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ADB:Wagner, Joseph Maria

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Artikel „Wagner, Joseph Maria“ von Karl Glossy in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 522–524, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wagner,_Joseph_Maria&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 12:28 Uhr UTC)
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Wagner, Josef
Band 40 (1896), S. 522–524 (Quelle).
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Wagner: Joseph Maria W., als Sprachforscher vielfach verdient, wurde am 1. December 1838 zu Wien geboren. Die erste Anleitung zum Sprachstudium erhielt W. von seinem Vater, nach dessen Tode er genöthigt war, die Lateinschule zu verlassen, die er bis zur sechsten Classe besuchte. Um wenn auch nur in entfernter Beziehung zur Wissenschaft zu stehen, trat er als Lehrling in eine Buchhandlung ein, verließ jedoch sehr bald diese Laufbahn und nahm 1856 eine bescheidene Stelle im Finanzministerium um so lieber an, als ihm nun genügend freie Zeit offen stand seine Studien fortzusetzen. Diese bezogen sich zunächst auf das Gebiet des Volksliedes, für das er schon in frühester Jugend eine große Neigung gefaßt hatte. Ausgestattet mit einem reichen Wissen, das er sich durch eine fabelhafte Belesenheit erworben hatte, erschloß er nach und nach der Wissenschaft reiche Schätze, insbesondere aus der [523] Hofbibliothek und der Bibliothek des Stiftes Klosterneuburg, wo er mit seinem Jugendfreunde Sebald, der inzwischen Chorherr geworden, gemeinsame Studien trieb, die sich vornehmlich auf die Litteratur des 15. und 16. Jahrhunderts erstreckten. Was er für die Kenntniß des deutschen Volksliedes geleistet geht aus den Sammlungen von Liliencron, Hoffmann, Ditfurth, Weller und Wackernagel hervor, an denen er mehr oder weniger hervorragenden Antheil hat. Auch an manch anderem ist er stiller Mitarbeiter gewesen, ohne daß ihm hierfür der gebührende Dank offen ausgesprochen worden wäre. Das verdroß aber den tüchtigen Mann nicht, der von den vornehmsten Gelehrten als ebenbürtiger Forscher geachtet wurde, und mit denen er theils in persönlichem, theils in brieflichem Verkehr stand, unter anderen auch mit Hoffmann v. Fallersleben, von dessen Gedichten Wagner die achte Ausgabe (1874) besorgte. Litterarisch war er auch mit Pfeiffer verbunden, nach dessen Tode er die Vollendung des XIII. Bandes der Germania und des Laßberg’schen Briefwechsels übernahm. Zu seinen Forschungen über das Volkslied gesellte W. auch eingehende Studien über das Rothwelsch, das er schon in der Lateinschule als harmlose Spielerei getrieben hatte, auf dessen wissenschaftliche Seite er aber erst durch A. F. Pott’s: „Die Zigeuner in Europa und Asien“ aufmerksam wurde. Das Ergebniß seiner Thätigkeit legte er 1861 in Petzholdt’s Neuem Anzeiger für Bibliographie und Bibliothekswissenschaft nieder. Auch die Recension über Avé-Lallemant’s „das deutsche Gaunerthum“ in Zarncke’s Literar. Centralblatt (1863) bekundet seine innige Vertrautheit in diesem Zweige. Ein weiteres Verdienst erwarb sich W. durch die Ordnung und Beschreibung der an litterarischen Seltenheiten reichen Büchersammlung des Wiener Gastwirthes Haidinger, die nach dessen Tode zum größten Theil der Wiener Stadtbibliothek einverleibt wurde. Bei Haidinger fand er auch ein äußerst werthvolles Material Für die Festschrift: „Prinz Eugenius der edle Ritter in den Kriegs- und Siegesliedern seiner Zeit“, die gelegentlich der Enthüllung des Eugen-Monumentes in Wien (1865) erschienen ist. Von seinem rastlosen Eifer geben die zahlreichen Beiträge Zeugniß, die in verschiedenen gelehrten Zeitschriften erschienen sind. Wir finden ihn als eifrigen Mitarbeiter im „Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit“, in Petzholdt’s „Neuem Anzeiger für Bibliographie und Bibliothekswissenschaft“, in Herrig’s „Archiv für neuere Sprachen und Litteratur“, in „Pfeiffer’s Germania“, in Frommann’s „Die deutschen Mundarten“ und in Steinmeyer’s „Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsche Literatur“. Mit äußerst werthvollen Beiträgen aber zierte er das „Serapeum“, wo er nebst Anderem auch seine Studien über österreichische Dichter des 16. Jahrhunderts veröffentlicht hatte. Ermuntert und unterstützt von hervorragenden Fachgenossen unternahm er in Wien 1874 die Herausgabe des „Archivs für Geschichte der deutschen Sprache und Dichtung“, wovon jedoch nur ein Band erschienen ist. Neben allen diesen größeren und kleineren Studien arbeitete W. mit großem Eifer an dem liber vagatorum, an einer Sammlung deutscher Volkslieder aus Oesterreich und an den Sammlungen zur Neubearbeitung von Hoffmann’s deutscher Philologie. Leider geriethen die Arbeiten ins Stocken, infolge trauriger persönlicher Verhältnisse, die auch die Quelle eines physischen Leidens wurden, dem W. am 3. Mai 1879 erlag. Von seinen nachgelassenen Werken ist bisher nichts im Druck erschienen, was im Interesse der Wissenschaft sehr zu beklagen ist. Nur die Selbstbiographie, die bis zum Jahre 1868 reicht, hat Josef Strobl für Wagner’s Nekrolog benützt.

Anzeiger für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur, herausgegeben von Steinmeyer Band VI. Nekrolog von Josef Strobl. – Wurzbach LII, der im wesentlichen Strobl gefolgt ist, ohne ihn als Quelle zu nennen. Ein [524] kurzer Nekrolog mit spitzen Bemerkungen gegen die österreichische Unterrichtsverwaltung in „Neue freie Presse“ Nr. 5270.