Zum Inhalt springen

ADB:Türk, Karl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Türk, Karl“ von Heinrich Klenz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 720–722, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:T%C3%BCrk,_Karl&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 12:58 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 54 (1908), S. 720–722 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl Türk (Rechtshistoriker) in der Wikipedia
Karl Türk in Wikidata
GND-Nummer 117438103
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|54|720|722|Türk, Karl|Heinrich Klenz|ADB:Türk, Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117438103}}    

Türk: Karl Friedrich Immanuel T., Geschichtsforscher und Politiker, geboren am 12. März 1800 in dem Dorfe Muchow bei Grabow (im südwestlichen Mecklenburg), † am 27. Februar 1887 zu Lübeck. T. war ein Sohn des Pastors Karl Immanuel Adolf T., der von 1789–99 an der Domschule zu Schwerin, besonders als Lehrer der Geschichte, gewirkt hatte, und der Marie Auguste geb. Unbehagen, die nach dem frühen Tode ihres Mannes († 19. März 1802) zehn Jahre die Stellung einer Kammerfrau bei der Prinzessin Ulrike Sophie, der Vatersschwester Friedrich Franz’ I., in Schwerin bekleidete. Er empfing seine Gymnasialbildung in Schwerin und studirte dann [721] Rechtswissenschaft und Geschichte, auch Philologie und Philosophie: vom Wintersemester 1818/19 ab ein Jahr lang in Breslau unter Förster und Wachler, hierauf ein Jahr lang in Bonn unter Mittermaier und Arndt, vom Wintersemester 1820/21 ab in Rostock hauptsächlich unter Schröter. Hier erwarb er auch im März 1822 auf Grund einer Abhandlung über das Nibelungenlied sowie einer mündlichen Disputation in der Geschichte und Philologie die philosophische Doctorwürde. Dann war er als Privatlehrer in Schwerin thätig, kehrte jedoch schon im folgenden Jahre nach Rostock zurück, um auch die juristische Doctorwürde auf Grund einer rechtsgeschichtlichen Dissertation, „De singulari certamine vulgo duello, cui est Francogallicarum legum ratio subjecta“, zu erwerben. In demselben Jahre veröffentlichte er noch „Bemerkungen zu der Nachforschung über den Ursprung der Ripuarischen und Salischen Gesetze“ im Schweriner „Freimüthigen Abendblatt“ Nr. 245. Michaelis 1824 habilitirte er sich als Privatdocent in der juristischen Facultät der Universität Rostock, zu welchem Zwecke er wiederum eine rechtsgeschichtliche Dissertation, „De statuis Rolandinis“, hatte erscheinen lassen, und richtete „Erste Worte an meine Zuhörer als Einleitung zu meinen Vorträgen über deutsche Rechtsgeschichte“. Schon Ostern 1826 wurde er zum außerordentlichen Professor und Beisitzer der Juristenfacultät ernannt und las nun über juristische Encyklopädie und Methodologie, Rechtsgeschichte, Pandekten, deutsches Privat- und Criminalrecht, Lehnrecht, hielt auch Examinatorien ab. (Bei ihm belegte u. a. Fritz Reuter eine Vorlesung für das Wintersemester 1831/32.) Daneben war er schriftstellerisch thätig, vor allem durch seine „Forschungen auf dem Gebiete der Geschichte“, die in fünf Bänden erschienen: I. Ueber das Westgothische Gesetzbuch, mit einer lithographischen Abbildung (1828); II. 1) Altburgund und sein Volksrecht, 2) Studium und Quellen der deutschen Geschichte, 3) Sechs Briefe aus meinem Leben [autobiographische Mittheilungen!] (1829); III. 1) Kritische Geschichte der Franken bis zu Chlodwig’s Tode, 2) das Salfränkische Volksrecht, mit einer lithographischen Schriftprobe (1830); IV. Geschichte des Longobardischen Volkes und Rechtes bis 774 (1834); V. 1) Altfriesland und sein Volksrecht, 2) Die Dänischen Geschichtsquellen (1835). Im J. 1831 ließ er gemeinschaftlich mit dem Diakonus an St. Marien zu Rostock, späteren ersten Domprediger und Superintendenten zu Schwerin, Hermann Karsten, eine „Einladungsschrift zur Gründung einer wissenschaftlichen Bildungsanstalt für Erwachsenere des weiblichen Geschlechts in Rostock“ ergehen. Im J. 1832 veröffentlichte er „Historisch-dogmatische Vorlesungen über das deutsche Privatrecht: Verzweigung, Quellen, Systeme desselben“.

Wegen seines Fleißes und seiner tüchtigen Leistungen wurde T. am 29. März 1836 unter Versetzung in die philosophische Facultät zum ordentlichen Professor der Geschichte befördert und am 24. Juni in das Professorenconcilium eingeführt. Fortan las er, unter zahlreichem Zuspruch der studirenden Jugend, über allgemeine Geschichte, Theorie der Geschichte, alte Geschichte, die Germania des Tacitus, Geschichte des Mittelalters, deutsche Quellengeschichte, die Geschichtschreiber der sächsischen und fränkischen Kaiserzeit, deutsche Geschichte mit besonderer Rücksicht auf Gesetze und Verfassung, Geschichte des deutschen Volkes, dänische Geschichte bis 1240, neuere und neueste Geschichte, die Verfassungen Spaniens, Englands und Nordamerikas, Geschichte der englischen Staatsverfassung, Geographie, Antiquitäten, Geschichte und den inneren Zustand der vereinigten nordamerikanischen Staaten, das Wesen und den Zweck des Staates und die Zustände in Frankreich (im Sommersemester 1845), die Politik der Jahre 1789 und 1848; ferner über Politik (im allgemeinen) und über [722] Encyklopädie der Staatswissenschaften; auch hielt er historische Conversatorien ab; An Büchern veröffentlichte er noch: „Geschichtliche Studien: I. Spanien und die Denkmäler seiner Geschichte bis 711 n. Chr.; II. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika“ (1841 bezw. 1843), sowie anonym: „Das Familienfideicommiß, eine Denkschrift zum Mecklenburgischen Landtage“ (1845). Auch redigirte er vom 10. April 1847 ab die „Mecklenburgischen Blätter“ in zwei Jahrgängen.

1848 war T. einer der Hauptführer der mecklenburgischen Demokraten. Als Vertreter des 27. mecklenburg-schwerinschen Wahlkreises Grabow – gleichzeitig war er in Rostock gewählt worden, hatte hier jedoch abgelehnt – gehörte er der constituirenden mecklenburgischen Abgeordnetenkammer an, und zwar unter den 14 Mitgliedern des Verfassungsausschusses. Auch in die mecklenburg-schwerinsche Abgeordnetenkammer von 1850 wurde er vom zweiten Wahlkörper des 12. Wahlkreises (Rostock) gewählt. Infolge seiner hervorragenden Betheiligung an der damaligen politischen Bewegung erhielt er am 7. Juli 1852 die Entlassung aus seinem Lehramte und wurde Ostern 1853 in den sogenannten Rostocker Hochverrathsproceß verwickelt. Zunächst mußte er eine Untersuchungshaft von mehr als dreieinhalbjähriger Dauer im Bützower Criminalgefängniß ausstehen; dann wurde er wegen versuchten Hochverraths zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurtheilt, womit er auch die ihm bisher gewährte Pension verlor. Dies geschah im November 1856. Seitdem war er fast ein toter Mann, obwohl er noch über dreißig Jahre lebte. Nachdem er an verschiedenen Stellen vergeblich angeklopft hatte, um sich ein neues Wirkungsfeld zu verschaffen, wandte er sich im J. 1860 nach Lübeck, wo er sich und die Seinigen wohl meist durch journalistische Arbeiten ernährte. Nur noch einmal trat er öffentlich mit einer Schrift hervor, die viel gelesen wurde, aber den gewünschten Erfolg nicht hatte; es war: „Die Revision des Rostocker sogenannten Hochverrathsprocesses“ (1866, 2. Auflage 1867).

T. hatte aus erster Ehe mit einer geborenen Brandenburg (in zweiter Ehe war er mit einer Verw. Dugge, geb. Prehn verheirathet) einen Sohn Karl, der in Lübeck als Arzt wirkte, ein vertrauter Freund Geibels war und am 22. November 1890 als Oberstabsarzt a. D. und Physicus starb. Aus dessen Ehe mit der Romanschriftstellerin Emmy Eschricht stammt die gleichfalls als Romanschriftstellerin thätige Eva Gräfin v. Baudissin, die frühere Gattin des als „Freiherr v. Schlicht“ bekannten Militärhumoristen.