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ADB:Wolzogen, Ludwig

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Artikel „Wolzogen, Ludwig“ von Jacob Cornelis van Slee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 205–206, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wolzogen,_Ludwig&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 06:38 Uhr UTC)
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Wolzogen: Ludwig W., reformirter Theolog aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, 1633 zu Amersfort geboren als Sohn Johann Ludwig Wolzogen’s, Freiherrn von Nienhausen, welcher um seines Glaubens willen aus Oesterreich nach Holland ausgewandert war. Nach Beendigung seiner theologischen Studien zu Utrecht hielt er sich im Interesse seiner weiteren Bildung in Frankreich und der Schweiz auf, wo er zu Genf die hervorragendsten Gottesgelehrten hörte. Nach Holland heimgekehrt, erhielt er bald eine Stelle als Prediger der wallonischen Gemeinde zu Groningen, welche er später mit der gleichen Stellung zu Middelburg und Utrecht vertauschte. Wie hoch er dort geschätzt wurde, erhellt aus dem ihm ehrenhalber verliehenen Titel eines außerordentlichen Professors der Kirchengeschichte; dazu fügten die Staaten Utrechts noch ein Jahrgeld. Als er einen Ruf an die Leidener Universität abgelehnt hatte, ernannte man ihn auch 1670 zum ordentlichen Professor. Als er sich durch Veröffentlichung seines Schriftchens „De scripturarum interprete contra exercitatorem paradoxum“ (Traj. ad Rhen. 1668) allerlei Anfechtungen zugezogen hatte, gewährten ihm die Staaten ihren nachdrücklichen Schutz. Die Abfassung dieser Schrift war veranlaßt durch das Erscheinen eines Tractats „Philosophia S. Scripturae interpres. Exercitatio paradoxa, in qua veram philosophiam infallibilem s. literas interpretandi normam esse demonstratur“ (Eleutheropoli i. e. Amsterdam 1666), 1667 auch ins Holländische übersetzt: „De wysbegeerte, de uitlegste der H. Schrift“, welcher großes Aufsehen und lebhaften Unwillen erregte. Der anonyme Verfasser, als welchen man nachher Ludwig Meyer, einen spinozistischen Arzt zu Amsterdam, erkannte, hatte mit dieser Arbeit den Beweis zu liefern versucht, daß die Göttlichkeit und Autorität der h. Schrift ihre Gewißheit nur durch die Cartesianische Philosophie erhalte und daß daher für alle christlichen Glaubenswahrheiten die Philosophie und die menschliche Vernunft als Prüfstein dienen müsse. Wolzogen’s Widerlegung dieser den reformirten Theologen höchst widrigen Schrift fiel aber so aus, daß sie seine eigene Rechtgläubigkeit verdächtigte. Mehrere Gelehrten, Prediger und Professoren, wie Johann van der Waeyen, Matthias Nethenus, Reinerus Vogelsangh, Jacob Koelman und Andere, traten jetzt mit zahlreichen Streitschriften wider Wolzogen auf. Umsonst wurde seine Orthodoxie 1669 in einer französischen und lateinischen Vertheidigungsschrift „Judicia variorum professorum et doctorum theologiae“ dargelegt. Bald nachher ward er als Feind der reformirten Kirche verdächtigt [206] in einer beißenden und leidenschaftlichen Gegenschrift „Theologorum quorundam judicium de libro L. Wolzogen de interprete scripturarum“, welche den Deventer Predigern Ryssenius und Colonius zugeschrieben wurde. Höchstbedenklich würden die Folgen dieser Streitigkeiten für ihn geworden sein, wenn ihn nicht die Utrechter Staaten erfolgreich geschützt hätten. Sie verboten den Verkauf des obengenannten Buches in ihrer Provinz und forderten die Stadtregierung von Deventer zur Bestrafung des Verfassers auf. Besonders heftig war der Angriff, welchen W. von dem bekannten Johann de Labadie, damals Prediger der wallonischen Gemeinde zu Middelburg, zu erdulden hatte. Auf dessen Anregung wurde W. vom Kirchenrath zu Middelburg vor der Synode, welche im September 1668 zu Naarden zusammentrat, der Heterodoxie angeklagt. Als er aber freigesprochen war und de Labadie, aufgefordert, W. wieder zu Ehren zu bringen, dieses verweigerte, wurde Labadie vom Dienste suspendirt und die Erledigung der Sache der nächstfolgenden Synode übertragen. Er kümmerte sich aber um diese Suspendirung nicht, weshalb sie von den seeländischen Staaten bestätigt und de Labadie gezwungen wurde, sich ihr zu fügen. Nun aber griff er W. und die Synode zu Naarden in heftigen Streitschriften an. W. beantwortete de Labadie’s „Extrait de quelques propositions erronées et scandaleuses, couchées dans le livre du Sieur L. Wolzogen“ auf durchaus schlagende Weise in seiner zu Utrecht 1668 erschienenen „Fides orthodoxa, sive adversus Joannem de Labadie censura censurae in libellum de interprete scripturarum“ und ließ im nächsten Jahre eine „Apologie pour la Synode de Naarden“ folgen. – Bald nach Beendigung dieser Streitigkeiten vertauschte er seinen Dienst an der ihn besonders hoch schätzenden Gemeinde zu Utrecht mit einer Predigerstelle und der Professur für Kirchengeschichte zu Amsterdam. Unter großem Beifall und von der Stadtregierung so hochgeehrt, daß sie ihm ein bedeutendes Civilamt anbot, welches er aber aus Liebe zu seinem kirchlichen Beruf ablehnte, wirkte er dort noch mehrere Jahre, bis der Tod ihn am 13. November 1690 abrief. Außer den schon genannten Schriften von seiner Hand sind weiter noch zu erwähnen eine „Oratio de Sole Justitiae“ (1664), „Orator sacer, sive de ratione concionandi“ (1671) und „Dissertatio critico-theologica de correctione scribarum in 18 scripturae dictionibus adhibita, quam alii a judaeis correptas, alii mutatas esse putant“ (1689). Nach seinem Tode erschien noch „Leigh, Dictionnaire de la langue sainte par Wolzogen“ (1703) und „Explication de la prière, qu’ on apelle la confession de pecher avec la demande d’une bonne conscience devant Dieu“ (1700).

Paquot, Mém. liter. I, p. 591 svv. – Burman, Traject. erudit. p. 457 sqq. – Glasius, Godg. Woordb. und van der Aa, Biogr. Woordb. i. v.