ADB:Laurent, Josef

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Artikel „Laurent, Josef Gerhard“ von Friedrich Haagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 59–61, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Laurent,_Josef&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 02:45 Uhr UTC)
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Band 18 (1883), S. 59–61 (Quelle).
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Laurent: Josef Gerhard L., wurde am 8. Januar 1808 in Aachen geboren. Er absolvirte das Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog dann die Universität Bonn, um an dieser Philologie zu studiren. Nach Absolvirung seiner akademischen Studien übernahm er die Stelle eines Erziehers im gräflich Hatzfeld’schen [60] Hause und lebte nach Erledigung dieser Aufgabe in seiner Vaterstadt als Privatgelehrter der Wissenschaft, dem Unterricht und der Erziehung von Kindern einzelner befreundeter Familien. Als der durch seine Geschichte Aachens bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts und durch seine zahlreichen Monographien wohlverdiente Christian Quix gestorben war, übertrug seine Vaterstadt ihm im J. 1844 die Stelle eines Stadtbibliothekars und mit dem Jahre 1862 gleichzeitig diejenige eines Stadtarchivars, Functionen, die nach seinem Hinscheiden wieder gesondert wurden. Die Besorgung beider Stellen bot große Schwierigkeiten, da wegen des vom Könige Friedrich Wilhelm IV. gutgeheißenen Planes der Wiederherstellung des alten sogenannten Krönungs- oder Kaisersaales in seiner ihm von Gerhard Chorus (Bd. IV S. 137) um die Mitte des 14. Jahrhunderts gegebenen Ausdehnung von 160 Fuß Länge und 60 Fuß Breite die verschiedenen durch Zwischenwände entstandenen Säle, unter Anderem auch der für die Stadtbibliothek entfernt, und diese in einem Privathause auf dem Markte vorläufig untergebracht werden mußte, bis sie endlich ihre heutige Aufstellung in dem Gebäude der alten Redoute auf dem Komphausbad erhielt; auch das Archiv mußte von Neuem und besser geordnet werden. Mit glücklichem Erfolge unterzog L. sich dieser Aufgabe. Durch seine gewonnene gründliche Kenntniß des Inhaltes des Stadtarchivs, durch seine Gewandtheit, die verschiedensten und schwierigsten Handschriften zu lesen, vor Allem aber durch sein freundliches Entgegenkommen hat er manchen Gelehrten die Benutzung des Archivs erleichtert. L. schrieb die Urkunden seines Archivs von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, bis wohin der Codex diplomaticus Aquensis von Christian Quix geht, bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts sauber und correct ab. Wahrscheinlich hatte er die Absicht, den vielfach ungenauen und uncorrecten Quix’schen Abdruck von Neuem herauszugeben, wenigstens die Fortsetzung des Quix’schen zu bringen, zu welcher die von L. genommenen und im Besitze seiner Familie befindlichen 270 Urkundenabschriften ein vortreffliches druckfertiges Material liefern. Ein großes Verdienst um die Kenntniß der sittlichen, ökonomischen, gewerblichen und bürgerlichen Verhältnisse nicht blos Aachens, sondern auch eines beträchtlichen Theiles des nordwestlichen Deutschlands im 14. Jahrhundert hat L. sich durch die Herausgabe und Erläuterung der Aachener Stadtrechnungen aus den Jahren 1334, 1338, 1343, 1344, 1346, 1349, 1353, 1383, 1385, 1387, 1391, 1394 und 1396 nebst Mittheilungen über Münzen und einem Glossar erworben. Seit dem Schlusse des Jahres 1875 ist das schon 1865 erschienene interessante Werk im Buchhandel vorräthig unter dem Titel: „Aachener Zustände im 14. Jahrhundert, auf Grund von Stadtrechnungen nach den Stadtarchiv-Urkunden mit Einleitung, Register und Glossar“. Die Rechnungen des 14. Jahrhunderts, welches für Aachen eine Periode der Blüthe war, bringen eine außerordentliche Fülle von Nachrichten, über Herrscher, Herrscherin und den Hof bei den Krönungen und den wiederholten Besuchen in Aachen, über die den Hof begleitenden geistlichen und weltlichen Fürsten und den niederen Adel, über Feste, Kleidung, Gegenstände des Luxus, über Sitte, Gewohnheiten, Geldwerth, Natur- und Kunstprodukte, Topographie, Einkommen und Ausgaben der Stadt, über Stadtobrigkeit, Stadtdiener, bürgerliche Gewerbe, geistliche Genossenschaften, Unterstützung der Dürftigen, über Weinbau, Meth- und Bierproduktion, Wein- und Methspenden an vornehme und befreundete Personen von der Stadt, über Bündnisse der Stadt mit den Nachbarfürsten, den Herzogen von Brabant und Jülich, den Erzbischöfen von Köln und der Stadt Köln, über Aufbringung der Kosten des Bundes durch Errichtung von Zollstätten, über Zollgegenstände, gemeinschaftiiche Kriegsunternehmungen der Fürsten und der Städte Aachen und Köln gegen verschiedene Schlösser, Griepekoven, Zur Dick, Reifferscheid, über Bewaffnung, Verpflegung der Mannschaften, Disciplin, Wurfgeschosse, über Dienstverhältnisse [61] oder Mannschaft verschiedener Rittergeschlechter zur Stadt und Befestigung dieser, über Entstehung des gothischen Chores an der Krönungskirche und des zweiten Rathhauses mit dem herrlichen Königssaale, endlich über hervorragende Persönlichkeiten, namentlich den Ritter Gerhard Chorus. Als nach dem vom Könige Friedrich Wilhelm IV. genehmigten Plane das Aachener Rathhaus durch den Baurath Ark an der hinteren Stirnmauer durch das massive Treppenhaus eine Stütze gewonnen und das Innere desselben, namentlich der Saal, seinen alten Umfang, auch den Schmuck der Rethel’schen und Kehren’schen Fresken erhalten hatte, gab die Stadtverwaltung unserem L. den ehrenvollen Auftrag, einen Plan zu entwerfen, die Stirnmauer des monumentalen Gebäudes mit den entsprechenden historischen Standbildern zu schmücken. L. entledigte sich des Auftrages so, daß er in Erwägung des Umstandes, daß das Rathhaus einen wesentlichen Theil der karolingischen Pfalz einnimmt, daß dasselbe ferner durch seinen Saal als der Mittelpunkt der Festlichkeiten nach den Krönungen und endlich in seinen übrigen Räumen der Verwaltung der freien Reichsstadt diente, einen dreifachen Bildercyclus, Karl den Großen und seine Umgebung, Karl IV. nebst den Kur- und anderen bei den Krönungen fungirenden Fürsten und zuletzt die Vertreter der Reichsstadt Aachen, ihre Beamte und Zunftvorstände darstellte. Wenn auch der Entwurf Widerspruch fand, so wird man doch in nächster Zeit, wo die Restauration der Stirnmauer ihrer Vollendung entgegengeht, auf denselben wol wieder zurückkommen müssen, weil er der geschichtlichen Entwickelung des Baudenkmals und der Stadt allein entspricht. L. starb am 24. Januar 1867 in Folge eines unglücklichen Sturzes.