Zum Inhalt springen

ADB:Tucher, Hans

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Tucher, Hans“ von Ernst Mummenhoff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 765–767, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tucher,_Hans&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 22:10 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Tucher, Endres
Band 38 (1894), S. 765–767 (Quelle).
Hans Tucher bei Wikisource
Hans Tucher in der Wikipedia
Hans Tucher in Wikidata
GND-Nummer 104357800
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|38|765|767|Tucher, Hans|Ernst Mummenhoff|ADB:Tucher, Hans}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104357800}}    

Tucher: Hans T., Bruder des Vorigen, geboren zu Nürnberg am 10. April 1428, hielt Hochzeit mit der Barbara Ebner am 17. Januar 1455, aus welcher Ehe 9 Kinder entsprossen, und verehelichte sich zum zweiten Male im J. 1481 mit der Ursula Harsdorffer; 1476 kam er an Stelle seines Bruders, des Baumeisters Endres T., als alter Genannter in den Rath, ward 1480 alter Bürgermeister und Pfleger des Klosters Pillenreut, 1486 Pfleger des reichen Almosens. Die Pflegschaften über das Augustinerkloster und den städtischen Steinbruch zum Kornberg wurden ihm gleichfalls vom Rath übertragen. Er starb am 24. Februar 1491 und liegt in der Kirche zu St. Sebald begraben.

Hans T. ist bemerkenswerth wegen seiner Pilgerfahrt, die er in den Jahren 1479 und 1480 ins heilige Land unternahm. Am 6. Mai 1479 brach er, 51 Jahre [766] alt, mit dem Nürnberger Rathsherrn Sebald Rieter und dem Breslauer Kaufmann Valentin Scheurl, dem Oheim des bekannten Nürnberger Rathsconsulenten Christoph Scheurl, von Nürnberg auf, und erreichte in 13 Tagen Venedig. Von hier fuhr er mit Herzog Balthasar von Mecklenburg und anderen Pilgern am 10. Juni ab, bestieg die Küste bei Jaffa am 23. Juli und kam am 2. August in Jerusalem an. Hier wurde er mit Anderen zum Ritter des heiligen Grabes geschlagen. Mit dem Kanzler des Herzogs von Sachsen Dr. Otto Spiegel und seinem Reisegenossen Sebald Rieter pilgerte er dann zum Grabe der heiligen Katharina unter dem Berg Sinai, das sie in 14 Tagen erreichten, dann auf den Berg Horeb und den Sinai selbst. Am 8. October brachen die Pilger von St. Katharina wieder auf und reisten nach Kairo, wo sie am 16. October anlangten. Von Kairo schieden sie am 4. November und erreichten am 8. November Alexandria, wo T. mit Otto Spiegel bedroht wurde und eine kurze Gefangenschaft erlitt. Am 9. Februar 1480 fuhren sie wieder ab und landeten am 17. März in Venedig. Im Ganzen war Hans T. mit seinem Reisegefährten Sebald Rieter 49 Wochen von Hause fort. Als sie sich Nürnberg näherten, ritten ihnen die beiden Bürgermeister Ruprecht Heller und Paulus Rieter sammt dem größeren Theil des Raths, vielen ansehnlichen Leuten und des Raths reisigen Knechten bis gen Kornburg zum Wald entgegen und geleiteten sie unter großem Andrang des gemeinen Volks unter hohen Ehren nach Hause.

Tucher’s Reisebeschreibung ist in mehrfacher Beziehung bemerkenswerth. Geographisch, weil darin eine andere als die sonst hergebrachte Reiseroute von Jerusalem zum Berg Sinai angegeben ist. T. ging zwar auch von Gaza aus, wie 1483 der Mainzer Domherr Bernhard von Breydenbach mit dem Graf von Solms und weiter der Predigermönch und Lesemeister Felix Fabri zu Ulm, und überschritt den Roackiepaß, den man für den Tihpaß el Mureikhy hält. Aber die Stationen Tucher’s durch die Wüste bezeichnen, nach Ritter, „eine andere Marschroute und sind noch schwieriger mit den bekannt gewordenen Localitäten in Einklang zu bringen“. Die Reisebeschreibung Tucher’s ist auch in rein geschichtlicher Beziehung insofern hervorzuheben, als sie sich schon mehr des Fabelhaften enthält und einen mehr auf das Thatsächliche gerichteten Sinn verräth, wenngleich auch dem Wunderbaren, wie es bei Beschreibungen dieser Art und aus dieser Zeit nicht anders zu erwarten, ein weiter Spielraum eingeräumt ist. Endlich bietet sie auch sprachliches Interesse. Bei ihrem Erscheinen erregte sie die allgemeine Aufmerksamkeit. Sie erblickte zuerst das Licht der Welt „durch Hannsen Schönspergar zu Augsburg“ im J. 1482 in 2°, bei dem noch im selben Jahre (Schönsperger) eine weitere Folioausgabe erschien. Die Nürnberger Quartausgabe vom gleichen Jahre gab die Beschreibung von den „Tadeln und Mängeln“ gereinigt, welche der Augsburger Ausgabe anhafteten. 1483 folgte eine weitere Quartausgabe in Nürnberg, 1484 eine Folioausgabe in Straßburg und 1486 nochmals eine solche bei Anthoni Sorg in Augsburg. Noch im J. 1561 erschien bei Georg Raben und Weigand Han zu Frankfurt a. M. ein „Gründlicher vnd Eigentlicher Bericht der Meerfahrt, so Johann Thucher, einer deß kleinen Raths vnnd Burger zu Nurnberg gen Venedig, Jerusalem, zu S. Katharina Berg, Sinay, Alexandria vnd wider gen Nürnberg gethan“ u. s. w., dann wurde unsere Reisebeschreibung endlich noch im J. 1584 im „Reysbuch des heiligen Landes“, das bei Feyrabend in Frankfurt a. M. erschien, abgedruckt.

Bemerkt sei noch, daß T. zu der ersten Nürnberger Reformation vom J. 1484, dem Civilrechtscodex der Reichsstadt, ein alphabetisches Register fertigte und über den Besitzstand ein Salbuch ausarbeitete, dem er auch ein Verzeichniß der Jahrtagsstiftungen seiner Familie beifügte. Die von der Hand [767] Michel Wolgemut’s stammenden Bildnisse Hans Tucher’s und seiner ersten Frau befinden sich, das erstere im Besitz der Familie, das letztere in der königlichen Gemäldegalerie zu Kassel.

Rathsbuch der Stadt Nürnberg. – Tucher’sches Geschlechtsbuch im Freih. v. Tucher’schen Archiv zu Nürnberg. – Summarische Deduction von dem Alterthum, Thurnier-, Ritter- und Stifftsmäßigkeit, auch Reichsimmodietät des Geschlechts der Tucher. Schwabach 1764. – Carl Ritter, Erdkunde, 14. Theil. Drittes Buch. Westasien. 2. Ausg. Berlin 1848. – Lochner, Zeugnisse über das deutsche Mittelalter. 2. Theil. Nürnberg. 1850. – Reinhold Röhricht und Heinrich Meisner, Deutsche Pilgerreisen nach dem heiligen Lande. Berlin 1880. – Hans Petz über die Bücherei des Nürnberger Raths in Heft 6, und Joachimsohn über H. Tucher’s Buch von den Kaiserangesichten in Heft 11 der Mittheil. d. Ver. f. Gesch. der Stadt Nürnberg.