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ADB:Trautson, Paul Sixt Graf von

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Artikel „Trautson, Paul Sixt Graf von“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 522–524, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Trautson,_Paul_Sixt_Graf_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 16:08 Uhr UTC)
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Trautson: Paul Sixt Freiherr und erster Graf v. T., geb. um 1550, † am 30. Juli 1621, österreichischer Staatsmann. Als Sprößling eines einflußreichen Vaters (Johann II. s. o.) konnte es ihm an Gunst des Hofes und raschem Emporkommen nicht fehlen. Schon Ende 1576 erscheint er unter den Hofräthen Kaiser Rudolf’s II. und zwei Jahre später bezeugen Urkunden die an ihm geübte kaiserliche Freigebigkeit. Bereits acht Jahre vor dem Ableben seines Vaters († 1589) – 1581 – kennen wir ihn als Geheimrath und 1582–1594 als Reichshofrathspräsidenten, dessen kostspielige Tafeleien zur Zeit der in Regensburg abgehaltenen Reichstage bewiesen, daß er auf anderem Fuße als sein sparsamer Vater zu leben bedacht war, allerdings auf kaiserliche Kosten. Ueberdies bekleidete er das Amt eines Obersthofmarschalls, wie wir dies dem von Khevenhüller z. J. 1589 berichteten Rangstreit zwischen T. und dem Oberststallmeister Claudio Ritter v. Triulzi entnehmen, welcher mit der Entscheidung ausgetragen wurde, daß der Oberststallmeister nur im Felde vorangehe, sonst aber stets nachstünde. Nach dem Ableben seines Vaters rückte T. in seine Vertrauensstellung bei der Krone vor. Er und Wolfgang Sigmund Freiherr v. Rumpf (s. A. D. B. XXIX, 668–9) wurden die eigentlichen Minister Kaiser Rudolf’s II., und zwar Rumpf als Oberstkämmerer und Verweser des Obersthofmeisteramtes an erster, T. als Obersthofmarschall an zweiter Stelle. 1594 hatten sie besonders für die Türkenhülfe der Reichsstände sich als Vertrauenspersonen des Kaisers einzusetzen. Daß T. die Gunst des Kaisers genoß, bezeugt die am 1. Februar 1598 von Rudolf II. vollzogene Erhebung der Hauptherrschaft Falkenstein zu einer freien Grafschaft und die Rangerhöhung seines Günstlings und der ganzen Familie, die nunmehr dem Grafenstande angehörten. Auch brachte T. die von Passau längst getrennte, landesfürstlich gewordene Herrschaft St. Pölten an sich, die er seit 1610 freierblich machte. – Bald aber mußte er (1600) den Sturz seines Amtsgenossen Rumpf theilen, der allerdings schon seit 1596 Anzeichen der krankhaften Uebellaunigkeit des kaiserlichen Sonderlings zu verspüren Gelegenheit hatte, schon im April 1599 um die Entlassung einkam und auch die Enthebung vom Oberstkämmereramte erhielt. Solche Anzeichen der Ungnade scheinen bei T. auch damals noch nicht vorhanden gewesen zu sein. Die Krise, welche ziemlich gleichzeitig (1600) beide ereilte, hing jedenfalls mit dem vom Gesandten Spaniens, San Clemente, im geheimen Auftrage seines Herrn verfolgten Plane zusammen, den gemüthskranken, regierungsunfähigen Kaiser zur Thronentsagung zu bewegen, einem Plane, dem auch der Papst hold war, und den vor allen die Erzherzöge, Rudolf’s II. Brüder, voran Mathias und Maximilian III., zu verwirklichen strebten. Der Kaiser argwöhnte, daß Rumpf und T. dem Complotte nahe stünden. So erhielt er am 26. September und gleich darauf auch [523] T. die Entlassung. Deßungeachtet scheint dann wieder der in seinen Ansichten und Launen unberechenbare Herrscher diesen Schritt bereut zu haben, denn er zog sie später in der einen und andern Angelegenheit zu Rathe. Ja, als T. nach dem Ableben (1590) seiner ersten Frau, Anna, Tochter Ulrich’s II., Freiherrn v. Eitzing, deren erstes Kind, einen Sohn, Kaiser Maximilian II. (1575) durch seinen Stellvertreter aus der Taufe heben ließ, und nach dem Tode der zweiten, kinderlosen, Gattin, Anna Poppelin, Freiin v. Lobkowitz, T. 1604 (30. April) zu seiner dritten Ehe mit Susanna Veronica Freiin v. Meggau schritt, erschien sein Freund Rumpf, Freiherr v. Weitra, als Sendbote Kaiser Rudolf’s II. und überbrachte dem Hochzeitspaare ein Kleinod des Kaisers. Rumpf starb 1606, T. erlebte aber noch die Kaiserzeit Mathias’ und Ferdinand’s II. und gewann eine neue Vertrauungsstellung bei Hofe. Rudolf II., 1606 bereits von seinem Bruder Mathias und der protestantischen Ständeschaft Ungarns, Oesterreichs und Mährens zur allmählichen Entthronung ausersehen und zur Friedensnegotiation mit dem ungarischen Aufstande gezwungen, sah nun in T. einen Parteigänger seines Bruders. „Item Klesl, Rumpf und Trautson sein an all I. Mt. Unglick schuldig“ heißt es in einem „Zettel“ an den bairischen Hof aus Prag vom 8. September 1606, anläßlich der österreichischen Protestantenfrage. Jedenfalls war T. längst schon eine Vertrauensperson Erzherzog Mathias’. Denn als dieser im Februar 1603 an den deutschen Reichstag als Vertreter seines kaiserlichen Bruders abgegangen war, folgte ihm Mitte März dahin als einer der „Assistenzräthe“ auch T. und spielte bei den Unterhandlungen eine wichtige Rolle. Im October 1603 pflog er Berathungen mit Rumpf und Hannewald zu Wien mit Erzherzog Mathias in Reichssachen. Allerdings war dies zur Zeit vor dem Bruche zwischen den zwei habsburgischen Brüdern. Bemerkenswerth ist die Angabe des venetianischen Geschäftsträgers Soranzo vom 25. Juni 1606, Kaiser Rudolf II. wolle T. wieder in den Rath der Krone berufen; dieser erkläre aber unverholen, er wolle sich in solchen Geschäften weder von Philipp (Lang, der berüchtigte Kammerdiener und spiritus regens Rudolf’s II.) noch von andern am Gängelbande führen lassen. Sicher ists aber anderseits, daß T. damals, als der Kaiser zur freiwilligen Abdankung – nach Klesl’s Plane – vermocht werden sollte, auch seine diplomatischen Künste versuchte. So erklärt sich auch, daß 4. November 1607 der bairische Resident Boden aus Wien an seinen Hof berichtet: „Sonsten laufen abermal neue Handel zwischen I. Majestät und I. Durchl. Erzh. Mathiasen, und will man etlichen Räten solches zuemessen, deßwegen Herr Glesel (Klesl), Trautson, Govrian (Covriani) und andere (auf Weisung des Kaisers) von Wien sollen geschafft werden.“ Sicher ist, daß T. sich bald vom Wiener Hofe ganz zurückzog. Ueber seine Rolle in den Tagen der Depossedirung Rudols’s II. (1608) und dessen völliger Entthronung (1611) sind wir nicht näher unterrichtet. Die Kaiserzeit Mathias’ (1612–1619) läßt ihn in den Vordergrund treten. Der venetianische Gesandtschaftsbericht (Soranzo’s) vom September 1614 führt ihn unter den Staatsräthen (consiglieri di stato) an zweiter Stelle, unmittelbar nach Klesl, an und bemerkt über ihn: T. sei lange der Principalminister Kaiser Rudolf’s II. gewesen, aber in Ungnade gefallen, weil er im Verdachte war, die Endzwecke und Interessen Mathias’ zu begünstigen, daher habe er sich auch nach Wien zurückgezogen. Er stünde in dauernder Gunst bei dem Kaiser (Mathias), sei sehr geschäftskundig, denke aber an seinen eigenen Vortheil und sei sehr reich geworden. Die Zügel der Verwaltung überlasse er dem Cardinal Klesl und wende mehr seinen Privatangelegenheiten als den Staatssachen sein Augenmerk zu. Dieser Bemerkung des fremden Gesandten entspricht auch die Thatsache, daß T. a. 1615 die mündliche Zusage des Kaisers, das Münzrecht ausüben zu dürfen, erlangte [524] und dasselbe trotz der Zurückweisung durch die Hofkammer wirklich ausübte. 6. April 1615 errichtete er auch das große Majorat seiner Familie mit kaiserlicher Genehmigung. Er erlebte noch die Thronfolge Kaiser Ferdinand’s II., der ihm das durch den „Hochverrath“ Georg’s E. v Roggendorf verwirkte Erblandhofmeisteramt von Niederösterreich (1620, 23. Oct.) übertrug, und starb am 30. Juli 1621. Sein Grabmal erhebt sich in der Michaelerkirche Wiens. Aus der dritten Ehe überlebte ihn ein Sohn, Johann Franz Graf v. T. (geb. 1609, † 1663 als Statthalter von Niederösterreich).

Khevenhüller, Ann. Ferd. I–IV. – Relationen venet. Botschafter herausg. von Fiedler a. a. O. 2. A. XXVI. (2. Bd.) 1866. – Bergmann a. a. O. 226–232 (danach der Art. in Wurzbach’s österr. biogr. Lexikon XLVII, 51–53). – Hammer, Card. Khlesl 1–4. – Hurter, G. Kaiser Ferdinand II. u. s. Eltern. – Gindely, Kaiser Rudolf II. – Stieve, Die Politik Baierns 1591–1607. 2. Hälfte (1883).