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ADB:Zevel, Adam von

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Artikel „Zevel, Adam von“ von Friedrich Haagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 137–143, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zevel,_Adam_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 07:51 Uhr UTC)
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Zevel: Adam von Z., epochemachend im 16. Jahrhundert in der Reichsstadt Aachen durch seine Bemühungen, die protestantische Lehre in der alten Krönungsstadt auszubreiten, gehörte dem im Herzogthum Limburg, in der Grafschaft Falkenburg, dem Herzogthum Jülich und in Aachen bekannten adeligen Geschlechte an, das nach einem Rittersitz Zevel bei Euskirchen seinen Namen führt, aber auch Zevell, Zievel, Tzievel genannt wird. Nach den von Joseph Laurent herausgegebenen Aachener Stadtrechnungen des 14. Jahrhunderts wurde in den Jahren 1344 und 1376 einem Goswin von Zevell von Seiten der Stadt der Ehrenwein gereicht. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts schweigt die Geschichte Aachens von den Zevel, bis Adam in derselben als angesehener Rathsherr eine Rolle zu spielen beginnt. Er beschäftigte sich mit der Tuchfabrikation und gehörte zu den Männern, welche im geheimen den Lehren der Reformatoren zugethan waren und diese Lehren in weiteren Kreisen zu verbreiten suchten. Die Verbreiter waren vornehmlich solche Fabrikanten, welche in Flandern und Artois vortheilhaften Handel in Wollentuch trieben und verschiedene neue Tucharten von dort aus nach Aachen einzuführen riethen. Ihren reichen Mitbürgern empfahlen sie, dorthin die Söhne in die Lehre zu schicken und erklärten, viele dortige Meister seien geneigt, nach Aachen zu kommen und hier ihre Methode bekannt zu machen. Sie erwirkten beim Rath, daß dieser am 4. October 1544 [138] dreißig niederländischen Familien das Aachener Bürgerrecht gewährte. Deren Gönner erlangten für sie im Rath nicht nur die Erstattung der Reisekosten, sondern auch die Ueberlassung geeigneter Räume und die nöthigen Darlehen für ihre Industrie. Bald erkannten die Bürger, daß die Ankömmlinge der neuen Lehre ergeben waren. Das Send- oder geistliche Gericht zog einzelne derselben zur Verantwortung. Auch Z. hatte zwei auswärtige dem neuen Glauben anhangende Familien für sein Tuchgeschäft herangezogen. Bald hörte man in mannichfaltigen Mundarten Spottlieder gegen Geistliche und katholische Glaubenslehren. Als König Ferdinand diese Zustände erfuhr, besorgte er den Abfall der alten Krönungsstadt vom katholischen Glauben und sandte den Bischof von Artois und den Dr. Hase nach Aachen, um dies zu verhüten. Die beiden Abgeordneten überbrachten den Bürgermeistern und dem Rath ihren Auftrag. Das Leben und die Sitten der Bürger wurden untersucht, einer der letzteren wurde verbannt. Es wurde beschlossen, daß Niemand zum Rath oder einem öffentlichen Amte zugelassen werden sollte, der nicht durch einen siebenjährigen Aufenthalt in Aachen kundgegeben hätte, daß er den katholischen Glauben bekenne; auch sollte keiner mehr in den Bürgerstand aufgenommen werden ohne ein Zeugniß über sein früheres Leben.

Adam v. Zevel, welcher entschieden als Haupt der Protestanten in Aachen hervorgetreten war, wurde im J. 1552 zur Freude seiner Glaubensgenossen zum Bürgermeister gewählt; verließ aber gleich nach der Wahl die Stadt mit der Erklärung, er würde nicht im Stande sein, die Last der Regierung zu tragen, wenn nicht eine Verbesserung des Raths vorgenommen würde und begab sich auf sein dicht an der Grenze des Stadtgebietes in dem Dorfe Bardenberg gelegenes Landgut. In der Frühe des Urbanustages (25. Mai), an welchem nach alter Sitte die Bürgermeister den Amtseid leisteten, lud der Magistrat ihn dazu ein und erklärte, ihm liege nichts mehr am Herzen, als die alte löbliche Sitte, Ordnung und Verfassung in seinem Rath aufrecht zu erhalten. Am 31. Mai leistet Z. den Eid und reicht zugleich eine Schrift ein, welche die von ihm gewünschte Ordnung der Dinge enthält. Der Rath antwortet, die Sache sei so lange zu vertagen, bis die Genossenschaften der Handwerker (artificium), d. h. der Zünfte, damit einverstanden seien, und beugt so einer Gefahr für die Stadt vor. Die nächstfolgenden Jahre blieben die confessionellen Zustände in Aachen ungeändert. Obgleich nach dem Augsburg’schen Religionsfrieden vom Jahre 1555 es gestattet worden war, entweder den katholischen Glauben oder den der Augsburg’schen Confession zu bekennen, so konnte der Rath doch nicht bewogen werden, das Mindeste an dem Bestehenden zu ändern. Er ließ durch den Stadtsyndikus Gerlach Radermacher, einen sehr unterrichteten und umsichtigen Mann, dem Augsburger Reichstage erklären, der Rath sei fest entschlossen, bei dem orthodoxen katholischen Glauben zu verharren.

Als im folgenden Jahre die fremden Tucharbeiter unter dem Vorgeben, sie verständen die deutschen Prediger nicht, und unter dem Schutze des zum zweiten Male zum Bürgermeister gewählten Z. auf ihre Kosten einen französischen Geistlichen beriefen, wurde dieses gleich am 26. Januar 1556 versagt. In demselben Jahre wurden auch die Wiedertäufer aus dem königlichen Sitz und Reich Aachen verbannt.

Der Rath, auf welchen in diesen Jahren von verschiedenen oft sehr einflußreichen Seiten um Gestattung der Ausübung der in Aachen vertretenen Glaubensbekenntnisse eingewirkt wurde, zeigt sich nicht immer consequent in seinen Beschlüssen. Einige der im J. 1556 aus Stadt und Reich Aachen verbannten Wiedertäufer waren zurückgekehrt. Diesen gestattete er ein nächtliches Zusammenkommen und das Predigen, andere ließ er verbrennen. Als dreizehn derselben [139] darüber erschreckt, die Flucht ergriffen, erlaubte er diesen unter dem Versprechen, ihre Irrthümer abzulegen, die Rückkehr. Auf Vermittelungsschreiben der Fürsten und Stände des Augsburg’schen Bekenntnisses von demselben Jahre zu Gunsten ihrer Aachener Glaubensgenossen erwiderte der Rath ablehnend. Auch ein Gutachten, welches um diese Zeit mehrere Abgeordnete des Reichskammergerichts zu Speier aufstellten und das die Altkatholiken in Aachen mit einem Bittgesuch dem Magistrat überreichten, blieb unberücksichtigt. Das Urtheil des Raths ging dahin, es dürfe den Anhängern des neuen Evangeliums weder der Tempel noch der Prediger gestattet werden. Gleich wirkungslos war eine Bitte der Bekenner der Augsburg’schen Confession vom 18. Januar 1559, ihnen auf ihre Kosten einen Prediger zu gestatten. Am 19. März desselben Jahres lief ein zu Frankfurt abgefaßtes Schreiben ein des Pfalzgrafen Otto bei Rhein, des Kurfürsten August von Sachsen, des Markgrafen Joachim von Brandenburg, des Pfalzgrafen Wolfgang in Veldens und des Herzogs Christoph von Württemberg, in welchem gebeten wurde, daß in Aachen den Bekennern des neuen Evangeliums ein angemessener Ort und ein Redner zur Verkündigung des Wortes Gottes gestattet werde. Daraufhin wandte der Rath sich an die gesammte Bürgerschaft Aachens, ermahnte sie in ernstem und strengem Ton nach der alten einzigen Religion, die Aachen seit seiner Gründung, länger als siebenhundert Jahre bekannt habe, das Leben einzurichten.

Adam v. Z. war unterdessen nicht unthätig. Er sandte seinen Sohn Goswin und Arnold Engelbrecht an den Reichstag nach Augsburg, um Fürsten und Stände um Hülfe zu bitten. Die beiden Abgeordneten richten eine Bittschrift der Aachener Protestanten an die Augsburg’schen religionsverwandten Stände, in welcher sie ausführen, wie der Rath noch immer die Einräumung einer Kirche verweigere, und bitten, man möge einen Abgesandten schicken, der mit dem Aachener Rath verhandele und auch mit dem Herzoge von Jülich tractire, der als Patron der Kirche von St. Foilan angegangen werden soll zur Abtretung derselben. Sie setzen den Nutzen auseinander und erbieten sich, den betreffenden Abgeordneten auf ihre Kosten mit der Post hinabzuschicken. Die Augsburg’schen Confessionsverwandten sandten darauf den Licentiaten Wenzel Zuleger nach Aachen. Dieser kommt am 13. Juni dort an und erfuhr, daß ein Schreiben König Philipp’s II. von Spanien vom 15. Mai 1559 aus Brüssel an Aachen vorliege, in welchem der König bittet, man möge den Sectirern aus den Niederlanden keine Hülfe und keine Wohnung gewähren und die katholische Religion unterstützen und befördern. Der Rath erwiderte, daß er nicht über Sectirer, die sich bei ihm eingeschlichen, zu berichten wisse, wahr wäre aber, daß etliche der Augsburg’schen Confessionsverwandten sich bei ihm niedergelassen hätten, die er, so lange sie sich wohl verhielten, nicht ausweisen könne. Da ihm aber über einige Sectirer berichtet werde, so wolle er gewiß gegen dieselben mit allem Ernst und Fleiß handeln, das solle Seine Majestät zu ihm versehen.

Wegen Abwesenheit der Bürgermeister überreichte Zuleger erst am 18. sein Begleitungsschreiben, hielt am folgenden Tage, Montag, seinen Vortrag und ließ Copie seiner Instruction zurück. „Es ist aber der Brauch der Stadt Aachen“, sagt er, „daß hochwichtige Sachen, sonderlich diejenigen, die Mutationen bewirken, nicht in dem gewöhnlichen Kleinen Rath, sondern von dem Großen verhandelt zu werden pflegen, in welchem wol über die hundert Personen zu sitzen pflegen. Aber sie stimmen nicht nach Köpfen, sondern nach Zünften, also daß etwa acht Personen ein Votum abgeben, und sind derselben fünfzehn. So ist nun diese Sache auch verhandelt worden.“ Man wurde am Montag nicht fertig. Zuleger vernahm, es seien „ein großes Theil grob unwissender leutt“ darunter, die von der Augsburg’schen Confession und von dem Religionsfrieden nichts [140] wüßten. Er brachte es zuwege, daß diese beiden Stücke im Rath vorgelesen wurden, der am 20. Juni kurz und einfach erklärte, er würde in der Religion keine Aenderung zulassen oder gestatten. Zunächst replicirte Zuleger darauf mündlich, übergab dann eine Schrift, in welcher ausführlich mitgetheilt wurde, daß die Erfüllung des Begehrens der Reichsstände der Stadt nur Vortheile bringen könnte; er erbot sich auch noch zu weitern Berathschlagungen und bemerkte in Betreff des Reichstages, „daß jedenfalls von hiervor bewilligten Reichsabschiede des Jahres 55 nichts abgenommen, sondern derselbe bis zu endlicher Vergleichung in der Religion stet und fest bleiben sollte“. Der Rath berieth noch einen ganzen Tag und antwortete Mittwoch Nachmittag: „ein ehrbarer Rath müsse nochmals das gestellte Begehren abschlagen, weil in diesen Niederlanden sonst Niemand von den Ständen eine Aenderung in der Religion vorgenommen hätte und sie also die ersten sein würden.“ Zuleger verstand dies in dem Sinne, „daß die Furcht vor Brabant und Jülich die eigentliche Ursache der Weigerung sei“, deshalb bat er um eine nochmalige Sitzung auf Donnerstag. In dieser hält er ihnen vor, was für eine faule Ausflucht es sei, daß einer nicht recht thun wolle darum, daß seine Nachbarn auch nicht recht thäten. Er führt dann als Beispiele an den Grafen von Horn, Niederwesel, Duisburg, Soest – auch der Herzog von Jülich halte sich einen Prädicanten. Den 22. Juni gab der Rath durch seinen Bürgermeister Ellerborn dieselbe Antwort. Im Rath soll aber große Spaltung und Dissension geherrscht, mehrere die Theilnahme an den Verhandlungen verweigert haben. Der eine Bürgermeister, Adam v. Z., hat auch die Antwort nicht mit überbracht. Die Protestanten haben unterdessen in ihren Häusern gebetet.

Von Aachen begab Zuleger sich nach Cleve zum Herzog Wilhelm von Jülich, der bereits von den Unterhandlungen in Aachen unterrichtet war. Er ließ sich am 25. Juni beim Herzoge melden, der ihn an den Rath verwies, der aus dem Kanzler Ottenschläger, dem Marschall und den Kämmerern bestand. Der Herzog antwortete folgenden Tages: „Da die Sache Aenderung der Religion, mutationem religionis, betreffe, so könne er ohne Rath und Vorwissen seiner Landschaft nichts thun, also jetzt noch nicht abschlagen oder zusagen. Obgleich viele muthwillig böse leutt in Aachen seien, wolle er nicht, daß dort die Religion, die von jeher daselbst gewesen, geändert werde.“ Zuleger bat noch um eine präcise, definitive Antwort; der Herzog ließ aber wörtlich dasselbe wiederholen. Durch eine Privataudienz erreichte Zuleger kein besseres Resultat. Er kehrte nach Aachen zurück, wo ein Schreiben König Ferdinand’s d. d. Augsburg 1559 des Inhaltes angekommen war, die Stadt solle sich mit dem Botschafter der protestantischen Stände nicht einlassen, sondern abwarten, bis eine ansehnliche stattliche Gesandtschaft vom König und Reich hingesandt worden. Das Schreiben habe wenig gefruchtet, meint Zuleger; „allein (nur) das es etliche Redlersfüerer und die Pfaffen, die schon etwas gedempft waren, wider möcht erquickt haben.“ Am 6. Juli war Zuleger wieder in Augsburg. Mit den „armen Cristen“ hatte er verabredet, sie sollten sich ruhig verhalten, fleißig berichten und den confessionsverwandten Ständen vertrauen. Da der Herzog von Jülich manches ungehindert geschehen lasse, ein Bürgermeister, Adam v. Z., und einzelne Rathsglieder nicht ungeneigt seien, so bitten die „armen Cristen“, man möge ihnen einen eifrigen, gelehrten und verständigen Kirchendiener schicken, um in einer Pfarrkirche zu predigen, wo ein Mönch Pfarrherr sei, der schon geraume Zeit willens gewesen, „die Kutte abzuwerfen und sich zu Gott zu begeben“. Sollte das erfolgen, dann haben die Confessionsverwandten den Vorschlag: weil der eine Bürgermeister und dann viele vom Rath der Confession zugethan sind, so sollen sie durch ihr Ansehen und für ihren Theil den Prediger in einem Spital, das sie zu verwalten [141] haben, predigen lassen und ihn darin schützen und handhaben. Es sei kein Zweifel, daß, wenn er acht Tage predige, geschweige einen Monat, fast die ganze Stadt auf ihre Seite treten würde. Es kenne Jedermann die Pfaffen und ihren Haufen, so sich besonders an diesem Orte vor anderen übel verhalten. Der von den Ständen von Augsburg gesandte Prediger soll den Schreiern das Maul stopfen!

Der erwählte Erzbischof von Köln, Gebhard Graf von Mansfeld, zeigte von Brüel aus den 2. Juli 1559 dem Aachener Magistrat an. daß der Bischof von Lüttich, Robert II. von Berghen und der Herzog Wilhelm von Jülich vom Kaiser mit einer commissarischen Untersuchung der religiösen Angelegenheiten Aachens betraut seien und daß bald Räthe abgesandt werden würden. Bis dahin möge man sich jeder Neuerung enthalten.

Am 18. August ermahnte von Augsburg aus der Pfalzgraf Friedrich III., der Kurfürst Wolfgang von der Pfalz, der Herzog Christian von Württemberg den Magistrat, die aus anderen Gegenden vertriebenen Christen aufzunehmen und zu beschützen.

Da diese Botschaften und Briefe große Aufregung in der Bevölkerung veranlaßten, ließ der Rath am 29. August den Inhalt aller vorgenannten Zusendungen, auch den Passauer Vertrag vom Jahre 1552, zusammenstellen und den einzelnen Collegien der Handwerker und Zünfte vorlegen und erwartete darüber die Ansicht derselben, vor allem aber darüber, was in Bezug auf die von außen vertriebenen Ankömmlinge zu halten sei. Dann wurden am 30. August aus den Mitgliedern des Raths, sechs gewählt mit dem Auftrage, die Schreiben durchzusehen und zu ordnen. Noch war der Rath mit dieser Angelegenheit beschäftigt, als Klagen einliefen, daß trotz des Verbotes des Raths geheime religiöse Versammlungen stattfänden, die von Adam Zevel begünstigt würden. Die zur Untersuchung der Acten und Schriften gewählten Herren erklärten, ihre Arbeiten nicht eher aufnehmen zu wollen, als bis die Störer des öffentlichen Friedens und die Verächter der Obrigkeit ihre Strafe erhalten hätten. So wurden verschiedene Wirthe festgenommen, unter ihnen auch der Z. nahestehende Wirth des Appretirhauses domus clandriae, der Wohnung v. Zevel’s. Die Akatholiken ersannen ein Mittel, die Bürger einzuschüchtern und gleichzeitig gegen die angesehenern Katholiken einzunehmen, indem sie durch einen Juden, Johannes Levita, fälschlich das Gerücht verbreiten ließen, in der Stadt werde ein Aufruhr vorbereitet, zu welchem Waffen und Patronen in den Wohnungen jener Katholiken lagerten. Johannes Levita wurde auf Befehl des Magistrats durch den Bürgermeister aus dem Schöffencollegium, Dr. Gerhard Ellerborn, und den Stadtsecretarius Hubert Münster gerichtlich angeklagt und zum Tode verurtheilt. Am 22. September versammelte der Bürgermeister v. Z. den Rath. Dieser erklärte, man müsse an der Meinung der Zünfte festhalten und die Eindringlinge aus Stadt und Gebiet verweisen. Darauf erhoben sich viele Rathsherrn und verließen unzufrieden die Sitzung. Auch einzelne Beamte, Weinmeister, Werkmeister folgten dem Beispiel und schickten die Amtsschlüssel zurück. Schließlich trat auch v. Z. von seiner Stellung zurück mit der Erklärung, er könne in so aufgeregten Zeiten sein Amt nicht fortführen. Der Rath wählte ungesäumt den Franco Block zum stellvertretenden Bürgermeister und decretirte, daß von den Ausgetretenen fernerhin keiner in den Rath aufgenommen und daß an ihre Stelle andere gewählt werden sollten.

An demselben 22. September wurde durch Schellenklang der Rathsbeschluß bekannt gemacht, daß alle Ankömmlinge, welche noch nicht in die Bürgerschaft aufgenommen seien, innerhalb 17 Tagen ein Zeugniß ihres früheren Verhaltens, des friedlichen Auszuges aus ihrem frühern Wohnorte und ihres katholischen Glaubens vorzuzeigen hätten, widrigenfalls sie Stadt und Reich Aachen verlassen [142] sollten. Letzteres sollte auch von denjenigen Akatholiken verlangt werden, welche schon in die Bürgerschaft aufgenommen seien. Die Jugend sollte in den Schulen vor ketzerischer Lehre bewahrt werden, die Stadtwache zahlreicher und sorgfältiger sein.

Obgleich v. Zevel’s Gesinnung jedem klar war, lud der Magistrat ihn dennoch am 26. September ein, sein Amt fortzusetzen. Da er widerstrebte und Ausflüchte machte, wählte man den Franco Block an seine Stelle, d. h. machte ihn zum regierenden Bürgermeister. Gegen Eingewanderte und solche, welche ihren Aufenthalt über die erlaubte Frist ausdehnten, verfuhr man schärfer, indem man sie entweder festnahm oder augenblicklich aus der Stadt wies.

Als am 15. Februar des Jahres 1560 im Großen Rathe beschlossen wurde, daß, wenn religiöse Angelegenheiten debattirt wurden, diejenigen abtreten sollten, welche eine Petition des Goswin v. Zevel und Arnold’s Engelbrecht um Gestattung eines Predigers unterzeichnet hatten, protestirten am folgenden Tage, als der Beschluß im versammelten Rath vorgelesen wurde, sechs angesehene Rathsmitglieder und erklärten, daß sie durch die Bitte, einen eigenen Prediger zu erlangen, nichts der Gemeinde Nachtheiliges gethan und verlangten, daß der Beschluß im Rathsbuch ausgestrichen werde. Da Letzteres nicht gewährt wurde, verließ der eine derselben, Hermann v. Bartolf, den Rath unter dem Vorwurf, dieser sei Kläger und Richter. Ein Gleiches thaten noch zwei Andere.

Nachdem am 13. und 15. Mai Z. vor versammeltem Rath sich heftig ausgesprochen hatte, wurde er am 31. desselben Monats für immer aus Stadt und Reich Aachen verbannt. Die neuerwählten Bürgermeister Johann Ellerborn und Stephan Wolf hatten am 2. Mai den Eid geleistet und gelobt, dem katholischen Glauben treu zu bleiben. Damit schlossen für Aachen die religiösen Bewegungen für die nächsten Jahre äußerlich ab. Wo Z. nach seiner Verbannung lebte, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich in der Nähe Aachens auf seinem Gut bei Bardenberg, von wo aus er seinen Glaubensgenossen in Aachen mit seinem Rathe zur Seite stehen konnte.

Trotz der strengen Verordnungen des Raths und der Zünfte vom 7. März 1560 waren viele Gegner der katholischen Lehre in Aachen geblieben und zu Einfluß gelangt. Wenn auch der Rath in einem Beschluß vom 29. Juni 1574 äußerlich an der alten Strenge festhielt, so gelang es doch schon am 23. Juli desselben Jahres den Bekennern der neuen Lehre bei demselben durchzusetzen, daß neben den Katholiken auch Anhänger der Augsburg’schen Confession in den Rath gewählt werden durften unter dem Vorbehalte, daß in Angelegenheiten des Glaubens nichts geändert werden dürfte! Es strömten nun Bekenner der verschiedensten religiösen Richtungen, besonders aus den Niederlanden, nach Aachen und erhielten das Bürgerrecht. Seit dem Jahre 1574 gewannen die Protestanten allmählich das Uebergewicht in der Regierung. Z. kehrte aus der Verbannung zurück und wurde 1580 zum Bürgermeister gewählt; im folgenden Jahre war sein Bruder Peter v. Zevel in diesem Amte.

Herzog Alexander von Parma, Statthalter der Niederlande, hatte im September 1579 und im Januar 1580 den Rath ermahnt, das Ueberhandnehmen der religiösen Secten in Aachen zu verhüten und den orthodoxen katholischen Glauben daselbst zu befördern. In den Monaten April und Mai 1580 reichen die Protestanten dem Rath eine Bittschrift ein, in welcher sie gebieterisch als ein ihnen zustehendes Recht die freie Ausübung des Glaubens und ein demselben angemessenes Local verlangen. Alsbald eröffnet ein abtrünniger Augustinermönch religiöse Versammlungen, bei welchen der Goldarbeiter Johann Kalkberner, ein Jülicher (A. D. B. XV, 25 f.) ihm zur Seite stand. Es sandten wiederholt Abmahnungsschreiben an den Magistrat der Kaiser Rudolf II., Gerard [143] von Groesbeck, Cardinal und Bischof von Lüttich, der Herzog Wilhelm von Jülich, der Herzog von Parma; es mahnten ferner ab der Dechant des Marienstifts, Franz Voß, das Stiftscapitel, der dem alten Glauben treu gebliebene Theil des Raths und der Bürgerschaft. Das Gesuch der Protestanten wurde abgelehnt. Der Herzog von Jülich sandte am 2. Mai den Werner von Gimmenich und Walther Fabricius nach Aachen, um die dort entstandenen neuen Glaubensmeinungen zu bekämpfen und deren Verbreiter zu entfernen. Der Herzog erklärte am 7. Juli, er könne den Protestanten die freie Religionsübung darum nicht gestatten, weil die Stände des Reichs dieselbe nur dort erlaubt hätten, wo sie früher bestanden hätte. Vom 31. Juli bis zum 2. August fand in dem Hause Loewenstein in der Elfschornsteinstraße eine Disputation zwischen einem lutherischen und einem calvinischen Prediger statt über die Person Christi und über das Abendmahl, über welche Peter a Beeck (A. D. B. II, 243 f.) in seinem Aquisgranum S. 272 ff. ausführlich berichtet. Ein Antrag der Calviner auf freie Ausübung ihres Glaubens wurde im J. 1580 von dem confessionell sehr gemischten Rath abschlägig beschieden. Am 2. September ermahnte der Herzog Wilhelm von Jülich den Adam v. Z., seinem Versprechen nachzukommen und die ungewöhnlichen Versammlungen zu verbieten. Ihm sei zu Ohren gekommen, daß am Bartholomäustage ein dem Augustinerkloster entsprungener Mönch eine solche abgehalten habe, wobei der kaum dem Knabenalter entwachsene Johann Kalkberner als Diener fungirt habe. Der von Vogt und Meyer Festgenommene sei durch die Bemühungen Adam v. Zevel’s wieder freigegeben worden. Z. wird ermahnt, seinem gegebenen Versprechen nachzukommen und in Aachen alles in den frühern Stand zu bringen. Hier verschwindet Z. aus der Geschichte Aachens. Das von ihm begonnene Werk wurde von seinen Anhängern, namentlich von dem vorstehend genannten Johann Kalkberner mit solchem Erfolge fortgesetzt, daß vom Jahre 1583 bis zum Jahre 1598, wo auf Befehl Kaiser Rudolf’s II. die Execution der Reichsacht über dasselbe erging, Aachen als eine protestantische Stadt gelten konnte. Die v. Zevel gehören zu den 1602 mit Strafsummen belegten Personen und verschwinden dann aus der Geschichte der Stadt.

Man vgl. Fahne, Gesch. der Köln., Jülichschen und Bergischen Geschlechter, S. 463. – Slangen, Bijdragen tot de geschidenis van het Herdogdom Limburg, Amsterdam 1865. – Die Familie der Freiherrn von Fürth. Sonderabdruck des Herold. Berlin 1873, Anhang S. 5 f., zusätzliche Bemerkung 1 ff. – Meyer, Aachische Gesch. 1781. – Haagen, Gesch. Aachens, 1874, II, S. 137 ff.