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ADB:Zwehl, Karl Herwig von

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Artikel „Zwehl, Karl Herwig von“ von von Müller. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 517–518, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zwehl,_Karl_Herwig_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 08:50 Uhr UTC)
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Zwehl: Karl Herwig von Z., Director des kurmainzischen Hofkriegsraths, Geheimer Cabinetssecretär und Reichsarchivar, geboren am 2. Juli 1737 zu Heiligenstadt, † am 22. Juni 1816 zu Vallendar. Z. wurde bei seinem Oheim, dem Scholastiker und Kanonikus Herwig v. Z. zu Erfurt erzogen und empfing den ersten Unterricht in der Domschule daselbst. Siebzehn Jahre alt, trat er in das Benedictinerkloster auf dem Petersberge in Erfurt ein, um Mönch zu werden, verließ dieses jedoch nach abgelegtem Noviziat wieder und ging nach Jena und Göttingen, um Rechtswissenschaft zu studiren. Im J. 1763 erhielt er die Justitiarstelle beim adelig Westernhagen’schen Gericht im Eichsfelde. Im folgenden Jahre wurde Z. nach bestandenem Examen „Oberlandgerichtsassessorreferendarius“ beim Oberlandgericht zu Heiligenstadt. 1773 gab er das erste Heiligenstädter Wochenblatt heraus und wurde dadurch mit dem späteren Fürstprimas, Karl Freiherrn v. Dalberg, der als Statthalter zu Erfurt lebte, bekannt. Dieser hob am 9. September 1773 gemeinschaftlich mit Z. das Jesuitencollegium zu Heiligenstadt auf. Die von den Jesuiten bis dahin geleiteten Schulen wurden geschlossen und erst nach vier Monaten, am 3. Januar 1774, durch Dalberg und Z., der inzwischen zum Schulcommissar ernannt war, feierlichst wieder eröffnet. Z. hielt hierbei eine lateinische Rede über die einzuführende neue Lehrart, die später zu Göttingen im Druck erschien. Im selben Jahre kam der Geheime Staatsrath v. Strauß auf das Eichsfeld, um die Landesverfassung zu revidiren und zu verbessern. Hierbei lernte er Z. als höchst brauchbaren, intelligenten Menschen kennen und veranlaßte, daß dieser im November 1775, nach dem Regierungsantritt des Kurfürsten Friedrich Karl Joseph, als geheimer Cabinetssecretär in das kurfürstliche Cabinet berufen wurde. In dieser sehr einflußreichen Stellung, die Z. ununterbrochen in unmittelbare Berührung mit dem Kurfürsten brachte, hat er lange Jahre segensreich gewirkt und namentlich die Interessen des Eichsfeldes mit seiner armen Bevölkerung stets wahrgenommen. Im J. 1776 wurde Z. das Directorium über den neuerrichteten Kriegsrath und die Landesarchive übertragen und er zugleich zum Rath bei der Landesregierung ernannt. Nach dem Tode des Kurfürsten Emmerich Joseph war Z. in die neu eingerichtete Schulcommission, welche die Schulangelegenheiten im ganzen Erzstift zu leiten hatte, berufen. Er gab in dieser Stellung Anregung zu zahlreichen Verbesserungen im Schulwesen. Den Kurfürsten Friedrich Karl Joseph begleitete er auf dessen mannichfachen Reisen nach Erfurt, Worms, Aschaffenburg und auf das Eichsfeld. Dies gab Veranlassung, daß Z. auch zum Director der jetzt eingegangenen Porzellanfabrik zu Höchst ernannt wurde. Nach der Abreise des Staatsraths v. Strauß auf den Directorialgesandtschaftsposten in Regensburg trat Z. von der Stellung als Geheimer Cabinetssecretär zurück. Indessen bewog ihn der, als Nachfolger des Staatsraths v. Keller zum Cabinetsminister ernannte Kanzler v. Albini, nachdem er von Zwehl’s Arbeiten, namentlich von seiner erfolgreichen Thätigkeit bei dem Aufstand der Handwerksburschen in Mainz Kenntniß erhalten hatte, wiederum die Geschäfte als Geheimer Cabinetssecretär zu übernehmen.

Die wichtigste Thätigkeit Zwehl’s fällt in das Jahr 1792. Er widersetzte sich zunächst in seiner Eigenschaft als Director des Hofkriegsraths der Entsendung der Mainzer Garnison nach Speyer, sodann versuchte er auf alle Weise die Uebergabe der Festung Mainz an die Franzosen unter dem General Custine zu verhindern. Als die Stadt dennoch fiel, rettete er gegen den Willen des Hofcanzlers v. Albini die Landesarchive, das Hof-Silber und verschiedene [518] herrschaftliche Cassen, mehr als eine Million Gulden werth, auf 15 Rheinschiffen den Rhein hinunter nach Holland. Es war dies fast das Einzige, das den Franzosen nicht in die Hände fiel. Z. hat über diese, dem Kurfürstenthum Mainz so verhängnißvollen Ereignisse ein interessantes Promemoria hinterlassen. Nach seiner Rückkehr aus Holland weigerte sich Z. ferner unter dem Hofkanzler v. Albini zu arbeiten. Auch äußerte er sich sehr freimüthig über die corrumpirten Mainzer Zustände, die neuen Einrichtungen des Mainzer Militäretats, den mangelhaft organisirten Landsturm und die unzweckmäßige Volksbewaffnung. Man legte ihm diese Aeußerungen als Anhänglichkeit an die sogenannten „Klubisten“ aus und zog ihn in eine Untersuchung, in der er sich jedoch glänzend rechtfertigen konnte. Im J. 1805 leitete Z. als Archivdirector die Vertheilung und Uebergabe der umfangreichen, ehemals kurerzkanzlerischen und kurfürstlichen Archive. Nach dem Zusammenbruch des alten Kurstaates wurde Z. fürstlich Primatischer Hof- und Regierungsrath und starb als solcher im J. 1816 zu Vallendar.

J. Wolf, Polit. Geschichte des Eichsfeldes, Göttingen 1792, und Geschichte der Stadt Heiligenstadt, Göttingen 1800. – Selbstbiographie des K. H. v. Zwehl. – Promemoria über den Verlust der Festung Mainz im Jahre 1792 von K. H. v. Z., veröffentlicht im Archiv d. Histor. Vereins f. d. Großherzogth. Hessen durch Premier-Lieutenant K. J. v. Z. 1899. – Urkundenbuch der Familie v. Zwehl, zusammengestellt von K. J. v. Zwehl. Bremen 1898.
von Müller.