ADB:Weber, Karl Gottlieb von

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Artikel „Weber, Karl Gottlieb von“ von Georg Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 339–341, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weber,_Karl_Gottlieb_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 10:04 Uhr UTC)
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Weber: Karl Gottlieb v. W., königlich sächsischer Consistorialpräsident und hervorragender Schriftsteller auf dem Gebiete des evangelischen Kirchenrechts, wurde am 28. August 1773 zu Leipzig als Sohn des Actuarius am Universitätsgerichte Weber geboren. Von 1785 an besuchte er die Nicolaischule und widmete sich Ostern 1790 dem Rechtsstudium auf der Universität seiner Vaterstadt. Mit Vorliebe wendete er sich staatsrechtlichen und geschichtlichen Forschungen zu. 1792 bis 1794 setzte er seine Studien in Göttingen, namentlich von Pütter beeinflußt, fort, bestand 1795 die juristische Prüfung in Leipzig und veröffentlichte in demselben Jahre die Abhandlung „De iusta Henrici Illustris in Thuringia successione“. Er ging darauf nochmals nach Göttingen, wohin ihn die [340] reichen Schätze und die entgegenkommende Verwaltung der Universitätsbibliothek zogen. Nach Leipzig zurückgekehrt, vertheidigte er die Dissertation „De vera ordinum provincialium tum in Germania generatim, tum speciatim in Bavariae ducatu epocha recte constituenda“ (Lipsiae 1797). Mit dem ersten Theile erwarb er sich die Würde eines Magisters in der philosophischen, mit dem zweiten die eines Doctors in der juristischen Facultät und hielt nun Vorlesungen über Staats- und Privatrecht. Daneben beschäftigte er sich eingehend mit Studien über das Staatsrecht der einzelnen deutschen Staaten. Da veranlaßten ihn die äußeren staatlichen Zustände und seine persönlichen Verhältnisse, die akademische Laufbahn aufzugeben. Als Frucht seiner bisherigen Arbeiten gab er 1800 den ersten Band der „Litteratur der deutschen Staatengeschichte“ (Leipzig 1800) heraus. Er behandelte darin namentlich Oesterreich und Baiern. Die im Vorwort in Aussicht gestellte Fortsetzung, die Schwaben, Franken und die bei Deutschland gebliebenen rheinischen Gebiete, dazu Westfalen, Ober- und Niedersachsen behandeln sollte, ist nicht erschienen. Bereits im J. 1798 hatte er im Dresdener Oberconsistorium seine Probearbeiten gefertigt, die den Beifall der genannten Behörde fanden. Nachdem zwei Jahre darauf eine Bewerbung erfolglos gewesen war, wurde er 1802 zum ersten Supernumerarrath im Oberconsistorium zu Dresden ernannt und rückte 1810 in die zweite ständige politische Rathsstelle ein. Außerdem war er 1806 bis 1810 Mitglied der Polizeicommission und bearbeitete die Armensachen. 1814 bis 1817 gehörte er dem Centralausschusse für Versorgung und Unterstützung der Waisenkinder im Meißener Kreise obern Bezirks an und erhielt 1816 den königlich sächsischen Civilverdienstorden. 1827 wurde er zum zweiten Vicepräsidenten des Appellationsgerichts in Dresden mit dem Auftrage der Führung des Directoriums in dem eben zur Aufarbeitung unerledigter Sachen begründeten dritten Senate, 1829 zum ersten Vicepräsidenten befördert und 1828 in den erblichen Adelstand erhoben. 1831 wurde er unter Ernennung zum Geheimen Rathe mit der interimistischen Direction des Oberconsistoriums bis zu einer durch die künftige Organisation der Mittelbehörden eintretenden Veränderung beauftragt und nach Einrichtung des evangelischen Landesconsistoriums im J. 1835 zu dessen Präsidenten ernannt. Er starb am 25. Juli 1849 zu Zöschau bei Oschatz.

Während dieser praktischen Verwaltungsthätigkeit ist W. seiner Jugendneigung für rechtsgeschichtliche Studien treu geblieben. Die Frucht derselben war das Werk, durch das er sich ein dauerndes Verdienst erworben hat, die „Systematische Darstellung des im Königreiche Sachsen geltenden Kirchenrechts“. (Zwei Theile in drei Bänden. Leipzig 1819 bis 1829.) Während die Vorgänger sich im wesentlichen mit der Bearbeitung der gedruckten Kirchenordnungen, landesherrlichen Rescripte und behördlichen Patente begnügt hatten, zog er auch die in den Acten der einzelnen Consistorien versteckten Entscheidungen und Anweisungen heran. Hatten die bis dahin erschienenen Werke mehr oder weniger die Geistlichen und Candidaten der Theologie als Leser im Auge gehabt, so wollte er vor allem dem Bedürfnisse der Verwaltungsbehörden entgegenkommen. Dazu bemühte er sich, die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen in ihrem inneren Zusammenhange darzustellen und die vielverschlungenen Fäden des Verhältnisses von Staat und Kirche im Königreiche Sachsen in klarer und übersichtlicher Weise geschichtlich und systematisch zu entwickeln. Seine gründliche und vielseitige juristische Bildung, seine für damalige Zeit ungewöhnliche historische Schulung, sowie die langjährige Erfahrung im praktischen Verwaltungsdienste kamen ihm dabei trefflich zu statten. Wegen der sachkundigen Ausführungen und der namentlich in den Anmerkungen aufgespeicherten reichen Einzelangaben ist das Werk auch jetzt noch eine zuverlässige Quelle für die Kenntniß der äußeren [341] geschichtlichen Entwicklung der sächsischen evangelischen Landeskirche, nachdem infolge der neueren Gesetzgebung die kirchliche Verwaltung eine vollständig neue Gestalt erhalten hat. W. selbst hat die Organisation mit durchführen helfen. Seine Anschauungen über die schon damals geforderte, aber erst viel später durchgeführte Vertretung der Kirchengemeinden bei ihrer Verwaltung, über die Einrichtung der kirchlichen Mittel- und Oberbehörden hat er in der Schrift „Ueber die bevorstehende Umgestaltung der Kirchenverfassung des Königreichs Sachsen in besonderem Bezuge auf die Behörden für die Angelegenheiten der evangelischen Kirche“ (Leipzig 1833) ausgesprochen. Nach der Einführung der neuen Behördenorganisation unterwarf er sein Hauptwerk einer durchgehenden Umarbeitung, die unter Wegfall der geschichtlichen Ausführungen in wesentlich verkürzter Gestalt in Leipzig in zwei Bänden, der zweite in zwei Abtheilungen in Leipzig 1843 bis 1845 erschien. Außerdem veröffentlichte W. in Pölitz’ Jahrbüchern der Geschichte und Staatskunst (1828, III. Band, S. 1 ff.) eine „Kurze Uebersicht des Ganges und Resultats der zeitherigen Verhandlungen auf dem Bundestage zu Frankfurt am Main über den Schutz des litterarischen Eigenthums gegen den Buchdrucker; mit einigen Anmerkungen darüber“.

Pierer, Universal-Lexikon. Altenburg 1836. Bd. 25, S. 610, Nr. 14. – Brockhaus, Conversations-Lexikon. 9. Aufl., Leipzig 1848. Bd. 15, S. 171 f. – Illustrirter Kalender für 1849. Leipzig 1849. S. 66. – Leipziger Zeitung 1849, Nr. 209, S. 3915. – E. M. Oettinger, Moniteur des Dates. Dresden 1868. Bd. 5, S. 179a. – G. Müller, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der sächsischen Landeskirche. Leipzig 1894. Bd. 1, S. 7 (Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte. 9. Heft).