Zum Inhalt springen

ADB:Straub, Leonhard

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Straub, Leonhard“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 524–525, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Straub,_Leonhard&oldid=- (Version vom 28. Dezember 2024, 08:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Strauch, Aegidius
Band 36 (1893), S. 524–525 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Nach Wikipedia-Artikel suchen
Leonhard Straub in Wikidata
GND-Nummer 11984155X
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|36|524|525|Straub, Leonhard|Karl Steiff|ADB:Straub, Leonhard}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11984155X}}    

Straub: Leonhard St., ein namhafter, auch um seiner Schicksale willen bemerkenswerther Buchdrucker des 16. Jahrhunderts, geboren 1550, † vor 1608 (s. u.). Als Sohn des Goldschmieds Jakob St. in St. Gallen einer sehr angesehenen dortigen Bürgersfamilie entstammend (der bei der Einführung der Reformation in St. Gallen wesentlich betheiligte „Steuerherr“ Leonhard St. war jedenfalls ein Verwandter, vielleicht sein Großvater) hatte er in der Froschauerschen Buchdruckerei in Zürich und dann in der Froben’schen zu Basel sich mit der Kunst Gutenberg’s vertraut gemacht und führte sie nun als erster in seine Vaterstadt ein. Am 5. Mai 1578 erhielt er die obrigkeitliche Erlaubniß. Die Presse, die – den Verhältnissen des jungen Meisters entsprechend – sehr gut eingerichtet war (es war eine Schriftgießerei, bald auch eine Papiermühle mit ihr verbunden, auch fehlte ein eigener Formschneider nicht) entwickelte bald eine große Thätigkeit und nicht lange stand es an, so mußte St. die Werkstatt von dem unzulänglich gewordenen Hause in der Stadt in das leerstehende geräumige Kloster der Feldnonnen zu St. Leonhard verlegen. Sein „Werk“ ist, so viel wir finden können, noch nirgends zusammengestellt; aber berühmt ist gleich einer seiner frühesten Drucke geworden. Es ist dies ein von St. selbst verfaßter Wandkalender auf das Jahr 1579, in welchem die Wappen der Kantone abgebildet waren, dasjenige von Appenzell jedoch nicht ganz richtig, sofern es einen weiblichen statt eines männlichen Bären zeigte. Darin sahen die schon vorher aus andern Gründen gegen St. Gallen verstimmten Appenzeller eine Beschimpfung. Es kam zu einer förmlichen Vorstellung bei dem Stadtmagistrat vermittelst einer Gesandtschaft, und als das nicht sofortige Wirkung hatte, drohte der Krieg auszubrechen, als der Fürstabt von St. Gallen noch im letzten Augenblick vermittelnd eingriff und den Vergleich von Rorschach zu Stande brachte, infolge dessen St. befriedigende Erklärungen abgeben und in die Vernichtung des noch vorhandenen Vorraths seines Kalenders willigen mußte. Schlimmer liefen für den Drucker die Schwierigkeiten ab, welche ihm sein Verhältniß zu der gleichzeitig mit der Errichtung der Presse eingesetzten Censurbehörde bereitete. Da er sich um diese fortgesetzt nicht kümmerte und sogar ausdrücklich verbotene Bücher, namentlich Schwenckfeldische druckte, so wurde er 1584 mit Frau und fünf Kindern für immer aus der Stadt verwiesen. Er zog mit seiner Druckerei nach Goldach, wo seine Papiermühle stand, und da er sich dort in der nächsten Nähe von Rorschach befand, so datirte er die an dem neuen Orte hergestellten [525] Drucke eben von letzterem Platze. Es bedeutet also der Ausdruck: „Reichshof Rorschach“ auf manchen seiner Drucke nicht, wie man früher geglaubt hat, einen erdichteten, sondern den wirklichen Druck- bezw. Verlagsort. Der Fürstabt Bernhard, auf dessen Boden sich St. in Goldach befand, unterstützte ihn in seinen Unternehmungen; andererseits geschah es sicher mit Rücksicht auf diese katholische Herrschaft und Umgebung, vielleicht auch in der Absicht, die protestantischen St. Galler zu ärgern, daß St. nunmehr zur katholischen Kirche übertrat. Bald nach dem Wegzug von seiner Vaterstadt knüpfte der unternehmende Mann aber auch in Constanz Verbindungen an und verlegte dorthin einen Theil seines Geschäfts. Der erste Buchdrucker war er hier zwar nicht – schon 1505 hatte Johann Schäffler dort gedruckt; aber es war die erste bedeutende und die erste ständige Presse, die mit ihm nach Constanz kam. Während er die Goldacher Druckerei in der Hauptsache seinem jüngeren Bruder Georg, einem gewandten Formschneider, überließ, der sie 1599 nach St. Gallen zurückverlegte – sie ging mit Georg’s Tode 1611 ein –, war Leonhard St. vorwiegend in Constanz thätig und u. a. mit dem Drucke von Missalen, Brevieren und Predigten beschäftigt. Er starb jedenfalls vor 1608. Gewöhnlich wird 1607 als sein Todesjahr bezeichnet; wenn aber die Angabe in Schwetschke’s Codex nundinarius richtig ist, wo ein den Namen der Wittwe Straub’s tragender Druck von 1604 aufgeführt wird, so fällt sein Tod noch vor das J. 1605. Nach seinem Ableben blieb das jüngere, aber blühende Constanzer Geschäft in seiner Familie und erst am Anfang des 18. Jahrhunderts verschwindet das dortige Druckergeschlecht der Straub aus der Geschichte des Buchdrucks.

Vgl. W(egelin), Die Buchdruckereien der Schweiz. St. Gallen 1836. S. 1–43. – (Wegelin,) Geschichte d. Buchdruckereien im Kanton St. Gallen, Ebd. 1840. – (Binkert,) L. Straub, der erste Buchdrucker der Stadt St. Gallen. Ebd. 1878. – Lübeck, Die Einführung der Buchdruckereien in St. Gallen und Schaffhausen, in der Neuen Züricher Zeitung 1889, Nr. 146, 150, 153, 158. (Dieser Aufsatz, sowie Wegelin’s zweite Schrift ist uns nicht erreichbar gewesen.) – Schriften d. Vereins f. Geschichte des Bodensees, Heft 9, 1878, S. 39.