ADB:Stricker, Salomon
Dittel, E. Jäger, Hebra und Sigmund bis 1862, wo er sich für Embryologie habilitirte. 1863 trat er als Assistent in Brücke’s Institut ein und veröffentlichte von hier aus 1865 seine ersten großen Entdeckungen über Diapedesis der rothen Blutkörperchen und Contractilität der Gefäßwände. 1866 wurde St. Adjunct für experimentelle Forschung an der Klinik von [623] Oppolzer, 1868 wurde er speciell auf Betreiben Rokitansky’s zum Professor e. o. der experimentellen Pathologie, sowie zum Leiter eines eigens für ihn gegründeten Instituts ernannt, aus dem schon 1869 die ersten „Studien“ erschienen mit dem Hauptangriff auf die Cohnheim’sche Lehre, der, wie bekannt, in der wissenschaftlichen Welt großes Aufsehen erregte. 1871–1873 erschien Stricker’s „Handbuch der Lehre von den Geweben des Menschen und der Thiere“ (ein Sammelwerk, im Verein mit anderen Histologen gearbeitet). 1872 erfolgte Stricker’s Ernennung zum ordentlichen Professor für allgemeine und experimentelle Pathologie. 1871–1880 war er Redacteur der „Medicinischen Jahrbücher“, die zum Hauptorgan der Publicationen aus seinem Institut wurden. 1877–1883 erschienen die „Vorlesungen über allgemeine und experimentelle Pathologie“.
Stricker: Salomon St., Experimentalpatholog zu Wien, wurde 1834 zu Waag-Neustadtl in Ungarn geboren, studirte anfangs Jura in Wien, ging jedoch später zur Medicin über, arbeitete schon als Student 1855 bis 1858 im Laboratorium bei Brücke und veröffentlichte als seine ersten beiden Arbeiten: „Untersuchungen über die Papillen in der Mundhöhle der Froschlarven“ (1857) und „Entwickelungsgeschichte von Bufo cinereus bis zum Erscheinen der äußeren Kiemen“. 1858 promovirt, trat er 1859 in das allgemeine Krankenhaus und wirkte hier als Secundararzt unter Kolisko, Türk, Szigmondy,St., der am 2. April 1898 starb, war als Experimentator, Lehrer, Forscher und Schriftsteller gleich hervorragend. Ihm ist hauptsächlich die Einführung der mikroscopischen Demonstrationen mittels Projectionsapparates beim Unterricht in der Pathologie zu danken. Seine Vorträge fesselten durch unübertreffliche Klarheit. Als Experimentator und Mikroscopiker entwickelte er eine meisterhafte Technik. St. hat zuerst Gewebe durch Härten und Einbetten in Gummi oder Wachs für feine Schnitte aus freier Hand geeignet gemacht. Er besaß ein scharfes Auge, unsagbare Ausdauer und außerordentliche Energie. Gelegentlich seiner ersten Beobachtung der Zelltheilung in der entzündeten Froschzunge brachte er zehn Stunden ununterbrochen beim Mikroscop zu. Eine Reihe von Entdeckungen und Bereicherungen sind ihm und seiner Schule zu danken; außer den schon genannten noch die Histologie der Cornea, die Mechanik der Drüsensecretion (Spina), die Zelltheilung am lebenden Gewebe, die Lehre über das Verhältniß der Zellen zur Grundsubstanz, das Vasomotorencentrum für die Baucheingeweide, die gefäßerweiternden Nerven in den sensiblen Ischiadicuswurzeln, die Ursprünge der Nervi accelerantes (Wagner), die Wirkung der Diuretica, die anästhesirende Wirkung des Cocains (Koller) betreffenden. Seine Sätze in der Entzündungs- bezw. Gewebelehre: „Die Gewebe kehren auf ihren Jugendzustand zurück“ und „Die Zellen vermehren sich auf Kosten der Grundsubstanz“ wurden, wie Georg Kapsammer in seiner schönen Biographie von St. (Wiener medicin. Wochenschrift 1898, Nr. 10) hervorhebt, zu geflügelten Worten. – Stricker’s Publicationen sind in der zur Feier seines 25jährigen Professorenjubiläums erschienenen Schrift: „Dreißig Jahre experimenteller Pathologie“ zusammengestellt. Ihre Zahl beträgt etwa 134 außer den fast 400 unter seiner Leitung veröffentlichten Arbeiten von 123 unmittelbaren Schülern, von denen 45 Professoren, 57 Docenten geworden sind. Auch philosophische Arbeiten rühren von ihm her, wie „Studien über das Bewußtsein“ (1879); „Studien über die Sprachvorstellungen“ (1880); „Ueber die Bewegungsvorstellungen“ (1882); „Studien über die Association der Vorstellungen“ (1883); „Physiologie des Rechts“ (1884).
- Vgl. Biographisches Lexikon, herausgegeben von Pagel, S. 1671.