ADB:Wagner, Tobias (lutherischer Theologe)

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Artikel „Wagner, Tobias, evangelischer Theologe“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 582–584, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wagner,_Tobias_(lutherischer_Theologe)&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 15:21 Uhr UTC)
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Wagner: Tobias W., evangelischer Theologe, † 1680, ein polemischer Lutheraner in der Zeit der Streittheologie des 17. Jahrhunderts. – W. wurde zu Heidenheim in Württemberg am 21. Februar 1598 geboren, erhielt seine Vorbildung im Kloster Maulbronn und studirte Theologie zu Tübingen, wo er im zwanzigsten Lebensjahre Magister wurde. In das Predigtamt eingeführt wirkte er zwanzig Jahre zu Eßlingen, erst als Diakonus, dann als Pfarrer; [583] darauf wurde er 1653 nach Tübingen berufen und erhielt hier außer der Aufsicht („Superintendentur“) über das dortige Stift („Stipendium“) die Professur der polemischen Theologie („controversiarum“) auf der Universität, dazu später auch die Würde eines Propstes und 1662 die des Kanzlers. In dieser Stellung hat er als Theologe zum Wiederaufbau der theologischen Facultät nach der Zeit des 30jährigen Krieges beigetragen und als Kanzler 98 Candidaten die Doctor- und 691 die Magisterwürde ertheilt. Er erreichte das hohe Alter von 82 Jahren und konnte 56 Jahre amtlich thätig sein, bis ihn der Tod am 13. August 1680 hinwegnahm. Sein Wahlspruch war „innocenter, patienter, constanter“; das Streben nach diesen Tugenden spricht zwar für einen guten Willen Wagner’s; aber er hat im Zeitalter der Polemik den Streit nicht vermieden, sondern geschürt, unter Collegen wie unter anderen Gelehrten, so daß er als Kanzler dreimal von Herzögen zur Ruhe verwiesen werden mußte, und ihm auch einmal ein Buch confiscirt wurde. So lange er lebte, haben die theologischen Händel in Tübingen nicht aufgehört, so daß ein Visitationsreceß von 1675 behauptete, es kämen deswegen keine auswärtigen Studenten mehr dorthin.

Schriften hat er in seinem langen Leben nicht wenige veröffentlicht. Sehen wir ab von der Aufzählung seiner historischen Schriften, deren Titel sich u. a. bei Zedler (s. unten) Sp. 685 finden, so kommen als theologische hauptsächlich folgende in Betracht: „Diatribe de persona Christi cum annexa oratione de incarnatione filii Dei“ (Tüb. 1654); „De iustificatione hominis peccatoris coram Deo“ (Tüb. 1656); „Exercitationes, an Lutherani habeant veram scripturam“ (Tüb. 1658); „Manuductio polemica, XXII disputationibus de sacra scriptura instituta“ (Tüb. 1659); „Fasciculus canonico-theologicus“ (Tüb. 1660); „De causis fidei salvificae“ (Tüb. 1663); „Inquisitio theologica in Acta henotica, nostro potissimum tempore inter theologos Augustanae confessionis et reformatae ecclesiae a Reformatis resuscitata“ (Tüb. 1664); „Inquisitio in oracula Sybillarum de Christo“ (Tüb. 1664); „Diatribe de subsistentia ecclesiae N. T. sub incommodis“ (Tüb. 1673); „Examen elenchticum atheismi speculativi“ (Tüb. 1677); „Disputatio, an Christus, qua homo et qua mediator, sit adorandus“ (Tüb. 1678); „Proempticum iudicium theologicum de scriptis Jac. Boehmii, Sutoris, dicti teutonici philosophi“ (Tüb. 1679). Dazu zwölf feierliche lateinische Reden (Orationes, deren Titel bei Zedler, s. unten, Sp. 686) und fünf lateinische Dissertationen (deren Titel ebd. Sp. 689[WS 1]). – Viel verbreitet war eine philosophische Schrift von ihm unter dem Titel „Compendium dialecticum, nucleum praeceptorum dialecticorum exhibens“ (Ulm 1658, 1661 und 1680). – Das confiscirte Buch Wagner’s hatte den Titel „De qualitate pugnae inter theologiam et philosophiam, iam dum sub praelio sudans tractatus, sed autore Augustae commorante, iussu Principis inhibitus fiscoque addictus“ (Tüb. 1671). Außer diesen gelehrten Arbeiten erwies sich W. als erbaulicher Schriftsteller in deutscher Sprache recht fruchtbar. Hierher gehören neben vielen einzelnen Predigten und kleineren erbaulichen Schriften folgende Werke: „Postilla evangelica textualis oder schrift- und textmäßige Auslegung der sonn-, fest- und feyertäglichen Evangelien in 7 Jahrgängen erkläret“ (VII Theile, Ulm und Tüb. 1650, 1659, 1660, 1672, 1677); „Casualpredigten über allerhand bedenkenswürdige schwere Fälle“ (Stuttg. 1658); „Epistel-Postill oder schriftmäßige Auslegung der sonn-, fest- und feiertäglichen Episteln des ganzen Jahres“ (Tüb. 1666); „Predigten von D. Martin Luthern“ (Frankf. 1666); „Zauber- und Hexen-Predigten“ (1667); „Schriftmäßiges Bedenken, was von Jacob Böhmens Büchern zu halten samt angehängten Bann und Bußpredigten“ (Stuttg. 1682).

[584] Vgl. Fischlin, Memoria theologorum Würtemberg. P. II, p. 187. – Grossens Jubel-Priester-Historie, I. Th., S. 431 ff. – Gryphius, De scriptoribus historiam saeculi XVII illustrantibus, p. 129, 134. – Unschuldige Nachrichten, 1724, S. 696. – Bibliotheca Ittigiana P. I., p. 199, 226, 386. – (Zedler), Universallexikon, Bd. 52 (1747) Sp. 685-689. – Karl v. Weizsäcker, Lehrer und Unterricht an der evangelisch-theologischen Facultät der Universität Tübingen, von der Reformation bis zur Gegenwart (Tüb. 1877, S. 66–79). Hier auch die quellenmäßige Charakteristik Wagner’s.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: S.