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ADB:Wagner, Johann Jakob (Philosoph)

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Artikel „Wagner, Johann Jakob (Philosoph)“ von Max Heinze in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 510–515, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wagner,_Johann_Jakob_(Philosoph)&oldid=- (Version vom 20. November 2024, 00:47 Uhr UTC)
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Wagner: Johann Jak. W., Philosoph, war geboren am 21. Januar 1775, in demselben Jahr und Monat wie Schelling, in Ulm, der damals freien Reichsstadt, als einziges Kind des hospitalischen Zinseinnehmers Joh. Geo. W. und dessen erster Frau Ursula, geb. Unfeld[1]. Seine Eltern, obwohl nicht höher gebildet und finanziell in recht bescheidenen Verhältnissen, ließen ihn das Gymnasium seiner Vaterstadt, das zugleich eine Art Universität war, besuchen, wobei [511] er den Unterricht des ihm in der Folge innig befreundeten Andreas Adam, der später Professor am Gymnasium wurde, genoß. Von dem Studium der Theologie durch äußere Gründe abgebracht, widmete er sich der Jurisprudenz von 1795–1796 in Jena, wo er mit Fichte näher bekannt wurde, und von 1796–1797 in Göttingen, wo er zu dem Philologen Heyne in engere Beziehung trat, auch dessen philologisches Seminar besuchte; daneben trieb er eifrig Philosophie und Staatswissenschaften. Im Juli 1797 erwarb er sich die Doctorwürde bei der philosophischen Facultät in Göttingen, kündigte auch Vorlesungen an, kam aber nicht dazu, sie zu halten. Da es ihm besonders daran gelegen sein mußte, möglichst rasch seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen, nahm er 1798 die Stelle eines Redacteurs der von Leuchs herausgegebenen Handelszeitung in Nürnberg an, in welcher Thätigkeit er sich in neue Fächer einarbeiten mußte und so seinen wissenschaftlichen Gesichtskreis wesentlich erweiterte. Nachdem er sich mit Justine Philippine Vetter, die schon seit 1795 mit ihm verlobt war, 1801 verheirathet hatte, lebte er einige Jahre als Privatgelehrter, an zwei Litteraturzeitungen mit beschäftigt, in Salzburg, wo er auch Privatvorlesungen hielt, ging aber von da 1803 nach München, weil er sich einen größeren Wirkungskreis und regeren wissenschaftlichen Verkehr wünschte, und wurde hier sehr bald zum außerordentlichen Professor der Philosophie an der neu aufblühenden Universität Würzburg ernannt, wo Schelling lehrte, an dessen Naturphilosophie er sich in seinen bisherigen philosophischen Schriften angeschlossen hatte. Sehr bald nach Beginn seiner Thätigkeit in der neuen Stellung überwarf er sich jedoch mit diesem, so daß ihr Verhältniß, so lange sie zusammen wirkten, ein sehr gespanntes war. Als im J. 1809 Würzburg an den Großherzog von Toscana fiel, wurde mit Anderen zugleich auch W. pensionirt, lebte dann in Heidelberg als Privatdocent, bis er, nachdem Würzburg 1815 wieder bairisch geworden war, dorthin zurückgerufen wurde. Wahrscheinlich aus kirchlich-politischen Gründen 1834 in den Ruhestand versetzt, nahm er seinen Wohnsitz 1840 in Neu-Ulm, wo er ein eigenes Haus erworben hatte, und starb schon am 22. November 1841. Bestattet wurde er im Pfarrdorf Pfuhl, zu dessen Parochie Neu-Ulm gehörte; die von ihm selbst verfaßte Grabinschrift lautet: „Hier hat ein Auge sich geschlossen, aus dem das All sich reich und liebend sah“. Seine Frau überlebte ihn, Kinder hinterließ er nicht.

W. war eine nach innen gekehrte, wenig weltgewandte Natur, die namentlich in späteren Jahren Umgang mit Fremden nicht suchte, aber gegenüber solchen, die ihm einmal näher getreten waren, zeigte er sich offen und ausgiebig, bei geselligen Zusammenkünften mit Freunden, so in der „weltregierenden Gesellschaft“ zu Würzburg, gesprächig und heiter scherzend. Er hatte vielfach mit finanziellen Schwierigkeiten, auch mit Krankheit zu kämpfen, fand öfter nicht die gewünschten Verleger für seine Schriften, und noch weniger konnte er mit der Aufnahme seiner Werke bei dem Publicum zufrieden sein. Er vernachlässigte die gewöhnlichen Mittel, um seine Schriften bekannt zu machen und sich selbst fortzuhelfen, und hätte er sie auch anwenden wollen, so würde er es nach seiner eigenen Meinung ungeschickt angefangen haben. Infolgedessen war seine Stimmung häufig eine verbitterte; so schreibt er einmal 1819 an Adam: „Du wirst gestehen müssen, daß mein ganzes bisher geführtes Leben ein Kampf begeisterter Aufopferung für die Wissenschaft war, wobei das Schicksal mir nie etwas gewährte, was, indem es erfreut, die Kräfte auffrischt und erneuert. – Immer habe ich zu meiner Anstrengung die Kraft aus meinem eigenen Busen schöpfen müssen, und für mein Weib lag in meinem Beispiele die stets neue Aufforderung, die Aufopferung fortzusetzen; nie vom Schicksale freundlich angeblickt, arbeiteten wir uns beide athemlos ab. Nun stehe ich zwar jetzt in sorgenfreier Lage äußerlich [512] da, und innerlich habe ich meine Wissenschaft zur Klarheit und Weisheit gebracht, allein es bleibt verhaßt, auf eine Reihe so bitter verlebter Jahre und so viel schonungsloser Strenge des Schicksals zurückzublicken“. Doch wurde er aus solcher Verbitterung bei der Beweglichkeit seines Gemüthes leicht emporgehoben, so durch Fußreisen, die er öfter mit seiner Frau, seiner treuen Gefährtin, machte, durch Freude an seinem Haus und seinem Garten, die er in Würzburg besaß, durch anerkennende Briefe, die er öfter von ihm unbekannter Seite erhielt, durch Hochachtung, die ihm wegen seiner wissenschaftlichen Thätigkeit von angesehenen Männern in Würzburg zu Theil wurde, z. B. von dem späteren bairischen Finanzminister und Bundestagsgesandten von Lerchenfeld, von dem späteren Regierungspräsidenten und Staatsrath, damaligen Regierungsdirector Freiherrn von Andrian-Werburg, von dem Regierungspräsidenten Freiherrn von Asbeck. Namentlich aber hielt ihn die Befriedigung an seinem reichen philosophischen Schaffen und an seinen Vorlesungen aufrecht.

Seine Vorlesungen, die sich früher besonders durch Beredsamkeit und Feuer, später mehr durch Ruhe, stille Wärme und Klarheit auszeichnen mochten und eine zahlreiche Zuhörerschaft auch aus nicht studentischen Kreisen, sogar Damen, anzogen, erstreckten sich außer auf Philosophie und mathematische Philosophie auch auf weitere Gebiete, so in Heidelberg auf den Streit der vier Facultäten und in Würzburg lange Zeit auf Weltgeschichte. Für die letztere wünschte er eine definitive Anstellung mit einer entsprechenden Gehaltserhöhung; als aber die philosophische Facultät in Würzburg, zu einem Gutachten darüber aufgefordert, sich dahin äußerte, W. trage nicht Weltgeschichte, sondern ein bloßes philosophisches Raisonnement darüber vor, wurde er abschlägig beschieden. In den letzten Jahren seiner Lehrthätigkeit fiel es ihm schwer, das, was ihm selbst vollkommen klar geworden war, Anderen, die auf niedrigerer geistiger Stufe standen, mitzutheilen, so daß er die Freiheit vom akademischen Beruf, die ihm wider seinen Willen zu Theil wurde, nicht zu bitter empfand.

Als philosophischer Schriftsteller war W. fruchtbar; in seiner Jugend hatte er besonders Neigung zur Poesie, meinte in seinen früheren Jahren, auf dem Gebiete der Philosophie nichts, wohl aber als Dichter etwas leisten zu können. Auch später sprach er es noch aus, daß des Menschen Bestimmung eigentlich die Poesie sei. So schrieb er schon in Göttingen einen Roman: „Lorenzo Chiaramonti oder Schwärmereien eines Jünglings“, der aber erst 1801 in Nürnberg erschien, etwa gleichzeitig mit der auch früher verfaßten Schrift: „Ueber Fichte’s Nicolai oder Grundsätze des Schriftstellerrechts“. Obwol er sich dann lange Jahre auf das strengste mit systematischer, ja recht pedantisch-schematischer Philosophie abgab, verließ ihn doch die Liebe zur Poesie niemals, wie seine in den verschiedensten Zeiten verfaßten Gedichte, auch ein in Jena geschriebenes Lustspiel, beweisen, wie namentlich sein letztes, weiter unten zu erwähnendes Werk bezeugt. Seine erste wissenschaftliche Schrift, die philologisch-philosophischer Art war, verfaßte er, wie den erwähnten Roman schon in Göttingen; es war das „Lexici Platonici specimen“ (Gött. 1797), das in erweiterter Gestalt (Göttingen 1799) erschien als „Wörterbuch der platonischen Philosophie“. In Salzburg kam er zu selbständigen philosophischen Arbeiten, in denen er die naturphilosophischen Gedanken Schelling’s, aber mehr in mathematischer Weise, auszuführen suchte; er selbst bezeichnete diese Schriften später freilich als unreife, aus Gemüth und Lectüre hervorgegangene Jünglingsbestrebungen. Rasch nach einander veröffentlichte er: „Theorie der Wärme und des Lichts“ (Leipz. 1802); „Ueber das Lebensprincip und P. J. A. Lorenz’ Versuch über das Leben“ (aus dem Französischen), (Leipz. 1807); „Die Philosophie der Erziehungskunst“ (Leipz. 1803), worin er „die allgemeine Entwickelungsform [513] alles geistigen und physischen Lebens“ zu finden suchte; „Von der Natur der Dinge in drei Büchern“ (Leipz. 1803). Ueber diese letzte Arbeit spricht er sich selbst folgendermaßen aus, als er daran war, sie zu beenden: „Mein System bringt solche Einheit in das Ganze und nähert das Tiefste und Höchste so sehr, daß mich diese Einfachheit des Universums oft zum Verächter alles Wissens macht, dessen höchste Kunst es ist, allen Reichthum der Natur in armer Einheit aufzulösen. Wahrlich, wer das Wissen ganz ermißt, fühlt erst recht seine Armuth und Eitelkeit und verwünscht dies armselige Loos –, ein Philosoph zu sein.“ In der Schrift: „Ueber die Trennung der legislativen und executiven Staatsgewalt“ (Münch. 1804), vertrat er besonders den von ihm schon früher ausgesprochenen Gedanken, daß der Staat die organische Form des Volkslebens sei. Durch die Theologie und den Neuplatonismus in Schelling’s „Religion und Philosophie“ wurde er dem ihm früher sehr hoch stehenden Schelling auf philosophischem Gebiet ganz entfremdet, wovon die Schriften zeugen: „Ueber das Wesen der Philosophie“ (Bamberg 1804); „System der Idealphilosophie“ (Leipzig 1804). Er erklärte Schelling’s intellectuelle Anschauung und absolutes Wissen für leere Redensarten, da eine Anschauung oder Erkenntniß des Absoluten nicht in der Wissenschaft zu erreichen sei. Die Speculation Schelling’s müsse „einer auf Religion ruhenden, in Weltgeschichte und Naturwissenschaft anschaulichen, im Gleichgewichte ihrer beiden Seiten durchgeführten und durch das in der Mathematik aufbehaltene Weltgesetz organisirten Wissenschaft“ weichen.

Ferner erschienen von W.: „Grundriß der Staatswissenschaft und Politik zum Gebrauche akademischer Vorlesungen“ (Leipzig 1805); „Von der Philosophie und Medicin, ein Prodromus beider Studien“ (Bamberg u. Würzburg 1805). Wie er in dieser Zeit von seinem philosophischen Schaffen dachte, sehen wir aus einem Brief vom Januar 1806, wo er schreibt: „Ich habe der Wissenschaft Opfer gebracht, wie nur wenig Menschen einer Idee bringen, allein sie war meine Bestimmung, und in unserer Welt, wo es keine Größe gibt als die Einseitigkeit, darf ich nicht klagen. Meine Opfer kommen Vielen und auch mir zu Gute. – Ich habe gerungen, mir das ganze Gebiet des menschlichen Wissens zuzueignen, und ich bin jetzt Herr in jeder seiner Provinzen. – Ich darf sagen, daß der Ehrgeiz wenig Theil an meiner Laufbahn hatte, und daß mich ein inneres Verhängniß trieb; und gerade dieses hat mich nun auch aus seiner göttlichen Führung emancipirt und mich mir selbst zurückgegeben“. Da er die Weltgeschichte als parallel mit der Naturgeschichte ansah, wandte er sich ihr und ihren Quellen jetzt besonders zu und schrieb: „Ideen zu einer allgemeinen Mythologie der alten Welt“ (Frankf. a. M. 1808), worin er die Religion als erstes Selbstgefühl der Seele betrachtet und mit ihrem Entstehen die Geschichte erst beginnen läßt, sowie: „Homer und Hesiod, ein Versuch über das griechische Alterthum“, eine Arbeit, die erst nach seinem Tode im 3. Theil von J. J. Wagner’s Kleinen Schriften erschien, ferner: „Theodicee“ (Bamberg 1809). In Heidelberg hatte W. über mathematische Philosophie gelesen, so daß er sich veranlaßt sah, ein Werk unter eben diesem Titel (Bamberg 1811) drucken zu lassen. Er spricht sich selbst dahin aus, daß es der größte Fehler seiner Vorgänger gewesen sei, Mathematik auf Philosophie anzuwenden, wie man Mathematik auf Physik anwende. Die Hauptsache sei, daß alle Erkenntniß ein Setzen von Verhältnissen sei, und daß es gar keine anderen als mathematische Verhältnisse gebe. So sei z. B. die zweitheilige Wurzel: Intelligenz und Natur, die Mutter alles Realen und Idealen, welches sich nach den Gesetzen des Binomiums aus ihr entwickle. So gehe aus der Intelligenz Geist und Wille hervor, deren Product Gemüth heiße; aus dem Gemüth gehe erst Phantasie und Vernunft hervor, deren Product sich [514] wieder in Verstand und Einbildungskraft trenne und neu vereinigt zum Sinn werde, der sich in Bewegung und Empfindung enthülle u. s. w.; nichts als Descendenz- und Collateralverhältnisse, die ihren mathematischen Entwicklungsgang hielten. So suchte er den Gedanken, daß „Mathematik das Gesetzbuch der Welt und die Form der Erkenntniß und der Dinge sei“, näher zu begründen und dadurch „die Mathematik aus einer bloßen Größenlehre auf die Stufe der letzten Wissenschaft oder derjenigen Lehre zu erheben, durch welche jedes Wissen erst Wissenschaft“ werde. Die begriffenen mathematischen Sätze sollen zugleich die Kategorien des Denkens und die Formen der Sprache sein. Die Constructionsweise nach Tetraden d. h. nach der Verbindung des absoluten und relativen Gegensatzes, die er hier schon als Weltgesetz im Gegensatz zu dem triadischen Schema des Identitätssystems hatte nachweisen wollen, wandte er weiter an in seinem Werke „Der Staat“ (Würzb. 1815, 2. Aufl. Ulm 1848), das trotz alles Gedankenreichthums den von ihm erhofften Beifall nicht fand. Er klagt selbst bitter darüber, daß man die Vierzahl nicht verstehen wolle, obgleich es ja im Himmel und auf Erden nichts als die Einheit gebe, die sich in einem Gegensatz öffne und nach dem herausgetretenen Gegensatz wieder schließe. Seine religiösen Ansichten legte er in dem Werke: „Religion, Wissenschaft, Kunst und Staat in ihren gegenseitigen Verhältnissen betrachtet“ (Erlangen 1819) nieder, worin er eine Construction des Christenthums gab, mit der Hoffnung, zugleich den Grund zu einem Zusammenfallen des Christenthums mit der Philosophie gelegt zu haben. Die Bedeutung der mathematischen Anschauungsweise setzte er auseinander in „System des Unterrichts, oder Encyclopädie und Methodologie des gesammten Schulstudiums“ (Aarau 1821). Die nächsten neun Jahre brachte er dann größtentheils mit der Ausarbeitung seines Hauptwerkes zu: „Organon der menschlichen Erkenntniß“ (Erlangen 1830, 2., wohlfeile Aufl. Ulm 1850). Hier sollte Philosophie Mathematik und Mathematik Weltgesetz werden, und eine andere Wissenschaft überhaupt nicht gedacht werden können „als allein diese Wissenschaft der Form, mit welcher durch die Idee des Lebens zugleich der Inhalt gegeben sei, sodaß aller alte Zwist zwischen Speculation und Leben aufhören müsse und die Speculation vom Abenteuern zur sichern Demonstration gelange“. Die Grundlage aller Dinge ist das Leben, welches Gott ihnen verliehen hat; das Grundschema alles Seins wird gebildet durch die vier Begriffe: Wesen, Gegensatz, Vermittlung, Form, und das allbeherrschende Gesetz lautet: Das Wesen der endlichen Dinge geht durch vermittelte Gegensätze in Form über, und umgekehrt geht die Form durch Lösung aller Vermittlung und Erlöschen aller Gegensätze in das einfache Wesen zurück. Hienach zerfällt das „Organon“ in vier Theile: Der erste, das Weltgesetz, enthält die Ontologie, d. h. das System von Kategorien, viergliedrig durchgeführt; das zweite, das Erkenntnißsystem, behandelt die Nachbildung des Objectiven im Subject, die Erkenntniß auf ihren vier Stufen: Vorstellung, Wahrnehmung, Urtheil und Idee. Diese letzte ist der Form nach Schauen, dem Inhalte nach Erkennen des Einzelnen in der Totalität des Universums. Der dritte Theil, das Sprachsystem, geht auf die Darstellung durch Zeichen und Töne, durch Figur und Zahl und der vierte, das Weltsystem, auf das Weltgesetz, wie es in der Natur, im Menschen und der Geschichte der Menschheit zur Erscheinung kommt. Später veröffentlichte W. noch „System der Privatökonomie“ (Ulm 1834), und „Dichterschule“ 1840, in welcher er die Poesie nicht als das Werk natürlicher Begeisterung, sondern als das der besonnenen Reflexion und der Berechnung betrachtet, woraus schon hervorgeht, wie wenig er das Wesen des echten Dichters faßte. J. J. Wagner’s „Kleine Schriften“, auch unter dem Titel: „Strahlen deutscher Weltanschauung“, wurden herausgegeben von Ph. L. Adam (1. und 2. Theil Ulm 1839, 3. Theil, 1847); [515] in ihnen wurden manche früher in der Isis Oken’s schon erschienene Aufsätze wieder abgedruckt, erschien aber auch manches umfangreichere Neue, z. B. „Ideen über Musik“. Nach seinem Tode wurden von Ph. L. Adam noch veröffentlicht: „Nachgelassene Schriften über Philosophie“, 1.–7. Theil (Ulm 1852–57), nämlich Metaphysik, Logik und Erkenntnißlehre, Naturphilosophie, Anthropologie, Aesthetik, Praktische Philosophie. Obgleich W. ein reicher Geist von speculativer Kraft war und obgleich er einige begeisterte Schüler hatte, die sich aber nicht weiter philosophisch hervorgethan haben, hat er doch nur wenig nachhaltige Wirkung ausgeübt; die mathematisch-schematische Form, in die er seine Gedanken einpreßte – zeigt sich doch sogar in seinen Gedichten die Tetrade –, mochte Viele schon zu seinen Lebzeiten von dem genaueren Studium seiner Werke abschrecken, geschweige denn später, wo man die Naturphilosophie vollständig überwunden zu haben glaubte.

Johann Jakob Wagner. Lebensnachrichten und Briefe. Von Phil. Ludw. Adam u. Aug. Kothe, neue wohlfeile Ausgabe (Ulm 1851). – Leonh. Rabus, J. J. Wagner’s Leben, Lehre u. Bedeutung, e. Beitrag zur Gesch. deutsch. Geistes (Nürnb. 1862).

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 510. Z. 3 v. u. l.: Unseld (statt Unfeld). [Bd. 55, S. 894]