ADB:Tegetmeyer, Sylvester
Andreas Knöpke im Jahre vorher als erster Verkündiger des Evangeliums, wie ihn eine von seinen Zeitgenossen in der St. Petrikirche zu Riga ihm gesetzte Gedenktafel nennt, der neuen Glaubensrichtung Eingang und Verbreitung verschafft. Die von Flacius in seinem Catalogus testium veritatis etc. (Basel 1556, S. 1014) gegebene Nachricht, daß Nicolaus Ruß, Baccalaureus theologiae und Priester zu Rostock schon früher (nach Krabbe, Die Universität Rostock. Rostock 1854, S. 313 soll es am Ende des Jahres 1517 oder im Anfang des Jahres 1518 gewesen sein) nach Livland gekommen sei und hier das Evangelium gepredigt habe, wird von keinem livländischen Chronisten und von keiner archivalischen Aufzeichnung bestätigt. T. schloß sich in Riga sofort mit Eifer der reformatorischen Bewegung an und trat am 30. November 1522 als evangelischer Prediger in der St. Jacobikirche auf. Die aus Chytraeus’ Chronicon Saxoniae auf die späteren Chronisten übergegangene Nachricht, daß er durch ungestümes Predigen gegen den Götzen- und Bilderdienst die im März 1524 in den Kirchen Rigas stattgehabte tumultuarische Vernichtung der Bilder, Geräthe und Denkmale herbeigeführt habe, entbehrt des urkundlichen Belegs und ist auch schon deshalb nicht recht glaublich, weil der Rath der Stadt Dorpat zu Ende Januar 1525 gerade ihn nach Dorpat berief, um dort das durch die Hoffmann’schen Unruhen verwirrte Kirchenwesen zu ordnen. Hier war Melchior Hoffmann zu Ende des Jahres 1524 als Verkünder der neuen Lehre aufgetreten und infolge seiner heftigen und aufreizenden Predigten war es nicht bloß zu einer Bilderstürmerei, sondern am 10. Januar 1525 auch zu einem blutigen Zusammenstoß mit den Leuten des bischöflichen Stiftsvogts gekommen. T. hielt sich in Dorpat vier Wochen auf, während welcher Zeit er täglich predigte. Auf dem im Juli 1525 auf den Antrag der Städte Riga, Reval und Dorpat von dem Ordensmeister Walter von Plettenberg nach Wolmar zur Regelung der Religionsstreitigkeiten berufenen Landtage, auf welchem die Städte die freie Ausübung der Religion und die Beseitigung der weltlichen Herrschaft der Bischöfe verlangten, war T. zugegen, und zeichnete sich dort durch seine Predigten, die er theils in der Kirche, theils als diese ihm zeitweilig auf Betrieb der Bischöfe versagt wurde, auf freiem Felde unter großem Zulauf abhielt, als ein eifriger Verkündiger des Evangeliums aus. Im J. 1526 wurde ihm von den Städten Riga, Reval und Dorpat die Einrichtung eines gleichmäßigen Kirchenwesens übertragen. 1542 wurde er zum Oberpastor an der St. Petrikirche in Riga, der höchsten geistlichen Stellung in dieser Stadt, berufen und starb als solcher 1552. Er hatte ein handschriftliches Tagebuch geführt, von dem sich jedoch nur ein Bruchstück erhalten hat, welches in Arndt, Liefländische Chronik, Theil II, S. 190 (Halle 1753) und in den Mittheilungen aus der livländischen Geschichte XII, 502 (Riga 1880) abgedruckt ist.
Tegetmeyer: Sylvester T., bemerkenswerth durch seine Betheiligung an der Einführung der lutherischen Kirchenreformation in Livland. Gebürtig aus Hamburg hat er zuerst in Rostock, sodann eine kurze Zeit in Leipzig studirt, ist darauf nach Rostock zurückgekehrt, am 20. Februar 1519 Magister und bald darauf Disputator im Rothen Löwen, einer der zur Universität gehörigen Anstalten, in welchen die Studenten Wohnung, Kost und Unterricht erhielten, geworden. Zu Ostern 1520 bekam er eine Anstellung als Caplan an der Domkirche zu Rostock. Er hatte sich schon hier als einen Anhänger der kirchlichen Reformation gezeigt. Um die Nachlassenschaft eines verstorbenen Bruders zu heben, kam er zu Michaelis 1522 nach Riga. Hier hatte der aus Treptow in Pommern vertriebene- Chytraeus, Chronicon Saxoniae. Ausgabe von 1593, S. 291. – Recke und Napiersky, Allg. Schriftst.- u. Gel.-Lexikon der Provinzen Livland, Estland [530] und Curland IV, 350. Mitau 1827. – Mittheilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv-, Est- und Curlands V, 20 u. ff. (Riga 1850); XII, 502 (Riga 1880); XVII, 61–84 (Riga 1882).