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ADB:With, Witte Corneliszoon de

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Artikel „Witte, Witte Corneliszoon de“ von Pieter Lodewijk Muller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 588–592, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:With,_Witte_Corneliszoon_de&oldid=- (Version vom 4. Dezember 2024, 08:02 Uhr UTC)
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Witte: Cornelius de W. (With)[1], niederländischer Admiral, wurde am 29. April 1599 im Dorf Hoogendyk, unweit der an der Maasmündung gelegenen Stadt Brielle (oder den Briel) von mennonitischen kleinbürgerlichen Eltern geboren. Doch des Knaben hochstrebende und in erster Reihe kampflustige Natur vertrug sich wol ebensowenig mit dem mennonitischen Dogma der Wehrlosigkeit, als mit der bescheidenen und friedlichen Existenz eines Handwerkers, zu dem er erzogen wurde, und in welcher er, wenn er dem Glauben der Eltern treu blieb, zu verharren verurtheilt war. So trat er zur reformirten Landeskirche über, was ihm ermöglichte, sich dem Staats- und auch dem Kriegsdienst zu widmen und schiffte sich 1616 als Junge auf dem Schiffe ein, das Coen nach Indien führte. Der ersah bald, daß aus dem Jüngling etwas werden konnte und gab ihm Gelegenheit, sich hervorzuthun. Namentlich bei der Erstürmung Jacatras im J. 1619 und später in den Molukken zeichnete de W. sich dermaßen aus, daß er, nachdem er den Dienst der ostindischen Compagnie mit dem des Staates vertauscht hatte, schon 1623 als Capitän den Befehl über das Schiff des Viceadmirals Schapenham, unter welchem er schon in Indien gedient hatte, erhielt, und auf demselben die bekannte Weltumseglung der sogenannten nassauischen Flotte mitmachte, [589] wobei es namentlich auf Zerstörung der spanischen Hafenstädte in Chile und in Peru abgesehen war. Sowol der Admiral l’Hermite, wie Schapenham starben auf der Reise, und de W. soll nach einigen Quellen dann die weitere Führung übernommen haben, was jedoch in einer von seinem Schwiegersohn verfaßten Lebensgeschichte nicht erwähnt wird. Gewiß ist es, daß er, nachdem die Flotte im J. 1625 in Indien angekommen war, mit einigen Schiffen im nächsten Jahre nach Holland zurückkehrend, bloß die zweite Stelle in der Flotte einnahm. Im J. 1628 wurde er von dem berühmten Pieter Heyn zum Capitän seines Admiralsschiffes ausersehen und hatte einen sehr wirksamen Antheil an der Eroberung der spanischen Silberflotte, welche, wie bekannt, für Spanien so verhängnißvoll wurde. Doch die Herren der westindischen Compagnie lohnten seine Verdienste nicht im geringsten und so folgte er seinem Admiral, als dieser im nächsten Jahre in den Staatendienst übertrat. Dann folgten Jahre anstrengenden Dienstes als Capitän eines Kriegsschiffes gegen die Dünkircher Kaper, bis 1637 Prinz Friedrich Heinrich die höchsten Stellen in der Marine neu besetzte und Tromp zum Lieutenant-, de W. zum Viceadmiral ernennen ließ. Nicht wenige hatten ihm selbst die erste Stelle zugedacht, aber schon damals war sein rauhes Wesen und sein gegen Vorgesetzte wie Untergebene gleich abstoßendes Benehmen die Ursache, daß der ruhige besonnene Tromp den Vorzug erhielt. Doch de W. fühlte sich tief verletzt und scheint es dem sonst von allen verehrten Admiral immer nachgetragen zu haben, namentlich vielleicht, weil er diesen, der auch von geringer Herkunft war und aus Brielle stammte, dazu nur zwei Jahre älter war, schon als Knabe gekannt hatte. Wie dem auch sei, es gab gleich Reibungen zwischen beiden und als de W., dessen Ungestüm im Kampfe ihn leicht fortriß, im nächsten Jahre von seinem Chef eine Rüge erhielt, erhob er bittere Klage über denselben. Auch als im J. 1639 beide zusammen den Kampf mit der großen spanischen Armada bestanden und dieselbe nach der Rhede von the Downs unter den Schutz der Engländer gejagt hatten, fehlte es nicht an Verdruß von seiner Seite. Doch ließ er, der sich bis jetzt wol mehr als Jemand im Kampfe hervorgethan hatte, sich die Ueberwachung der englischen Observationsflotte übertragen, als Tromp zuletzt zum Angriff auf die Spanier im neutralen Gewässer überging. Dann folgten wieder fünf Jahre des Kampfes mit den Dünkirchern, denen er manche Schlappe beibrachte, bis er im J. 1644 den Auftrag erhielt, mit einer Flotte die freie Durchfahrt des Sundes für die niederländischen Kauffahrer zu erzwingen. Dies gelang ihm auch (es war mitten im ersten nordischen Krieg, in welchem die Staaten, wenn auch nicht officiell, die Partei ihres schwedischen Alliirten nahmen) ohne mit den Dänen in offenen Streit zu gerathen. Im nächsten Jahre wurde ihm nicht allein die gleiche Mission zu theil, sondern er hatte dazu noch fast ein halbes Jahr die Durchfahrt offen zu halten, was ihm auch abermal ohne offenen Kampf mit den Dänen gelang. Nicht viele hatten eine so besonnene Haltung von ihm erwartet, die Dänen freilich waren nicht mehr im Stande, ihrem Gegner zur See Schach zu bieten, weil ihre Seemacht von den Schweden größtentheils zu Grunde gerichtet war. De W., dessen leider meistens verloren gegangene Journale immer sehr umständlich und genau waren, hat dem Geschichtsstudium damals einen wichtigen Dienst geleistet durch seine statistischen Aufzeichnungen über den baltischen Handel, welche er den Generalstaaten einzuliefern hatte, sie sind von Kernkamp in seinem Buche De sleutels van de Sond ausgiebig verwerthet. Zwei Jahre später wurde de W. eine noch schwierigere und leider auch weniger glücklich gelöste Aufgabe zu theil. Er wurde 1647 zum Führer der staatischen Flotte ernannt, welche den von den brasilianischen Rebellen arg bedrängten Niederlassungen der westindischen Compagnie Beistand zu leisten, abgeschickt wurde. Nicht allein, daß fortwährendes Mißgeschick [590] ihn auf diesem Zuge zu begleiten schien, gerieth er auch bald mit den Behörden in Brasilien in argen Streit. Und diesmal durchaus nicht durch seine eigene Schuld. Was die militärischen und politischen Behörden durch schlechte Kriegführung verdorben hatten, das vermochte er durch Unterhandlungen, die er unter den schwierigsten Verhältnissen führte, nicht wieder gut zu machen. Die Colonialregierung zwang ihn und seine Flotte zur Unthätigkeit und war nicht einmal im Stande, letztere gehörig mit Lebensmitteln zu versehen. Alle seine Vorstellungen, auch bei der Verwaltung der Compagnie im Mutterlande, blieben unbeantwortet, und so kam es, daß er sich, nach endlosem, bitteren Streit zu dem verhängnißvollen Schritt entschloß, ohne, oder vielmehr wider jeden Befehl im November des Jahres 1649 mit zweien seiner Schiffe nach Holland zurückzukehren, was natürlich nicht ohne nachtheiligen Einfluß auf die weitere Vertheidigung bleiben konnte. Dort wurde seine Unbotmäßigkeit namentlich vom Statthalter Wilhelm II. tief empfunden. De W., der immer das Gegentheil von dem zu thun liebte, was seine Standesgenossen thaten, war ein ausgesprochener Anhänger der Regentenpartei, in seiner Stadt Brielle war er sogar zum Schöffen erwählt worden, (was, so weit bekannt, sonst nie bei Officieren der Fall war), während alles, was zur Marine gehörte, namentlich Tromp und die anderen Admiräle treue Diener des Hauses Oranien waren. Das hat wol mit das schroffe Auftreten des Statthalters veranlaßt. Gleich, nachdem er sich den Staaten vorgestellt hatte, um seinen Rapport einzuliefern, wurde de W. auf Wilhelm’s Befehl verhaftet und ihm im Namen der Generalstaaten der Proceß gemacht, wozu ein aus Mitgliedern der fünf Admiralitätscollegien zusammengesetztes sogenanntes Delegirtes Gericht, unter Tromp’s Vorsitz errichtet wurde. Letzterer verweigerte jedoch seine Mitwirkung, weil er meinte, daß W. ihn als seinen Feind betrachte. Doch eben weil sie in ihm einen Gegner des Prinzen, in dem ganzen Proceß einen politischen Streich gegen ihre Autorität sahen, nahmen die Staaten von Holland de W. in ihrem Schutz, und forderten seine Freilassung unter dem Vorwand, daß er kein Diener der Generalstaaten, sondern ein Admiral der Provinz sei. Sie sahen darin eine Verletzung ihrer Souveränität. Es war eben jenes Jahr 1650, da es zwischen Wilhelm II. und den Staaten von Holland über die Verwendung des Heeres zum offenen Bruch kam. Bei der eigenthümlichen Organisation der niederländischen Marine war es kaum zu sagen, auf welcher Seite das formelle Recht war. Die Macht war fürs Erste auf der der Holländer. Als dieselben W. mit Gewalt aus dem Gefängniß zu befreien drohten, gaben die Generalstaaten nach und entließen ihn. Vielleicht hat ihm dieses das Leben gerettet, denn die öffentliche Anklage forderte Todesstrafe, und Wilhelm II. war angesichts seiner zahlreichen Feinde nicht der Mann Gnade zu üben. Freilich blieb de W. in seinem Hause unter Ueberwachung, indessen wurde sein Proceß. nachdem der Staatsstreich des Prinzen zu einem Compromiß geführt hatte, zwar den delegirten Richtern, welche die Generalstaaten ernannt hatten, übertragen, doch solange hingeschleppt, bis des Statthalters plötzlicher Tod einen völligen Umschwung der Dinge herbeiführte. Im J. 1651 kam de W. dann mit dem Verlust seines in Brasilien verdienten Gehalts und der Bezahlung der Gerichtskosten davon. Als dann im nächsten Jahre der Kampf mit England entbrannt und Tromp, weil er bei dem Mißverhältniß der niederländischen und englischen Kräfte keinen Sieg erfechten konnte, seines Oberbefehls enthoben worden war, wurde de W., als zur Zeit Höchstcommandirender, mit der Führung der Flotte betraut, nicht ohne daß ihm eingeschärft wurde, sich mit Evertsen und de Ruyter gut zu vertragen. Die Mannschaften des Admiralitätsschiffes, welche Tromp’s erprobte Führung verlangten, weigerten sich, den wegen seiner Rohheit und Strenge verhaßten de W. das Schiff betreten zu lassen, und Niemand scheint imstande gewesen zu sein, ihm Gehorsam zu erzwingen. Das [591] war ein böser Anfang, wenn auch de W. seine Flagge auf einem andern Schiffe setzte. Am 8. October begegnete er der englischen Flotte unter Blake, nachdem er sich mit der Flotte de Ruyter’s vereinigt, der soeben eine englische Escadre unter Ascue bei Plymouth geschlagen hatte. Doch wenn ihn auch de Ruyter, Evertsen und einige andere Führer treu unterstützten und er selbst seine alte tollkühne Tapferkeit bewährte, die meisten Capitäne ließen ihn im Stich, theils aus Feigheit, theils aber, weil weder sie noch die Matrosen ihm gehorchen wollten, und so mußte er sich zum Rückzug entschließen, wie ihm auch von dem besonnenen de Ruyter aufs ernstlichste empfohlen wurde. Da hatten die Staaten doch ein Einsehen und übertrugen Tromp wieder die Führung. Unter ihm hatte dann de W. seinen ehrenvollen Antheil an den Kämpfen im Winter des Jahres 1652 und im folgenden Frühjahre. Als Tromp in der Schlacht bei Terheiden gefallen war, suchte de W. vergeblich die Niederlage der Niederländer durch todesmuthige Tapferkeit abzuwenden. Er mußte sich zum Rückzug entschließen, und es gelang ihm kaum nach Texel zurückzukehren. Wenn er gehofft hatte, jetzt endlich die erste Stelle in der niederländischen Seemacht zu erhalten, so hatte er sich arg getäuscht. Nicht er, sondern der Baron von Wassenaer-Obdam, der nie zur See gefahren hatte, wurde Lieutenant-Admiral von Holland. Doch mit diesem hat er sich immer gut gestanden, wahrscheinlich imponirte ihm dessen hohe Geburt. In Tromp, der wie er selbst, aus dem Volke emporgekommen war, sah er einen Nebenbuhler, in Wassenaer den Edelmann, der in den Staaten seinen Platz einnehmen konnte, den natürlichen Vorgesetzten. Vier Jahre hat er unter ihm gedient. Als dieser 1658 die niederländische Flotte zum Entsatz des von den Schweden belagerten Kopenhagen heranführte, war W. wie gewöhnlich die Vorhut anvertraut. Mit derselben stürzte er sich (8. November) wie das seine Art war, tollkühn und ohne Aufenthalt auf die feindliche Flotte. Mitten in dieselbe gerathen, wurde er von den meisten seiner Capitäne schändlich im Stich gelassen, ohne daß Wassenaer ihm beizustehen imstande war. Von allen Seiten umringt und zweimal schwer verwundet, verweigerte er, sich zu ergeben; auch als die Schweden sein sinkendes Schiff enterten, vertheidigte er sich mit seinem Schwerte, bis er tödtlich getroffen hinsank. Man trug ihn aufs schwedische Schiff und er verschied, während sein Schiff mit wehender Flagge in den Wellen versank. Es war das einzige, das die Niederländer verloren; die Durchfahrt forcirten sie und drängten die Schweden von Kopenhagen hinweg. So war das Ende des Mannes würdig. Soweit es nur auf Energie, seemännische Fähigkeit und Tapferkeit ankam, verdient de W. die erste Stelle unter den niederländischen Seehelden, sein Charakter aber verdarb seine glänzenden Eigenschaften. Doch war er ein braver und selbst streng kirchlich frommer Mann. Seine Brieller Mitbürger wählten ihn sogar in den Kirchenrath, was bei seiner Stellung ebenso außerordentlich war als seine Wahl zum Schöffen. Seine Briefe und Journale zeigen sein rohes Gemüth. Sie sind voll von Kraftausdrücken, welche sich namentlich in officiellen Fragen wunderlich ausnehmen. De Witte’s Privatleben war makellos, trotz seiner vielfachen, oft jahrelangen Abwesenheit war er vier Mal verheirathet, und er hinterließ elf Kinder. Nach seinem Tode ehrten ihn seine Mitbürger durch ein prächtiges Grabmal. Höher noch zeichneten ihn die außergewöhnlichen Ehren aus, unter denen König Karl X. den Leichnam des Helden den Niederländern zuschickte. Freilich, der verstand es, was Tapferkeit hieß.

Seine Journale u. s. w. liegen einer von J. C. de Jonge verfaßten Lebensskizze in dem ersten Bande von dessen Verhandelingen en onuitgegeven Stukken zu Grunde. Vgl. weiter de Jonge, Geschiedenis van het Nederlandsche Zeewezen, Bd. I und Backer-Dirks, De Nederlandsche zeemacht; Brand, Leven van de Ruyter; Aytzema, Saecken van Staet em Oorlogh;[592] Wicquefort, Histoire des Provinces Unies, Hollandsche Mercurius; von späteren Wagenaar u. s. w. Auch Netscher, Les Hollandais au Brésil; Kernkamp’s oben angeführte De sleutels van de Sond u. s. w.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 588. Z. 17 v. u. lies: Witte: Witte Corneliszoon de W. (With). [Bd. 44, S. 576]