ADB:Wollzogen, Johann Ludwig von

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Artikel „Wollzogen, Johann Ludwig von“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 551–552, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wollzogen,_Johann_Ludwig_von&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 03:33 Uhr UTC)
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Wollzogen *): Johann Ludwig von W., Socinianer, † 1658. Joh. Ludw. v. W., Baron von Tarenfeldt, Freiherr von Neuhäusel in Oesterreich, geboren gegen 1599, gehört zu der jüngeren Generation der Socinianer. Er war von Hause aus reformirt; ausgezeichnet durch Reichthum, wissenschaftliche Bildung und liebenswürdiges Benehmen, stand er dem Kaiserhause nahe, wollte sich aber nicht durch den Uebertritt zum Katholicismus den Weg zu staatlichen Würden und Ehren bahnen. Ungewiß ob freiwillig oder gezwungen, verließ er Oesterreich und begab sich nach Polen. Hier wurde er mit den Schriften des Socinus bekannt; das Studium derselben und der Umgang mit polnischen Unitariern entschied seine Geistesrichtung; er wurde voll und ganz Socinianer. Auf Grund seiner vornehmen Abkunft und hervorragend durch Bildung und feines Wesen erwarb er sich die Gunst der Großen; mehrmals bediente man sich seiner bei fürstlichen Gesandtschaften. Gegen 1644 hielt er sich eine Zeit lang in Danzig bei dem Socinianer Ruarus auf; 1655 opponirte er in Basel Joh. Heinr. Hottinger bei seiner Doctorpromotion. 1661 starb er zu Schlichtingsheim, einem Gute der Familie Schlichting in der heutigen Provinz Posen. Der evangelische Pfarrer in der nahen Stadt Fraustadt Jer. Gerlach hatte sich bemüht ihn zu bekehren, aber vergeblich. Wahrscheinlich um dem Pfarrer zu zeigen, daß er mit vollem Bewußtsein sterbe, richtete er kurz vor seinem Tode die Unterhaltung noch auf ein mathematisches Problem.

Schriften. Ueber die Schriften Wollzogen’s berichtet Fock (s. u.): „Unter seinen Werken sind außer seinen (von dem jüngern Stegmann ins Lateinische übersetzten) Commentaren, in denen er sich als Exeget nicht minder vortheilhaft [552] auszeichnet als Crell und Schlichting, die bedeutendsten (seine dogmatischen): ein Compendium der christlichen Religion und eine Kritik der Dreieinigkeitslehre, neben Crell’s Schrift De uno Deo patre das Schärfste, was dagegen gesagt ist“. Die Titel lauten: „Compendium religionis christianae“ und „Erklärung der beiden unterschiedlichen Meinungen von der Natur und Wesen des einigen allerhöchsten Gottes; nemlich von dem einigen Gott dem Vater und von dem einigen Gott in einem Wesen und dreien Personen“. Im J. C. 1646. Beide Werke (dieses in lat. Uebersetzung von dem jüngeren Stegemann) nebst den Commentaren in Bibliotheca fratrum Polonorum tomus V, wo nach Fock’s Urtheil indeß nicht alle Werke Wollzogen’s gesammelt sind. Ein scharfsinniges philosophisches Werk sind seine „Annotationes in meditationes metaphysicas Renati Des Cartis; er suchte hier nachzuweisen, daß die skeptische Erkenntnißlehre Descartes’ betreffs der sinnlichen Wahrnehmungen auf falschen Voraussetzungen ruhe. (Inhaltsangabe bei Fock [s. unten] S. 203. 204).

Vgl. Sandius, Biblioth. Anti-Trinit. p. 137 ff. – Walch, Einl. in die Religionsstreitigkeiten außer der luth. Kirche. – (Zedler,) Universallexikon Bd. 58, 1504 ff., wo sich die Titel aller einzelnen Schriften und Commentare Wollzogen’s finden. – Jöcher, Gelehrtenlexikon IV, 2066 (sehr mangelhaft). – Rambach, Einl. in die R.-Streit. d. ev. Kirche mit den Soc. Cob. 1753. – Fock (Otto), Der Socinianismus, 1. Abth. Kiel 1847, S. 202–204. – Gustav Frank, Gesch. d. prot. Theologie, I. Theil. Lpz. 1862, S. 353.

[551] *) Zu S. 205 (L. Wolzogen).