ADB:Streithagen, Peter

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Streithagen, Peter“ von Friedrich Wilhelm Cuno in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 568–569, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Streithagen,_Peter&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 11:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Streiter, Josef
Band 36 (1893), S. 568–569 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand November 2018, suchen)
Peter Streithagen in Wikidata
GND-Nummer 124888674
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|36|568|569|Streithagen, Peter|Friedrich Wilhelm Cuno|ADB:Streithagen, Peter}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=124888674}}    

Streithagen: Peter St., ascetischer Schriftsteller reformirter Kirche (nicht zu verwechseln mit dem Kanonikus gleichen Namens, der zu Cranenburg und Heinsberg lebte und durch lateinische Gedichte und historische Schriften sich bekannt gemacht hat), geboren am 23. November 1591 zu Aachen, † am 12. Juni 1653 zu Heidelberg. In seine Jugendzeit fällt die Wirksamkeit des unerschrockenen Zeugen evangelischer Wahrheit, des Johannes Badius in Aachen. Als die römisch-katholische Partei aber in dieser Stadt die Oberhand gewann, flohen die Eltern Streithagen’s mit ihren Kindern in die Kurpfalz. St. erhielt seine Schulbildung in Heidelberg, wo er dann auch studirte und 1615 eine Lehrerstelle am Pädagogium erhielt. Die Verwüstung Heidelbergs 1622 zwang ihn zur Flucht. Auf dem linken Rheinufer, in der Stadt Germersheim, fand er ein Unterkommen. Drei Jahre wirkte er daselbst als Prediger an der reformirten Gemeinde unter vielfachen Bedrückungen seitens der Spanier, welche diese Stadt besetzt hielten und unter ihrem Schutze fremde, römisch-katholische Ordensleute an den Einwohnern ihre Propaganda treiben ließen. Ihnen gegenüber konnte sich St. auf die Länge ohne Schutz und Recht nicht halten. Er zog nach Geldern, wo ihn Herr von Müllendonck den Grafen Ernst und Wilhelm von Nassau zum Feldprediger empfahl. Als solcher begleitete er den letzteren auf seinen Feldzügen gegen die Kaiserlichen. Nach der Befreiung der Stadt Wesel vom spanischen Joche am 14. August 1629 kamen für die Evangelischen des Niederrheins einige Jahre der Ruhe, in denen unter dem Schutze der Niederlande und Brandenburgs das Kirchenwesen derselben wieder in einen geordneten Stand gebracht wurde. Den Anfang mit dieser sogenannten Reformation machte man im Herbste 1628 in den Städten Emmerich und Rees, wo den Reformirten die ihnen abgenommenen Kirchen wieder eingeräumt wurden. St. eröffnete in Emmerich am 28. Sept. genannten Jahres in der Jesuitenkirche den reformirten Gottesdienst mit einer solennen Predigt. Auf des Magistrates Bitte bediente St. das Predigtamt in dieser Stadt bis zum Jahre 1631, wo ihn Friedrich V. von der Pfalz, der unglückliche Böhmenkönig, zu seinem Hofprediger berief. Diesen begleitete er von da an auf allen Reisen unter vielen Gefahren bis an dessen Ende, worauf ihm die Inspection Dirmstein in der unteren Pfalz übertragen wurde. Nachdem die Stadt Heidelberg am 5. Mai 1633 aus der Feinde Gewalt befreit worden, berief der Administrator der Kurpfalz, Ludwig Philipp, St. zum Prediger an der Peterskirche daselbst. Doch schon im November des folgenden Jahres mußte er aus der Pfalz, welche wieder in der Gegner Gewalt gekommen war, fliehen. Kurfürst Karl Ludwig, welcher im Haag sich in jener Zeit aufhielt, bediente sich nun seiner als Hofprediger. Mit diesem Fürsten machte St. höchst beschwerliche Reisen zu Wasser und zu Lande, in England und in Frankreich, ja, lag auch infolge eines Schlagflusses längere Zeit krank darnieder. Seiner ausgezeichneten Predigten wegen baten im Haag mehrere Herren, er möge bei ihnen einen Dienst annehmen, St. liebte aber die Kurpfalz als sein zweites Vaterland zu sehr. Als der Friede wiedergekehrt war, eilte er zurück und übernahm 1650 sein voriges Heidelberger Amt. Zugleich wurde er erster Kirchenrath und Hofprediger.

In England hatte sich St. mit der erbaulichen Litteratur dieses Landes bekannt gemacht. Der Wunsch wurde in ihm rege, das eine und andere, was [569] er als vorzüglich erkannte, seinen Landsleuten zu übermitteln. Zu dem Ende übersetzte er Joh. Catton’s Lebensweg, erklärt in 34 Predigten, ins Deutsche. Auf dieses ließ er 1651 als eine Hauptfrucht dieser seiner Studien in England folgen: „Das hochwichtige Werk der Wiedergeburt. Nach ihrer Art, Beschaffenheit, Beschreibung, Kennzeichen, Früchten, Wirkung, Hinderungen, Mitteln, Zweck u. s. w. aus den berühmtesten englischen Theologis vorgestellt und zusammengetragen von Petro Streithagen“. Diese Arbeit, welche unter der geübten Hand Streithagen’s eine Originalschrift wurde, begründete das Ansehen ihres Autors. Denn bei der Verwilderung, welche der große deutsche Krieg zurückgelassen, sehnte man sich sehr nach ascetischen Schriften, welche die Mittel vermeintlich angaben, wie die Menschen in kurzer Zeit auf eine höhere Stufe der Cultur und Sitte gebracht werden könnten. Daher ward auch genannte Schrift Streithagen’s so sehr gesucht, daß sie schon nach wenigen Jahren vergriffen war. Deshalb veranstalten schon 1658 die Prediger Marcus Floccenius zu Heidelberg und Paul Wirtz zu Mannheim eine neue Auflage derselben, welche sie dem Kurfürsten Karl Ludwig widmen. Auch im J. 1722 erschien eine Ausgabe. Unter anderen war diese Schrift Streithagen’s bahnbrechend für die Behandlung der Fragen dieser Art in der reformirten Kirche Deutschlands. In der lutherischen Kirche wurde nachher dadurch der Pietismus hervorgerufen.

J. H. Andreae Spicilegium V post conatum histor.-litterarium de Gymnasio Heidelbg.Jos. Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis.Weidneri Apophthegm. III.