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ADB:Wouwermann, Philipp

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Artikel „Wouverman, Philips“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 218–220, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wouwermann,_Philipp&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 09:17 Uhr UTC)
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Wouverman: Philips W., Maler, getauft zu Haarlem am 24. Mai 1619, erlernte die Anfangsgründe der Malerei von seinem Vater Paulus Joosten und trat dann in die Schule des Landschaftsmalers Jan Wijnants ein, dem er das Meiste in Bezug auf seine künstlerische Ausbildung verdankte. Indessen lassen seine Gemälde erkennen, daß er auch die Werke Andries Both’s und Pieter van Laer’s mit Erfolg studirte. Da er jedoch bereits im J. 1638 als verheirathet erscheint und im J. 1640 in die Lucasgilde als selbständiger Meister aufgenommen wurde, kann an ein eigentliches Schülerverhältniß zu van Laer kaum gedacht werden. Seit dem Jahre 1642 werden Schüler Wouverman’s erwähnt. Er hielt also eine Werkstätte und verpflanzte seine Art auf eine Reihe von Nachfolgern, unter denen seine Brüder Pieter und Jan Wouverman die erste Stelle einnehmen. Daß er unter seinen Haarlemer Collegen eine geachtete Stellung einnahm, dürfen wir aus der Thatsache schließen, daß er seit 1645 dem Vorstande der Lucasgilde angehörte. Er starb am 19. Mai 1668 und wurde am 23. desselben Monats in der neuen Kirche zu Haarlem begraben.

In Wouverman’s Bildern werden wir in gewisser Hinsicht stets an das Kriegsleben der Zeit erinnert, aber es tritt uns nicht mehr in seiner Wildheit und Schrecklichkeit entgegen, sondern erscheint gemildert zum Kriegsspiel, das als die dem Edelmann am meisten angemessene Beschäftigung gilt. Cavalleriegefechte, räuberische Einfälle und überhaupt Reiterscenen bilden in der Regel den Gegenstand [219] seiner Gemälde. War doch W. nach Waagen’s Bemerkung „ein Cavalier von Geburt“. Ein Bild von seiner Hand ohne Pferd ist nicht denkbar. Am häufigsten begegnet uns auf seinen Gemälden ein Schimmel, der dann aus coloristischen Gründen als die hellste Lichtmasse in den Mittelpunkt gestellt ist. Von hohem Reiz sind die landschaftlichen Partien Wouverman’s. Bald schildert er die Dünengegenden seiner engeren Heimath, bald eine anmuthige Hügellandschaft, bald wieder die eigentliche Gebirgsnatur und stattet sie mit Vorliebe mit architektonischen Bestandtheilen, mit Ruinen, Schlössern oder Windmühlen aus. Was er aber auch in Angriff nimmt, immer erscheint er als ein vortrefflicher Zeichner und ein feinsinniger Colorist, dessen reiche Phantasie mit Leichtigkeit die größte Abwechslung in der Anordnung und Gruppirung seiner Figuren erreicht. Da W. nur ganz wenige seiner Bilder datirt hat, muß man die Entwicklung seines Stils aus inneren Gründen herleiten, wobei die verschiedenen Formen seines Monogramms einen gewissen äußeren Anhalt bieten. Anfangs ist seine Farbe noch etwas schwer und hart, in seiner besten Zeit aber trägt er sie mit der größten Leichtigkeit auf und entzückt uns durch seinen hellen und klaren Silberton. Dieses allmähliche Fortschreiten des Künstlers bis zur vollendeten Meisterschaft kann man nirgends besser als in der Dresdener Galerie studiren. Sie besitzt nämlich im ganzen 62 echte Bilder von seiner Hand, unter denen der „Gasthofsstall“, das „Reitergefecht mit der brennenden Windmühle“, „Die Hirschjagd am Flusse“ und das „Feldlager am Flusse“ als die schönsten hervorgehoben seien. Nächst der Dresdner Galerie bietet die Eremitage zu St. Petersburg mit ihren 50 Bildern, darunter die große „Hirschjagd“ aus der Sammlung Choiseul, die beste Gelegenheit, W. kennen zu lernen. Unter den 20 Bildern der Münchener Pinakothek ragt die „Winterlandschaft mit einer Eisbahn“, die „Plünderung eines Dorfes“ und die „Pferdeschwemme“ hervor. Von den gegen 20 Bildern in Kassel wird die „Kornernte“ am meisten gerühmt. Der Louvre zu Paris besitzt etwa 12, das Amsterdamer Reichsmuseum ebenso viel, das Haager Museum neun, die Londoner Nationalgalerie fünf Wouverman. In Wien ist er am besten beim Fürsten Liechtenstein vertreten. Die Gesammtsumme seiner Gemälde erreicht die Höhe von mehr als 800. Dazu gehören auch einige Marinen und ein Bildniß. Dagegen wird ihm gegenwärtig der Stich eines Pferdes, der ihm lange Zeit zugesprochen wurde, aberkannt und als eine Arbeit seines Schülers N. Fick in Anspruch genommen. W. hatte zwei jüngere Brüder, die gleichfalls Maler waren. Der ältere von ihnen, Pieter W., getauft zu Haarlem am 18. September 1623, war sein Schüler. Er wurde im J. 1646 Mitglied der Haarlemer Gilde, ging dann nach Paris und ließ sich schließlich in Antwerpen nieder, wo er am 9. Mai 1682 begraben wurde. Seine Bilder gleichen denjenigen seines Bruders zum Theil im hohen Grade, sind aber trockener und schwerer im Ton. Außerdem aber malte er eine Reihe von Ansichten von Paris. Auch Jan W., geboren im J. 1629, entwickelte sich unter der Anleitung seines Bruders Philips zu einem tüchtigen Landschaftsmaler. Im J. 1655 wurde er Mitglied der Haarlemer Gilde. Er starb zu Haarlem im J. 1666. Seine Bilder sind nicht häufig. Bilder von seiner Hand trifft man in den Museen zu Rotterdam, Haarlem, Stockholm und Hannover, sowie in der Galerie Arenberg zu Brüssel und in der Liechtenstein-Galerie zu Wien.

Vgl. A. van der Willigen, Les artistes de Harlem. Harlem, La Haye 1870. S. 336–342. – Abr. Bredius, Catalogus van het Rijksmuseum van Schilderijen. 3. druk. Amsterdam 1887. S. 193, 194. – J. E. Wessely, Geschichte der Graphischen Künste. Leipzig 1891. S. 186. – A. Woltmann und K. Woermann, Geschichte der Malerei. Leipzig 1888. III, 650–654. – Musée royal de la Haye (Mauritshuis). Catalogue [220] raisonné des tableaux et des sculptures. La Haye 1895. S. 485–494. – E. Dutuit, Manuel de l’amateur d’estampes. Paris, London 1885. III, 635, 636.