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ADB:Toeppen, Max Pollux

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Artikel „Toeppen, Max Pollux“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 451–453, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Toeppen,_Max_Pollux&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 05:43 Uhr UTC)
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Toeppen: Max Pollux T., Gymnasialdirector und namhafter und erfolgreicher Forscher und Arbeiter auf dem Gebiete der altpreußischen Provinzialgeschichte, geboren am 4. April 1822 zu Königsberg i. Pr., † zu Elbing am 3. December 1893. Nachdem er in seiner Vaterstadt sowol seine Schulbildung genossen wie seine Universitätsstudien durchgemacht hatte, jene auf dem Friedrichscollegium, diese, viertehalb Jahre classische Philologie und Geschichte studirend, auf der Albertus-Universität, erwarb er sich im Frühjahr 1843 ein ausgezeichnetes Lehrerzeugniß und durch eine (ungedruckte) Arbeit „de epithetis deorum“ die philosophische Doctorwürde. Obgleich er sich während seiner ersten Lehrerjahre, die er von Michael 1843 bis Ostern 1848 an der eben genannten Anstalt ableistete, auch als Privatdocent habilitirt hatte, zog er es schließlich doch vor, die akademische Thätigkeit ganz aufzugeben. Hintereinander wirkte er als Lehrer an dem Gymnasium in Elbing, an der gleichen Anstalt in Posen und zuletzt an der dortigen Realschule und wurde dann auf Grund rühmlicher Zeugnisse seiner Vorgesetzten schon im 32. Lebensjahre (Michael 1854) als Director an die Spitze des Progymnasiums zu Hohenstein in Ostpreußen gestellt. Fünfzehn Jahre leitete er diese Anstalt, die er inzwischen in ein volles Gymnasium umwandelte, dann elf und ein halbes Jahr das Gymnasium zu Marienwerder, endlich von Ostern 1882 das zu Elbing, bis er Krankheits halber im Frühjahr 1893 sein Amt niederlegte. Seine pädagogischen Verdienste wurden durch die Regierung stets anerkannt und brachten ihm Ordensauszeichnungen und beim Abgange den Titel eines Geheimen Regierungsraths. – Indem T. sich schon früh, schon während seiner Studienzeit, der preußischen Provinzialgeschichte zuwandte, erkannte er sehr bald, welche Aufgabe Johannes Voigt seinem Nachfolger auf jenem Gebiete hinterlassen hatte, und faßte sie schnell und scharf ins Auge. Günstige Beanlagung und eine seltene Fähigkeit sofort den Kern der Sache zu erfassen, unverwüstlicher Schaffensdrang und eiserner Fleiß, dabei eine große Geschicklichkeit in der Ausnutzung der freien Zeit, welche ihm zumal in seiner vierzigjährigen Directorstellung in ganz anderm Maße zur Verfügung stand als dem einfachen Lehrer, haben ihn in den Stand gesetzt, eine überaus stattliche Reihe größerer und kleinerer wissenschaftlichen Arbeiten zu liefern, bei denen zunächst schon Zahl und Umfang wahrhaft erstaunlich ist (nur das Verzeichniß seiner Schriften füllt neun enggedruckte Octavseiten), deren innerer Werth aber zugleich von so unbestreitbarer Bedeutung ist, daß bei der Erneuerung des Doctordiploms die Facultät mit vollem Recht sein wissenschaftliches Wirken als „immer bahnbrechend, fruchtbringend und anregend“ bezeichnen, ihn selbst den „zweiten Begründer und Vater der preußischen Geschichte“ nennen durfte. Nur höchst selten ist es jungen Gelehrten vergönnt, gleich eine auf archivalischen Studien beruhende Erstlingsarbeit von so bleibendem Werthe zu schaffen, wie „Die Gründung der Universität Königsberg und das Leben ihres ersten Rectors Georg Sabinus“, mit welcher der zweiundzwanzigjährige T. bei Gelegenheit der Universitätsfeier von 1844 auf den Plan treten konnte. Aus der Gesammtheit aber der Arbeiten Toeppen’s lassen sich, wenngleich einmal völlig treffend gesagt ist, „daß, wer nur für irgend ein Moment der Geschichte Altpreußens eine Arbeit unternimmt, keine Periode derselben als nicht von T. nach verschiedenen Richtungen hin angebaut und dargelegt finden werde“, doch drei Hauptgebiete aussondern, [452] für welche er ganz besonders fördernd und eben geradezu bahnbrechend gewirkt hat: die schriftstellerischen Quellen und ihre Behandlung und Herausgabe, die ständischen Verhältnisse mit ihren eigenthümlichen Quellen, den Ständeacten der Ordenszeit und den Landtagsacten der ersten herzoglichen Zeit, endlich die historische Geographie. Als Einleitung zur ersten Gruppe erschien schon 1847 die für die altpreußische „Vorgeschichte“ grundlegende Habilitationsschrift „Critica de historia Borussiae antiqua“, in welcher die Erzählungen des in der Reformationszeit schreibenden, schon von Voigt als Lügenmönch bezeichneten Simon Grunau über die alten Pruzen und ihre Sitten und Schicksale, sowie über seine angeblichen, sonst von niemand gekannten Quellen dafür auf das richtige Maß zurückgeführt, als eitel Aufschneidereien erwiesen werden. Zu ihr gehören dann die bis zum Ende des 16. Jahrh., bis zu den Anfängen der „wissenschaftlichen Forschung“ hinabreichende „Geschichte der preuß. Historiographie“ von 1853, welche zum ersten Male den gesammten Vorrath der gedruckten und der ungedruckten preuß. Chroniken nachwies und kritisch behandelte, ferner die mit Th. Hirsch und E. Strehlke zusammen herausgegebenen „Scriptores rerum prussicarum“, jene fast mustergültige Sammlung aller einheimischen Geschichtswerke der Ordenszeit (5 Bände, 1861–1874), bei welcher reichlich ein Drittel der Arbeit T. gehört, und in der die Einleitungen zu den einzelnen Werken auf Grund neuen Materials und neuer Forschungen die in der „Historiographie“ enthaltenen Ergebnisse fast durchweg weit überholt haben, endlich die für den Verein für die Geschichte von Ost- und Westpreußen veranstaltete Herausgabe der großen Elbingischen Arbeiten des 16. und 17. Jahrhunderts (2 Bände, 1879–1888), worunter die für die Geschichte Gustav Adolf’s hochwichtige „zehnjährige Chronik“ des Burggrafen Israel Hoppe. Die ständischen Verhältnisse Preußens, deren eigenthümliche Quellen T. geradezu als ein neues Element in die preußische Geschichtsforschung eingefügt hat, sind von ihm in zweierlei Weise behandelt: die „Acten der Ständetage Preußens unter der Herrschaft des Deutschen Ordens“ (5 Bände, 1874–1886) geben Acten und Nebenacten meist wörtlich und diplomatisch getreu und enthalten für die einzelnen Zeitabschnitte zusammenfassende Schilderungen der einschlagenden Verhältnisse, während für die herzogliche Zeit in die Darstellung der einzelnen Perioden die Protokolle der Landtage und die zugehörigen Papiere nur auszugsweise eingefügt sind. Diese letzteren Arbeiten reichen gedruckt bis 1609 (ungedruckt bis 1619) und sind von 1847 bis 1893 als selbständige Abhandlungen in mehreren Programmen der Gymnasien von Hohenstein und von Elbing und in zwei Jahrgängen des Historischen Taschenbuchs veröffentlicht. Für das dritte Gebiet endlich, welches T. so gut wie neu erschlossen hat, liegt allerdings nur eine einzige größere Arbeit vor, die schon 1858 erschienene, bis in ihre eigene Zeit hinabreichende „Historisch-comparative Geographie von Preußen“ (mit Atlas), aber mit ihr ist wieder eine feste Grundlage geschaffen, auf welcher mit Erfolg systematisch weitergeforscht werden kann, so groß auch immer die Zahl der Einzelausstellungen sein mag, die erhoben werden können und in der That erhoben sind. Auch der Verfasser selbst hat die bei einer Erstlingsarbeit dieser Art unausbleiblichen Lücken und Mängel wol erkannt und gewissenhaft an Besserung und Ergänzung gearbeitet und, wo ihn auch sein Amt hinführte, überall durch Studium und eigenen Augenschein unermüdlich neues Material gesammelt, das theils bereits von ihm selbst gelegentlich veröffentlicht, theils im reichen Nachlaß aufgespeichert ist. – Um die Richtigkeit des zuvor erwähnten Ausspruches über die Vielseitigkeit der Arbeiten Toeppen’s darzuthun mögen hier folgende Anführungen genügen. Den Umfang von Büchern nehmen die folgenden ein: „Geschichte des Amtes und der Stadt Hohenstein“ (1859 und 1860), „Geschichte Masurens“ (1870), „Elbinger Antiquitäten“ (1871 fg.), „Geschichte der Stadt Marienwerder und ihrer Kunstbauten“ [453] (1875), „Geschichte der räumlichen Ausdehnung Elbings“ (1887), „Die Elbinger Geschichtsschreiber und Geschichtsforscher (nicht weniger als 53) in kritischer Uebersicht vorgeführt“ (1893). Noch weit mannichfaltiger erscheinen die Gegenstände, welche die zahlreichen noch nicht in größere Werke verarbeiteten Aufsätze behandeln: Sagen, Märchen und Aberglauben, altpreußische Sprache, Heidenschanzen, ferner die Zinsverfassung unter dem Orden, Gemeindewesen und Landwirthschaft (über preußische Lischken, Flecken und Städte 1867, Domänenvorwerke des Ordens 1869), Pferdezucht und Geschützwesen unter dem Orden, Rechtsgeschichtliches (z. B. die Ausgabe des Danziger Schöffenrechts 1878) und Litterarisches; ganz besonders zogen ihn eine Weile die Ordensbauten an, und auch aus diesen Studien sind drei als höchst werthvoll anerkannte Abhandlungen „zur Baugeschichte der Ordens- und Bischofsschlösser in Preußen“ (1880–1882) hervorgegangen. – Auch für diese selten fruchtbare und erfolgreiche wissenschaftliche Wirksamkeit hat T. zumal in seinen letzten Lebensjahren vielfach gebührende und ehrende Anerkennung erhalten: von fünf wissenschaftlichen Gesellschaften, die sich vorzugsweise mit der Geschichte ihres Heimathlandes beschäftigen, von drei altpreußischen und zwei livländischen, wurde T. nacheinander die Ehrenmitgliedschaft übertragen.

K. Lohmeyer, Max Toeppen (in Altpreuß. Monatsschrift, 1894 S. 1–27), nebst einem von R. R(eicke) zusammengestellten Verzeichniß der Schriften Toeppen’s (S. 28–36).