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ADB:Zierold, Johann Wilhelm

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Artikel „Zierold, Johann Wilhelm“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 207–208, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zierold,_Johann_Wilhelm&oldid=- (Version vom 2. Dezember 2024, 11:07 Uhr UTC)
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Zierold: Johann Wilhelm Z., evangelischer Theologe, † 1731. Z. erblickte das Licht der Welt am 14. October 1669 zu Oberwiesenthal im Erzgebirge, wo sein Vater Tobias Z. Rathsherr und Stadtvogt war. Die Familie stammte aus Böhmen, war zu Prag und Joachimsthal ansässig gewesen, hatte sich zum Evangelium bekannt und war deswegen flüchtig geworden. (Der Aeltervater unsers Z. hatte mit Johann Matthesius zu Joachimsthal an einer Kirche gestanden.) Nachdem Z. zu Schneeberg und Annaberg vorgebildet war, bezog er 1688 die Universität Leipzig, als gerade dort die pietistischen Streitigkeiten ihren Anfang nahmen. Die Folge davon war, daß er Spener, der damals noch in Dresden fungirte, nahe trat. 1690 wurde er in Leipzig Magister, 1693 aber Beisitzer der philosophischen Facultät an der neugegründeten, den Pietisten geöffneten Universität Halle, wo er sich drei Jahre aufhielt. 1696 finden wir ihn zu Neu-Stargard als Pastor zu St. Johannis und 1697 als Professor der Theologie am dortigen Gröningischen Collegium. Mit Rücksicht auf diese Stellung nahm er 1698 die theologische Doctorwürde in Halle an. Nach dem Tode des Propstes Seldius († 1713) wurde Z. 1714 zum Pastorat der St. Marienkirche, zum Propst der Stargardschen Synode und zum Assessor des königl. Consistoriums berufen, durfte aber seine theologische Professur beibehalten. Alle diese Aemter verwaltete er bis an seinen Tod, 1731, den 15. August [nach Jöcher 1. Septbr.], wo er im 63. Jahre seines Alters nach siebenwöchentlicher Fieberkrankheit, aber mit Freudigkeit seines Gemüthes starb. Durch ein von ihm errichtetes Waisenhaus hat er sich noch im besonderen in der Stadt seines Wirkens ein gutes Gedächtniß gestiftet. Schriftstellerisch lag Z. als „Spenerianer“ Jahrelang im Streite mit den entschieden orthodoxen Theologen Schelwig und Bücher, indem er gemäß der pietistischen Lehre von der Bekehrung behauptete, daß ein Unbekehrter überhaupt keine wahre Theologie aufstellen könne. Der darauf bezügliche Schriftenwechsel begann 1702 mit Zierold’s Schrift: „Analogia fidei per exegesin epistolae ad Romanos demonstrata“. Darauf folgte „Der Unterschied der wahren und falschen Theologie“ (1703, 4°). „Synopsis veritatis divinae“ u. s. w. (1706). Vorher, seit 1700, hatte Z. mit dem Magister Bücher über die Bedeutung des Platonismus gestritten; bei Gelegenheit dieser Controverse waren von Z. veröffentlicht: „Dr. Martin Luthers evangelische Aufmunterung zur Liebe des Wortes Gottes wider das aristotelisch-scholastische Christenthum“ (1700, 4°); „Einleitung zur gründlichen Kirchenhistorie mit der Historia philosophica verknüpft“ (1700); „Gründliche Kirchenhistorie von der wahren und falschen Theologie in einem wiedergeborenen Menschen vom Anfang der Welt bis auf unsere Zeit“ (1703, 4°). – Einen andern litterarischen Streit führte Z. mit dem bekannten aufgeklärten Juristen Christian Thomasius (in Halle), als dieser seine Dissertation: „de concubinatu“ veröffentlicht hatte. Dagegen schrieb Z. 1714 seine Schrift: „Theologische Gedanken von der Heiligkeit des Ehestandes und von der Unheiligkeit des Concubinats“.

Schriften, außer den bereits erwähnten, noch: „Die Ausrottung aller Heuchelei“ (Frankfurt 1700, 12°); „Der Eingang zu dem ewigen Reiche unsers Herrn Jesu Christi“ (ebendas. 1700, 12°); „Dreierlei Art Menschen in der Welt“ (Frankf. 1701, 12°); „Pseudo-Orthodoxia theologorum sine fide“ (Stargard 1708); „Deutliche Erklärung schwerer Stellen heiliger Schrift aus der Bedeutung der hebräischen Buchstaben in 24 Vorstellungen“ (Leipzig 1713–1716); „Theologiae vere evangelicae libri III“ (Berl. 1706); „Schöne [208] Jugend des Gottgeheiligten Samuel“ (Leipzig 1712, 4°); „Die Erneuerung des Ebenbildes Gottes in dem Menschen, aus den Sonn- und Festtagsevangelien des ganzen Jahres (Frankfurt 1714, 4°); „Der Prediger Salomo aus der Bedeutung der hebräischen Buchstaben gründlich erklärt“ (Leipzig 1715, 4°); „Erklärung des Propheten Obadias“ (ebendas. 1719, 4°); „Der Prophet Joel aus der Bedeutung der hebräischen Buchstaben gründlich erklärt“ (ebendaselbst 1720, 4°). Dazu verschiedene Predigtausgaben, Programme und minderbedeutende Arbeiten, deren Titel sich alle bei Zedler [s. unten] finden.

Zu vgl. ist zunächst in Bezug auf seine theologischen Controversen: Walch, Religionsstreitigkeiten in der evangel.-luther. Kirche, Th. I, 796 und 798; Th. III, 77; Th. V, 159 ff. – (Löscher’s) Unschuldige Nachrichten 1706, 1707, 1710 an versch. Stellen (s. die Indices). – Kurze Fragen aus der Kirchenhistorie des Neuen Testaments, Th. VIII, p. 207, 248, 436, 664. Sodann: XI, 325 ff. – Hildebrand, Verzeichniß der Hirten nach Gottes Herzen zu Stargard. – (Zedler), Universallexikon, Th. LXII, Sp. 653–660. – Jöcher, Gelehrtenlexikon IV, Sp. 2203 f.