten, aber nicht gegen den Willen desselben, ging W. auf das Vorhaben ein. Seine Stellung war durch die für „des römischen Kaisers Majestät und des heiligen römischen Reiches Kriegsheer“ nach Abschluß des Prager Friedens vom Jahre 1635 getroffenen Anordnungen, auf welche wir zurückzukommen haben, eine andere geworden, als sie früher gewesen. Im Juli 1636 brach er mit den ihm unterstellten elf Regimentern aus dem Hochstifte Lüttich auf, vereinigte auf dem rechten Maasufer seine Truppen mit denen des Cardinalinfanten, Prinz Thomas von Savoyen, und Piccolomini’s, überschritt bei Dinant den Fluß und bildete nun die Vorhut des auf 20 000 Reiter und 12 000 Mann zu Fuß geschätzten kaiserlichen Heeres, welches sich in die Picardie ergoß. Zunächst nahm er seinen Weg in das gangbare, gerade auf Paris zuführende Thal der Oise, am 10. August fiel das feste La Chapelle, ein Theil des Heeres rückte alsdann auf Guise, ein Theil auf Vitry und Werth’s Reiter breiteten sich über das Land bis zur Somme aus. Die Haltung Guebriant’s, welcher zu Guise den Oberbefehl führte, verlegte dem Cardinalinfanten den Weg durch das Oisethal und bewog ihn, sich gegen die Somme zu wenden. Auch diese wurde, nachdem Catelet gefallen war, überschritten, die wilden Reiter trugen Furcht und Schrecken bis unter die Mauern von Compiegne, die Städte Roye und Montdidier brachten ihnen ihre Schlüssel entgegen; W. vermaß sich binnen kurzem den Doppeladler vor dem Louvre aufzupflanzen und legte seine Absicht, in Paris einzureiten, mit warmen Worten dem Cardinalinfanten vor, [106] aber dieser, in seinem Zaudergeiste durch Piccolomini bestärkt, wollte bedächtiger vorgehen und sich zunächst eines festen Punktes in der Somme, als Rückhalt für weitere Unternehmungen, versichern. Er wählte Corbie und schickte sich an, die Stadt zu belagern. Werth’s Reiter setzten inzwischen ihre Züge in dem Lande zwischen Oise und Somme fort, sie vernichteten in mehreren Gefechten die einzelnen ihnen entgegentretenden feindlichen Abtheilungen und streiften bis nach Saint-Denis. Soyecourt, der Commandant von Corbie, beeilte sich am 15. August die Stadt zu übergeben, aber der richtige Augenblick, um Werth’s kühnen Plan ins Werk zu sehen, war bereits versäumt. König Ludwig XIII. und sein Rathgeber, der Cardinal Richelieu, hatten sich rasch ermannt, das ganze Land stand auf, alle Kreise des Volkes drängten sich zu den Waffen, boten Männer und Geld und schon in den letzten Tagen des August standen 50 000 Streiter bei Compiegne, bereit die frechen Eindringlinge aus Frankreichs Grenzen zu vertreiben. Unter diesen Verhältnissen entschloß der Cardinalinfant sich zu freiwilligem Rückzuge, der unbehelligt von statten ging. W. befand sich jetzt bei der Nachhut, aber er begnügte sich nicht damit den Rückzug zu sichern; wo er nur konnte, fügte er dem Feinde Schaden zu. Am 28. September schlug er nächtlicherweile dem Obersten Degenfeld bei Montigny zwischen Doulens und Corbie die Quartiere auf, dann versah er das belagerte Corbie, welches die Spanier erst am 14. November übergaben, mit Vorräthen.

W. bezog nun Winterquartiere im Lütticher Lande. Die Freude an dem Ruhme seiner Thaten hatte den Unmuth, welchen der Kurfürst über seine Eigenmächtigkeit empfand, beseitigt und der Cardinalinfant bat um die Belassung der kaiserlichen Truppen bei seinem Heere. Daher blieb W. ihm unterstellt. Aber die Ruhe dauerte nicht lange, alsbald erhielt er die Weisung, nach dem Hessischen aufzubrechen, um zu Götz zu stoßen. In Köln machte er Rast. Da ward ihm die Kunde, daß hessische Völker unter Melander im Anzuge seien, um die noch von den Franzosen behauptete, aber von kaiserlichen Völkern hart bedrängte Feste Hermannstein (jetzt Ehrenbreitstein) zu entsetzen und den Belagerten Lebensmittel zuzuführen. Diesen Plan zu vereiteln, brach W. am 28. Januar 1637 von Köln auf, griff Melander, der schon unter den Mauern des Hermannsteins angelangt war, am 30. gegen Tagesanbruch an, zersprengte die Bedeckung, nahm ihre Wagen und machte sich dann selbst an das Werk, die Feste zu belagern. Es dauerte lange bis er zum Ziele kam, in der Zwischenzeit streifte er im Lande umher und soll sogar zu einem Kriegsrathe in Wien gewesen sein. Erst am 28. Juni capitulirte der Commandant, dann schickte W. sich an, das von Ramsay vertheidigte Hanau zu nehmen, aber ehe er ernstliche Anstalten dazu treffen konnte, entsandte ihn der Kurfürst schon Mitte Juli an den Oberrhein, welchen Bernhard von Weimar vom Elsaß aus zu überschreiten drohte. Zu diesem Zwecke hatte dieser sich beim Dorfe Wittenweier, in der Nähe des Fleckens Rheinau zwischen Straßburg und Breisach gelegen, einen festen Uebergang geschaffen, um dessen Besitz sich nun eine Reihe von erbitterten Kämpfen entspann, in deren einem W. durch eine ihm in den Hals gedrungene Pistolenkugel verwundet wurde und die am 2. November mit der Einnahme der von den Weimaranern und den Franzosen errichteten Schanzen endeten. W. führte nun seine Truppen nach Schwaben in die Winterquartiere, er selbst begab sich nach München und Augsburg um seine Wunde heilen zu lassen. Aber schon Anfang 1638 wurde er dabei gestört. Herzog Bernhard von Weimar, den seine im Jura bezogenen Unterkünfte nicht ernähren konnten, machte sich auf, um in den Oesterreich unterthänigen Waldstätten der Schweiz einen besseren Aufenthalt zu erlangen; unterwegs belagerte er Laufenburg, um sich der dortigen festen Rheinbrücke zu bemächtigen, Für deren ausreichende Sicherung W. schon im Herbste [107] eingetreten war. Er selbst und Savelli brachen sofort aus ihren entlegenen Winterquartieren auf, am 28. Februar begegneten sich die Heere und es kam zum ersten Treffen von Rheinfelden, welches zum Nachtheile der Weimaraner ausfiel. Aber die Sieger beuteten ihren Erfolg nicht aus, sie überließen sich der Ruhe, wurden am 3. März von ihren Gegnern überraschend von neuem angegriffen, entscheidend geschlagen und in alle Himmelsgegenden zersprengt; fast sämmtliche höhere Führer, soweit sie nicht gefallen waren, geriethen in Gefangenschaft, unter ihnen W., welcher sich dem Grafen von Nassau in der Person von dessen Kapitänlieutenant ergeben hatte. Vergebens suchte Götz ihn zu befreien, als man ihn zunächst nach Benfeld brachte. Der Streich mißlang. Es handelte sich nun darum, wo er ferner verwahrt werden sollte. W. betrachtete sich als den Gefangenen des Herzogs von Weimar und rechnete darauf, daß dieser ihn alsbald gegen den bei Nördlingen in Gefangenschaft gerathenen schwedischen Feldmarschall Horn auswechseln würde, aber der Herzog mußte dem Drängen des Kardinals Richelieu nachgeben, welcher begreiflicherweise den lebhaften Wunsch hegte, den gefürchteten Jean de W. in französischen Gewahrsam zu bringen. Diesen, der sich kräftig dagegen sträubte, daß die Pariser ihn begaffen sollten, beschwichtigte der Herzog, indem er ihm versicherte, daß er sein Gefangener bleiben, daß er als General gehalten und daß auf seine baldige Auswechslung Bedacht genommen werden solle. Die Verwirklichung des letzteren Versprechens ließ lange auf sich warten, in Beziehung auf die ihm zugesagte Behandlung wurden Werth’s Erwartungen weit übertroffen. Schon seine Reise nach Vincennes gestaltete sich zu einem Triumphzuge, von Nah und Fern strömte die Bevölkerung herbei, um den berühmten Krieger zu sehen, den sie voll Staunen und Ehrfurcht begrüßten, auf Befehl des Königs wurde dieser überall mit großer Auszeichnung empfangen und glänzend bewirthet. Die Zeit, die er sodann am Hoflager Ludwig’s XIII. verlebte, waren Jahre frohen Lebensgenusses, die vornehme Welt zog ihn mit fast zudringlichem Eifer in ihre Kreise, edele und hochgebildete Frauen, wie die mannigfach zu diplomatischen Sendungen gebrauchte Gemahlin des Marschalls Guebriant und die classisch gebildete Gattin von Hugo Grotius, der damals Schweden am französischen Hofe vertrat, suchten seine Gesellschaft, sogar sein Trinken und sein Tabakrauchen wurden bewundert und frei durfte er sich bewegen, nur sein Ehrenwort fesselte ihn. Trotzdem begrüßte er freudig die Stunde der Befreiung aus goldener Knechtschaft, als sie endlich schlug. Herzog Bernhard war inzwischen gestorben, ohne daß er sein W. gegebenes Versprechen hatte ausführen können; als letzterer im Januar 1641 schon nach Nancy gebracht war, um gegen Horn ausgewechselt zu werden, starb Baner und die kaiserliche Heeresleitung hielt nicht für rathsam, dem Feinde einen Ersatz in der Person von Horn zur Verfügung zu stellen, so daß die Auswechslung erst am 24. März 1642 bei Dümlingen unweit Lohr vor sich ging, wohin W. von seinem letzten Aufenthaltsorte Breisach gebracht wurde. Für diesen, mit welchem gleichzeitig in Stettin zwei höhere österreichische Offiziere in Freiheit gesetzt wurden, zahlte der Kaiser außerdem eine bedeutende Geldsumme.

W. eilte nun über München nach Wien, um, nachdem er am 31. Mai vom Kaiser und vom Kurfürsten zum General über die Cavallerie mit einem Monatsgehalte von 1200 Gulden ernannt worden war, wieder auf dem Kriegsschauplatze zu erscheinen. Es geschah am Niederrheine auf dem linken Ufer des Stromes, wo Hatzfeld und Wahl den Franzosen und Weimaranern unter Guebriant gegenüber standen. Am 5. August stellte ihn im Lager von Zons bei Köln der Erzbischof, ein Bruder des Kurfürsten Maximilian I., als kaiserlichen, kurbairischen und kurkölnischen Generallieutenant der Cavallerie vor. Der Rest des Jahres verlief ohne daß entscheidende Schläge geführt wären, jeder Theil [108] suchte in der ausgehungerten Gegend sich zu halten, so lange es ging und nur Streifzüge, welche im Interesse der Verpflegung unternommen wurden, führten zu kriegerischen Zusammenstößen, die zu Gunsten bald der einen, bald der anderen Partei ausfielen. Am 26. September entging W. bei einem solchen in der Nähe von Lindberg mit genauer Noth einer neuen Gefangenschaft. Die Erschöpfung des Landes nöthigte endlich Guebriant zum Abzuge. Er wandte sich nach dem südwestlichen Deutschland, wohin Ende October seine Gegner ihm folgten. Winterquartiere gab es zunächst noch nicht. Am 31. Januar 1643 versuchte W. dem Feinde zwischen Hoppach und Schorndorf die Quartiere aufzuschlagen, aber der Plan ging fehl; um sich zu retten, durchschwamm er mit seinen Reitern die eisigen Fluthen der Rems; dann zog Guebriant sich aus dem Württembergischen gegen den Rhein zurück, wobei W. ihm möglichsten Abbruch that. Jetzt erst trat einige Ruhe ein. W. widerfuhr damals eine herbe Kränkung. Als es sich um die Besetzung der Stelle eines Oberbefehlshabers der bairischen Truppen handelte, wurde ihm am 31. Mai Mercy, ein Jüngerer, vorgezogen. Der größte Theil des Jahres verstrich unter Hin- und Herziehen ohne Kämpfe von bedeutendem Umfange und größerer Tragweite, das Ende des Feldzuges aber ward durch eine empfindliche Niederlage bezeichnet, welche die französisch-weimarischen Truppen, während ihr Höchstkommandirender, der Marschall Guebriant, zu Rotweil auf dem Todtenbette lag, am 24. November bei Tuttlingen erlitten. Es war ein Ueberfall im großen Stile, um das Gelingen hatte W. das Hauptverdienst. Im Mai des Jahres 1644 finden wir ihn in Köln, ohne zu wissen, was ihn dahin geführt hat, ob es eine Sendung aus Anlaß der Sitzungen des westfälischen Kreistages, ob es Werbeangelegenheiten gewesen sind oder ob er seine Besitzungen im Jülicher Lande hat besuchen wollen. Bei dieser Gelegenheit veranstaltete Graf Geleen, dem die Truppen jenes Kreises unterstellt waren, ein großs Gelage, bei welchem W. den kaiserlichen Oberst Grafen de Merode erstach, als sie in der Trunkenheit einen Ehrenhandel ausfochten. Bald aber erprobte er sein Schwert auf einem würdigeren Kampfplatze. Am 24. Juli war Freiburg in bairischen Besitz übergegangen. Turenne und der Herzog von Enghien, bekannter unter dem Namen der große Condé, nahten mit starker Macht, um die verlorene Stadt wiederzugewinnen, zu deren Schutze Mercy eine starke Stellung genommen hatte. An zwei blutigen Schlachttagen, dem 3. und dem 5. August, ward er in derselben angegriffen, aber beide Male wies er seine Gegner zurück, namentlich bei der Entscheidung am zweiten Tage wirkte W., der seine Reiter absitzen und zu Fuß kämpfen ließ, hervorragend mit. Als dann Mercy sein Heer über den Schwarzwald nach Villingen zurückführte, deckte W. die Bewegung; in den letzten Monaten des Jahres befand er sich am Mittelrhein, wo er durch Ueberraschung der Gegner Mannheim und Höchst einnahm.

Im J. 1645 begegnen wir ihm auf einem neuen Kriegsschauplatze, auf dem böhmischen. Mit 3000 Mann hatte der Kurfürst ihn dorthin zu Götz gesandt und mit diesem theilte er die Niederlage, welche am 6. März Torstenson bei Jankau ihnen beibrachte. Werth’s stürmischer Kühnheit und einem Irrthume, den er bei der Besetzung einer Anhöhe begangen haben sollte, maß einer der geschlagenen Generale, Hatzfeld, die Hauptschuld an dem Mißgeschicke bei, welches auch W. genöthigt hatte sein Heil in eiliger Flucht zu suchen. Anfang April war er wieder bei Mercy in Schwäbisch-Hall und am 5. Mai half er diesem bei Herbsthausen unweit Mergentheim Turenne schlagen; er befehligte hier zuerst den linken Flügel; als dieser seine Aufgabe erfüllt hatte, eilte er mit seiner Reiterei nach dem rechten und trug auch dort zu siegreichem Ausgange bei; über den Main bis weit nach Hessen hinein folgte er dem geschlagenen Feinde. Condé’s Erscheinen mit einem neuen Heere bewog Mercy nach Württemberg zurückzukehren. [109] Beim Dorfe Allerheim in der Nähe von Nördlingen nahm er eine feste Stellung. In dieser griff Condé ihn am 1. August an. In fruchtlosem Ringen um den Besitz der von Mercy besetzten Oertlichkeiten schien der Feind seine Kräfte zu erschöpfen, da brach W., welcher auf dem linken Flügel befehligte, hervor, warf über den Haufen was ihm gegenüberstand und verfolgte die Fliehenden zwei Stunden weit, dann kehrte er um, sah sich aber in der Meinung, daß der rechte Flügel ebenfalls gesiegt habe, getäuscht, und fand eine ganz andere Lage der Dinge vor als er gedacht hatte. Die Schlacht war verloren und W. mußte sich sagen, daß, wenn er seine Truppen anders verwandt hätte, die bairischen Waffen wiederum, wie bei Herbsthausen, mit Lorbeer geschmückt worden wären. Mercy war gefallen und am folgenden Tage führte W. das geschlagene Heer an die Donau zurück. Zum zweiten Male mußte er jetzt erleben, daß nicht er, sondern wiederum ein jüngerer General an die Spitze des bairischen Heeres gestellt wurde. Am 25. September wurde Geleen zum Feldmarschall ernannt. Die Geschehnisse von Allerheim werden den Kurfürsten in der Ansicht bestärkt haben, daß W. kein Feldherr sei, auch war er selbst seit längerer Zeit in Unterhandlungen mit Frankreich getreten, welche voraussichtlich seine Sache von der des Kaisers trennen würden, weshalb er den Wunsch hatte, an der Spitze seiner Truppen einen Mann zu sehen, der ihm mehr ergeben sei als dem Kaiser und dies bezweifelte er bei W. mit Recht. Trotz ihres Erfolges sahen sich die Franzosen bald darauf genöthigt, über den Rhein zurückzugehen, ihre Gegner hefteten sich an ihre Fersen und W. gab dabei neue Proben seiner kriegerischen Begabung; wäre Erzherzog Leopold Wilhelm auf seinen Vorschlag, sich dem abziehenden Feinde vorzulegen, eingegangen, so würden wol wenige Feinde das andere Ufer des Stromes erreicht haben. Die Ermattung beider Parteien, verbunden mit dem Einflusse, welchen die bairischen Unterhandlungen auf die Kriegführung äußerten, stempelten die letztere im J. 1646 zu einer schleppenden; W. befand sich bald hie bald da im deutschen Reiche, immer thätig und unternehmend, aber ohne daß er durch besondere Thaten hervorgetreten wäre.

Das nächste Jahr brachte in seinem ganzen Lebensgange einen vollständigen Wechsel, einen grundlegenden Umschwung, hervor. Am 14. März 1647 schloß Kurfürst Maximilian zu Ulm für Baiern und Kurköln mit den Kronen Frankreich und Schweden Waffenstillstand. Das getroffene Abkommen bedeutete freilich kein Bündniß mit den bisherigen Gegnern, aber es schuf eine den kaiserlichen Interessen höchst nachtheilige Neutralität und versetzte die bairischen Generale in eine sehr peinliche Lage. Sie hatten seit Abschluß des Prager Friedens einen besonderen Generalseid zu leisten, in welchem die bairische Armada als ein dem Kurfürsten vom Kaiser anvertrautes Reichscorps bezeichnet wurde und waren nicht nur dem Kurfürsten sondern auch dem Kaiser verpflichtet, während die übrigen Officiere und die Soldaten nur dem ersteren schwuren. Der Kaiser aber betrachtete die von den Generalen befehligten Truppen als Reichsvölker und sich selbst als ihren Kriegsherrn. W. schwankte, es war ihm nicht klar, auf welche Seite er zu treten habe, aber die Dankbarkeit gegen den Kaiser, der ihn aus der Kriegsgefangenschaft befreit hatte, seine Anhänglichkeit an die Sache, der er sein Lebelang gedient hatte, und an die katholische Kirche, deren Interessen er für gefährdet hielt, überwogen, zumal jesuitische Einflüsse sich zu Gunsten der letzteren bei ihm geltend machten und seine Bildung ihn nicht befähigte, die in Betracht kommenden rechtlichen Fragen nach Gebühr zu würdigen. Maximilian berief ihn nach München, um durch mündliche Unterredungen sich seiner zu versichern. Kaiser Ferdinand wies ihn an, sich von dem Kurfürsten loszusagen und die ihm unterstellten Völker mit den kaiserlichen zu vereinen. W. gehorchte dem Befehle und machte den Versuch, die bairischen Regimenter über die Grenze [110] zu führen, aber diese weigerten sich, dem Gebote nachzukommen, sie kündigten ihm den Gehorsam auf und W., den der Kurfürst geächtet und auf dessen Kopf er einen Tallia von 10 000 Thalern gesetzt hatte, mußte fliehen. Am 10. Juli warf er sich, nur vom Generalwachtmeister Spork und einigen Dienern begleitet, zu Villingen, wohin er die Truppen beordert hatte, auf das Pferd und brachte sich nach Böhmen in Sicherheit. Kaiser Ferdinand empfing ihn gütig und freundlich. Er hob die Achtserklärung auf, stellte ihn persönlich in feierlicher Musterung dem Heere als General der Cavallerie vor und verlieh ihm die Grafenwürde. Um ihn für die Verluste an seinen Gütern, die der Kurfürst, soweit er sie erreichen konnte, verwüstet und beschlagnahmt hatte, zu entschädigen, schenkte er ihm die Herrschaft Benatek, an der Iser bei Jungbunzlau belegen, auf der einst Tycho de Brahe gelebt hatte, und suchte ihn vor der Welt durch Schreiben zu rechtfertigen, die er an den Kurfürsten und an dessen Officiere richtete. Den Letzteren umzustimmen, gelang ihm nicht. Auch nachdem am 7. September die Festsetzungen des Ulmer Vertrages rückgängig gemacht waren und die bairischen Truppen sich von neuem mit den kaiserlichen vereinigt hatten, blieb er W. höchst ungnädig gesinnt; es hatte dazu beigetragen, daß Werth’s Gegner ihm vorgespiegelt, dieser habe sich Maximilian’s und seiner Räthe bemächtigen und sie dem Kaiser überliefern wollen.

Schon vorher aber hatte W. unter Melander von Holzappel, welcher jetzt den Oberbefehl des kaiserlichen Heeres führte, in Böhmen gegen die Schweden im Felde gestanden und in gewohnter Weise durch tapfere Thaten dem neuen Kriegsherrn seine Dankbarkeit kundgegeben. Anfang October verschwindet er vom Kriegsschauplatze, vermuthlich hatte der Einfluß des Kurfürsten seine Entfernung veranlaßt. Im Sommer 1648 erscheint er von neuem, die Schweden hatten ganz Baiern überschwemmt, der Kurfürst war nach Salzburg geflohen, in seiner Noth konnte er nichts dagegen einwenden, daß W. mit seinem alten Kriegsgefährten Ottavio Piccolomini herbeieilte, um seine Staaten zurückzuerobern. Wieder zeichnete W. sich durch die Ausführung einer Reihe von kühnen, theils fehlgeschlagenen, theils gelungenen Reiterstreichen aus, so durch die Störung eines Jagdvergnügens der höchsten feindlichen Anführer, die er am 6. October bei Feldmoching im Walde zwischen München und Dachau unternahm und die eine Anzahl der letzteren in seine Gewalt lieferte. Den Schlußact seines Kriegslebens bildet ein Angriff auf die schwedische Nachhut, den er am 13. October bei Rain machte; sehr wenig fehlte, daß hier eine Stückkugel, noch dazu von befreundeter Seite kommend, seinem Leben ein Ende gemacht hätte. Am 8. November erhielt er auf dem Wege nach Cham die Nachricht, daß endlich der Friede zu Stande gekommen sei. Er zog sich in die Stille des Landlebens nach Benatek zurück und ist dort schon am 16. Januar 1652 an einer hitzigen Krankheit gestorben. – W. war dreimal verheirathet, zuerst mit Gertrud von Genth, dann mit einer Gräfin Spaur und darauf, seit dem 3. Juli 1648, wo er zu Linz seine letzte Ehe einging, mit einer Gräfin Kufstein; es überlebten ihn eine Tochter Irmgardis, durch welche sein Stamm in dem Geschlechte der Freiherren Raitz von Frentz am Niederrheine fortblüht, und ein nachgeborener Sohn, der unvermählt gestorben ist. Außer der Herrschaft Benatek besaß er eine Reihe von anderen Gütern: Bodenstein bei Waldsachsen in der Oberpfalz, welches ihm 1638 geschenkt, Burain bei Bruchsal und eins im Rheingau, mit dem er schon früher belehnt war, und Odenkirchen nebst einem prächtigen Schlosse im Jülicher Lande, die Freigebigkeit der Fürsten und die Beute seiner Kriegszüge hatten ihn zum reichen Manne gemacht. Die wenigen Bilder, welche von ihm vorhanden sind, zeigen einen starkentwickelten Schädel mit dichtem wolligen Haupthaare und dunklem Schnurr- und Knebelbarte, eine gedrungene, kräftige Gestalt.

[111] Parnassus boicus II, 135. München 1722. – Rheinischer Antiquarius, III, 1, 100. Coblenz 1861. – J. Würdinger, Militär-Almanach für das Jahr 1858, S. 190, München. – F. Münich, Geschichte des Königlich Bairischen 1. Chevaulegers-Regiments, S. 195. München 1862. – Jahrbuch der militärischen Gesellschaft, München 1881/82 (Vortrag des Premierlieutenants Pfülf). München 1882. – Lebensbeschreibungen von F. W. Barthold (Johann von Werth im nächsten Zusammenhange mit der Zeitgeschichte), Berlin 1826; W. von Janko, Wien 1874; Fr. Teicher, Augsburg 1877.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Unterrricht