ADB:Wolzogen, Ludwig Freiherr von

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Artikel „Wolzogen, Ludwig Freiherr von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 206–208, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wolzogen,_Ludwig_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 05:33 Uhr UTC)
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Wolzogen: Justus Adolf Philipp Wilhelm Ludwig Freiherr v. W., königlich preußischer General der Infanterie, am 4. Februar 1774 zu Meiningen geboren, wurde, da sein Vater, welcher herzoglich Sachsen-Hildburghausischer Geheimer Legationsrath war, wenige Monate später starb, schon mit vollendetem siebenten Lebensjahre der Hohen Karlsschule in Stuttgart, auf welcher seine älteren Brüder sich befanden, zur Erziehung übergeben. Er war einer ihrer vorzüglichsten Schüler; im J. 1790 ernannte ihn Herzog Karl zum Ritter des Ordens Bene merentibus und zum Chevalier, zwei Jahre später verließ W. die Anstalt, um als Lieutenant der Garde-Legion in den württembergischen Kriegsdienst zu treten, welchen er aber schon 1794, durch des damaligen Major von Massenbach Vermittlung als Fähnrich im Infanterieregimente Hohenlohe angestellt, mit dem preußischen vertauschte. Wolzogen’s Hoffnung, mit diesem Regimente am Kriege gegen die Franzosen Theil zu nehmen, ward durch den Abschluß des [207] Friedens von Basel vereitelt, das Regiment kehrte alsbald vom Rhein in seine Friedensgarnison Breslau zurück. Wissenschaftliches Streben und schriftstellerische Arbeiten, welche W. veröffentlichte, empfahlen ihn seinen Vorgesetzten und namentlich seinem Chef, dem im J. 1806 vielgenannten Fürsten Friedrich Ludwig von Hohenlohe-Ingelfingen, und so kam es, daß er im J. 1801 zum Erzieher des Prinzen Eugen von Württemberg, eines Sohnes des zu Karlsruhe in Schlesien wohnenden gleichnamigen Herzogs, gewählt wurde. Mit diesem, dem späteren ausgezeichneten russischen General, bezog er zunächst die Universität Erlangen, 1804 aber siedelten beide an den Stuttgarter Hof über, wo die Erziehung des Prinzen vollendet werden sollte; W., seit 1797 Lieutenant, kehrte jetzt als Hauptmann und Flügeladjutant in den württembergischen Dienst zurück, bald darauf wurde er Major. Als solcher marschirte er in der Stellung eines Generalquartiermeisterlieutenants im November 1805 mit den württembergischen Truppen welche unter dem Oberbefehle des Generals Reille zum Kriege gegen Oesterreich ausrückten, nach Linz. In die Heimath zurückgekehrt, ward er in Angelegenheiten der Verheirathung der Prinzessin Katharina mit Jerôme Bonaparte zum Kaiser Napoleon nach Mainz geschickt. Schritte, welche er damals that, um wieder in die preußische Armee aufgenommen zu werden, hatten keinen Erfolg, dagegen ernannte ihn sein König am 6. October 1806 zum Oberstlieutenant und zum Commandeur der Garde zu Fuß sowie zum Inspecteur des Cadetteninstituts.

Trotzdem gab W. den Wunsch, in Preußen angestellt zu werden, nicht auf. Sein erneutes Abschiedsgesuch wurde am 16. Mai 1807 genehmigt. Bei der Ueberzahl an Officieren, welche im preußischen Heere vorhanden waren, verzichtete er jedoch auf den Eintritt, bat um die Erlaubniß, statt dessen vorläufig in Rußland dienen zu dürfen, und ward hier als Major im Generalquartiermeisterstabe angestellt. Das Einleben in die neuen Verhältnisse, welches wegen Wolzogen’s Unbekanntschaft mit der Sprache sehr langsam und nie vollständig von statten ging, schriftstellerische Arbeiten, unter denen ein auf den Wunsch des Generals v. Phull verfaßter „Versuch, junge Offiziere zum Studium der Kriegsgeschichte aufzumuntern“ (Tübingen 1811) zu nennen ist, eine mit dem Prinzen Eugen nach Warmbrunn unternommene Reise und Recognoscirungen des westrussischen Kriegstheaters, auf welchem der bevorstehende Kampf mit Frankreich ausgefochten werden sollte, nahmen die Zeit bis zum Ausbruche dieses Krieges in Anspruch. Vor Beginn der Feindseligkeiten bekleidete er den Posten des Oberquartiermeisters bei einem Beobachtungscorps, dann gehörte er, am 14. Juni 1812 zum Obersten befördert, dem Stabe des Generals Barclay an. Mit letzterem theilte er das Loos für unfähig, muthlos, ja für einen Verräther gehalten und erklärt zu werden. Auch Clausewitz (Hinterlassene Werke über Krieg und Kriegführung, VII, 40) urtheilt über Wolzogen’s Verhalten in dieser Zeit nicht billig. Kaiser Alexander, welcher eine andere Ansicht hatte, berief ihn bei Beginn des Feldzuges von 1813 in sein eigenes Hauptquartier, in welchem er den Kämpfen von Groß-Görschen, Bautzen und Culm beiwohnte. Auf dem Schlachtfelde von Leipzig wurde er in Anerkennung der von ihm geleisteten guten Dienste zum Generalmajor befördert. Dann wurde er dem mit dem Oberbefehle eines aus ehemaligen Rheinbundstruppen gebildeten III. Armeecorps betrauten Herzoge Karl August von Sachsen-Weimar als Chef des Generalstabes beigegeben und nahm als solcher am Feldzuge in den Niederlanden theil bis dieser am 12. April 1814 durch den von W. mit dem General Maison abgeschlossenen Waffenstillstand von Pont-à-Tressin beendet wurde.

Nicht allzu lange nachher ging sein Wunsch, in das preußische Heer wieder aufgenommen zu werden, in Erfüllung. Am 5. Mai 1814 erhielt er die erbetene Entlassung aus dem russischen Dienste und, nachdem er inzwischen mit [208] dem Herzoge den Wiener Congreß besucht hatte, erfolgte am 24. Mai 1815 seine Anstellung als preußischer Generalmajor. Am Kriege dieses Jahres theil zu nehmen aber war er durch Krankheit verhindert. Seine erste Verwendung in dem neuen Verhältnisse war der Auftrag, den Prinzen Wilhelm und Friedrich von Preußen militärwissenschaftlichen Unterricht zu geben. Dann gehörte er einer zum Zwecke der Neugestaltung des Kadettencorps berufenen Commission an und hatte den Auftrag, die Etappenverhältnisse auf den die beiden Hälften des Staates verbindenden Straßen zu ordnen, am 24. December 1817 aber wurde er zum Mitgliede der Militärcommission des Deutschen Bundes in Frankfurt am Main ernannt. Seit dem 3. April 1820 Generallieutenant, ist er in dieser Stellung bis zum Jahre 1836 verblieben. Große Thätigkeit, umfassendes Wissen, reiche Erfahrung, ein weltmännisches Wesen und eine gewinnende Persönlichkeit machten ihn für dieselbe in hervorragendem Maße geeignet. Seine Leistungen im Felde und im praktischen Truppendienste wurden mitunter durch ein Zuviel an theoretischer Generalstabsgelehrsamkeit beeinträchtigt, auch blieb auf die ersteren nicht ohne Einfluß, daß W. sich gern mit Politik beschäftigte und diese in das Bereich seiner militärischen Erwägungen zog.

Den Frankfurter Posten gab er ungern auf. Dem Kriegsminister Witzleben hat er später einen Vorwurf daraus gemacht, daß dieser wider seinen Wunsch und Willen seine Verabschiedung herbeigeführt habe. Die letztere war aber durch Wolzogen’s Gesundheitszustand durchaus geboten. Er lebte nun zunächst theils in Halle, theils auf seinem Gute Kalbsrieth bei Artern; 1843 zog er nach Berlin und dort ist er am 4. Juni 1845 gestorben.

Memoiren des Generals Freiherrn Ludwig v. Wolzogen. Leipzig 1851.