ADB:Wagner, Tobias (Darmstädter Superintendent)
[582] gewidmet hatten, wofür er außerdem die Gabe eines „feinen, freudigen Ingeniums und eines guten Gedächtnisses mitbrachte.
Wagner: M. Tobias W. (meistens mit seinem lateinischen Namen, Plaustrarius, genannt), Superintendent in Darmstadt, geboren in Biberau am 26. October 1575, † in Darmstadt am 15. November 1632. – Marburg sah ihn als Schüler seiner Stadtschule und seines Pädagogiums, hier auch wurde er, achtzehn Jahre alt, philosophiae magister und ebenfalls hier lag er dem Studium der Theologie ob, dem sich sein Vater und sein Großvater auch schon1596 wurde er, nach Vollendung seines Studiums, seinem Vater als Diaconus im Pfarramte zu Biberau beigeordnet und kurz darauf auch nebenher noch mit dem Pastorate von Wersau betraut. 1598 kam er als Pfarrer nach Auerbach und blieb an diesem Orte bis 1615. Alsdann übernahm er das Pfarramt von Zwingenberg an der Bergstraße. Hier wirkte er erst sieben Jahre (von 1615 bis 1622), und später noch einmal zwei (1626–1628). In der Zwischenzeit, von 1622–1626, war er Prediger in Oppenheim, hatte aber hier unter den Unruhen des großen Krieges und dem übermächtigen Drucke der Spanier, die ihm seine Katharinenkirche sperrten und auch die Gottesdienste in einem ihm vom Senator Georg Altrogg eingeräumten Privathause vereitelten, so viel zu leiden, daß er sich 1626 gern nach Zwingenberg, dessen Pfarrer damals gestorben war, zurückrufen ließ. Jedoch konnte er nur noch zwei Jahre in seiner alten Gemeinde bleiben, denn 1628 schon wurde er wieder hinweggerufen, um als Superintendent nach Darmstadt zu gehen, als Nachfolger Vietor’s, dessen Vorgänger der Schwiegervater Plaustrarii, Joh. Angelus[WS 1], gewesen war. In Darmstadt beschloß er 1632 sein Leben, eines Sonntages, fast auf der Kanzel, vom Tode ereilt. In die Zeit seiner Superintendenturverwaltung fiel die von Georg II. angeordnete allgemeine Kirchenvisitation von 1629, bei der Plaustrarius größtentheils den Vorsitz führte. Sie ist von Wichtigkeit, weil im Zusammenhang mit ihr Vorschriften über Lehre und Leben der Geistlichen, kirchliche Amtsverrichtungen, Visitationen, Predigerconvente u. s. w. entworfen wurden, die später der hessen-darmstädtischen Agende einverleibt worden sind (vgl. Rehm’s Handbuch der Geschichte beider Hessen II, 320).
Nach dem Zeugnisse D. Leißring’s, der ihm die Leichenrede gehalten hat, war Tobias W. ein „sorgfältiger, geübter und recht eifriger Mann“. Seine hinterlassenen Predigten bestätigen dieses Urtheil vollauf. Hier zeigt er sich als einen gründlichen Kenner der heiligen Schriften, aus denen, wie er es von jeder Predigt fordert, die seinen in der That „gesogen und gezogen“ sind. Auch in der Kirchenhistorie und in der Weltgeschichte, ist er bewandert und nimmt mit Vorliebe geschichtliche Beispiele zum Schmucke seiner etwas lehrhaften, aber selten einmal trockenen Predigten. Seine Auffassung des Lebens ist ebenso christlich tief wie gesund; als echten Lutheraner erweist er sich insbesondere auch in seiner warmen Werthschätzung der Schulen, wie sie z. B. aus einer trefflichen Predigt über Luc. 4, 16–17 (der vierten in der Sammlung Oppenheimensis ecclesia) hervorleuchtet.
- J. F. C. Retter, Hessische Nachrichten. 1. Sammlung (1738), S. 66 bis 69. – Fr. W. Strieder, Grundlage zu e. Hess. Gelehrten- u. Schriftstellergeschichte XI, 98–100, fügt zu den Retter’schen Nachrichten noch die Titel folgender, von Plaustrarius gedruckt vorliegender Predigten, die im vorstehenden auch benutzt worden sind, nämlich: Oppenheimensis Ecclesia Lutherana etc. Darmstadt 1626. – Concio exequialis aus 2 Paralip. c. 35, V. 20–25 auf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt (gedruckt im „Ehrengedechtnus“ dieses Fürsten, Marburg 1626). – Pauli docentis simplicitas etc. (seine Antrittspredigt in Darmstadt) 1628.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ nach ADB war Vietors Vorgänger Heinrich Leuchter