Zum Inhalt springen

ADB:Wedell, Karl Heinrich von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wedell, Karl Heinrich von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 410–413, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wedell,_Karl_Heinrich_von&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 14:02 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Wedel, Joachim von
Nächster>>>
Wedel, Lupold von
Band 41 (1896), S. 410–413 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl Heinrich von Wedel in der Wikipedia
Carl Heinrich von Wedel in Wikidata
GND-Nummer 117206989
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|41|410|413|Wedell, Karl Heinrich von|Bernhard von Poten|ADB:Wedell, Karl Heinrich von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117206989}}    

Wedell: Karl Heinrich v. W. (Wedel), königl. preußischer Generallieutenant und Kriegsminister, der „Dictator“, am 12. Juli 1712 auf dem väterlichen Gute Göritz bei Prenzlau in der Uckermark geboren, trat, nachdem er daheim und auf Berliner Schulen eine gute wissenschaftliche Ausbildung erhalten hatte, im J. 1727 beim Leib-Regiment zu Fuß (Nr. 6) in den Heeresdienst, wurde am 3. April 1729 zum Fähnrich, am 1. März 1734 zum Secondlieutenant ernannt, kam, als Friedrich II. nach seiner Thronbesteigung aus jenem Regimente, seines Vaters Riesengarde, ein Bataillon, das Bataillon Grenadier-Garde, bildete, zu letzterem, mit welchem er als Compagniechef den 1. Schlesischen Krieg mit machte, und ward im August 1743 zum Infanterie-Regiment v. Keith (Nr. 26)[WS 1] versetzt. In diesem ward er im nämlichen Jahre zum Major, im September 1751 zum Oberstlieutenant befördert, im Juni 1752 verlieh ihm der König den Orden pour le mérite. Am 21. Juni 1755 zum Oberst ernannt rückte W., als der Siebenjährige Krieg ausbrach, an der Spitze jenes Regiments (jetzt Meyerinck) in das Feld. Gelegentlich der Schlacht bei Leuthen am 5. December 1757 wird sein Name in der Kriegsgeschichte zum ersten Male genannt. Am 28. November war er im Lager von Parchwitz zum Generalmajor und Brigadier befördert. Am Schlachttage gehörte er zur Avantgarde, ihm war übertragen den ersten Angriff auszuführen, welcher glänzenden Erfolg hatte und dessen Gelingen [411] zum Siege wesentlich beitrug. Der König dankte W. dadurch, daß er ihn zum Chef des Infanterieregiments von Schultze (Nr. 29), am 28. Januar 1758 aber zum Chef des erledigten Regiments Nr. 26 ernannte, welches fortan seinen Namen führte. In diesem Jahre begann Wedell’s Thätigkeit im Felde mit der Theilnahme an der Belagerung von Olmütz. Dem preußischen Heere lag dabei eine doppelte Aufgabe ob, Olmütz einzunehmen und die außerhalb der Festung stehenden Oesterreicher fernzuhalten. Bei der Erfüllung des zweiten Theiles fand W. Verwendung, am 25. Mai ward er – mit 3 Bataillonen, einem Husarenregimente und 200 Mann von Freibataillonen – Loudon, zu dem später noch Harsch stieß und die bei Konitz standen, gegenübergestellt. Er entledigt sich seines Auftrages mit Geschick und Erfolg; als die Belagerung aufgegeben werden mußte, gehörte er wieder zur Avantgarde. Der König wandte sich nun gegen die Russen, die er am 25. August bei Zorndorf schlug; W. blieb inzwischen unter dem Markgrafen Karl zur Deckung von Schlesien zurück, als aber im September die Schweden Berlin bedrohten, ward er mit 4000 Mann diesen entgegengesandt. Er schlug den General Hamilton am 25. d. M. bei Fehrbellin, überfiel den General Hessenstein in der Nacht vom 14./15. October in Boitzenburg und verfuhr überhaupt so geschickt, daß er seinen Gegner ganz aus der Uckermark verdrängte: der König „marquirte“ und schrieb ihm seine Zufriedenheit, „daß er Wedell’s gute und vernünftige Anstalten nicht genug rühmen könne“. Sobald er letzteren den Schweden gegenüber entbehren konnte, entsandte er ihn auf einen anderen Kriegsschauplatz, indem er ihn zur Abwehr feindlicher Streifereien nach Sachsen marschieren ließ, wo es aber zu wichtigeren Ereignissen nicht mehr kam. Es trat alsbald die Winterruhe ein, von welcher W. freilich zunächst ausgeschlossen war, da ihm aufgetragen wurde in den anhaltischen Fürstenthümern starke Beitreibungen vorzunehmen. Auch hier fanden seine Maßregeln und Erfolge den Beifall des Königs. Ein Handschreiben aus Breslau vom 18. December sprach die Anerkennung derselben aus und enthielt zugleich die Mittheilung der Verleihung einer Präbende in Magdeburg mit der Befugniß dieselbe zu verkaufen, der König veranschlagte ihren Werth auf 4000 Thaler. Im Januar 1759 bat W. um Urlaub zur Herstellung seiner Gesundheit, der König bewilligte denselben mit dem Zusatze, „denn ich Eurer dieses Jahr in meinem Dienst noch sehr nöthig habe und darunter noch auf Euch rechne“, am 26. Februar ernannte er ihn zum Generallieutenant.

Bei Beginn des Feldzuges vom Jahre 1759 kam es darauf an die Vereinigung der Oesterreicher mit den Russen zu hintertteiben. Dazu galt es an der Grenze Schlesiens scharfen Auslug nach dem zu halten, was in Böhmen vorging. Zu den Generalen, denen dieser Auftrag anvertraut war, gehörte W.; mit einer gesonderten Heeresabtheilung stand dieser bis zu Anfang des Monats Juli bei Trautenau. Als dann die durch die von Posen anrückenden Russen drohende Gefahr immer größer wurde und der König dem ihnen gegenüberstehenden Dohna, im Hinblick auf dessen bisherige ungenügende Leistungen, nicht die Fähigkeit zutraute ihren Marsch aufzuhalten, enthob er ihn seines Commandos und übertrug dasselbe an W., von dessen „absonderlichen Capacitäten und Meriten er eine hohe Meinung hatte“. Schon als er diesem im J. 1758 den Oberbefehl gegen die Schweden übertrug hatte er ihn unter den jüngeren Generallieutenants ausgesucht, jetzt ordnete er ihm sogar ältere Generale unter. Die Angabe, daß er W. durch eine förmliche Vollmacht zum „Dictator“ bestellt habe, ist durch die Herausgabe der Politischen Correspondenz des Königs (18. Bd., 2. Hälfte) widerlegt. Seine Bezeichnung als solcher beruht auf des Ersteren „Histoire de la guerre de sept ans“. Hier schreibt der König (II, 13): „Le roi, étant informé de la confusion, qui regnait dans cette armée … envoya M. de Wedell, qui en prit le commandement [412] comme dictateur quoiqu’il ne fût pas le plus ancien par le grade“ und den nämlichen Titel legt er W. in einem aus Schmottseifen am 20. Juli an den Prinzen Heinrich gerichteten Briefe bei, in dem er schreibt: „Je l’ai fait dictateur pour la durée de cette commission“ (Politische Correspondenz, XVIII, Nr. 11241). Als der König W. entließ, befahl er ihm ausdrücklich die Russen anzugreifen, wo er sie fände, sie zu schlagen und ihre Vereinigung mit den Oesterreichern zu hindern. In einer vom Könige eigenhändig geschriebenen, vom 21. Juli datirten Instruction heißt es, W. solle „den Feind erstlich durch eine gute Position aufhalten“ und ihn „alsdann nach des Königs Manihr attaquiren“. Am 22. Juli traf W. in Züllichau ein und trat sein Commando an, am 23. unternahm er eine Erkundung des Geländes, welche um so schwieriger war, als Dohna die vorhandenen Karten für sich behalten hatte. Aber die an Truppenzahl weit überlegenen, von Saltikow befehligten Russen waren bereits im Anmarsche, sie drohten die preußische Stellung zu umgehen und W. mußte wählen, ob er sich dem Feinde vorlegen oder ob er sich dem Zusammenstoße entziehen wolle. Eingedenk der ihm ertheilten Weisung entschloß er sich zum Angriffe und gab seine Befehle für denselben aus, aber die ihm unbekannte Gestaltung des Geländes vereitelte seinen Plan, die auf die Voraussetzung von dessen Gangbarkeit begründeten Anordnungen erwiesen sich als unausführbar und W. erlitt eine vollkommene Niederlage, doch gestattete ihm die Unthätigkeit des Feindes die Trümmern des geschlagenen Heeres unbehelligt auf das linke Oderufer zurückzuführen. Es war die Schlacht bei Kay oder Züllichau. Der König verurtheilte W. nicht, er tröstete ihn vielmehr. Nur den Schwarzen Adlerorden, den sonst die Generallieutenants bald nach ihrer Ernennung zu erhalten pflegten, hat er ihm nie verliehen, wie er diese Auszeichnung überhaupt jedem vorenthielt, bei dem quelque chose avait cloché (E. Schnackenburg, das Invaliden- u. Versorgungswesen des brandenburgisch-preußischen Heeres bis zum 1806, Berlin 1889, S. 96). Am 27. Juli schrieb der König ihm „Halte er Sich nuhr unbeschedigt, bis Wihr heran seindt, dan sol Zahl Woche gehalten werden und sol der Feindt sich nicht lange Seines glückes zu freuen haben.“ Die Zahlwoche kam, aber die Abrechnung fiel nicht zu Gunsten der preußischen Waffen aus, denn am 12. August wurde Friedrich selbst bei Kunersdorf geschlagen. W., welcher die Infanterie vom linken Flügel des ersten Treffens befehligte, wurde schon im Anfange der Schlacht beim Angriffe auf den Spitzberg durch eine Verwundung kampfunfähig gemacht. Nach seiner Wiederherstellung kam er zur Armee des Prinzen Heinrich, welchen er am 29. October bei Torgau traf. Als diesem gegenüber Daun sich auf Dresden zurückzog bestand W. gegen dessen Nachhut am 14. November bei Körbitz ein hitziges, aber glückliches Gefecht, während der nun folgenden Belagerung der sächsischen Hauptstadt beobachtete er an der Spitze einer gesonderten Heeresabtheilung das Erzgebirge und auch im Anfange des Winters blieb er mit dieser Aufgabe betraut. Das Geschick mit welchem er sich derselben entledigte, veranlaßte den König ihm am 5. Februar, von Freiberg aus zu schreiben „So gereicht mir Euere darunter gehabte Attention zu besonders gnädigen Gefallen“; als dann der Prinz Heinrich für eine Zeitlang die Armee verließ und Markgraf Karl an seiner Stelle den Oberbefehl übernahm, ward W. ihm an die Seite gegeben und der König „avertirte ihn im Vertrauen, daß er Sich dabei hauptsächlich auf ihn verlaße“, W. möge sich beim Markgrafen dergestalt insinuiren, daß dieser Alles mit ihm überlege. Die von W. entwickelte Thätigkeit, die bis zum 25. April dauerte, trug ihm einen weiteren Dank des Königs ein. Nachdem er sodann an der erfolglosen Belagerung von Dresden theil genommen hatte, bildete der am 15. August 1760 erfochtene Sieg bei Liegnitz, wo W. wiederum den rechten Flügel der Infanterie [413] vom ersten Treffen, drei Brigaden stark, commandirte, den Schlußstein seiner Verwendung im Felde.

Seine Gesundheit war erschüttert. Er bat um Urlaub und begab sich auf sein Gut Göritz, aber schon am 11. December berief ihn ein Befehl des Königs nach Berlin, damit er an des verstorbenen Etatsministers v. Katte Stelle die Geschäfte der Heeresverwaltung übernähme, und am 25. Januar 1761 ward er durch ein königl. Handschreiben zum Ministre de Guerre ernannt. Er ist somit der Erste, welcher den Titel eines preußischen Kriegministers geführt hat. Sein Jahresgehalt betrug 5000 Thaler, der Stelle als Regimentschef war er auf sein Ansuchen bereits am 25. December 1760 enthoben. Dreizehn Jahre lang ist W. in seiner neuen Stellung, vom höchsten Vertrauen des Königs getragen, verblieben, dann bat er, durch seine Gesundheit gezwungen, Anfang December 1773 um seine Entlassung, aber der König glaubte nicht, daß sein Gesundheitszustand ihn an pflichtmäßiger Wahrnehmung seiner Amtspflichten, „bei denen so viele Arbeit ja nicht vorfiel“, hindern würde und verweigerte ihm den Abschied; als der Bairische Erbfolgekrieg bevorstand befahl er ihm sogar zu der im Felde stehenden Armee zu gehen. Auf Wedell’s Vorstellungen stand er jedoch von der Befolgung des Befehls ab und, als W. im folgenden Jahre sein Entlassungsgesuch wiederholte, genehmigte er es am 3. September 1779. Eine Cabinetsordre dankte nochmals für die von W. geleisteten Dienste, die dem Könige unvergeßlich sein würden, und versprach, daß Friedrich sich gelegentlich ein Plaisir daraus machen würde, zeigen zu können, daß er stets Wedell’s gnädiger König sein werde. Ein Ruhegehalt ward ihm nicht ausgesetzt. Der König unterließ dies bei wohlhabenden Officieren häufig, vielleicht hielt er auch W. durch die ihm verliehene Pfründe für abgefunden. Als W. im Frühjahr 1780 bat ihm eine Pension zu bewilligen, schlug Friedrich das Gesuch ab, weil das Geld etwas knapp sei, vertröstete ihn aber auf die Zukunft, indem er schrieb, daß er ihm nicht alle Hoffnung nehmen wolle (Schnackenburg a. a. O.). Die Aussicht ist nie verwirklicht worden. W. starb schon am 2. April 1782 zu Göritz, die Klagen über seinen leidenden Gesundheitszustand waren begründet gewesen. Sein Name findet sich auf den Ehrentafeln des Friedrichsdenkmals unter den Linden zu Berlin. Eine von Wedell’s Töchtern war an des Königs Generaladjutanten, den General Heinrich Wilhelm von Anhalt, verheirathet.

M. v. Wedell. Ein preußischer Dictator, Berlin 1875 (Sonderabdruck aus den Jahrbüchern für die Deutsche Armee und Marine, 18. Bd.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Gemeint ist der Inhaber Henning Alexander von Kleist, der Vorgänger von Dietrich Reichard von Meyerinck; siehe Altpreußisches Infanterieregiment No. 26 (1806)