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ADB:Zwehl, Johann von

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Artikel „Zwehl, Johann von“ von von Müller. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 515–517, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zwehl,_Johann_von&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 20:40 Uhr UTC)
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Zwehl: Johann von Z., kurfürstlich mainzischer und fürstlich würzburgischer Geheimrath, erster Landschreiber auf dem Eichsfeld, Stadtschultheiß und Oberlandesgerichtsassessor zu Heiligenstadt, geboren 1580, † am 14. September 1652 zu Heiligenstadt. Der Geburtsort Zwehl’s ist schwer zu bestimmen, er soll aus Livland oder Schweden Ende des sechzehnten Jahrhunderts nach Deutschland gekommen sein, um auf der Universität Erfurt Rechtswissenschaft zu studiren. Auf Veranlassung des eichsfeldschen Oberamtmanns, späteren Reichsvicekanzlers Leopold v. Stralendorf, trat Z. in kurmainzische Dienste und wurde zunächst als Oberamtsschreiber beim Oberamt zu Heiligenstadt angestellt, bis im December des Jahres 1612 seine Ernennung zum Stadt- und Stifts-Schultheißen sowie Beisitzer beim Oberlandesgericht in Heiligenstadt erfolgte. Nachdem am 13. Januar 1618 der sogenannte (Steuer-) Reformator und Schultheiß zu Udra, Andreas Reuter, wegen Mißbrauchs seiner Amtsgewalt auf dem Jakobskirchhof zu Heiligenstadt hingerichtet war, ernannte der Kurfürst Johann Schweikard von Mainz Z. unter dem Titel eines Landschreibers und kurfürstlichen Raths zum ersten Cameralbeamten des Eichsfeldes, mit der besonderen Aufgabe, eine Reorganisation des stark in Unordnung gerathenen Finanzwesens herbeizuführen. Z. bewies in dieser Stellung, unter den äußerst schwierigen Verhältnissen des [516] dreißigjährigen Krieges sein glänzendes Administrationstalent, sodaß ihm der Geschichtschreiber des Eichsfeldes, Joh. Wolf, in seiner Geschichte der Stadt Heiligenstadt das Zeugniß ausstellt, daß er „alle seine Aemter während des dreißigjährigen Krieges mit vielem Ruhme, zum Besten des Landes versehen habe“. Im J. 1621 erbaute Z. die noch vorhandene Papiermühle zu Heiligenstadt, die für eine der ersten und bedeutendsten in Mitteldeutschland galt. Der Kurfürst Johann Schweikard von Mainz verlieh Z. für diese Mühle große Privilegien. Als im folgenden Jahre der Herzog Christian von Braunschweig mit seinem Heer aus Westfalen über das Eichsfeld zog, schloß Heiligenstadt durch Vermittlung Zwehl’s einen Vertrag mit dem Herzog dahin gehend, daß die Stadt gegen Hinterlegung von 2825 Thalern, die Z. größtentheils vorgeschossen hatte, von jeder Einquartierung freiblieb. Im Februar des Jahres 1632 bemächtigte sich der Herzog Wilhelm von Weimar des Eichsfeldes, das ihm für seine Unterstützung der Schweden zugesichert war, nahm den kurfürstlichen Statthalter Friedrich v. Westphal gefangen und ließ ihn auf die Cyriaxburg nach Erfurt bringen. Z. organisirte jetzt, da der Kurfürst, ohne eigenes Heer, selbst machtlos, Hülfe nicht leisten konnte, als erster kurfürstlicher Beamter, im Vertrauen auf die Nähe des Pappenheim’schen Heeres im geheimen einen Aufstand der eichsfeldschen Bauern. Im Mai desselben Jahres schlug er mit Hülfe des Pappenheim’schen Obersten Maximilian v. Golz, der Einbeck besetzt hielt, los und hob zunächst die weimarsche Besatzung in Heiligenstadt auf, die bei dieser Gelegenheit größtentheils niedergemacht wurde. Dann vertheidigte er Heiligenstadt zwei Mal gegen eine schwedisch-weimarsche Heeresabtheilung unter dem General v. Löwenstein, mußte aber nach Einnahme der Stadt fliehen, nachdem der schwedische General im Auftrage des Herzogs 1000 Reichsthaler auf seinen Kopf gesetzt hatte. Er entkam glücklich zu dem Pappenheim’schen Heer, in welchem er eine Rittmeisterstelle erhielt. Hier zeichnete er sich ebenfalls verschiedentlich aus und wurde am 5. Juni 1633 vom Kaiser Ferdinand II. wegen seiner mannichfachen Verdienste in den Reichsadelstand erhoben. Im August desselben Jahres erhielt er das Indigenat zum freien Ankauf adeliger Güter vom Ritter- und Herrenstande in den österreichischen Erblanden, eine Gnade, um die er gebeten hatte, da er es wegen der weimarschen Herrschaft für ausgeschlossen hielt, jemals in das Eichsfeld wieder zurückkehren zu können. Als jedoch nach dem Prager Frieden dem Kurfürsten von Mainz das Eichsfeld zurückgegeben wurde, setzte man auch Z. in alle seine Aemter wieder ein. Bis zum Friedensschluß hatte Z. noch mancherlei Drangsale seitens der kriegführenden Heere zu bestehen. Unter anderem wurde er mit seiner Familie 11/2 Jahre zu Göttingen in Haft gehalten. Z. verstand es durch seine Thatkraft und Geschicklichkeit manches schwere Ungemach vom Eichsfeld abzuwenden, sein Name ist daher auch dort unvergessen. Nach dem Friedensschluß ernannte der Kurfürst Z. zum Geheimrath und schenkte ihm den halben Zehnten im Dorf Groß-Lengde bei Göttingen. Z. war ein sehr vermögender Mann, der 11 Güter und 16 Mühlen auf dem Eichsfeld, 3 adelige Freihäuser in Heiligenstadt und außerdem den ganzen Zehnten in und vor dem Dorfe Rohrberg besaß. Im dreißigjährigen Kriege scheint er einer der Wenigen gewesen zu sein, die über große Baarmittel verfügten, wie zahlreiche, noch vorhandene Schuldverschreibungen der Stadt Heiligenstadt, des Klosters Reifenstein, des Martinsstiftes und vieler adeliger Geschlechter des Eichsfeldes beweisen. Z. ist der Stammvater der in Preußen und Baiern verbreiteten Familie gleichen Namens.

J. Wolf, Eichsfeldisches Urkundenbuch, Göttingen 1819; Politische Geschichte des Eichsfeldes, Göttingen 1792; Geschichte der Stadt Heiligenstadt, Göttingen 1800. – K. J. v. Zwehl, Urkundenbuch der Familie von Zwehl, [517] Bremen 1898. – Halbmonatsschrift Niedersachsen: Der Vierzehnnothhelferaltar in der Aegidikirche zu Heiligenstadt, Bremen 1898.
von Müller.