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ADB:Stegmann, Johann Gottlieb

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Artikel „Stegmann, Joh. Gottlieb“ von Georg Winter in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 562–563, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stegmann,_Johann_Gottlieb&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 17:55 Uhr UTC)
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Stegmann: Joh. Gottlieb St., mathematischer Physiker, ist am 16. Juni 1725 zu Hartum im Fürstenthum Minden geboren, wo sein Vater Geistlicher war. In den Anfangsgründen der Wissenschaft wurde er vom Vater unterrichtet, später wurde ihm ein Hauslehrer gehalten. Nach des Vaters Tode besuchte er von 1736–1740 das Gymnasium in Lübeck, dann die Waisenhausschule zu Halle, welche er 1743 verließ, um sich auf der dortigen Hochschule dem Studium der Philosophie, Mathematik und Physik zu widmen; außerdem hörte er in Halle und später in Jena auch theologische Vorlesungen. Nach Beendigung seiner akademischen Studien unternahm er eine längere wissenschaftliche Reise und war dann eine Zeit lang Hauslehrer in der Familie eines Postverwalters. Am 16. Juni 1750 erwarb er sich von der Universität zu Rinteln die philosophische Doctorwürde, nachdem er vorher eine Zeit lang daran gedacht hatte, sich dem geistlichen Stande zu widmen. Er begann jetzt Vorlesungen an der Universität zu halten, und zwar wandte er sich in ihnen wie in seinen sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten immer ausschließlicher der Experimentalphysik zu und leistete auf diesem Gebiete bald so Vortreffliches, daß er unter seinen Zeitgenossen eine sehr hervorragende Stellung einnahm. Schon ein Jahr nach seiner Promotion wurde er außerordentlicher, ein weiteres Jahr später ordentlicher Professor an der Universität Rinteln. Am fruchtbarsten und umfassendsten aber entfaltete sich seine Thätigkeit, nachdem er vom Landgrafen Wilhelm VIII. an das Collegium Carolinum nach Kassel berufen worden war. Dort hat er neben seiner Lehrthätigkeit eine sehr erfolgreiche experimentelle Wirksamkeit entfaltet und eine Reihe physikalischer, technischer und mathematischer Instrumente, theils selbst erfunden, theils für den praktischen Gebrauch verbessert, die sich alsbald in weiteren Kreisen einen vortheilhaften Ruf errangen und vielen Absatz fanden. Die Herstellung derselben wurde infolge dessen schließlich fast fabrikmäßig betrieben. Wir besitzen ein von ihm in Druck gegebenes umfangreiches Preisverzeichniß seiner physikalischen und mathematischen Instrumente, unter denen die von ihm selbst erfundenen oder wesentlich verbesserten mit einem Sternchen bezeichnet sind; darunter befinden sich ein Mikroscop zur Beobachtung von Wasserinsecten, ein Sonnenmikroscop, eine Handluftpumpe mit besonders zweckmäßiger Construction, eine Compressionsmaschine, eine Milchpumpe, ein Papinianischer Topf u. dgl. m. Ueber mehrere dieser Instrumente hat er dann eingehende Erläuterungen und Gebrauchsanweisungen drucken lassen, daneben aber auch auf theoretisch-physikalischem Gebiete eine rege, wenn auch minder eigentlich schöpferische Thätigkeit entfaltet, die sich dann auch auf die Grenzgebiete seiner Wissenschaft, ja selbst auf allgemeine philosophische Fragen erstreckte. Nicht ohne Interesse sind auch die historischen Abhandlungen, die er über die Verdienste mehrerer hessischer Landgrafen (Wilhelm’s IV., Karl’s, Moritz’s) um die philosophischen und mathematischen Wissenschaften verfaßt hat, da in ihnen zum ersten Male die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die bedeutende intensive und extensive Thätigkeit gelenkt wurde, welche namentlich die geistig hervorragenden Landgrafen Wilhelm IV. und Moritz der Gelehrte als selbstthätige Förderer und Gönner wissenschaftlicher Arbeit entfaltet haben. – Im Jahre 1786 wurde S. dann mit mehreren anderen Lehrern des Collegium Carolinum zugleich an die Universität Marburg berufen, wo er den Lehrstuhl für Logik, Metaphysik, Mathematik und Physik inne hatte; doch war zu dieser Zeit seine eigentliche Schaffenskraft [563] infolge einer langwierigen Krankheit, die ihn bald nach seiner Uebersiedelung nach Marburg befiel, schon sehr verringert. Seine eigentliche Glanzperiode fällt in die Jahre seines Aufenthaltes in Kassel. Am 4. Mai 1795 ist er zu Marburg gestorben.

Vgl. seine Selbstbiographie in dem akademischen Programm von Mich. Conr. Curtius, De translatione academiarum, Marburg 1786. 4°; ferner Mich. Conr. Curtius, Memoria Joannis Gottlieb Stegmanni, Marburg 1795. 4°, in der auch ein 32 Nummern umfassendes Verzeichniß seiner Schriften enthalten ist, endlich Strieder’s hessische Gelehrtengeschichte XV, 267–278, der sich namentlich durch eine Zusammenstellung der von St. erfundenen bezw. verbesserten Instrumente ein Verdienst erworben hat.