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ADB:Zahn, Gottfried

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Artikel „Zahn, Gottfried“ von Adolf Schimmelpfennig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 664–665, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zahn,_Gottfried&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 04:51 Uhr UTC)
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Zahn: Gottfried Z., Stifter des Bunzlauer Waisenhauses, geboren am 21. December 1705 in Bunzlau oder Tillendorf, † am 22. September 1758. In frühester Jugend verwaist und ohne allen Unterricht aufgewachsen hatte er erst als Maurergesell im 24. Lebensjahre lesen und schreiben gelernt, aber durch Fleiß, Sparsamkeit und Umsicht nach und nach sich soviel erworben, daß er 1733 in der Obervorstadt in Bunzlau ein Haus kaufen und sich in demselben als Maurermeister niederlassen konnte. Er gehörte zu den Stillen im Lande; kindlicher Glaube verbunden mit seltner Willenskraft war der Grundzug seines Charakters, das Christenthum ihm voller, heiliger Ernst. Da kam ihm 1744 A. H. Francke’s Schrift: „Segensvolle Fußtapfen des noch lebenden und waltenden, liebreichen und getreuen Gottes, d. i. Nachrichten von dem Waisenhause und den übrigen Anstalten zu Glaucha vor Halle“ in die Hände; sie wurde für ihn und seine Zukunft entscheidend. Der beim Lesen derselben in seinem Herzen aufgestiegene Gedanke, „ob nicht bei der großen Freiheit, welche Gott in Schlesien jetzt verliehen, in Bunzlau eine aehnliche Anstalt gegründet werden könnte, wenn man es nur wagen möchte“, ließ ihm keine Ruhe. Was verwaist sein und ohne Unterricht aufwachsen bedeutet, wußte er aus eigner Erfahrung; in Halle war aus einem Senfkorn ein großer Baum erwachsen, warum in Bunzlau an der Macht und dem Segen Gottes zweifeln? Ohne Aufhebens zu machen, traf Z. die Vorbereitungen; wie Francke fing er mit einer Schule an, nahm einen Lehrer ins Haus und ließ von ihm mit seinen eigenen eine Anzahl armer Kinder aus der Vorstadt unterrichten; dabei begann er sein Haus, um Räume zur späteren Aufnahme von Waisen zu gewinnen, zweckmäßig zu erweitern und massiv umzubauen. Was er vornahm, erregte Aufsehn; Viele schüttelten die Köpfe; Fehlgriffe in der Behandlung der seine Schule besuchenden Kinder wurden von seinen Widersachern schadenfroh gegen ihn ausgebeutet und [665] so gehässig dargestellt, daß der Magistrat 1753 die Schließung derselben anordnete, und als Z. in der Hoffnung, das Geschehene rückgängig zu machen, nicht alsbald Folge leistete, ihn selber mit dem Lehrer wegen Auflehnung wider die Obrigkeit ins Gefängniß setzte. Z. war vor der Welt beschimpft, aber sein Muth nicht gebeugt, und der Gedanke, sein fast fertig ausgebautes Haus leer stehen zu lassen, ihm unerträglich. Das Wort des Herrn: „alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt“, erfüllte ihn mit Zuversicht; als Maurergesell hatte er seinen ersten Versuch im Schreiben damit gemacht und es seinem Herzen mit unverlöschlichen Zügen eingeprägt. In seiner Noth reiste er nach Breslau, entdeckte dem Oberconsistorialrath Burg sein Vorhaben und da dieser „es ihm nicht verargte“, so machte er auch in Bunzlau jetzt weiter kein Hehl daraus, sondern suchte zunächst seinen Beichtvater Woltersdorf (s. o. S. 174) für seinen Plan zu gewinnen. Woltersdorf verhielt sich anfangs spröde; der Gedanke, „eine freie Waisen- und Schulanstalt lediglich auf Gottes Vorsehung zu gründen“, schien ihm waghalsig; er rieth davon ab und gab erst nach, als Z. seinen unwiderruflichen Entschluß erklärte, selber nach Berlin zu reisen und sich die Concession zu einem Waisenhause vom König unmittelbar zu erbitten. Er unternahm die Reise; Woltersdorf’s Vater, Propst zu St. Georg, stand ihm mit Rath und That zur Seite und seinen Bemühungen ist es vornehmlich zuzuschreiben, daß Z. mit seiner Supplik vom 14. November 1753, in welcher er sich bereit erklärte, „sein in der Bunzlauer Vorstadt gelegenes, ziemlich aptirtes Haus zum Theil zu einem Waisenhaus auf jetzige und künftige Zeiten zu widmen und zum Anfange einen eignen Informator und 2 Waisenkinder auf eigne Kosten anzunehmen und zu erhalten, in der Hoffnung, Gott werde das Werk mit der Zeit auf eine ihm beliebige Weise fördern und ausbreiten“, offene Thüren und freundliche Aufnahme fand. Eine Confirmation zu ertheilen wurde, nachdem die nöthigen Erhebungen erfolgt waren, „in Anbetracht des zu dieser Stiftung destinirten geringen Fonds, nicht für diensam befunden“, dafür aber erhielt Z. am 23. April 1754 die Concession, „so lange es seine Convenienz erlaube, zwei oder mehr Waisenkinder nebst einem Informator zu erhalten“. Dies die Anfänge des Bunzlauer Waisenhauses. Zahn’s Glaube wurde nicht getäuscht; reichliche Beiträge aus der Nähe und Ferne flossen ihm zu; nach einem halben Jahre betrug die Zahl der von ihm aufgenommenen Waisen bereits 9, zu denen noch einige Alumnen (Freischüler) kamen, auch fanden sich Pensionäre; ein zweiter studirter Lehrer wurde angestellt, ein benachbartes Grundstück für 1600 Thaler gekauft und auf diesem neben dem vergrößerten Hause der Bau eines neuen begonnen. Es war für die junge Anstalt ein Glück, eigne Gebäude auf eignem Grund und Boden zu haben; sie wäre bei Zahn’s 1758 unvermuthet erfolgtem Tode obdachlos und dadurch verloren gewesen. Auf eine mit des Inhabers Tode hinfällig werdende Concession gestiftet, war alles nur provisorisch, nichts festgemacht, und Z. hatte, um seine nicht auf den gleichen Ton mit ihm gestimmte Familie nicht zu beeinträchtigen, es unterlassen, über sein Haus letztwillig zu verfügen. Der eigne Besitz wurde die Rettung der Anstalt und sicherte ihr Fortbestehn.

Stolzenburg, Geschichte des Bunzlauer Waisenhauses. Breslau 1854, S. 9–46.